"Männer mögen Pullover und T-Shirts mit Zahlenaufdruck. Aber warum? Ist es sportliche Attitüde, Freude am Kalkulierbaren oder Gedankenlosigkeit? Eine Spurensuche zwischen Low und High Fashion."
"Man begegnet ihnen meistens im Zusammenhang mit klassisch männlichen Betätigungsfeldern wie Sport oder Militär, mit solider, kerniger Kerligkeit. Erfolgreiche Sportswear-Marken wie Ralph Lauren, La Martina, Superdry oder Gaastra suggerieren dem Durchschnittsmann mit Oberteilen im Look & Feel eines imaginären Polo-, Rugby- oder Segelteams die Zugehörigkeit zu einer Mannschaft, in der es keine Rolle spielt, wie unsportlich er in Wirklichkeit ist."
"Die meisten Zahlencodes auf sportlicher Herrenmode sind so simpel wie der ästhetische Anspruch der Kleidung. Die Zahl auf dem Shirt, detailgetreu einem Sporttrikot nachgebildet, entspricht der Position auf dem Spielfeld. Mehr gibt es hier nicht zu entschlüsseln. "
"Offenbar bewusst bedeutungslos ist der Salat aus Slogans und Zahlen, den die deutsche Marke Camp David auf ihre Oberbekleidung druckt. Das Testimonial Dieter Bohlen, menschliches Äquivalent zum T-Shirt mit Gaga-Print, ist insofern perfekt gewählt.
Da stellt die Jahreszahl 1970 schon höhere gedankliche Anforderungen. Mit 1970 verbinden Kenner die unschlagbare Kombination aus Sex, Drugs und Rock’n’Roll, das wilde, freie Leben, eine Welt voller Möglichkeiten."
"sie sei beim Rumexperimentieren mit dem Fotokopierer in einem Buch auf die Jahreszahl „1970“ gestoßen, die sie sofort an die frühe New Yorker Punkszene und an Patti Smith denken ließ. Eine unwiderstehliche Verbindung für einen gewissen Kundenkreis, der sich die Coolness eines ganzen Jahrzehnts, verwoben mit dem großen intellektuellen Erbe der Freud-Familie, als Pullover überstreifen kann."
"Zahlenforscher Holm Friebe sieht den Grund eher im Wiederaufleben der Lust am Ornamentalen, die das Jahrzehnt des reduzierten „No Logo“-Luxus, eine Folge der Finanzkrise von 2008, demnächst ablösen könnte. „Im Prinzip entspringt Mode, die viel mit Zahlen und Slogans arbeitet – also mit Ornamenten – dem Dekorationswahn in proletarischen oder subproletarischen Haushalten“, sagt Friebe. „Sie sind im Grunde eine Verlängerung der Tattoos.“
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