Vor fünf Jahren habe ich sehr auf ein männliches Erscheinungsbild geachtet. Mit der Folge, dass ich blöde Kommentare bekommen habe. Mittlerweile werde ich gelegentlich für eine Frau gehalten, auf den ersten Blick. Und ich bekomme mehr oder weniger regelmässig Komplimente. Weil ich keinen Wert mehr auf ein sehr männliches Erscheinungsbild lege und mich jetzt wohler fühle als vor Jahren. Männlich oder weiblich ist für mich unbedeutend geworden.
Schön, das es nicht nur mir geht, dass ich Dein Erscheinungsbild i.d.R. für (milde gesagt) eher weiblich halte.
Den eifrigen Mitlesern dürfte nicht entgangen sein, dass ich mir damit manchmal in Ansätzen etwas schwer tue. Inzwischen durfte ich ein wenig mehr Deine Motivationen kennenlernen, die "dahinterstecken". Ich tue mir da vor allen Dingen auch etwas schwer, weil es meiner Einschätzung nach eher hinderlich ist, was das Voranbringen des veränderter Sehgewohnheiten angeht. Und das ist, schätze ich, ja der Hauptgrund, weshalb wir uns hier im Forum versammelt haben, weil wir gegen diese Sehgewohnheiten ankämpfen oder es schwerhaben, uns so zu kleiden, wir wir das gerne wollen.
Wollen wir diese Sehgewohnheiten ändern, dann ist es förderlich, genau mit diesen zu brechen. Streben wir ein möglichst weibliches Erscheinungsbild an, so beugen wir uns genau diesen eingefahrenen Sehgewohnheiten und festigen diese auch noch, weil wir sie aufs Neue bestätigen.
Blöde Kommentare, lieber Hajo, vermeidest Du, weil Du wohl erst auf den zweiten Eindruck als möglicherweise "männlicher Provenienz" erkennbar bist. Viele verpassen, wenn sie Dir begegnen, dass sie einem Mann begegnet sind, der Rock/Kleid oder sonstwas bislang als unmännlich geltendes Kleidungsstück trägt. Und wenn sie´s doch mitkriegen, dann wird die Schublade "Na, der will ne Frau sein/werden" aufgezogen und die eingefahrenen Sehgewohnheiten wurden in keinster Weise in Frage gestellt, nein, sie wurden sogar bestätigt.
War es vor wenigen Jahrzehnten noch verpönt, sein angeborenes Geschlecht ablehnen zu wollen, nicht zuletzt, weil da ein Gedankenkomplex aufging, der als unsittlich oder gar gesetzeswidrig galt - so ist es heute eher akzeptiert, dass es Abweichler gibt, die ihr angeborenes Geschlecht ablehnen. In den Medien sind solche Abweichler inzwischen fast normaler als Verteter der uralt eingefahrenen Rollenklischees. Gerade, was Männer angeht, sind in einschlägigen Fernsehsendern "abweichende" Männer inzwischen Standard. Das ist spannend, und irgendwie auch gut so, jedenfalls besser, als würden Abweichler nicht vorkommen, oder pausenlos diffamiert. (Leider werden sie von manchen Medien aber dann auch wieder "vorgeführt".)
Mit dieser breiten Medienwirksamkeit fällt es heutzutage leichter, sich als "Geschlechtsflüchtling" zu outen und wird nicht mehr per se aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Und das ist ja auch gut so. Man fühlt sich wohler, wenn man so sein darf, wie man sich fühlt und ist gleich psychisch stabiler. Schon alleine das trägt einem mehr Komplimente ein.
Sich aber den eingefahrenen Sehgewohnheiten unterordnen zu müssen, nur damit man einen Rock oder ein Kleid tragen kann, halte ich für keinen wirklichen gesellschaftlichen Fortschritt. Und dagegen wehre ich mich. Ich will mich nicht dem "weiblichen Erscheinungsbild" angleichen müssen, nur weil ich keine Hosen mag.
Und hier sehe ich eine wichtige - wie soll ich sagen - Aufgabe in meinem Leben, an den eingefahreren Sehgewohnheiten zu rütteln. Und das mache ich mehr als Du, lieber Hajo. Und das macht MAS mehr als ich.
Und das sehe ich ebenso als wichtige Aufgabe dieses Forums zu zeigen, dass man mit Sehgewohnheiten brechen kann, dass es nicht einer optischen Annäherung an ein weibliches Erscheinungsbild bedarf, um als Mann trotzdem keine Hosen tragen zu müssen.
Darum finde ich es wichtig, auch immer wieder über weibliche Erscheinungsbilder und männliche zu reden.
Und bin gespannt, auf welche weitere Beobachtungen, Ideen und Erklärungsmuster wir hier noch stossen werden im Verlauf der Diskussion darüber. Spannend auch, um vielleicht auch noch bewusster mit bestimmten Stilen / Elemente umgehen zu können und sie gezielt einsetzen zu können - aber alles eben auch eine Frage der Motivationen - und die sind hier bei uns Foristen wahrlich breit gefächert.