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Röcke und mehr... => Artikel und Presseberichte => Thema gestartet von: paul72 (Sally) am 03.07.2020 16:57

Titel: Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: paul72 (Sally) am 03.07.2020 16:57
Bin auf Youtube auf eine sendung gestossen welche vor 4 jahren in frankreich gesendet wurde, ist zwar leider nur auf französisch in der hoffnung, dass  illeicht paar mitglieder hier sind die diese sorache auch verstehen.

https://youtu.be/oKMxqQ98MZI
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: Jean-Luc am 04.07.2020 10:45
Bin auf Youtube auf eine sendung gestossen welche vor 4 jahren in frankreich gesendet wurde, ist zwar leider nur auf französisch in der hoffnung, dass  illeicht paar mitglieder hier sind die diese sorache auch verstehen.

https://youtu.be/oKMxqQ98MZI

Ich habe die Show besucht, ohne daran teilzunehmen
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: Ludwig Wilhem am 04.07.2020 13:12
Hallo, eine sehr schöne Sendung, leider reichte mein Französisch nicht, die Berichte und Kommentare zu verstehen, aber ich habe für mich mitgenommen, dass Rock/Kleider Tragen in Frankreich auch möglich ist und von der Öffentlichkeit gut aufgenommen wird. Ich habe hier zwei Schnappschüsse für Euch beigelegt:
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Gruß Ludwig
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: radix am 05.07.2020 11:00
Hallo,

vielen Dank an paul72 für den Link zu dieser Fernseh-Show aus Frankreich. Sobald ich etwas Zeit habe, werde ich mir die über 50 Minuten mal anschauen und euch dann etwas detaillierter von den diversen Interviews berichten. Die ersten Eindrücke waren schon sehr interessant ...

Viele Grüße

Radix
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: tcar am 05.07.2020 13:55
Ich glaube, so viel neue Erkenntnisse trägt die Sendung nicht zum Forum bei. Die Debatten, die in der Sendung aufkamen, sind hier alle schon mal aufgetaucht und ausgefochten worden (oder sie werden immer noch ausgefochten), nur dass eine Talkshow dabei natürlich zum Amüsement des Publikums beitragen und auf den Schlamm hauen muss. Ich versuche mal, die Sendung zusammenzufassen:



Der erste Gast ist ein Mann namens Dominique, der als Mann Röcke trägt und auch als Mann erscheinen will. Seine Partnerin Élisa ist auch dabei. Ihnen gegenübergestellt wird mit Emmanuel und Amandine ein Paar, das der Idee von Männern in Röcken abgeneigt ist. Die Diskussion dreht sich hier am meisten darum, wie weiblich Röcke sind. Dominique stellt auf Nachfrage klar, dass er weder feminin erscheinen will noch homosexuell ist. Die Debatte springt aufs Publikum über. Zwei der Gäste gehen schließlich hinter die Kulissen, wo sie umgekleidet werden und Röcke ausprobieren dürfen.

Die nächsten Gäste sind mit Benoît und Jean-Philippe zwei Männer, die eindeutig feminine Kleidung tragen (Kleider, Strumpfhosen, hochhackige Schuhe).  Benoît bringt als ehemaliger Mönch ein bisschen mehr Geschichte mit und hat auch seine Partnerin dabei. Die Debatte kreist endgültig um die Geschlechteridentität und sexuelle Orientierung. Es wird der Vorwurf gemacht, dass die beiden ihre Wahl nicht "durchziehen", weil sie in bestimmten Situationen doch für männliche Kleidung optieren - Amandine vertritt die Meinung, dass man sich entscheiden müsse, ob man Mann oder Frau sei. Eine gewisse Zeit kreist die Debatte dabei auch um die Unterwäsche. Benoît trägt unter seinem sonst sehr feminen Outfit Boxershorts, was für Irritationen sorgt - einige sind der Meinung, dass er dann auch Damenunterwäsche tragen müsste. Benoît bügelt die Kommentare ab mit "Ich mache, was ich will". Jean-Philippe bringt auf den Vorwurf, er würde Frauen ihre Kleidung klauen, ein, dass erstens auch Frauen Hosen trügen und von Diebstahl keine Rede sein könne, und zweitens, die Frauen auch sehr viel mehr Auswahl bei der Kleidung hätten, die bei den Männern fehle. Élisa wirft ein, dass Kleidung geschlechterunabhängig sei - Frauen, die Hosen trügen, zögen sich ja auch nicht als Männer an, sondern sie zögen sich Hosen an.

Die Debatte nimmt eine Wendung mit dem Auftritt von Jérémie und Michel vom Verein "Hommes en Jupe", wobei Jérémie einen modernisierten Kilt trägt und Michel einen Gothic-Rock. Die beiden finden sehr viel mehr Akzeptanz. Für die Kilts interessiert sich auch Emmanuel, der am Anfang gegen Röcke an Männern war. Am Ende zieht er sogar mit einem von Jérémies Röcken vondannen, um ihn anzuprobieren.

Zu guter Letzt werden Jennifer und Jean-Guy vom Label "Hiatus" aus Nîmes eingeführt (die eingefleischten Foristen vielleicht schon ein Begriff sind). Nach ihnen kommen auch die Männer aus den Kulissen wieder, die von den beiden eingekleidet wurden. Das Fazit ist gemischt. Auch Emmanuel, der das Experiment von sich aus gewagt hatte, ist nicht zu hundert Prozent überzeugt (wörtlich "ich fühle mich da unten ein wenig zu wohl", auch in Anspielung darauf, dass er wohl die Unterwäsche weggelassen hat).

Am Ende waren alle Männer in Röcken immer noch davon überzeugt, und alle Männer, die etwas dagegen hatten, immer noch nicht überzeugt, auch wenn zumindest Emmanuel, am Anfang deutlich dagegen, es mit mehr Humor nahm.



Falls eurer Meinung nach relevante Punkte fehlen, liegt das daran, dass ich nicht allzu minutiös protokolliert habe - man möge es mir nachsehen. Dazu noch ein paar Beobachtungen:


Die letzten beiden Punkte sagen mir, dass wir in puncto Akzeptanz von Röcken an Männern eventuell weiter sein könnten, als manche hier im Forum fürchten.
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: GregorM am 05.07.2020 15:46

Die letzten beiden Punkte sagen mir, dass wir in puncto Akzeptanz von Röcken an Männern eventuell weiter sein könnten, als manche hier im Forum fürchten.

Hallo tcar,

erstmals vielen Dank für die "Übersetzung".

Auch ich fühle, dass die Akzeptanz des Umfelds schon da ist, vorausgesetzt man kommt als Mann-im-Rock rüber. Hier sind wir in den letzten 20 Jahren ein weiter Schritt voran gekommen. Das könnte auch mit sich geführt haben, dass einige Männer sich vorstellen könnten, einen Rock zu tragen, dass sie sich aber noch nicht trauen.

Gruß
Gregor



Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: MAS am 05.07.2020 18:06
Mit anderen Worten:
Die Mainstream-Gesellschaft ist auf gutem Weg, Röcke als Teil der Männerkleidung anzunehmen, zumindest als Möglichkeit. Sie ist aber noch weit davon entfernt, Geschlechterrollen aufweichen zu wollen.

LG, Micha
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: Barefoot-Joe am 05.07.2020 21:47
Hallo tcar,

Vielen Dank für die Zusammenfassung! :)

Zitat
Je mehr die Geschlechtergrenzen verschwimmen, desto schärfer die Debatte.

Ja, das ist zu erwarten. Denn dann geht es nicht mehr nur um Kleidung, sondern um Identität und Rollenmodelle. Wer ausschließlich ein binäres Rollenmodell lebt, hat natürlich ein Problem mit Leuten, die sich den beiden Schubladen nicht zuordnen lassen. Für sie gibt es nur entweder Mann oder Frau und man hat sich dann jeweils auch voll und ganz so zu kleiden und zu verhalten. Leute, die das nicht konsequent genug machen, sehen sie unbewußt als Gefahr für ihr binäres System.

Zitat
Mit Kilts und Gothic-Röcken scheint sich das Publikum sehr viel eher anfreunden zu können als mit eindeutig feminin wirkender Kleidung an Männern.

Aus den gleichen Gründen - und weil Kilt und Gothic Röcke nicht feminin besetzt sind. Sie sind "für Männer erlaubt", während feminine Kleidung nur für Frauen erlaubt ist oder für Männer, die sich als Frauen präsentieren wollen.

Zitat
Die letzten beiden Punkte sagen mir, dass wir in puncto Akzeptanz von Röcken an Männern eventuell weiter sein könnten, als manche hier im Forum fürchten.

Die Akzeptanz entsteht, wenn immer mehr Männer in Röcken gesehen werden. Das Problem ist, das viele Männer erst die Akzeptanz abwarten, bevor sie sich im Rock in die Öffentlichkeit wagen, die Akzeptanz aber eben erst kommt, wenn sie es tun. Das ist ein Teufelskreis, den man nur durchbrechen kann, wenn der Mann das beweist, was ihm zugeschrieben wird: Mut. Mut und Selbstbewußtsein, im Rock rauszugehen, obwohl es noch nicht akzeptiert ist.
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: tcar am 05.07.2020 21:51
Mit anderen Worten:
Die Mainstream-Gesellschaft ist auf gutem Weg, Röcke als Teil der Männerkleidung anzunehmen, zumindest als Möglichkeit. Sie ist aber noch weit davon entfernt, Geschlechterrollen aufweichen zu wollen.

Na ja, das ist zumindest das, was ich in den Ausgang der Sendung hineinlese. Andere Meinungen?
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: tcar am 05.07.2020 22:05
Die Akzeptanz entsteht, wenn immer mehr Männer in Röcken gesehen werden. Das Problem ist, das viele Männer erst die Akzeptanz abwarten, bevor sie sich im Rock in die Öffentlichkeit wagen, die Akzeptanz aber eben erst kommt, wenn sie es tun. Das ist ein Teufelskreis, den man nur durchbrechen kann, wenn der Mann das beweist, was ihm zugeschrieben wird: Mut. Mut und Selbstbewußtsein, im Rock rauszugehen, obwohl es noch nicht akzeptiert ist.

Das kann uns doch nur Ansporn sein, Interessierten weiter Mut zu machen  :)
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: MAS am 05.07.2020 22:16
Mit anderen Worten:
Die Mainstream-Gesellschaft ist auf gutem Weg, Röcke als Teil der Männerkleidung anzunehmen, zumindest als Möglichkeit. Sie ist aber noch weit davon entfernt, Geschlechterrollen aufweichen zu wollen.

Na ja, das ist zumindest das, was ich in den Ausgang der Sendung hineinlese. Andere Meinungen?

Super! :)

LG, Micha
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: MAS am 05.07.2020 22:18
Mut und Selbstbewußtsein, im Rock rauszugehen, obwohl es noch nicht akzeptiert ist.

Eben! Nicht Thermometer sein, sondern Thermostat!

LG, Micha
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: JJSW am 05.07.2020 22:35
Genau!
Machen wir weiter.

Grüßle
Jürgen
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: GregorM am 05.07.2020 22:37
Sie ist aber noch weit davon entfernt, Geschlechterrollen aufweichen zu wollen.

Hallo Micha,

das hoffe ich nicht, und das glaube ich nicht. Für solche Männer (Frauen) wird man Verständnis haben und zeigen. Es sind die, die ich früher als Grauzone bezeichnet habe, die Probleme erleben. Denn mit ihnen weiß man nicht so richtig, wohin sie gehören. Und ob wir es mögen oder nicht, Menschen brauchen Schubladen. Und wenn sie keine haben, möchten sie einige erfinden, und wenn das nicht ihnen so richtig geht, entsteht Verwirrung und fehlende Akzeptanz.

Gruß
Gregor
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: tcar am 05.07.2020 23:34
Da möchte ich noch einmal nachhaken, was für dich die "Grauzone" ist, und wieso das für dich nicht zum Aufweichen von Geschlechterrollen gehört. Hast du mit
Zitat
Für solche Männer (Frauen) wird man Verständnis haben und zeigen.
Menschen mit nichtbinärer Geschlechtsidentität gemeint?

Auf die Sendung bezogen finde ich eine Sache im Hinblick auf Deinen Kommentar interessant und möchte darauf hinweisen:

Benoît (im oberen Foto links) treibt den femininen Look sehr viel weiter als Jean-Philippe (auf dem gleichen Foto in der Mitte). Benoît hätte ich auf der Straße wahrscheinlich sofort als Frau eingeordnet, während Jean-Philippe für mich eher als Mann in Frauenkleidern erkennbar bleibt. Trotzdem oder vielleicht deswegen ist es Benoît, der in der Sendung mehr Attacken auf sich zieht. Wäre die "Grauzone" für dich eher Jean-Philippe oder Benoît? Oder bin ich auf dem falschen Dampfer?
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: GregorM am 06.07.2020 07:13
Hallo Czar,

gute Frage. Benoit hätte ich, wie du, für eine Frau gehalten, eine gutaussehende Frau sogar. Für mich ist es definitiv klar, dass er es liebt, wie eine Frau auszusehen. Ich verstehe nicht viel davon, was er sagt – nach vier Jahren Französisch-Lernen im Gymnasium muss ich feststellen, dass ich es mit Fremdsprachen schwer habe. Deshalb basiert sich meine Beurteilung fast ausschließlich auf das, was ich sehe, nicht was ich höre. Ob er das auch „muss“, weiß ich deshalb nicht. Aber er übertreibt nicht, er ist für mich „authentisch“ Frau. Er ist kein Drag-Typ. Es ist eine Art Kunst. Dafür würden die meisten Leute Respekt haben, meine ich.
Er ist verlobt. Wenn er und seine Freundin unterwegs sind, würde man wohl glauben, sie machen ein hübsches, lesbisches Paar aus. Aber auch dafür wird die Gesellschaft ja Verständnis haben. Und seine Freundin muss ja auch damit einverstanden sein, dass sie so betrachtet werden können. Oder es gar mögen. 
   
Jean-Philippe würde ich wohl in die Grauzone rubrizieren. Mir ist er eben zu weitgegangen, um Mann-im-Rock bzw. Mann-im-Kleid überzeugend zu sein. Aber dafür nicht weit genug dazu, dass man sagen könnte, er möchte weiblich sein oder weiblich vorkommen. Er hat nicht Benoits selbstsichere Ausstrahlung. Das bringt Zweifel in sein Umfeld, könnte ich mir vorstellen.
Aber ob es in der Praxis den großen Unterscheid bedeuten würde? Kaum. Die Gesellschaft ist extrem tolerant geworden, ist meine Meinung. 

Gruß
Gregor
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: Barefoot-Joe am 06.07.2020 07:20
Denn mit ihnen weiß man nicht so richtig, wohin sie gehören. Und ob wir es mögen oder nicht, Menschen brauchen Schubladen. Und wenn sie keine haben, möchten sie einige erfinden, und wenn das nicht ihnen so richtig geht, entsteht Verwirrung und fehlende Akzeptanz.

Richtig. Das Problem ist aber, dass sie keine neuen Schubladen erfinden wollen, sondern sich verzweifelt an exakt zwei Geschlechterrollen klammern - und genau das führt dann zu der Grauzone, der Ablehnung und den Problemen. Warum nicht einfach fünf Schubladen, wie es andere Völker schon lange hatten und haben?
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: Barefoot-Joe am 06.07.2020 07:29
Hallo tcar,

Zitat
Benoît (im oberen Foto links) treibt den femininen Look sehr viel weiter als Jean-Philippe (auf dem gleichen Foto in der Mitte). Benoît hätte ich auf der Straße wahrscheinlich sofort als Frau eingeordnet, während Jean-Philippe für mich eher als Mann in Frauenkleidern erkennbar bleibt. Trotzdem oder vielleicht deswegen ist es Benoît, der in der Sendung mehr Attacken auf sich zieht.

Wenn jemand sich zwischen den Geschlechtern positioniert und als Mann in Frauenkleidern erkennbar ist, dann ist das leicht zu akzeptieren - das ist eben ein Mann mit besonderen Vorstellungen zum Thema Kleidung.

Je femininer das aber wird, umso mehr wird der Mann optisch zur Frau, ohne je eine zu sein und das hat dann Folgen auf ganz anderen Ebenen: Die Männer sehen ihn vor allem als Gefahr, weil sie durch das feminine Äußere angezogen werden, aber gleichzeitig wissen, dass es körperlich ein Mann ist und das ist nach ihrem Rollenmodell ein No-Go. Es kann und darf nicht sein, dass sie einen Mann attraktiv finden und damit in die Schublade "schwul" rutschen. Der Begriff "Trap" - also Falle - für Männer, die perfekt als Frau wahrgenommen werden, kommt nicht von ungefähr. ;)

Die Frauen dagegen sehen einen Mann, der wie sie sein will. Damit haben sie im Prinzip erst einmal kein Problem, solange es nicht der eigene Mann ist, aber sie nehmen diese Männer unbewußt als Konkurrenz wahr. Warum? Weil diese Männer die Femininintät in einem Ausmaß präsentieren, das sie sich als Frau selbst nie erlauben würden. Anders gesagt: Optisch gesehen sind diese Männer oft mehr Frau als die Frauen selbst und damit attraktiver für andere Männer. Und das kann und darf natürlich auch nicht sein, das ist Konkurrenz.

Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: tcar am 06.07.2020 08:14
Hallo Czar,

gute Frage. Benoit hätte ich, wie du, für eine Frau gehalten, eine gutaussehende Frau sogar. Für mich ist es definitiv klar, dass er es liebt, wie eine Frau auszusehen. Ich verstehe nicht viel davon, was er sagt – nach vier Jahren Französisch-Lernen im Gymnasium muss ich feststellen, dass ich es mit Fremdsprachen schwer habe. Deshalb basiert sich meine Beurteilung fast ausschließlich auf das, was ich sehe, nicht was ich höre. Ob er das auch „muss“, weiß ich deshalb nicht. Aber er übertreibt nicht, er ist für mich „authentisch“ Frau. Er ist kein Drag-Typ. Es ist eine Art Kunst. Dafür würden die meisten Leute Respekt haben, meine ich.
Er ist verlobt. Wenn er und seine Freundin unterwegs sind, würde man wohl glauben, sie machen ein hübsches, lesbisches Paar aus. Aber auch dafür wird die Gesellschaft ja Verständnis haben. Und seine Freundin muss ja auch damit einverstanden sein, dass sie so betrachtet werden können. Oder es gar mögen. 
   
Jean-Philippe würde ich wohl in die Grauzone rubrizieren. Mir ist er eben zu weitgegangen, um Mann-im-Rock bzw. Mann-im-Kleid überzeugend zu sein. Aber dafür nicht weit genug dazu, dass man sagen könnte, er möchte weiblich sein oder weiblich vorkommen. Er hat nicht Benoits selbstsichere Ausstrahlung. Das bringt Zweifel in sein Umfeld, könnte ich mir vorstellen.
Aber ob es in der Praxis den großen Unterscheid bedeuten würde? Kaum. Die Gesellschaft ist extrem tolerant geworden, ist meine Meinung. 

Hm. Wie gesagt, trotzdem fängt sich Benoit mehr Atttacken - ob es daran liegt, dass es in der Sendung erkennbar ist, dass er ein Mann ist, und daher die "Verletzung" des binären Schemas noch krasser ist? Das würde für mich eher auf eine Ablehnungsreaktion wegen festgefahrenen Geschlechterschemata passen.
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: GregorM am 06.07.2020 08:38

Hm. Wie gesagt, trotzdem fängt sich Benoit mehr Atttacken - ob es daran liegt, dass es in der Sendung erkennbar ist, dass er ein Mann ist, und daher die "Verletzung" des binären Schemas noch krasser ist? Das würde für mich eher auf eine Ablehnungsreaktion wegen festgefahrenen Geschlechterschemata passen.

Könnte ein Grund sein, dass Benoit heterosexuell ist? Und dass eben die Kombination mit dem perfekt weiblichen Erscheinungsbild störend oder fremd wirkt?

Gruß
Gregor
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: culture skirt am 03.08.2020 00:55
Auf die Sendung bezogen finde ich eine Sache im Hinblick auf Deinen Kommentar interessant und möchte darauf hinweisen:

Benoît (im oberen Foto links) treibt den femininen Look sehr viel weiter als Jean-Philippe (auf dem gleichen Foto in der Mitte). Benoît hätte ich auf der Straße wahrscheinlich sofort als Frau eingeordnet, während Jean-Philippe für mich eher als Mann in Frauenkleidern erkennbar bleibt. Trotzdem oder vielleicht deswegen ist es Benoît, der in der Sendung mehr Attacken auf sich zieht. Wäre die "Grauzone" für dich eher Jean-Philippe oder Benoît? Oder bin ich auf dem falschen Dampfer?
Der feine Unterschied liegt im Unwissen, des Betrachters. Nimmt der Betrachter Benoit als Frau wahr und merkt nicht, dass seine Herkunft männlich ist, erfährt Benoit rundum Akzeptanz. Das Rollenklischee ist damit erfüllt. Jean ist als Mann erkennbar, geht aber nicht sehr weit ins feminine rein und wird als Mann identifiziert, der sein "Geschlecht nicht verleugnet". Weiß der Betrachter allerdings bei Benoit um seine wahre Herkunft, geht es in Ablehnung über, genauso wie wenn Jean, Benoit's Kleidung als erkennbarer Mann tragen würde. Nicht die Kleidung ist entscheidend, sondern ob die Herkunft mit dem Tragen der Kleidung x auf den ersten Blick übereinstimmt und ein Einsortieren erfolgt.

Viele Grüße
Jule
Titel: Antw:Fernsehsendungen rund um den Rock
Beitrag von: culture skirt am 03.08.2020 01:05
Die Männer sehen ihn vor allem als Gefahr, weil sie durch das feminine Äußere angezogen werden, aber gleichzeitig wissen, dass es körperlich ein Mann ist und das ist nach ihrem Rollenmodell ein No-Go.

Die Frauen dagegen sehen einen Mann, der wie sie sein will. Damit haben sie im Prinzip erst einmal kein Problem, solange es nicht der eigene Mann ist, aber sie nehmen diese Männer unbewusst als Konkurrenz wahr.

Volle Zustimmung, bis auf den Punkt mit dem sich nicht erlauben würden. Für Frauen ist ihr Körper das Kapital, welches sie bei der Partnersuche einsetzen. Und in diesem weibliche Privileg hat ein Mann nichts zu suchen. Das weibliche Gehirn kann genauso nicht von der falschen Konkurrentin unterscheiden wie das männliche Gehirn nicht von der falschen Frau unterscheiden kann, die er anziehend findet.

Viele Grüße
Jule