Vorweg sei gleich angemerkt: Theorie sollte nur das Vorspiel sein fuer eine bessere Praxis!
Wenn ich weiss, dass bis ins 17. Jahrhundert der Rock quasi Unisex war, obwohl sich die Hose schon weitgehend durchgesetzt hatte, und der Rock erst im 18. Jahrhundert feminisiert wurde, dann lerne ich daraus, dass ein Rock nicht grundsätzlich weiblich sein kann, wenn das in der Geschichte mal so und mal so gewesen ist. Der Kritik, ich verhalte mich weiblich, kann ich also mit einem geprüften und deshalb wahren Argument widersprechen. Das ist wichtig für mein Selbstbewusstsein im Rock und für meinen Kampf gegen Vorurteile.
Wenn ich weiss, dass der Rock ab dem 18.Jahrhundert feminisiert wurde und dass dieses bürgerlich, hegemoniale, patriarchalische Denken uns noch heute prägt, auch wenn die patriarchalischen Strukturen im Zuge der Emanzipationsbewegung weitgehend beseitigt wurden, dann darf ich mich nicht wundern, dass Männer Angst vor einem Rock haben. Sie glauben halt, der Rock verändert sie ins Weibliche. Wegen dieses Wissens trete ich im Rock oft auch betont klassisch männlich auf (auch schon mal mit Anzugsjacke und Krawatte).
Bitte einloggen oder registrieren um das Bild zu sehen.Abb. 01:
Ich möchte den um ihre Männlichkeit besorgten Männern zeigen, dass der Rock mich eben nicht verändert. Das macht sie nicht zu Rock-Sympathisanten, aber es erhöht ihre Toleranz wie eine Umfrage an unserer Uni gezeigt hat. Man gewöhnt sich halt an den Mann im Rock und vergisst allmählich angesichts der Alltäglichkeit etwas dagegen zu haben.
Wenn ich weiß, dass Hosen nach den Gesetzen des späten Patriarchats Frauen vermännlichen, wundere ich mich nicht mehr, dass die Frauen, die im Berlin der 20. Jahre anfingen Hosen öffentlich zu tragen, als Mannweiber und Lesben bezeichnet wurden. Man glaubte halt entsprechend zum Rock, die Hose macht männlich. Erst in den 60er Jahren etablierte sich die Hose als anerkanntes Kleidungsstück für Frauen und Männer. Im Marketing gelten Jeans heute als Unisex. Mir hilft dies Wissen, um gegen stereotypisches Denken anzugehen indem ich darüber rede und schreibe. Es macht mir Hoffnung, dass der Erfolg der Frauenhose sich für Männerröcke wiederholt. Haben wir denn schon wie die Frauen 100 Jahre gekämpft?
Wenn das Denken der Menschen über Jahrhunderte geprägt worden ist durch das patriarchalische Prinzip, das Männer das bessere Geschlecht sind, dann darf ich mich nicht wundern, wenn Frauen Gleichberechtigung als Aufstieg empfinden und Männer umgekehrt Angst haben, durch angeblich weibliche Kleidung an Achtung und Status zu verlieren. Das erklärt mir, warum manche männliche Bekannte gerne mal einen Rock probieren würden, aber nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Weiterhin lerne ich daraus, dass es Zeit ist, auf die Wichtigkeit sogenannter weiblicher Eigenschaften hinzuweisen. Gerade bei meinen Jobs in deutschen und japanischen Unternehmen hatten die weiblichen Manager oft die besseren Lösungen, konnten sich aber trotzdem nicht gegen die auf Status und Macht ausgerichteten und in diesem Sinne untereinander verbündeten Männer durchsetzen. Das war immer zum ökonomischen Nachteil der Firma aber von Vorteil für die Karrieren in den Männerseilschaften. Dies ist ein Beispiel, wo sich Männer verbessern könnten, wenn sie sich einiges (speziell in Hinblick auf Teamfähigkeit) von den Frauen abgucken würden. Wenn Männer auf dieses Argument weiter irritiert reagieren, empfehle ich den Hetero-Männern sich hinsichtlich ihrer Geschlechtsidentität nicht zu sehr mit anderen Männern zu vergleichen. Dann können sie auch nicht an Status verlieren. Wichtiger ist doch die männliche Identität, wie sie sich herauskristallisiert in den Beziehungen zu Frauen. Mit denen wollen wir doch zusammenleben. Die wollen wir doch f… . Schon interessant, dass sich Hetero-Männer viel schwerer mit ihrer Männlichkeit tun als Homo-Männer.
Marktforschung und Marketing sind mir erfolgreich geprüfte Werkzeuge, die für meinen zu kleinen Geist wichtig sind, denn der macht sonst ständig Fehler. Diese Werkzeuge helfen mir die Qualität meiner Arbeit zu erhöhen und aus Fehlern zu lernen. Je mehr ich kommuniziere und Informationen einhole bevor ich handle, umso mehr verstehe ich die Blickwinkel und Widerstände anderer. So hat mein subjektiver Blick die Chance objektiver zu werden. Wenn ich dann noch mit Vorher/Nachher-Messungen Erfolg und Misserfolg überprüfen kann, dann habe ich bei einem Misserfolg immerhin mit dem Messergebnis einen neuen Ansatz auf Verbesserung.
Wenn ich bedenke wie groß die Ängste vor feminisierenden Röcken bei homophoben Christen sind, dann bin ich als Dozent an einer Kath. Hochschule und College doch recht zufrieden mit meiner umsichtigen Rockstrategie nach Marketinggesetzen. Wenn ich meine Mitmenschen erfolgreich mit ins Rock-Boot nehmen will, dann muss ich ihren Befindlichkeiten folgen. Sonst bekomme ich keine wohlwollende Aufmerksamkeit.
Bitte einloggen oder registrieren um das Bild zu sehen.Abb. 02: Im Rock im Job
Ich weiß von meinen Studenten, dass in Bibelkreisen mit dem Campus-Pastor und den Nonnen, über mich gesprochen wird. Nach Informationen aus informierten Kreisen wächst dabei das Verständnis für mich. Das ist ein Erfolg gegenüber den sehr sensiblen Kirchenvertretern und konservativen Eltern, den ich mir ohne technische Hilfe aus Marktforschung und Marketing nicht zugetraut hätte.