Hallo Michael
Die Merheit lästert über Minderheiten, aber die Minderheiten lästen nicht oder nur untereinander über die Mehrheit.
Minderheiten lästern über Minderheiten unter Minderheiten und nicht über eine Mehrheit. Das habe ich oben schon beschrieben, warum es nicht funktioniert. Ich habe noch keinen homosexuelle Menschen getroffen, der sich geäußert hat, dass es eklig ist, wenn sich ein Mann und eine Frau küssen oder Sex miteinander haben oder sich klischeemäßig als Frau und Mann anziehen.
Wenn ich allerdings über zerschlissene Hosen lästere, dann nicht aus Neid, sondern weil ich es für eine Ressourcenverschwendung halte, Kleidungsstücke zuerst ganz herzustellen, dann kaputt zu machen und zu verkaufen. Und über Anzugträger wird doch auch gelästert: Nieten in Nadelstreifen.
LG, Micha
Mir kommt es so vor als wölltest du alles zu deinen Gunstern relativieren, dass am Ende nur deine Meinung steht. Na gut, gleiches könnte man bei mir auch unterstellen. Ich beleuchte aber alle Seiten. Was die Schlitzmode betrifft, kannst du das von zwei Seiten sehen. Bei dem Adel war Schlitzmode auch hoch angesehen, damit jeder sah, was für kostbare Stoffe darunter getragen wurden. Heute wird aber nicht mehr der Reichtum durch Kleidung betont, sondern die Unabhängigkeit und Unverbindlichkeit gegenüber einer Ordnung, indem unter den Schlitzen nackte Haut gezeigt wird, was als Armut erachtet wird.
Auf der einen Seite kann man es als sozialen Reichtum sehen, dass der*diejenige sich niemanden unterordnen muss, um solche Sachen tragen zu können, auf der anderen Seite ist es wohl eher wahrscheinlich (s)eine Armut demonstrativ zur Schau zu stellen, indem man gegen die korrekt angezogenen Leistungsträger (siehe Nadelstriefen) rebelliert und somit seine Freiheit nach außen trägt. Der Designer Yamamoto hattte mal in einem Interview gesagt, als er gefragt wurde, wer denn seine Mode trägt, dass eine Frau an seinen Kleidern interessiert war und er ihr erklärte, wenn sie vor hat, als Sekretärin zur Chefin einer großen Firma aufzusteigen, sie seine Sachen nicht tragen könnte. Sie müsse entweder so reich sein, dass sie nie Arbeiten müsse oder oder so arm, besser obdachlos, dass sie niemanden Verpflichtugnen gegenüber hat, um seine Kleider tragen zu könen. Nur Obdachlose seien wirklich die freieren Menschen.
Hinzu kommt, dass künstlich destroyed Looks nicht automatisch weiter kaputt gehen im Gegensatz zu richtigen Zerschleißstellen und Löcher. Darum sind die Zerschleißstellen oft dort angebracht, wo keine Zerschelißstellen für gewöhnlich auftreten, damit die Hose nicht wirklich kaputt geht. Sonst wärs ja sinnlos, sowas zu kaufen.
Zu dem Lästern über Anzugsträger geht es vielmehr darum, sich von einer Gruppe zu distanzieren und nicht, dass Männern in Anzügen ihre Männlichkeit abgesprochen wird, die sich für was besseres und den Nabel der Welt hält und zum großen Teil für die gekippte Wirtschaftslage verantwortlich ist. Das hat den Trend zu deiner beschriebenen Modeerscheinung als Rebellion gegen das Establishment noch befeuert. Eigentlich ist dieses bürgerliche Bekleiden seit der französischen Revolution aus der Unterschicht entstanden und setzt sich immer häufiger und deutlicher durch, seitdem das einfache Volk regiert. Die Sachen werden immer praktischer und einfältiger denn modischer. Jetzt gibt es ja schon Kondome für Sneakers, damit diese im Regen nicht schmutzig werden statt für Männer Stiefel anzubieten.