Autor Thema: Ciara Cremin: Ein Mann der problemlos Frauenkleider trägt  (Gelesen 8695 mal)

Offline GregorM

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Du meinst, weil das Geschlecht evolutionsmäßig älter ist als Ethnien und Berufe, ist es uns wichtiger?


Ich würde wohl nicht älter sagen, eher meine ich, das Geschlecht ist in uns eingebaut und deshalb am Wichtigsten. Ethien nur teilweise und Berufe gar nicht. Wenn das Geschlecht nicht so wichtig für uns wäre, würde es auch kein größeres Problem sein, wenn man "im falschen Körper" geboren wurde.

Gruß
Gregor
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Offline Holger Haehle

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Im Englischen wird auch zwischen Sex und Gender unterschieden. Wobei ersteres biologisch und zweiteres sozio-kulturell definiert ist. Die kulturellen Gepflogenheiten können im Laufe der Zeit und zwischen verschiedenen Ethnien sehr variieren. Ihnen fehlt die Konstanz biologischer Prädispositionen. Kulturelle Normen und Rollen haben immer ein "Ablaufdatum". Das macht sie für meinen Geschmack so willkürlich.

Ein gutes Beispiel sind Hosen. Die galten mal als unweiblich und waren fürs weibliche Geschlecht tabu. Heute sieht man das anders. Heute gibt es sogar historische Männerhosen wie Haremshosen, Pluderhosen und Culotten, die nur noch von Frauen getragen werden.

Ebenso sind durch die patriarchalisch hegemonialen Umwälzungen des 18.-19. Jahrhunderst Röcke zum Tabu für Männer geworden. Statistiken zeigen, auch heute noch im Zeitalter der Gleichberechtigung, haben viele Männer Angst durch einen Rock an Ansehen und sozialem Status zu verlieren.

Online Zwurg

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Ich finde die Frauen haben es richtig gemacht. Sie haben die Mode der Männer für sich passend gemacht, ohne sich im Frau sein zu verbiegen.
Tatsächlich gibt es kaum ein Herrenkleidungsstück, dass es nicht in Frauenpassform gibt.
Trotzdem kleben sich die meisten Frauen keine Bärte an, um männlicher zu wirken, oder verleugnen ihre Körperformen um besser zur männlichen Kleidung zu passen.

Vielleicht ist es historisch gesehen für Männer besser ein paar Schritte zurück zu gehen und von neuem anzufangen. Es gab ja auch Zeiten in denen die Männer Kleider trugen.
Ein Männerkleid sieht für mich so aus: https://www.ritterladen.de/Gewandung/fuer-den-Recken/Waffenroecke-und-Tuniken/Tunika-Ekwin-Rot.html
Kleidungsstücke dieser Art ließen sich sicher auch entsprechend mit moderneren Accesoirs kombinieren.
Es gibt aber auch bestimmt noch andere Beispiele.

Den größten Mut erfordert es den eigenen Weg zu gehen

Offline MAS

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Lieber Ludwig,

anscheinend ist die von Holger angemahnte Trennung von biologischem und kulturellem/sozialem Geschlecht nicht so einfach für die Menschen und sie können sich nicht vorstellen, dass jemand kulturelle weibliche Symbole (Röcke) tragen will, ohne seine männliche Genderidentität in Frage zu stellen. Die Symbolik des Rockes als weiblich zu dekonstruieren, kommt ihnen nicht in den Sinn. Das ist ähnlich wie die Identität zwischen Wort und mit dem Wort bezeichneten Objekt. Dass diese Identität nichts anderes als ein Konstrukt ist, sehen die meisten nicht. Sie glauben an eindeutige Verweisungszusammenhänge und damit Bedeutungen von Wörtern.

LG, Micha
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Offline DesigualHarry

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Hallo!

Heute gelesen unter:

https://derstandard.at/2000078181505/Montagsfrage-Was-bezeichnen-Sie-als-maennlich

Zitat:

Kind: "Papa, was ist ein richtiger Mann?"
Vater: " Ein richtiger Mann hat Alles im Griff, er trägt die Verantwortung. Er kümmert sich um seine Familie, er weiß wo es lang geht, und zeigt es auch!"
Kind: " Wenn ich groß bin möchte ich auch ein richtiger Mann sein - so wie Mama!"

Offline GregorM

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Ich finde die Frauen haben es richtig gemacht. Sie haben die Mode der Männer für sich passend gemacht, ohne sich im Frau sein zu verbiegen.
Tatsächlich gibt es kaum ein Herrenkleidungsstück, dass es nicht in Frauenpassform gibt.
Trotzdem kleben sich die meisten Frauen keine Bärte an, um männlicher zu wirken, oder verleugnen ihre Körperformen um besser zur männlichen Kleidung zu passen.

Vielleicht ist es historisch gesehen für Männer besser ein paar Schritte zurück zu gehen und von neuem anzufangen. Es gab ja auch Zeiten in denen die Männer Kleider trugen.
Ein Männerkleid sieht für mich so aus: https://www.ritterladen.de/Gewandung/fuer-den-Recken/Waffenroecke-und-Tuniken/Tunika-Ekwin-Rot.html


Kleidungsstücke dieser Art ließen sich sicher auch entsprechend mit moderneren Accesoirs kombinieren.
Es gibt aber auch bestimmt noch andere Beispiele.



Vielen, vielen Dank, Zwurg!

Genau meine meinung, nur hervorragend geschrieben.

Gruß
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Offline GregorM

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Kind: "Papa, was ist ein richtiger Mann?"
Vater: " Ein richtiger Mann hat Alles im Griff, er trägt die Verantwortung. Er kümmert sich um seine Familie, er weiß wo es lang geht, und zeigt es auch!"
Kind: " Wenn ich groß bin möchte ich auch ein richtiger Mann sein - so wie Mama!"

Kann ich zustimmen. Sollten Männer heute richtige Mäanner sein, sollten sie manchmal Röcke tragen - wie die Frauen, aber gerne öfter.

Gruß
Gregor
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Offline Holger Haehle

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Lieber Zwurg,

ja, Frauen haben es richtig gemacht. Und natürlich Designer, wie vor allem Coco Chanel, die immer wieder in Interviews betont hat, das sie eigentlich nur historische Männermode  der Renaissance und des Barock weiblich interpretiert.

Aber vergessen wir nicht, dass es erst eine Emanzipationsbewegung brauchte, um ein neues Rollenbild  für Frauen durchzusetzen.

Vorher waren die Beschränkungen für Frauen extrem. Engliche Frauenrechtler, wie Emmeline Pankhurst, sind für die Hose ins Gefängnis gegangen.

Heute undenkbar, aber Calamity Jane, Suffragetten und  auch Schauspielerinnen in sogenannten Hosenrollen wurden als Transvestitinnen (siehe auch die Bildertitel von Renoir, wenn sie Schauspielerinnen zeigen) bezeichnet.

Offline Holger Haehle

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Lieber Micha,

die Trennung von biologischem und kulturellem/sozialem Geschlecht ist anthropologisch belegt und spiegelt sich im Englischen Sprachgebrauch bei der Wortwahl wider. Wir haben die Freiheit zur Kultur, weil sich der Geist über das Fleisch erhoben hat. So ähnlich wird es auch in der Bibel beschrieben. Biologisches Verhalten hingegen ist Instinkt- und Triebverhalten. Das kann sich mit kulturellem Ausdruck verbinden, muss es aber nicht.

Du fragst, warum ist es nicht so einfach für die Menschen sich vorzustellen, dass jemand kulturelle weibliche Symbole (Röcke) tragen will, ohne seine männliche Genderidentität in Frage zu stellen. Die Symbolik des Rockes als weiblich zu dekonstruieren, kommt ihnen nicht in den Sinn.
Meine Gegenfrage: Warum hatten die Menschen über Jahrtausende dieses Problem nicht? Auch für Jesus war es kein Problem sich einröhrig zu bekleiden?
Der Knackpunkt sind unsere Prägungen durch die Welt in der wir aufwachsen. Wir sind Produkte unserer Erziehung nach den jeweils aktuellen kulturellen Normen. Was ich jeden Tag tue oder nicht tuen darf wirkt prägend. Das schleift sich ein. Psychologen bezeichnen das als Konditionierung. Ich sehe es als eine Art Gehirnwäsche. Es wird dann schwer, sich gegen ein eingeübtes Verhalten zu entscheiden, selbst wenn der Verstand dazu rät. Es ist auch schwer sich gegen die Gesellschaft zu stellen. Als soziale Wesen fürchten wir geächtet zu werden.
Und da es die Symbolik des Rockes als weiblich vor dem 18. Jahrhundert nicht gab, galten damals andere Prägungen. Kultur kann sich immer verändern, so der Mensch es will.
Biologie ist an Naturgesetze gebunden, Änderungen sind nur über Mutationen möglich. Aus biologischer Sicht sind Rock und Hose geschlechtslos. Erst der gesellschaftliche Zeitgeist setzt Regeln und Normen und schafft so allgemein verbindliche Konnotierungen.

Offline MAS

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Lieber Holger,

ja, so sehe ich es auch. Deswegen habe ich den Vergleich mit der Sprache gebracht. Wörter verändern ab und zu ihre Bedeutung. So bedeutete "Toilette" um 1900 herum "Schmuck", "Garderobe" u. dgl. Oder "Arbeit" bedeutete um 1300 herum "Mühsal". Und wer denkt heute bei "cool" noch an "Kühl"? Die Bedeutungen werden den Wörtern von uns Menschen gegeben. Und so ist das auch mit Symboliken von Kleidungsstücken.

Viele Menschen denken aber zu wenig darüber nach, sondern nehmen Wort- und Symbolbedeutungen geradezu ontologisch, als gehörten sie untrennbar zu den Objekten, mit denen wir sie doch erst verbinden.

Gefühlsmäßig sind wir tatsächlich durch unsere Sozialisation und Gewohnheiten geprägt. So empfinde auch ich Röcke oft noch als femininer als Hosen. Ich kann darüber nachdenken und es relativieren, aber emotional ist das recht fest eingeprägt.  Und so kann ich auch das Rocktragen als Genderrollenkritik verwenden.

Ich nenne das "soziale Plausibilität", wenn wir etwas für richtig halten, weil wir es durch die Sozialisation so gelernt haben, unabhängig davon, dass es bei anderer kultureller Prägung auch ganz anders richtig sein kann. Dagegen stelle ich die "sachliche Plausibiltät", die auf logischen, wissenschaftlichen oder einfach prakmatischen Erklärungen beruht.

Ich würde allerdings Kultur und Natur oder Biologie nicht so sehr als Gegensätzte sehen. Man kann sogar die Kultur als Funktion der Biologie sehen, oder eben als Teil der Natur. Erlerntes Verhalten ist ja auch in der Ethologie, der biologischen Verhaltensforschung, genau so Objekt der Forschung wie das genetische, instinktgeseuerte.

LG, Micha
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Lieber Micha,

gerade wegen unserer prägenden Sozialisation überrascht es mich nicht, das selbst du als gestandener Rockträger Röcke tendenziell noch als eher feminin wahrnimmst. Die Macht gesellschaftlicher Prägungen ist stärker als rationales Wissen. Deswegen versetzt Glaube auch Berge und nicht Wissen. Und deswegen können wir leider sehr gut mit dem Widerspruch zwischen sozialer und sachlicher Plausibilität, wie du es nennst, leben.
 
Übrigens dürfen Biologie und Kultur durchaus miteinander techtelmechteln. Aber das ist dann eben eine freie Entscheidung. Der Kulturbeginn wird auf das Ende der Prähistorie datiert. Voraussetzung war eine gewisse Unabhängigkeit z.B. durch Werkzeuge, Waffen und Vorratshaltung von biologischen Voraussetzungen, um zu überleben. Eine autarke Lebensweise, Muße und neuronale Reflektionsmöglichkeiten, die den Aufbau einer Sprache erlaubten, waren die Voraussetzungen für Kulturfähigkeit. Ohne diese Bedingungen hat der frühe Homo sapiens sehr animalisch und kulturfrei gelebt. Er war noch kein Mensch.

Kultur hat den Menschen frei gemacht Entscheidungen unabhängig von biologischen Zwängen treffen zu können. In dieser Freiheit wurden neben dem biologischen Geschlecht weitere Geschlechterrollen mal so oder mal so festgelegt. Keine solche Festlegung hat den Anspruch intrinsisch korrekt zu sein. Jede Regel ist nur kultureller Zeitgeist. Der kann sich beizeiten ändern oder gar ins Gegenteil verkehren.

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LIeber Holger,

die Frage nach der Willensfreiheit lassen wir mal lieber, das ist zu kompliziert.

Jedenfalls ist das Lernen eine bilologisce Funktion, nicht aber immer, was wir lernen. Welche Sprache, welche kulturellen Symbole wir lernen ist kontextabhängig, aber dass wir Sprache und Symbole lernen wollen, ist determiniert Welche Sprachcodes und Symbole sich dann wiederum durchsetzen, mag wieder biologisch sinnvoll sein.

LG, Micha
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