Autor Thema: Unten ohne  (Gelesen 4171 mal)

rockability

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Unten ohne
« am: 28.07.2017 22:49 »
Männer in kurzen Röcken sind peinliche Zausel? Unfug. Rockträger sind die offeneren Menschen. Hört auf, uns zu verhöhnen! Von Manuel Andrack

Für manche fängt der Sommer an, wenn es nach Sonnenmilch duftet. Für andere, wenn ihr Kneipenwirt die Gartenstühle rausstellt. Mein Sommer beginnt mit einem Zippen. So klingt es, wenn ich an meinem Rock den Reißverschluss hochziehe um ihn zu schließen. Frische Luft strömt dann meine Waden hoch; die Saison des Rocks hat begonnen. Von nun an bis etwa November bin ich unten ohne.

Warum? Ganz einfach, weil es bei Wärme im langen Beinkleid zu stickig wird. Ob am Schreibtisch, beim Wandern oder im Auto, schon nach ein paar Minuten pappt der Stoff an den Schenkeln. Ich möchte mir nicht die schweißverklebte Hose aus den Kniekehlen pellen, wenn es so viel angenehmer geht. Röcke geben mir das Gefühl der Freiheit, der Ursprünglichkeit, der Weltoffenheit. Sie vermitteln eine Aura der Leichtigkeit, ein Über-den-Dingen-Schweben, einen Hauch von Abenteuer. Kurz: Kurze Röcke machen glücklich. Frauen muss man das nicht erklären. Die tragen ihre Röcke ja nicht nur, weil es sexy aussieht, sondern auch, weil es sich gut anfühlt. Dieses Gefühl möchte ich als Mann genießen dürfen!

Allerdings versuchen seit Jahrzehnten schöngeistige Journalisten, mir mein SkirtFeeling zu vermiesen. Die selbst ernannten Stilpäpste behaupten naserümpfend, des Mannes Bein zu entblößen sei unschicklich, ein modisches No-Go. Der Rockträger wird als unzivilisierter Klamotten-Orang-Utan hingestellt, kaum besser als farbenblinde Hawaiihemd-Kasper oder Schluffis in Joggingklamotten, die auf der Fernsehcouch ihr Frühstücksbierchen zischen.

Dem liegt ein fataler Denkfehler zugrunde: Nur weil schöne Kleidung manchmal unbequem ist, ist bequeme nicht per se hässlich. Ob ein Rock gut sitzt, ob die Farbe mir steht, hat wenig mit der Länge zu tun. Natürlich gibt es auch alberne Röcke; ich komme noch darauf. Aber wenn man den Rock-Verächtern zuhört, dann merkt man bald: Sie grausen sich gar nicht vor dem Rock, sondern vor dem, was darin steckt – dem männlichen Bein.

Frauenknie, immer gern gesehen, aber wir sollen unsere Knie verstecken? Das ist Sexismus. Autosexismus, genauer gesagt, weil meistens ja Männer das fordern, im vermeintlichen Interesse der Frau. Ist der Anblick wirklich so unzumutbar? Ich habe meine Frau gefragt, die ist Meisterin der Etikette. Ihr Urteil: "Deutsche Männer in Shorts mit ihren käsigen Beinen in weißen Socken und Sandalen sind das Grauen!" Sie hat natürlich recht, allein schon, weil meine Frau immer recht hat. Aber käsige Beine müssen ja nicht sein. Denn für meine muskulösen braun-bronzenen Beine im Rock hat sie schon etwas übrig. "Wenn dein Bauch so aussähe wie deine Beine, würde mich das noch glücklicher machen!" Ich finde, man muss Prioritäten setzen, ich persönlich trage mein Sixpack eben am Unterschenkel.

Das Problem in Deutschland ist, dass zu wenig Röcke getragen werden. So kann ja kein Sonnenlicht ans Bein kommen. Und wenn dann im Sommerurlaub der Rock ausgepackt wird, sieht das eben leicht nach Magerquark aus. Man sollte darum besser schon im Frühjahr freizeitmäßig bei jeder Gelegenheit kurze Röcke tragen. Dann haben die Beine, wenn es heiß wird, genau die richtige Färbung.

Generationen der Skirt-Entwöhnung haben den Blick vieler Männer auf dieses schöne und zweckmäßige Kleidungsstück getrübt. Sie betrachten es als eine mutwillig verstümmelte Hose, dabei verhält es sich historisch genau umgekehrt. Alle Hochkulturen von Ägyptern über die Maya bis zum Zweistromland zeigten Knie in einem Art Röckchen, auch Griechen und Römer trugen gern kurz. Trachten kommen ebenfalls meist ohne lange Hosen aus. Ob Schottenrock oder bayerische Krachlederne: Stramme Waden erfüllten einmal ihre Besitzer mit Stolz.

Heute kostet es viele Männer Überwindung, kurz zu tragen. Sie haben sich dem Diktat der Langbeiner gebeugt. Doch wenn man einige wenige Stilregeln beachtet, ist das überhaupt kein Problem. Die Unsicherheit schwindet, man spürt die anerkennenden Blicke des anderen Geschlechts (oder des gleichen Geschlechts, ist doch egal) und die neidischen Blicke der Männer, die ihr Skirts-Coming-out noch vor sich haben.

Zunächst sollte man sich entscheiden, welchen Rock man zu welcher Gelegenheit anzieht. Der vieltaschige Jeansrock ist spitzenklasse für Freizeit und Urlaub, im beruflichen Alltag sollte man dann doch auf etwas schickere Röcke zurückgreifen. Das Angebot ist durchaus vorhanden: Hugo Boss hat – nur mal so zum Beispiel – immerhin 36 verschiedene Businessrockmodelle im Angebot. Am anderen Ende des Preisspektrums befindet sich Primark, die haben Röcke für unter zehn Euro. Eigentlich klar, dass die so billig produziert werden können, da ist ja auch viel weniger Stoff dran.

Komplett abzuraten ist von Dreiviertelhosen. Das ist, wie man so schön sagt, nichts Halbes und nichts Ganzes. Ich rate zu richtig kurzen Röcken, die knapp oberhalb des Knies abschließen. Originale Kilts enden 7,62 Zentimeter (entspricht drei Inches, unbedingt sofort nachmessen) über dem Knie und dürfen nicht aus Viskose sein, sondern nur aus echter Lammwolle. In Deutschland werden Kilts oft überknielang verkauft, das ist komplett falsch. T-Shirt-Ärmel schlabbern doch auch nicht über den Ellenbogen. Und was sind schon die strammen Waden ohne die sexy Knie?

Dazu selbstverständlich keine Socken tragen, höchstens Füßlinge. Ansonsten sollte das Schuhwerk der Farbe des Rocks angepasst sein, erlaubt ist, was gefällt. Auch Sandalen sind keineswegs tabu. Aber bitte auf korrekten Schnitt der Zehennägel achten, das finde ich nun wirklich unappetitlich, wenn da geschludert wird.

An der Frage der Beinbehaarung scheiden sich die Geister. Meiner Meinung nach sollten sich Profi-Rennradfahrer die Beine rasieren, alle übrigen Männer nicht.

Ausnahmen von der Skirt-Regel gibt es auch: Bei Beerdigungen würde ich keine kurzen Rock tragen und bei Fahrten im ICE auch nicht. Da pustet einem die Klimaanlage zu frostig auf die Waden.

    Kurze Röcke machen glücklich. Frauen muss man das nicht erklären. Die tragen Röcke ja nicht nur, weil es sexy aussieht, sondern auch, weil es sich gut anfühlt.

Und im Büro?, werden Sie jetzt fragen. Da verlässt auch solche Männer der Mut, die es privat kniefrei mögen. Woran das liegt, ist mir ein Rätsel. Jeans, Turnschuhe, offenes Hemd ... in den meisten Firmen achtet kein Mensch mehr darauf. Aber mit Rock zur Arbeit, oh Gott, was sagt da nur der Chef?

In der Süddeutschen Zeitung wurde vor einigen Jahren die steile These aufgestellt, das Engagement eines Mitarbeiters wachse mit der Länge seiner Hose. Ersetzen Sie mal "Hose" durch "Haare", "Fingernägel" oder andere Körperteile, dann wissen Sie, was von solchen Behauptungen zu halten ist. Außer natürlich, man versteht unter Engagement die Bereitschaft, sich blödsinnigen Regeln bedingungslos zu unterwerfen. Mag ja sein, dass manche Leute gern schwitzen oder andere gern schwitzen lassen. Gesund ist das aber nicht. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin empfiehlt, bei großer Hitze "dringend" die Kleiderordnung zu lockern. Ein "entspannter Dresscode" verhindere Wärmestau.

Schauen Sie sich doch mal in Ihrem Betrieb um. Rockträger sind die kommunikativeren, die entspannteren Kollegen. Sie nehmen das Leben leichter. Darum habe ich auch gar nicht vor, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Wer bei 40 Grad seine Hosenbeine vollschwitzen möchte, mag das von mir aus gern tun. Ich werde nicht die Nase über ihn rümpfen, keine Scherze machen über die Vorzeigbarkeit seiner Waden. Nur wünsche ich mir dasselbe. Ob ein Mann Rock trägt, das ist viel mehr als eine Frage der Mode. Da geht es um Gleichberechtigung, um Toleranz, um eine lebensfrohere Welt. Knie zur Freiheit, zur Sonne!


Das Original gibt's hier, aber nicht weniger lesenswert mit einem Funken Wahrheit drin.

Online MAS

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Re: Unten ohne
« Antwort #1 am: 28.07.2017 23:07 »
Ja, so ist es!

Gute Satire, Nico!

LG, Micha
Wer das Leben ernst nimmt, muss auch über sich lachen können.

ACHTUNG! Ich verbiete ausdrücklich, Texte oder Bilder, die ich hier einstelle, ohne meine ausdrückliche Erlaubnis auf andere Seiten zu kopieren!

Offline Barefoot-Joe

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Re: Unten ohne
« Antwort #2 am: 29.07.2017 07:52 »
Das Schlimme an dem Artikel sind ja die Kommentare. Diese Arroganz der meisten, zu fordern, alle anderen müssten sich ihrem Modediktat unterwerfen, damit sie selbst sich besser fühlen können, ist einfach nur widerlich.
Ich bin ein Mensch mit Irritationshintergrund.

Normality is a paved road: it’s comfortable to walk, but no flowers grow. - Vincent van Gogh

Offline DesigualHarry

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Re: Unten ohne
« Antwort #3 am: 29.07.2017 08:55 »
Hallo!

Der Verfasser geizt aber auch nicht mit Stilregeln... Die Gesellschaft spiegelt das eigene Verhalten.


Online GregorM

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Re: Unten ohne
« Antwort #4 am: 29.07.2017 10:34 »
Das Schlimme an dem Artikel sind ja die Kommentare.

Auch meine Meinung. Aber die Kommentare sind 11 Monate alt. In der Zwiscgebzeit hat sich bestimmt vieles bewegt. Vermutlich waren sie auch nie repräsentativ.

Gruss
Gregor

 





Gruß
Gregor

rockability

  • Gast
Re: Unten ohne
« Antwort #5 am: 29.07.2017 13:06 »
Das Schlimme an dem Artikel sind ja die Kommentare. Diese Arroganz der meisten, zu fordern, alle anderen müssten sich ihrem Modediktat unterwerfen, damit sie selbst sich besser fühlen können, ist einfach nur widerlich.
Was denn, was denn? Auf die Komenare habe ich zwar nicht geachtet. Aber so denkt doch die Mehrheit darüber. Frauen haben sich da einen enormen Vorteil erkämpft, die Frauenhass Keule auzupacken um unerwünschte Kommetnare von Männern niederzuknüppeln. Wenn ein Mann mit der Antwort "Bist du männerfeindlich?" kommt wird doch darüber gelacht und die Frage gestellt "Bist du ein Weichei?"Nur Schwuele fühlen sich diskriminiert." Das einzige was noch funktioniert ist mit Schwulenfeindlichekit gegenzuhalten. Nur ist das nicht völlig so akzeptiert, wie eine halbnackte Frau, dass sich Männer damit brüsten würden. Die besten Ergebnisse bekommt man aus Diskussionen über kurze Hosen, weil anders als bei der Frage über Röcke an Männern, erstmal die Grundsatzdiskussion über Weiblichekit entfällt.
Zitat von: healthy
Sehe ich genauso.

Außerdem empfinde ich eine Bermuda nicht als kurze Hose...für mich endet eine kurze Hose oberhalb der Knie...und das will ich bei einem Mann nicht sehen, außer, er hat tolle Beine. ;-)
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Offline Skirtedman

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Re: Unten ohne
« Antwort #6 am: 02.08.2017 02:06 »
Ja, so ist es!

Gute Satire, Nico!

LG, Micha

Oh Mann,

bin ich der Einzige, der auch nur den leisesten Verdacht auf Satire hegte?

Ich wollte schon ansetzen und schreiben: Endlich einer, der ohne viel Schwurbel viele Fakten plausibel auf den Punkt bringt. Mit treffenden Worten, ohne nennenswerte ängstliche Engbrüstigkeit. Und dann noch geschrieben von jemand, der ja doch schon relativ bekannt ist, bodenständig, ohne Anspruch auf eine schillernde Persönlichkeit.

Prima, solche Leute, solche Artikel brauchen wir - wollte ich schreiben. Und dann lese ich den schlichten Kommentar von MAS: Gute Satire.

Und dann fällt mir noch auf, dass der Artikel auch noch aus 2016 ist, also alt ist, und eine beachtliche Breitenwirkung entfaltete: nämlich keine.

Ein leisester Zweifel kam mir ja schon auf: die vielen Wanderbilder, die ich von Andrack kenne, zeigten ihn nie mit Rock. Dennoch schreibt er ja so, als würde er sich damit aus eigener Erfahrung auskennen.

Alles nur Satire? Realsatire jedenfalls, dass die Kommentare fast alle sich nur auf die Freiheit der Männer beziehen, Shorts tragen zu dürfen. Kam die Message nicht an? Thema verfehlt? Oder kam die Message an: nämlich reale Satire? Nur bei mir halt nicht.

Online MAS

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Re: Unten ohne
« Antwort #7 am: 02.08.2017 07:47 »
Ja, so ist es!

Gute Satire, Nico!

LG, Micha

Oh Mann,

bin ich der Einzige, der auch nur den leisesten Verdacht auf Satire hegte?

Ich wollte schon ansetzen und schreiben: Endlich einer, der ohne viel Schwurbel viele Fakten plausibel auf den Punkt bringt. Mit treffenden Worten, ohne nennenswerte ängstliche Engbrüstigkeit. Und dann noch geschrieben von jemand, der ja doch schon relativ bekannt ist, bodenständig, ohne Anspruch auf eine schillernde Persönlichkeit.

Prima, solche Leute, solche Artikel brauchen wir - wollte ich schreiben. Und dann lese ich den schlichten Kommentar von MAS: Gute Satire.

Und dann fällt mir noch auf, dass der Artikel auch noch aus 2016 ist, also alt ist, und eine beachtliche Breitenwirkung entfaltete: nämlich keine.

Ein leisester Zweifel kam mir ja schon auf: die vielen Wanderbilder, die ich von Andrack kenne, zeigten ihn nie mit Rock. Dennoch schreibt er ja so, als würde er sich damit aus eigener Erfahrung auskennen.

Alles nur Satire? Realsatire jedenfalls, dass die Kommentare fast alle sich nur auf die Freiheit der Männer beziehen, Shorts tragen zu dürfen. Kam die Message nicht an? Thema verfehlt? Oder kam die Message an: nämlich reale Satire? Nur bei mir halt nicht.

Wobei ich mit Satire Nicos Umschreibung des Artikels von der kurzen Hose auf den kurzen Rock meinte. Den Artikel selber nahm ich ernst, weil er wahr ist. Wobei Satire auch wahr ist, denn das macht gute Satire ja aus, nur eben hintersinnig wahr.

LG, Micha
Wer das Leben ernst nimmt, muss auch über sich lachen können.

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