Autor Thema: Why do we dress boys in clothes that are grey, joyless and dull?  (Gelesen 29663 mal)

Offline cephalus

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Zitat von: MAS link=topic=6964.msg105728#msg105728
Ich traf vor ein paar Monaten einen jungen Mann, der glaubte, dass jede Bewegung der Natur, und so auch jede menschliche Entscheidung, seit dem Urknall kausal festgelegt ist.
Das gefällt mir nicht, aber ich finde kein schlüssiges Argument, das zu widerlegen.
Wo ist der Moment der Freiheit, der keine Ursachen außer sich selbst hat? Ich finde keinen.
LG, Micha

Du wirst keinen keinen Beweis finden, Micha.
Diese Theorie bestätigt sich selbst, bzw. verhindert jede Gegenargumentation, weil ja auch jede abweichende Entscheidung vorbestimmt wäre.
Dir bleibt, wie der anderen Denkrichtung nur der Glaube an die Richtigkeit.  Es stellt sich die Frage mit welcher persönlichen Wahrheit man selbst besser leben kann.

Auf der anderen Seite haben sich Menschen wie  Einstein die Zähne daran ausgebissen, Zufälle zu eliminieren und in ein festes systematisches System zu überführen - ist Zufälle nicht auch ein Widerspruch zu Vorbestimmtheit?
Ich finde die Diskussion zwischen Bohr und Einstein immer noch recht spannend...

Offline MAS

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Lieber Cephalus,

mit der Diskussion zwischen Bohr und Einstein habe ich mich noch gar nicht beschäftigt.

Aber mir ist das Zitat von Schopenhauer im Sinn: Wir können zwar tun was wir wollen, aber wir können nicht wollen was wir wollen.

Es geht dabei auch nicht nur darum, wie unabhängig das Individuum von äußeren Einflüssen ist, sondern darum, wie frei die Entstehung eines Willens generell von Ursachen, die außerhalb dieses Willens liegen sind, also auch Ursachen innerhalb des Individuums.
Rein theoretisch-rational erkenne ich den Moment der Ursachenunabhängigkeit also der abslouten Freiheit nicht.

Und doch sagt mir meine praktische Vernunft, dass es besser ist, so zu leben, als sei mein Wille frei, selbst dann, wenn das eine Selbsttäuschung sein sollte. Nur so ist die Zukunft für mich offen, nur so kann und muss ich Verantwortung für meine Gedanken und Gefühle, Worte und Taten übernehmen, usw.

LG, Micha
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Offline Holger Haehle

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Micha, sorge dich nicht um die Freiheit.

Zu glauben, dass jede Bewegung der Natur, und so auch jede menschliche Entscheidung seit dem Urknall kausal festgelegt ist, widerspricht der naturwissenschaftlichen Erkenntnis. Ein solches kausales Prinzip müsste empirisch kausal darlegbar, also auch berechenbar, sein.

Schon der Urknall ist nur erklärbar über Anomalien energetischer Fluktuationen. Dabei entstanden gewaltige Massen von Materie und Antimaterie, die sich immer wieder in einem gigantischen Energieblitz auslöschten, weil ja immer zwei gleiche Mengen entstanden und dann vernichteten. Aber dann geschah für eine 10-27 Sekunde das Wunder eines Massenungleichgewichts, so dass die Antimaterie nicht ausreichte die komplette Materie in Energie umzuwandeln. So blieb ein Rest. Und der ist die materielle Basis für unser Universum.

Auch die Verteilung der Materie war nicht gleichmäßig, wie es kausal sein sollte. Dieses Ungleichgewicht war aber eine Voraussetzung für die Entstehung von Gravitation, was die Bildung von Massenzentren beförderte und nachfolgend von Sonnen.

Ohne diese Zufälle gäbe es uns also nicht. Es gibt extra mathematische Disziplinen wie die Chaosforschung und Statistik, um den Zufall einigermaßen berechenbar zu machen, weil ein kausales System, das alles erklärt, nicht existiert.

Und in der Biologie geht es weiter. Arten entstehen u.a. durch ungerichtete Mutationen und zufällige Fehler der genetischen Replikation. Die sind je unvorhersehbarer je komlexer die Systeme sind.

Also, ein kausales System, das uns erklärt, warum ein Reissack in China umkippt, wenn sich Micha am Kinn kratzt, gibt es nicht und kann es auch nicht geben.

Heisenberg hat doch gerade mit seiner quantenmechanischen Unschärferelation den mathematischen Beweis geliefert, das es unter bestimmten Bedingungen schon in einem Atom unvorhersagbare Aufenthaltsorte für Elektronen gibt. Und was ist ein einzelnes Atom im Vergleich zu einem Menschen und seinem Körper aus vielen Atomen und Molekülen und Geweben und Organen und Neuronen und Handlungen. Ja und wenn jetzt noch ein zweiter Mensch hinzu kommt oder gar ein paar Milliarden und auch noch Flöhe und usw. dann geht es richtig ab.

Es gibt sie also die Freiheit – mathematisch garantiert!


Offline Mann im Rock

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Mal anders gefragt: Welche Relevanz hat es eigentlich, ob es kausal vorherbestimmt ist oder ob es meine freie Entscheidung ist, wenn ich Rock trage? Meinetwegen bilde ich es mir ein, frei entscheiden zu können, oder ich kann tatsächlich frei entscheiden, oder alles ist seit dem Urknall vorherbestimmt - aber was soll's?

"Why do we dress boys in clothes that are grey, joyless and dull?" - War das nicht das Thema?
Wenn es uns gelingt, uns aus unseren eingebildeten Beschränkungen zu befreien und unser inneres Feuer anzuzapfen, dann sind die Möglichkeiten unbegrenzt. (Dean Karnazes)


Offline MAS

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Lieber Holger,

Unvorhersagbarkeit ist nicht identisch mit Nichtvorherbestimmtheit. Um Wirkungen in einem chaotischen System vorhersagen zu können, müsste man jedes Teilchen, jede Bewegung, jede Geschwindigkeit, jede Richtung kennen. Das ist für uns Menschen unmöglich.

Im April habe ich einen Menschen, der das in einem Vortrag erwähnt hat, gefragt, ob er mit "Zufall" Unvorhersagbarkeit oder Nicht-Kausalität meinte. Er sagte, ganz klar nur Unvorhersagbarkeit. Nichtkausalität gebe es nicht.

Nun, dass er das sagte, heißt ja noch nicht dass das auch so stimmt. Und ich wünschte, es stimme nicht!


Und Mann im Rock,

ich meine ja auch, wie könnten oder gar sollten so leben, als seien wir frei und damit auch verantwortlich.

LG, Micha

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Offline Skirtedman

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Und doch sagt mir meine praktische Vernunft, dass es besser ist, so zu leben, als sei mein Wille frei, selbst dann, wenn das eine Selbsttäuschung sein sollte. Nur so ist die Zukunft für mich offen, nur so kann und muss ich Verantwortung für meine Gedanken und Gefühle, Worte und Taten übernehmen, usw.


Nein, die Zukunft ist so oder so offen, weil sie gibt es noch nicht.

Sollte alles im hypothetischen Urknall schon festgelegt worden sein - und unter dieser Sichtweise tendiere ich dazu - so gibt es aber KEINE Instanz, die vorher weiss, was als nächstes passieren wird. Sondern das ist die Wirkung der Gesetzmäßigkeiten, die im Ablauf der Zeit mit den Wirkungen abaufen, wie sie eben ablaufen müssen.
Du als Agent, als Teilnehmer dieser Abläufe, kannst für Dich Verantwortung definieren, weil nur Du genauestens weisst (wie kein anderer), woher Du kommst und warum jene Zukunft, die gestern noch Zukunft war, inzwischen aber auch schon unverrückbare Geschichte ist, warum sie eben so wurde, wie sie geworden ist.

Offline Skirtedman

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Im April habe ich einen Menschen, der das in einem Vortrag erwähnt hat, gefragt, ob er mit "Zufall" Unvorhersagbarkeit oder Nicht-Kausalität meinte. Er sagte, ganz klar nur Unvorhersagbarkeit. Nichtkausalität gebe es nicht.

Richtig.

Und damit sind alle verständlichen Einwände von Holger widerlegt.

Wir alle sind Ergebnisse dieser Kausalität. Und wir alle sind - ich nenne es mal wieder - Agenten in dieser Kausalität. Alles, was wir tun und tun werden, ist in dieser Kausalität eingebettet. Und dass wir uns über Alternativen zu Hosen unterhalten und uns damit beschäftigen ist ebenso Teil dieser Kausalität - oder anders ausgedrückt: eine Notwendigkeit.

Ist es nicht schön zu wissen, wenn wir Röcke tragen, dass wir Röcke tragen, weil es einfach notwendig ist? Wir können einfach nicht anders!

Offline MAS

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Im April habe ich einen Menschen, der das in einem Vortrag erwähnt hat, gefragt, ob er mit "Zufall" Unvorhersagbarkeit oder Nicht-Kausalität meinte. Er sagte, ganz klar nur Unvorhersagbarkeit. Nichtkausalität gebe es nicht.

Richtig.

Und damit sind alle verständlichen Einwände von Holger widerlegt.

Wir alle sind Ergebnisse dieser Kausalität. Und wir alle sind - ich nenne es mal wieder - Agenten in dieser Kausalität. Alles, was wir tun und tun werden, ist in dieser Kausalität eingebettet. Und dass wir uns über Alternativen zu Hosen unterhalten und uns damit beschäftigen ist ebenso Teil dieser Kausalität - oder anders ausgedrückt: eine Notwendigkeit.

Ist es nicht schön zu wissen, wenn wir Röcke tragen, dass wir Röcke tragen, weil es einfach notwendig ist? Wir können einfach nicht anders!

Ja, den Begriff "Notwendigkeit" lese ich auch oft im Sinne von "Kausalität", verwende ihn selber aber anders, nämlich im Sinne von "Not-Wendigkeit", also einer Zielgerichtetheit, die nötig ist, um eine Not zu wenden. Ich meine, wenn ein Dominostein umfällt und andere mitreißt, ist das kausal, aber nicht notwendig, weil es keine Not wendet. Wenn ich Hunger habe, ist es notwendig, zu essen, weil ich dann keinen Hunger mehr habe. Das ist nicht nur kausal.

Röcke tragen wendet die Not, die uns Hosen verursachen. Daher ist es in meinem Wortverständnis auch notwendig. Aber dass wir als Nur-Hosenträger aufwuchsen, verdankt sich kausal unserer Sozialisation. Wir konnten also nicht anders, aber es wendete keine Not, sondern verusachte die Not, aus der wir uns dann befreiten, indem wir notwendigerweise Röcke zu tragen anfingen.

Insonfern halte ich "Kausalität" und "Notwendigkeit" begrifflich auseinander.

Und ich halte wie Du "Kausalität" und "Vorhersagbarkeit" auseinander.


LG, Micha
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Offline MAS

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Nein, die Zukunft ist so oder so offen, weil sie gibt es noch nicht.

Sollte alles im hypothetischen Urknall schon festgelegt worden sein - und unter dieser Sichtweise tendiere ich dazu - so gibt es aber KEINE Instanz, die vorher weiss, was als nächstes passieren wird. Sondern das ist die Wirkung der Gesetzmäßigkeiten, die im Ablauf der Zeit mit den Wirkungen abaufen, wie sie eben ablaufen müssen.
Du als Agent, als Teilnehmer dieser Abläufe, kannst für Dich Verantwortung definieren, weil nur Du genauestens weisst (wie kein anderer), woher Du kommst und warum jene Zukunft, die gestern noch Zukunft war, inzwischen aber auch schon unverrückbare Geschichte ist, warum sie eben so wurde, wie sie geworden ist.

Wie kann die Zukunft gleichzeitig offen und festgelegt sein?
Sie kann uns nur offen erscheinen, weil wir nicht sehen, wie sie festgelegt ist.

Und natürlich kann auch die Hypothese der Determination falsch sein. Das würde mir eigentlich besser gefallen.

LG, Micha
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Offline Holger Haehle

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Micha,

„Unvorhersagbarkeit ist nicht identisch mit Nichtvorherbestimmtheit?“ Äh, was ist denn der Unterschied zwischen Unvorhersagbarkeit und Nichtvorherbestimmtheit?

Du sagst: „Um Wirkungen in einem chaotischen System vorhersagen zu können, müsste man jedes Teilchen, jede Bewegung, jede Geschwindigkeit, jede Richtung kennen.“ Aber das reicht eben nicht aus wie Heisenberg zeigen konnte. Selbst Allwissenheit ist nicht genug um jede kausale Folge einer Aktion zu erklären, weil Unschärfe auch ein Naturgesetz ist. Das ist ja der Hammer wofür er einen Nobelpreis gekriegt hat.

Die Unschärfe löst sich auch nicht auf, wenn man wirklich alles weiß. Heisenberg hat gezeigt, dass eine exakte Wissenschaft auch bei fehlerloser Anwendung vollständiger Datensätze nicht zwangsläufig exakte Resultate liefert. Deswegen hat der zweifelnde Einstein ja mal gefragt, ob der Mond auch da ist, wenn man nicht hinsieht.

Es gibt immer einen Grund, aber manchmal ist der Grund ein Gesetz (Formel) mit Variablen und dann sind auch unterschiedliche Ergebnisse möglich. Das muss auch so sein, sonst hätte ja der Zufallsgenerator in meinem Schulrechner von Texas Instruments nicht funktionieren können. Da produziert die gleiche Soft- und Hardware mit immer gleichem Einsatz auch unterschiedliche Ergebnisse.

Welche Ergebnisse möglich sind, kann man irgendwann immer berechnen. Welches Ergebnis aber tatsächlich eintritt ist nicht immer klar. Und leider auch dann nicht, wenn man allwissend ist. Rückwirkend kann man jedes mögliche Ergebnis kausal erklären. Aber eben nicht bei gleichwertigen Möglichkeiten. Also Micha, zum Zeitpunkt des Urknalls war noch nicht klar, dass es dich und mich mal geben wird. Auch Einstein hat lange gebraucht das zu akzeptieren. „Gott würfelt nicht“, war sein langer Einwand, den er erst spät aufgab. Also Micha – freue dich der Freiheit! Du bist ein Glückswurf.

(Als weiterfuehrende Literatur empfehle ich auf Youtube die Filme zum Doppelspalt-Experiment. Ihr werdet nicht glauben koennen was ihr dort seht 8))

Offline cephalus

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Ohne gerade tiefer einsteigen zu wollen- ich sitze gerade in Lissabon in der U-Bahn - finde ich es recht spannend wie die Sichtweisen der Naturwissenschafler sich von denen der Geisteswissenschaftler unterscheiden und sich weiterentwickeln.   

Offline DesigualHarry

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Hallo!

Unschärfe löst sich nicht auf mit Allwissenheit, sobald man die Unschärfe aber beobachtet wird sie scharf...
Ebenso ist immer und jederzeit alles was mit Gedanken und Gefühlen wahrnehmbar ist als Möglichkeit bereits vorhanden, ich brauche lediglich meinen Fokus darauf richten.

Offline MAS

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Micha,

„Unvorhersagbarkeit ist nicht identisch mit Nichtvorherbestimmtheit?“ Äh, was ist denn der Unterschied zwischen Unvorhersagbarkeit und Nichtvorherbestimmtheit?

Ganz einfach: "Unvorhersagbarkeit" bedeutet dass ein Beobachter nicht sehen kann, welche Teile letztlich wie aufeinander wirken, weil er nicht alles weiß. "Nichtvorherbestimmtheit" bedeutet, dass es keine Kausalität gibt.

Du sagst: „Um Wirkungen in einem chaotischen System vorhersagen zu können, müsste man jedes Teilchen, jede Bewegung, jede Geschwindigkeit, jede Richtung kennen.“ Aber das reicht eben nicht aus wie Heisenberg zeigen konnte. Selbst Allwissenheit ist nicht genug um jede kausale Folge einer Aktion zu erklären, weil Unschärfe auch ein Naturgesetz ist. Das ist ja der Hammer wofür er einen Nobelpreis gekriegt hat.

Die Unschärfe löst sich auch nicht auf, wenn man wirklich alles weiß. Heisenberg hat gezeigt, dass eine exakte Wissenschaft auch bei fehlerloser Anwendung vollständiger Datensätze nicht zwangsläufig exakte Resultate liefert. Deswegen hat der zweifelnde Einstein ja mal gefragt, ob der Mond auch da ist, wenn man nicht hinsieht.

Es gibt immer einen Grund, aber manchmal ist der Grund ein Gesetz (Formel) mit Variablen und dann sind auch unterschiedliche Ergebnisse möglich. Das muss auch so sein, sonst hätte ja der Zufallsgenerator in meinem Schulrechner von Texas Instruments nicht funktionieren können. Da produziert die gleiche Soft- und Hardware mit immer gleichem Einsatz auch unterschiedliche Ergebnisse.

Welche Ergebnisse möglich sind, kann man irgendwann immer berechnen. Welches Ergebnis aber tatsächlich eintritt ist nicht immer klar. Und leider auch dann nicht, wenn man allwissend ist. Rückwirkend kann man jedes mögliche Ergebnis kausal erklären. Aber eben nicht bei gleichwertigen Möglichkeiten. Also Micha, zum Zeitpunkt des Urknalls war noch nicht klar, dass es dich und mich mal geben wird. Auch Einstein hat lange gebraucht das zu akzeptieren. „Gott würfelt nicht“, war sein langer Einwand, den er erst spät aufgab. Also Micha – freue dich der Freiheit! Du bist ein Glückswurf.

(Als weiterfuehrende Literatur empfehle ich auf Youtube die Filme zum Doppelspalt-Experiment. Ihr werdet nicht glauben koennen was ihr dort seht 8))


Interessant, aber derzeit für mich nicht verstehbar. Bin ja auch nicht Heisenberg.

Und was für mich auch nicht verstehbar ist: Wie hängen Unschärferelation und freier Wille zusammen?

LG, Micha
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Offline Holger Haehle

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Lieber Micha,

von Einstein stammt auch die Bemerkung, dass man nicht alles verstehen muss, um erfolgreich durchs Leben zu kommen.

Ich glaube es reicht vereinfacht zu wissen, dass man mit Allwissenheit viel erklären kann, aber eben nicht alles, weil der Zufall in der Natur angelegt ist als feststehendes Gesetz.

Es gibt Freiheitsgrade überall, die sieht man bereits beim Aufbau von Atomen und die reichen bis zur Meinungsbildung. Du bist mehr als die Summe deiner Informationen.

Die Vorhersehbarkeit deiner Entscheidungen ist grundsätzlich gegeben, aber eben nicht mit 100%. Es bleibt Unschärfe. Unschaerfe bedeutet Wahlfreiheit. Es bleibt somit Freiheit.

Und diese Freiheit ist so wichtig, weil sie die Chance zu Veränderungen und damit auch zu einer Weiterentwicklung bietet. Wir sind heute nicht mehr die Gesellschaft von Höhlenmenschen. Wer weiß, was wir in hundert Jahren sind?

Wir sind das Ergebnis von verändernden Prozessen, also von Vorgängen, wo Freiheit genutzt wird, um vom Standard abzuweichen. Das betrifft alles, also unsere Kultur, die Entstehung der Arten und die Bildung von Gallaxien. Die Freiheit ist letztlich universell: physikalisch, biologisch und soziologisch.

Geisteswissenschaftlich hatten das bereits antike Philosophen wie Pythagoras und Aristoteles angedacht. Neurobiologen und Psychologen können das heute mit tomographischen Verfahren für das menschliche Hirn experimentell in vitro und in vivo bestätigen (Dazu gibt es immer wieder tolle Artikel in der National Geographic).

Auf den Rock bezogen, bedeutet dass, das der durchaus Potenzial hat. Marketingmaßnahmen beschäftigen sich sehr mit der Auslotung von Freiheitsgraden, um Produkte daran auszurichten. Es fehlt momentan aber ein ausreichendes Momentum (Power, Dynamik) zum Tipping Point. Aber die Kräfte sind grundsätzlich da. Die Freiheit zum Rock und die Möglichkeit es zu tun ist da. Das sehen wir an den entsprechenden Foren, Kollektionen von Designern und gelegentlichen Männerrockangeboten im Handel (zu letzt von Burberry).

Dem Rock zum Durchbruch zu verhelfen heißt letztlich, die vorhandene Freiheit zu nutzen, aber die wird momentan eher als klein empfunden. Der "gemeine" Mann hat theoretisch die Freiheit zum Rock, aber praktisch empfindet er das nicht so.

Offline Barefoot-Joe

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Hallo Holger,

Zitat
(Als weiterfuehrende Literatur empfehle ich auf Youtube die Filme zum Doppelspalt-Experiment. Ihr werdet nicht glauben koennen was ihr dort seht 8))

Das ist doch noch harmlos. Die Gänsehaut kommt beim "delayed choice quantum eraser", wenn man merkt, dass die Realität im Nachhinein die Gegenwart korrigieren kann - bzw. vorher weiß, was später passiert.
Ich bin ein Mensch mit Irritationshintergrund.

Normality is a paved road: it’s comfortable to walk, but no flowers grow. - Vincent van Gogh


 

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