Autor Thema: Rockkategorien neudefiniert  (Gelesen 17001 mal)

androgyn

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Re: Rockkategorien neudefiniert
« Antwort #30 am: 07.10.2016 18:52 »
Ansonsten empfehle ich, bevor man über die Männlichkeit oder Weiblichkeit von Röken redet, zu klären, was man unter Männlichkeit oder Weiblichkeit versteht. Seit der Erfindung von gender herrscht da Unklarheit.

Gruß,
Jo
Haare an Po und Beinen und an Brust und Armen gilt als männlich. Eine Glatze gilt als männlich.
Lange Haare stehen für weibliche Fruchtbarkeit. Eine Glatze nicht. Wenn ein Mann die Familie ernähren kann und Karriere macht, gilt das als männlich. Dass du dich nur auf das Y-Chromosom (Woraus auch die Entwicklung der Hoden resultiert) beschränkst, ist uns klar. Aber so denken die Menschen nicht. Ich arbeite in einem fast reinen Frauenteam und wenn es um Männer geht, haben die ganz klare Vorstellungen, wie ein Mann für sie auszusehen - . Größer als die Frau, keine Skinnyjeans, keine allzu langen Haare, kräftiger Körper und breite Schultern - und was er zu leisten hat. 1. hat jede meiner Kolleginnen, die ein Kind hat eine 2 jährige Mutterpause eingelegt. Da war schon wichtig, dass ihr Mann allein soviel verdient, damit sie zuhause bleiben kann und die Kinder nicht in die Kindergrippe schicken muss. Die Elternzeit der Väter begrenzte sich höchstens auf 2,3 Monate. 2. haben wir einen Kollegen, der für einen Mann klein ist, bissl kleiner als ich und mit der sich keine der Mädels ihn als Partner vorstellen könnte. Der ist aber verheiratet und hat zwei Söhne, wie ich gehört habe. Da noch niemand seine Frau gesehen hat, rätseln sie nun, wie die Frau wohl aussehen mag und charakterlich drauf ist, wer so einen zum Mann nimmt. Genderstudies befassen sich mit nichts anderem, als was wir hier in softer Variante duskutieren. Warum Frauen lange Haare und Männer kurze Haare haben. Ob Jungs auch rosaverliebt wären, wenn man sie schon frühkindlich dazu prägt. Warum wir bestimmte Sachen und Posen an einem Geschlecht schön oder unschön finden. Frau in Kleid und High-Heels oder Frau mit Kippe und Bierflasche in der Hand. Mann im Anzug oder Mann im Minikleid.

Hollstein hatte Werbungen für Männer- und Frauenprodukte aus dem Jahr 2005 miteinander verglichen. Am Beispiel von Herren- und Damenrasierern der Marke Gillette konnten sie die Unterschiede verdeutlichen: Die Werbung für den Herren-Rasierer (Men’s Health 10/05) verspricht Power auf Knopfdruck und schürt so Assoziationen zu einem High-Tech-Gerät. Entsprechend wird der Rasierer auch abgebildet. Er wird damit zum Zeichen für Schnelligkeit, Kraft und Prestige und passt so ganz ausgezeichnet zu männlichen Stereotypen. In der entsprechenden Werbung für Frauen (Brigitte 12/05) wird eine schlanke, junge Frau mit langen blonden Haaren gezeigt. Sie trägt einen roten Bikini und lacht über das ganze Gesicht.

Beide Werbungen präsentieren ein klassisches Geschlechterbild: Das Glück der Frauen wird auf ihr schönes Äußeres reduziert, die schöne, junge Geschlechtsgenossin bietet sich zur Identifikation an. Auf der Anzeige für Männer ist kein Mann abgebildet, es werden aber traditionelle männliche Werte gezeigt: Leistung, Stärke und Schnelligkeit.

Eine weitere wichtige Fragestellung lautet, wer eigentlich die Werbung macht. Nach Fröhlich (2008) liegt der Frauenanteil in der deutschen Werbebranche bei mindestens 52 Prozent, der sogenannte Genderswitch fand hier schon Mitte der 1990er Jahre statt. Allerdings findet sich auch in der Werbebranche die klassische horizontale Segregation: Der Frauenanteil nimmt mit steigender Hierarchie stetig ab.

Schmerl (1994) nahm an, dass geschlechterstereotyp verzerrte Frauenbilder in der Werbung vor allem damit zusammenhängen, dass die Kreativen in der Werbung hauptsächlich männlich sind. Fröhlich (2008) kann das nicht bestätigen: Der Frauenanteil ist heute gerade im Kreativbereich und im Bereich Kontakt hoch, trotzdem ist der Anteil der genderstereotypen Darstellungen der Geschlechterrollen nicht deutlich zurück gegangen. Zusammenfassend lässt sich somit sagen, dass ein steigender Frauenanteil in der Werbung nicht automatisch mit einer egalitäreren Darstellung der Geschlechterrollen in diesem Feld einhergeht.

Eine europäische Vergleichsstudie aus den Jahren 1997-98 (Pantii 2007:24) über Frauen und Männer in Fernsehprogrammen in Dänemark, Finnland, Deutschland, den Niederlanden, Norwegen und Schweden zeigte klare Hinweise auf eine ungleiche und stereotype Geschlechterdarstellung. Männer waren durchweg häufiger vertreten als Frauen. Der höchste Frauenanteil wurde in Programmen gefunden, in denen weiche Themen wie Beziehungen, Familie und Gesundheit behandelt wurden. Außerdem wurden Frauen deutlich öfter in Rollen mit niedrigem Status gezeigt als Männer. In den untersuchten Programmen waren sowohl die Mehrzahl der dargestellten Politiker (72 Prozent) als auch die Mehrzahl der dargestellten Experten (80 Prozent) Männer. Besonders interessant ist die Aussage der Studie, dass Politiker zuerst einmal nur als Politiker wahrgenommen wurden, Politikerinnen allerdings zuerst als Frau, Ehefrau und Mutter und erst dann als Politikerin.
Politikerinnen werden in vielen Zeitungen und Magazinen als „Powerfrau“ und „Mutti“ tituliert, Politiker dagegen als „Kämpfer“ und „Alphatier“ dargestellt. An dieser Stelle machen die sprachlichen Unterschiede die verschiedene Darstellung von Frauen und Männern deutlich.
http://www.tichyseinblick.de/kolumnen/eigenartig/wie-ich-aus-der-gender-falle-huepfte/

Offline Jo 7353

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Re: Rockkategorien neudefiniert
« Antwort #31 am: 08.10.2016 14:52 »
Aber dass es a) biologische Geschlechter gibt und b) soziale Ordnungen, die sich in der einen oder anderen Weise an den biologischen Geschlechtern orientieren und diese mit Bedeutung aufladen und c) psychische und psychosoziale Befindlichkeiten, die mit beidem, den biologischen Geschlechtern und den sozialen Bedeutungen zu tun haben, ist doch ein Fakt.

Man kann alles als Unsinn abtun, was für Menschen von Bedeutung ist, wenn man es auf die materiellen Grundlagen reduziert, aber vernichtet man damit nicht Kultur generell? Was bliebe dann übrig als die Feststellung, dass Leben ein biokybernetischer Prozess ist?
Hallo Michael,

Wenn man die Geschlechtlichkeit auf das reduziert, was von der Biologie ausgelöst wird, verliert man nichts. Es wird nur viel weniger geschlechtlich eingeordnet, und das ist gut so. Man bekommt einen freieren Blick auf die Wirklichkeit und sieht nicht alles eindimensional geschlechtlich. Das leben wird vieldimensional bunt statt eindimensional grau. Es stellt sich nicht mehr die Frage der geschlechtlichen Identität beim Tragen von Röcken. Man ist ganz frei darin. Man braucht auch keine "weiblichen Seiten" in sich entdecken, wenn man feststellt, daß diese Seiten nicht weiblich sind. Die Frage: "Was bliebe dann übrig" ist nur dann sinnvoll, wenn man die ganze Welt geschlechtlich einordnet. Nichts geht verloren, wenn  man die Welt zum größten Teil als ungeschlechtlich ansieht

Gruß,
Jo
Der Rock ist kein Geschlechtsmerkmal.

androgyn

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Re: Rockkategorien neudefiniert
« Antwort #32 am: 08.10.2016 17:37 »
Nichts geht verloren, wenn  man die Welt zum größten Teil als ungeschlechtlich ansieht

Gruß,
Jo
Dieser Satz dürfte bei den meisten übel aufstoßen, weil sofort der Gedanke von Gleichmacherei und einer geschlechtslosen Gesellschaft im Kopf rumspukt. Beonsders solche angepassten Hansel sind es, die an Unterschiedlichkeiten zwischen Frau und Mann festhalten. http://www.arnold-vaatz-mdb.de/2016/04/07/artikel-in-der-superillu-gender-ratschl%C3%A4ge-auf-den-m%C3%BCll/

Offline Barefoot-Joe

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Re: Rockkategorien neudefiniert
« Antwort #33 am: 08.10.2016 19:22 »
Zitat
Beonsders solche angepassten Hansel sind es, die an Unterschiedlichkeiten zwischen Frau und Mann festhalten.

Dem Mann ist offensichtlich den Unterschied zwischen biologischem Geschlecht und Geschlechtsidentität völlig unbekannt, was einige wirre Aussagen erklärt, aber ich kann ihn verstehen - es gibt wirklich einige deutlich bekloppte Genderaktivisten da draußen, die durch praktisch alles getriggert werden, was auch nur ansatzweise einen Unterschied zwischen Mann und Frau bedeuten könnte.
Ich bin ein Mensch mit Irritationshintergrund.

Normality is a paved road: it’s comfortable to walk, but no flowers grow. - Vincent van Gogh


androgyn

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Re: Rockkategorien neudefiniert
« Antwort #34 am: 08.10.2016 21:25 »
aber ich kann ihn verstehen - es gibt wirklich einige deutlich bekloppte Genderaktivisten da draußen, die durch praktisch alles getriggert werden, was auch nur ansatzweise einen Unterschied zwischen Mann und Frau bedeuten könnte.
Echt? Ist dir so jemand schon untergekommen? Für mich scheinen das immer Fabelwesen zu sein, von denen manche Leute immer sprechen. Wenn wir unseren Planeten mit Rechtsextremen und anderen religiösen Extremisten teilen, sind solche doch weiß gott das kleinste Problem. Die greifen jedenfalls nicht zur Waffe oder bringen jemanden um, wenn er nicht in ihr Weltbild passt. Das Problem ist, dass solche Ochsenfrösche nicht differenzieren können und gleich mit ihren imaginären Kindern daher kommen - Wer denkt an unsere die Kinder? Und alles soll so bleiben, wie es war. Zudem frage ich mich, wie solche Typen, rein vom Aussehen, überhaupt eine Frau gefunden haben.

Offline MAS

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Re: Rockkategorien neudefiniert
« Antwort #35 am: 08.10.2016 23:30 »
Aber dass es a) biologische Geschlechter gibt und b) soziale Ordnungen, die sich in der einen oder anderen Weise an den biologischen Geschlechtern orientieren und diese mit Bedeutung aufladen und c) psychische und psychosoziale Befindlichkeiten, die mit beidem, den biologischen Geschlechtern und den sozialen Bedeutungen zu tun haben, ist doch ein Fakt.

Man kann alles als Unsinn abtun, was für Menschen von Bedeutung ist, wenn man es auf die materiellen Grundlagen reduziert, aber vernichtet man damit nicht Kultur generell? Was bliebe dann übrig als die Feststellung, dass Leben ein biokybernetischer Prozess ist?
Hallo Michael,

Wenn man die Geschlechtlichkeit auf das reduziert, was von der Biologie ausgelöst wird, verliert man nichts. Es wird nur viel weniger geschlechtlich eingeordnet, und das ist gut so. Man bekommt einen freieren Blick auf die Wirklichkeit und sieht nicht alles eindimensional geschlechtlich. Das leben wird vieldimensional bunt statt eindimensional grau. Es stellt sich nicht mehr die Frage der geschlechtlichen Identität beim Tragen von Röcken. Man ist ganz frei darin. Man braucht auch keine "weiblichen Seiten" in sich entdecken, wenn man feststellt, daß diese Seiten nicht weiblich sind. Die Frage: "Was bliebe dann übrig" ist nur dann sinnvoll, wenn man die ganze Welt geschlechtlich einordnet. Nichts geht verloren, wenn  man die Welt zum größten Teil als ungeschlechtlich ansieht

Gruß,
Jo

Du wirst lachen, Jo, aber damit kann ich durchaus was anfangen: Du betreibst keine reine Beschreibung, sondern eine normative Festlegung, mit dem Ziel, mehr Möglichkeiten zu haben. Du analysierst dabei richtig, dass es sich oft bei "männlich" und "weiblich" ebenso um normative Festlegungen handelt, die mit dem biologischen Geschlecht nur indirekt was zu tun haben und kappst diese indirekte Verbindung.

Klar, was ist in rosa und blau, an Rock und Hose, an schwach und stark, an zärtlich und grob weiblich und männlich? Die Kombinationen sind auch ganz anders möglich.

LG, Micha
Wer das Leben ernst nimmt, muss auch über sich lachen können.

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