Autor Thema: Gender-Neusprech  (Gelesen 39517 mal)

Offline Silkman

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Antw:Gender-Neusprech
« Antwort #195 am: 15.07.2023 06:37 »
Beim sprechen gegendert hat hier noch keiner, auch bei den jüngeren nicht.

Grüße von
Jürgen

Das glaube ich nicht, dass die Genderidentitäten, z.B. Damen und Herren, nicht auseinandergehalten werden und nur von Menschen oder Personen, also völlig ohne Gender, gesprochen wird.

LG, Micha
Hallo Micha, 1:0 für Dich  ;)

Offline MAS

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Antw:Gender-Neusprech
« Antwort #196 am: 15.07.2023 09:08 »
Danke, lieber Silkman!

Ja, umgangssprachlich wird das Wort "gendern" völlig falsch verwendet, als ob nur die Verwendung des Gendergaps  gendern wäre. "Gendern" bedeutet ja, die Geschlchter der Menschen in der Sprache oder auch sonst wo sichtbar bzw. hörbar zu machen, um sie voneinander unterscheiden zu können. Anreden wie "meine Damen und Herrren", die Unterscheidung von Mädchen- und Jungenspielzeug, von Frauen- und Männerkleidung, von Damen- und Herrentoiletten, das alles ist gendern.

Was mich so ärgert, ist, dass durchaus kluge Menschen wie Söder mit Absicht das Wort falsch verwenden und die Menschen, die kein englisch können, darin bestärken, es falsch zu verstehen, um Stimmung gegen Gendersternchen usw. zu machen.

Der Gendergap, geschrieben oder gesprochen, hat ja die gegenteilige Absicht: Menschen aller Geschlechter in einem gemeinsamen Wort zu bezeichnen, ohne grammatisch gener ein Geschlecht zu bevorzugen und die anderen unter dieses zu subsumieren. Es ist also ein Entgendern und kein Gendern. Das nennt man dann auch "gendergerechte Sprache". Wenn Söder und Konsorten gegen gendergerechte Sprache sind, dann sollen sie das auch so sagen und nicht sagen, sie seien gegen das Gendern!  Aber welcher Politiker will schon offiziell gegen etwas Gerechtes sein?

LG, Micha

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culture skirt

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Antw:Gender-Neusprech
« Antwort #197 am: 15.09.2023 13:55 »
Ja, das ist noch ein schwieriges Thema. Im Englischen ist das alles einfacher, denn da gibt es oft keine weiblichen Endungen der meisten Wörter.

Es wird noch einiges an Diskussion und Experimentieren geben, bis wir eine Lösung gefunden haben, mit der die meisten zufrieden sind.

LG, Micha
Im Englischen gibt es trotzdem geschlechtliche Endungen und Artikel.
Für den Engländer sind Schiffe immer weiblich. "The Ship, she is beautiful". Er wird nie sagen. "The Ship, he is beautiful".
Das gleiche beim Lehrer. Der weibliche Lehrer wird als Lady Teacher angesprochen, wenn explizit eine Frau als Lehrerin bezeichnet wird.
He, she, it sind ebenso eindeutige Pronomen, die wie im Deutschen Er, Sie, Es beschreiben.

Offline Yoshi

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Antw:Gender-Neusprech
« Antwort #198 am: 29.09.2023 23:52 »
Lieber Holger,

ja, aber es gibt auch Beispiele dafür, dass neue Wörter das Denken nicht verändert haben. So verwenden manche Menschen das Wort "Neue Religionen" genau so mit negativem Unterton wie früher das Wort "Sekten" oder "Menschen mit Migrationshintergrund" genau so negativ wie früher "Ausländer". Nun sind diese beiden neuen Begriffe ja auch sachlich korrekter und sie verlangen keine völlig neue Orthographie, wie es ein *, ein Binnen-I oder dergeleichen verlangen.

Ich fände es ästhetisch eleganter, eine Lösung zu finden, männliche, weibliche und diverse Menschen in einem gemeinsamen Wort zu bezeichnen, das weder männlich, noch weiblich, noch eine schwer lesbare Kombination von beidem ist und ohne Sonderzeichen auskommt. Allein, mir fällt nicht ein wie.

Also verwende ich das * in der schriftlichen Form, manchmal auch in der mündlichen, mache aber niemandem die Vorschrift, es auch zu tun, auch nicht meinen Studierenden. Ah ja, das Partizip verwende ich noch lieber als das *, also "Studierende" lieber als "Student*innen". Das geht aber eben nur mit Verbalsubstantiven.

Hauptmaxime ist bei mir aber, die Menschen nicht mit einem Wort zu bezeichnen, mit dem sie sich nicht identifizieren, es sei denn, ich will ihnen damit sagen, dass ich ihrer Selbstbezeichnung nicht zustimme. Letzteres scheint mir tatsächlich ja auch bei manchen (!) Verfechtern des genereischen Maskulinum zu sein, die den Diversen ihr Diverssein absprechen und Frauen nicht als gleichrangig ansehen. Manche drücken mit ihrer Wortwahl eben auch ihre Ideologie aus, nicht nur die Feminist*innen, sondern auch die Patriarchalen.

LG, Micha

Diesen Kommentar unterschreibe ich zu 100%. Da fühle ich jedes Wort!

Für mich als Erzieher ist das Gendern aus einer anderen Perspektive zu sehen: Der Beruf ist nämlich bekanntermaßen eine Frauendomäne und es wird eine Art "generisches Femininum" genutzt. In meiner Ausbildung las ich viele Texte, in denen nur von "Erzieherinnen" die Rede war. Daher bin ich es gewohnt mit der weiblichen Form mitgemeint zu sein. Wenn von Erziehern die Rede war, wurde meist von "männlichen Erziehern" gesprochen (eigentlich eine Tautologie). Jedoch wird auch immer mehr gegendert ("Erzieher*in") und es ist fast schon Standard in neueren pädagogischen Texten.
Ich versuche "Erzieher" oder "Kollege" auch durch genderneutrale Formen zu ersetzen und das ist noch nicht mal schwierig. Hier mal einige Beispielsätze: "Ich bespreche das mal im Kollegium." "In unserer Gruppe arbeiten drei Fachkräfte." "Das ist die pädagogische Haltung unseres Teams." Es wirkt nicht künstlich, ich habe nicht viel Aufwand betrieben und niemanden dadurch ausgeschlossen.


Offline doppelrock

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Antw:Gender-Neusprech
« Antwort #199 am: 04.10.2023 05:10 »
Nach dieser Umfrage hat die Zustimmung der befragten deutschen zum gendern in den letzten 3 Jahren abgenommen.
https://transition-news.org/mehrheit-der-deutschen-ist-gegen-das-gendern

Mit dem aktuell aggressiven propagieren dieser Sprachverhunzung wird die Ablehnung zunehmen.

Leute, ihr reitet ein totes Pferd! Steigt ab und kümmert euch um die wichtigen Dinge im Leben, nicht nur um schädliche Pseudo-Maßnahmen

Offline Lemon787

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« Antwort #200 am: 15.01.2024 12:04 »
Ich gehe mit dem meiner Meinung nach vollkommenen Blödsinn nicht mit, genauso werden Texte mit Stern, :, innen usw einfach überlesen.
Auf die Spitze wird das von der "Wokeness" getrieben mit Mitarbeitende und Forschende, das lese ich gleich garnicht.

Im Gegenteil also ich merke immer mehr das diese diversity in der Umgebung immer mehr umgedeutet wird,
aus dem zwanghaftem (m/w/d) männlich/weiblich/divers wird männlich/weiß/deutsch ;)


Offline MAS

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« Antwort #201 am: 15.01.2024 22:35 »
Lieber Lemon,

es mag in Deinen Augen Blödsinn sein. In den Augen der Menschen, die diese sprachlichen Erweiterungen erfunden haben, sind sie dagegen not-wendig. Sie sollen eine Not wenden, die sie empfinden.

Wenn das dann von wieder anderen Menschen verulkt wird, änderst das nichts daran.

"Es gibt nichts im menschlichen Leben, das nicht von irgendeinem Standpunkt aus gesehen sinnvoll und notwendig und zugleich von irgendeinem anderen Standpunkt aus gesehen albern und lächerlich erscheint. Wichtig ist es, den Standpunkt, von dem aus man eine Sache beurteilt, zu rechtfertigen." (https://michael-alwis-schmiedel.blogspot.com/2005/03/sozialverantwortlicher-eigensinn.html)

LG, Micha
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Offline Skirtedman

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« Antwort #202 am: 16.01.2024 02:17 »
Hallo MAS,

ich will etwas jenseits des Thread-Themas anhand eines Beispiels die Allgemeingültigkeit untermauern jener Worte des genialen Denkers, den Du Dir erlaubt hast zu zitieren:

Ich kenne sehr viele Männer, die für sich das Tragen von Hosen als unerschütterlich notwendig erachten.
Ich jedoch halte dieses zwanghafte Festhalten der Männer an der Hose für absolut lächerlich.

Offline doppelrock

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« Antwort #203 am: 16.01.2024 06:13 »
Diese Sprachverhunzung nützt niemandem. Es ist nur eine Scheinlösung, die der vermeintlichen Zielgruppe und auch allen anderen Sprachanwendern schadet.
Sie ist Ausdruck einer Ideologie, mit religiösem Eifer einer kleinen Minderheit vorgetragen.

Die gewachsene Sprache kann alles viel besser und exakter ausdrücken und durch ihre universelle Anwendbarkeit VERBINDET sie die Menschen.

Liebe Gender-Ideologen und Gutmenschen, steigt ab vom Pferd der Sprachverhunzung, es ist tot.

Der einzige Vorteil der Sprachverhunzungist: Man erkennt sofort, aus welchem Milieu der Anwender kommt  und weiß, dass sich in den meisten Fällen eine Diskussion auf Sachebene nicht ergibt, weil Ideologie über Fakten steht. Wer den Schwerpunkt auf politisch korrekt gesetzte Pausen, sternchen oder Doppelpunkte setzt, ist wohl mit den eigentlichen Inhalten überfordert oder sieht nur seinen selbstgesetzten Umerziehungsauftrag.

Offline Gotti

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« Antwort #204 am: 16.01.2024 09:37 »
Ich bin sehr klar gegen das Gendern. Wer will soll es machen ich aber in diesem Leben nicht. Ich esse ja auch keine Schnitzel mit migrantischer Herkunft.

Online high4all

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« Antwort #205 am: 16.01.2024 09:58 »
Und ich bin klar für das Gendern. Dafür lasse ich mich gerne als Gender-Ideologen und Gutmenschen beschimpfen. Oder auch als Grüner. Denn die sind bekanntlich an allem schuld.

Es ist ja auch eine Frechheit, wenn Minderheiten gesehen werden wollen und damit an der Mehrheitskomfortzone rütteln könnten. Warum wollen die sich denn nicht mehr alles gefallen lassen? Früher war das nicht so!
Herr, ich danke Dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele. (Psalm 139,14)

Never be limited by other people's limited imaginations. (Dr. Mae Jemison)

Wenn wir es recht überdenken, so stecken wir doch alle nackt in unsern Kleidern. (Heinrich Heine

Offline Yoshi

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« Antwort #206 am: 16.01.2024 10:28 »
Der einzige Vorteil der Sprachverhunzungist: Man erkennt sofort, aus welchem Milieu der Anwender kommt  und weiß, dass sich in den meisten Fällen eine Diskussion auf Sachebene nicht ergibt, weil Ideologie über Fakten steht.

Die fehlende Sachebene ergibt sich auch aus dem Umstand, dass du sie meist selbst als Erster verlässt und dich oft polemisch und denunziantisch äußerst. Wenn du am sachlichen Argumentenaustausch interessiert bist, wäre es angebracht, wenn du an deinem Kommunikationsstil arbeitest. Solch aggressiven und degradierenden Duktus erachte ich viel mehr als "Sprachverhunzung" und ideologisch überhöht.

Offline Gotti

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« Antwort #207 am: 16.01.2024 10:30 »
Ich gehöre selbst zu einer Minderheit. Dennoch ist es wenig demokratisch wenn eine Minderheit der Mehrheit irgendwelche Dinge vorschreiben will.

Offline Yoshi

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« Antwort #208 am: 16.01.2024 10:52 »
Ich gehöre selbst zu einer Minderheit. Dennoch ist es wenig demokratisch wenn eine Minderheit der Mehrheit irgendwelche Dinge vorschreiben will.

Es gibt kein Bundesland, das eine Genderpflicht eingeführt hat. Demgegenüber stehen aber Bundesländer, die ein Genderverbot eingeführt haben (Sachsen, Bayern, eventuell bald auch Hessen?). Mir stellt sich hier die Frage, wer wem was vorschreiben möchte.

Offline Skirtedman

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« Antwort #209 am: 16.01.2024 12:29 »
Ich gehöre selbst zu einer Minderheit. Dennoch ist es wenig demokratisch wenn eine Minderheit der Mehrheit irgendwelche Dinge vorschreiben will.

Das ist es gewiss nicht, lieber Gotti.

Ich halte es aber für sehr demokratisch, wenn die Mehrheit auf Minderheiten Rücksicht nimmt. Und nicht nur demokratisch, sondern höchst solidarisch. Von Herzen empfundene Solidarität ist die gegenseitige Rücksichtnahme. Das ist das Zeug, das VERBINDET. Sich immer nur auf "die Mehrheit" zu berufen, treibt Keile in die Gesellschaft, SPALTET die Gesellschaft.

Und letztlich ist jeder davon betroffen. Wir alle mehr oder weniger "normalen" Menschen gehören in irgendwelchen Hinsichten immer irgendeiner wie auch immer zu definierenden MINDERHEIT an. Wollen wir unser Recht auf Individualität von irgendeiner definierten MEHRHEIT nehmen lassen?

Und so zählt Rücksicht auf Minderheiten zu einer kulturellen Leistung. Es ist keine Sache von Grad der Bildung oder Höhe des Einkommens, ein kulturell wertvoller Mensch zu sein. Jeder kann kulturelle Leistungen erbringen. Jeder kann entdecken, dass Rücksichtnahme sogar Freude bereiten kann. Freude bei dem , dem die Rücksicht zuteil wird. Und Freude bei dem, der die Rücksicht walten lässt.

Das Ausgrenzen von irgendwelchen "Anderen" verarmt geistig, macht innerlich krank. Wollen wir nicht alle lieber gesund durch unser Leben kommen?

Und es sind nicht immer "die Anderen", die alles kaputt machen. Es sind nicht z.B. die Migranten und Behinderten, die über Gebühr alles "nachgeschoben" bekommen. Es ist Rücksichtnahme; und manchmal ist eine scheinbare (oder tatsächliche) Mehrbeachtung eventuell auch der Ausgleich dafür, dass jene Gruppen es ohnehin schon schwer genug haben.

Natürlich überschießt die Rücksichtnahme manchmal auch weit das sinnvolle Maß - oder es wird schamlos ausgenutzt. Davor sollten wir nicht die Augen verschließen. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass Versuche, es allen einigermaßen gerecht zu gestalten, immer auch Versuche sind, aus denen eventuell noch im Laufe der Zeit durch Sammeln von Erfahrungen hinzugelernt wird und entsprechend nachjustiert werden sollte oder wird. - Und wir dürfen nicht vergessen, dass all diese Dinge immer ein hochkomplexes Zusammenspiel ganz vieler Dinge ist - mit einfachen Antworten wird man niemandem gerecht.

Freilich ist es nicht jedem - eigentlich niemandem - gegeben, die hochkomplexen Zusammenhänge allesamt zu verstehen. Manche können aufgrund ihrer Neigungen manches ohnehin nicht verstehen. Manche wollen nicht alles verstehen, weil es eben zu komplex ist. Manche wollen vieles nicht verstehen, weil ihnen einfache Antworten lieber sind - oder weil die einfachen Antworten ihren eigenen Interessen besser dienen.

Ja, die Menschen sind vielfältig. Auch das muss man verstehen. Die Welt wäre sicher einfacher, wenn alle Menschen so wären wie ich - für mich. Da das aber nicht so ist, ist die Welt am einfachsten, wenn ich verstehe, dass andere Menschen anders sind als ich. Und um aus diesem Verstehen einen Gewinn zu erzielen, ist es sinnvoll, Rücksicht zu nehmen und eine Solidarität zu entwickeln mit Menschen, die anders sind als ich.



Das betrifft auch das Thema, das hier der Thread behandeln wollte.

Ihr könnt nachgucken mit entsprechenden Suchanfragen, oder anhand der Überschriften - ich habe hier quer übers Forums und bestimmt auch hier im Thread schon vieles zum Gendern geschrieben - auch wohlwollendes. Ich habe mich an Überlegungen beteiligt, welche Elemente man für eine gendergerechtere Sprache zu unserer bestehenden Grammatik hinzufügen könnte, und all dies.

In Teilen jedoch stimme ich den Kritikern des "Gender-Neusprechs" zu, dass diese Umgestaltung der Sprache (auch wenn Sprache ständig im Fluss ist) keine wirklich sinnvolle Ergänzung der Sprache ist. Da stimme ich in Teilen inhaltlich auch Doppelrock zu, auch wenn er eine sehr ausgrenzende, spalterische Ausdrucksweise dafür bekanntermaßen wählt.

"Denken fängt mit der Sprache an", sagte 1988 eine gute, gleichaltrige Bekannte, die sich mit diesen Worten sehr auf das Feministische bezog (und da auch schon auf das Doppelnennen der geschlechtsspezifischen Begriffe bezog wie "Bürgerinnen und Bürger" usw.).

Und da ist was Wahres dran. Wittgenstein prägte Jahrhunderte zuvor eine ähnliche Aussage. Insofern bin ich auch recht nahe dran, was Hajo (high4all) hier im Thread gerade geäussert hat.

Durch den "Gender-Neusprech" und den versuchten "Sprachverhunzungen" sind die wohl nicht ganz zufriedengestellten Bedürfnisse verschiedener Gruppen (kleiner Minderheiten bis hin zu größeren Teilen der Gesellschaft wie die Gruppe der "Frauen") ins Bewusstsein gerückt. Ja, Denken fängt mit der Sprache an.

Bei allem Für und Wider halte ich für die gesellschaftlich praktikabelste Lösung, auf die massive politische Einflussnahme auf die Gestaltung der Sprache weitgehend zu verzichten, sondern das Verhältnis zu Sprache und das damit verbundene Denken neu zu überarbeiten.

Ich halte also jetzt ein Plädoyer für das "generische Maskulinum" in unserer gewachsenen deutschen Sprache, die mit diesem generischen Maskulinum durchaus auch manche patriarchale Strukturen abbildet, weil eben aus gesellschaftlichen, historischen Gründen z.B. beruflich arbeitende Bäcker eher Männer waren und keine Frauen. Ärzte ebenso. Bauarbeiter auch.

Wir alle wissen, dass das heute längst nicht mehr so ist. Reicht es nicht, mit diesem Wissen, mit diesem daran Denken mit dem Reden über "die Bäcker" die Gesamtzahl aller beruflich arbeitenden Backenden mit einzuschließen? Also auch die Bäckerinnen. Und jene Backpersonen, die sich sonstwo zwischen "Bäcker" und "Bäckerin" verorten?

Es macht die Sprache so ungleich viel komplizierter, wenn auch nur in jeder kleinen Nachrichtenmeldung in jedem der drei Sätze von "Bauern und Bäuerinnen" die Rede ist.

Wie es sich anfühlt, wenn sich die Bäuerinnen beim genereischen Maskulinum nicht mitgemeint fühlen, haben inzwischen sicherlich die meisten Männer schon erlebt, wenn nämlich die politisch korrektgemeinte Sprechpause bei "Bürger*innen" zu kurz oder schlichtweg gar nicht gesprochen wird. Dieser Stich ins Herz, den erleben Frauen und sonstige Minderheiten, wenn sie sich durch das generische Maskulinum nicht mitgemeint fühlen.

Und mit diesem Verständnis kann man den sich zu kurz gekommen empfindenden Gruppen ja entgegenkommen, und immer mal z.B. von "Bürgerinnen und Bürgern" reden. Andererseits kann man diesen Gruppen auch versichern, dass man sie nicht vergisst und übergeht, wenn man der Einfachheit halber wirklich nur von "Bürgern" im generischen Maskulinum spricht. Was tut den Sprechenden wie den Zuhörenden so weh daran, dass dieses Mitmeinende auch vom Herzen aus so gemeint ist?

Die gewachsene Sprache kann alles viel besser und exakter ausdrücken

Nein, in diesem Punkt gibt es Unklarheiten.
Denn manchmal redet man tatsächlich nur über die Patienten, Bäcker, Bürger, die männlich sind. Beim generischen Maskulinum entsteht eben automatisch diese Unklarheit.

Was aber macht es so schwer zu verstehen (und auch anzuwenden), wenn mit "Patienten", "Bäcker", "Bürger" wirklich nur die männlichen Anteile gemeint sind, dies dann eben auch so auszudrücken:
"die männlichen Patienten"
"die männlichen Bäcker"
"die männlichen Bürger"
Und dort, wo diese Klarheit nicht explizit ausgedrückt wird, sind IMMER ALLE gemeint, also auch die Bäuerinnen und diejenigen, die weder männlicher Bauer noch weibliche Bäuerin sind, aber trotzdem professionell der Landwirtschaft nachgehen. So spart man sich diese umständlichen Ausdrücke wie "Landwirtinnen und Landwirte".

Denn: so zerstückelt wie der sprachliche Informationsfluß in der Rede oder in der niedergeschriebenen Sprache, so zerstückelt das auch das Denken. Muss ich jedesmal mit ausdrücken, dass ich auch die diversen Landwirtschaftbetreibenden mitmeine, dass ich auch die farbigen Bäuerinnen und Bauern mitmeine, dass ich auch Bäuerinnen und Bauern ohne Seepferchen-Ausbildung mitmeine; so trägt das in jede Informationsäusserung die Zerstückelung der Gesellschaft hinein. In jeden Satz. In jeden Gedanken.

Sollten wir nicht versuchen, mit jedem Satz und jedem Gedanken integrativ zu wirken? Müssen wir alles zersplittern? Sollten wir nicht alles solidarisch mit einem Wir-Gefühl behandeln?

Gewachsene Sprache versucht, ökonomisch - sprachökonomisch umzugehen. (Beispiel "grad" statt "gerade"). Ein künstliches Aufbauschen der Sprache wirkt dem entgegen. Lasst uns den Menschen, die Argumente dafür haben, dass sie sich durch Sprache ausgegrenzt fühlen, das Gefühl geben, dass sie definitiv mitgemeint sind. Und wenn das mal nicht der Fall ist, dann weisen wir explizit darauf hin. - Und wenn uns mal danach ist, dann sprechen oder schreiben wir auch durchaus mal die Vorschläge, die irgendwoher kommen, dann schreiben wir halt auch mal Landwirt:innen.

Lasst uns doch einfach wieder ALLE integrativ denken, statt uns auf platte Symbole zu stützen!


 

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