Autor Thema: Nach dem (vorläufigen) Rückzug von Rici - Gedanken zum Thema  (Gelesen 27651 mal)

Offline Ben

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Hallo,

es hat sich nun vorgestern das bewahrheitet, was sich in meinen Augen schon länger abzeichnete, weil es einfach sehr ruhig war: Ricarda hat sich nun von dem Männerrock-Projekt (vorläufig) verabschiedet)

Ich möchte, um möglchen Ungereimtheiten vorzubeugen, vorausschicken, daß es meine subjektive Sichtweise ist. Mir geht es auch nicht darum, Schuldzuweisungen in welche Richtung auch immer loszuwerden, weil uns das nicht weiterbringt.

Die Hauptfrage, die im Raum steht ist:

Warum ist dieses Projekt gescheitert?

Das hat in meinen Augen mehrere Ursachen.

Es haben in meinen Augen zu viele Menschen an diesem Projekt mitgeredet. Ricarda hatte sicherlich die besten Absichten, als sie ca. vor einem dreiviertel Jahr in diesem Forum ihr Interesse an diesem Thema bekundete und uns recht schnell in ihr Projekt involvierte.
Das hatte zwar den Vorteil, daß über eine öffentliche Plattform wie diese viele Meinungen und Anregungen eingeholt werden konnten, aber auch den Nachteil, daß man sich schnell in Kleinigkeiten verzetteln konnte.

Ein Projekt erfordert in meinen Augen kurze, überschaubare Wege. Die waren in meinen Augen nicht gegeben. Das lag zum einen daran, daß Ricarda für unsere Verhältnisse shr weit weg war (nach Italien kann man trotz aller Schönheit des Landes) nicht mal eben so hinfahren, schon gar nicht mehrere Male.
Das führt dazu, daß in dies Projekt zwar mehrere Menschen¹ (Ricarda, Anja, Rudi, Ferdi, Karli, Collantix und Gatito) etwas mehr involviert waren als andere, aber so richtig nahe dran war außer Rudi, Anja und Ricarda  letztlich niemand.

Es hat sich gezeigt, daß die Geschmäcker hier sehr verschieden sind. Deswegen kamen zum Teil sehr unterschiedliche Bewertungen zu den einzelnen, zur Diskussion gestellten Modellen zustande. Auch die Diskussionen zum Thema dokumentieren das eigentlich immer wieder aufs neue. Diese wurden von Menschen abgegeben, die eher ihren Bekeidungsstil im Auge hatten als einen für die breite Masse verträglichen.
Ich denke mal, die wenigsten von uns, die sich mit dem Thema als Hobby beschäftigen, wissen wirklich, wie dieses Geschäft funktioniert. Andererseits gab diese Umfrage in ziemlich ungefiltertes, wenn auch kleines Verbraucher-Bild wieder.

Andererseits waren die Rückmeldungen zu den Modellen verglichen mit den regelmäßigen Schreibern in den einschlägigen Foren sehr mager, so daß es vielleicht wirklich schwer, dies konstruktiv zu verwerten.

Die wenigsten von uns haben wirklich die Zeit gehabt, sich mit diesem Projekt insoweit auseinanderzusetzen, um wirklich entscheidende Impulse zu setzen. Die meisten arbeiten fernab des Themas Mode und sind mit ihren Berufen ganz gut eingespannt. Deswegen fehlte vielleicht der eine oder andere entscheidende Impuls von einem von uns.

Ich habe mich sicherlich nur mit angezogener Handbremse engagiert, was weniger mit Ricarda, Anja und Rudi zu tun hatte, sondern vielmehr mit dem Umstand, was sich vor einem halben Jahr hinter den Kulissen der Levee-WoMan-Serie abgespielt hat. Mir sind die durch die Foren entstandenen Beziehungen wichtiger, als mich vollkommen auf die Seite eines kommerziellen Projektes zu stellen².

Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Strategie, den Verkauf von einzelnen Modellen über ebay zu beginnen, richtig war.
Zum einen ist eby in letzter Zeit ziemlich ins Gerde gekommen, zum anderen wird mittlerweile fast schon zu viel bei ebay angeboten, was es umso schwerer macht, ein relativ neues Produkt publik zu machen.
Einen eigenen Online-Shop für diese Serie zu gründen finde ich von der Idee weiterhin nicht schlecht, weil er gegebenenfalls noch konkrter beworben werden kann als eine von Millionen Siten bei ebay. Mir ist allerdings bewußt, daß das einiges an Logistik und Investitionen erfordert.

Das Projekt ist meinen Augen nicht daran gescheitert, weil keine Zielgruppe vorhanden ist. Wir sind letztlich ein kleiner Teil, der auf seine Art und Weise Pionierarbeit leistet. Diskussionen im eigenen Umfeld zeigen, daß es ein nicht zu verachtendes Potential an Rockträgern gibt. Die Männerröcke, die H&M angeboten hat, waren ja ziemlich schnell weg, ohne daß der Konzern seine für andere Produkte bekannte Werbemaschine in Gang setzte. Insofern glaube ich auch nicht, daß der Männerrock mittelfristig nicht einschlägt.
Levee hätte seine WoMan-Serie auch nicht auf den Markt geworfen, wenn es sich nicht einen kommerziellen Erfolg erhofft hätte.³


Was können wir daraus lernen?

Ein Projekt, welcher Art auch immer, braucht kurze Wege. In Zeiten von lektronischer Kommunikation kann zwar sehr viel via Internet, Vidoekonferenzen und was auch immer erledigt werden, aber meiner Meinung nach sind kurze Entscheidungswege notwendig.

Sich auf die Rückmeldung einer mannigfaltigen, teilweise nur schwer unter einen Hut bringen zu lassenden Gemeinde zu verlassen, bringt anscheinend nicht das gewünschte Ergebnis. Das zeigt nicht nur das Männerrock-Projekt.
Einzelne Leute gezielt anzusprechen, verspricht in meinen Augen mehr Erfolg.

Eine öffentliche Begleitung eines Projekts birgt die Gefahr vieler (ungewollter) Störfeuer. Ein konzentriertes Arbeiten hinter den Kulissen erscheint mir sinnvoller.
Als Beispiel bringe ich auch hier wieder die WoMan-Serie an.

Viele der regelmäßigen Schreiber sind nur ein kleiner Teil der potentieller Teil der Zielgruppe. Es muß in meinen Augen ein Weg gefunden werden, diese Leute schon im Vorfeld einzubinden bzw. zu begeistern.


¹ Nicht erwähnt sind jetzt die Menschen, die in Italien durch Ricarda in dieses Priojekt eingebunden waren.

² Ich habe keine Lust, diese Geschichte neu auzuwärmen. Ich habe sie nur erwähnt, um meine Vorbehalte darzulegen.

³ Das Thema Feinstrumpfhosen an Männern ist in meinen Augen noch wesentlich mehr mit Klischees behaftet als Männer in Röcken.



So, das soll es erst einmal gewesen sein. Die Gedanken dürfen hier gerne zerrissen werden. Eine Diskussion soll an mir nicht scheitern...

Gruß

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girlieskirt

  • Gast
Hallo Collantix,

ich möchte Dir für diesen Beitrag danken. Du analysierst fundiert die gegebene Situation. Das ist sehr hilfreich. Denn bei uns geht es auch darum, den gleichen Fehler nicht zweimal zu machen. Wie gesagt, für mich persönlich ist das Thema nicht vom Tisch. Deshalb wäre ich für eine Diskussion dankbar.

Wir haben es unterschätzt, dass die Forenmitglieder ausser mit ihrem Hobby auch noch mit anderen Dingen den Kopf voll haben. Das lag sicher auch daran, dass durch die Art und Form der Beiträge dieser Eindruck bei uns entstanden ist. Da nehme ich auch die Verantwortung auf mich. Dieser Gefahr sind Markanalysen jedoch generell ausgesetzt.

Es ist mir klar, dass die allermeisten keinen Einblick in den Entstehungsprozess eines Kleidungsstücks haben. Die Medien gaukeln mit den berühmten Modezaren eine Traumwelt vor in St. Moritz, Paris, Mailand, NY usw. die es nicht gibt. Kleidung ist genauso ein Fliessbandprodukt wie Jogurt, Handys oder Katzenfutter. Die Stückzahl bestimmt den Preis. Die Textilhersteller unterliegen den selben finanziellen Zwängen wie alle anderen. Aufs falsche Pferd gesetzt kann ein ganzes Unternehmen ruinieren. In meinem Unternehmen steckt nicht nur mein eigenes Geld drin, sondern auch das anderer Gesellschafter, die teilweise mit Mode nichts zu tun haben. Wenn ich Investitionen für ein neues Projekt tätigen will, muss ich allen Geldgebern einen Businessplan vorlegen. Darin unterscheidet sich unser Unternehmen in nichts von anderen.

Zurück zum Thema:
Welche Möglichkeiten haben wir als Hersteller, genau die Ader zu treffen, mit der sich viele Männer identifizieren können und Röcke tragen werden? Betrachtet man die vielen Internetseiten, Foren und Beiträge, so ist der Männerrock ein emotionelles Thema und sehr dem persönlichen Geschmack des Einzelnen unterworfen, weil es noch keine "bündelnde" Moderichtung gibt. Die Leute, die heute Röcke tragen, werden sich auch in Zukunft von einem Modediktat nicht beeinflussen lassen. Die Zielgruppe, die es zu erreichen gilt, trägt heute noch Hosen. Das ist mir durch einen Beitrag von Collantix klar geworden. Wir haben diesen Weg, den wir jetzt gegangen sind, gewählt, weil wir nicht im stillen Kämmerlein etwas entwerfen wollten, das keiner will.

Um es klar auszudrücken: Wenn ich einen Weg habe, mit dem ich unsere Finanziers überzeugen kann, kann ich Geld für das Projekt lockermachen. Im Augenblick fehlen mir aber Ideen.

Leider muss ich an der Stelle abbrechen, weil ich gleich ein Meeting habe.

Liebe Grüsse
Rici

Offline MAS

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Hi Leute,

als Ferdi mir erzählte, dass Riccarda sich zurück gezogen habe, war ich doch verärgert.

Da wünschen wir usn seit Jahren, dass ein Kleidungsproduzent sich unserer Sache annimmt, und dann scheitert es daran, dass sich viele von uns weigern, konstruktiv mitzumachen.

Da liest man nur "ich will in keiner Bewegung sein", "ich lasse mich vor keinen Karren spannen". "ich... ich... ich...".

Wirklich schade!

Ich kann nur hoffen, dass Riccarda doch nochmal einlenkt, und zumindest Boutiken wie Xhibition in Köln versorgt. Aber unser Ziel, Röcke in Preisen unter 50 Euro in den Herrenabteilungen der großen Kaufhäuser zu haben, ist wieder ein Stück weiter entfernt als es zu sein schien.

Unsere Bewegung ist aber auch wirklich so klein und unbekannt. Wie kann es sein, dass ich im fünften Jahr meines öffentlichen Rocktragens immer noch Menschen treffe, die in mir zum ersten Mal in Alltagsumfeld einen Mann im Rock sehen und die noch rein gar ncihts von der Rennaissance des Männerrockes gehört haben? Gestern traf ich einen Mann, mit dem ich vor zwei Jahren über das Rocktragen gesprochen habe, und noch immer ist das für ihn nur eine Sache für Männer mit viel Selbstbewußtsein.

Wenn jetzt ein Mann mit dem Röcketragen anfangen will, ist es für ihn noch immer genau so aufregend wie für mich vor 5 Jahren. Wo bleibt die Normalisierung? Immer noch ernte ich erstaunte Blicke, Grinsen und dumme Sprüche, neben sehr begeisterten und interessierten Kommentaren.

Irgendwie ist das schon blöd!

So, jetzt muss ich baer was schaffen.

Liebe Grüße,

Michael
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TomC

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Moin, Moin !

Das ist schön, daß hier "nachgearbeitet" wird. Im Prinzip haben meine Vorredner ja schon das Meiste gesagt.
@Collantix: Mich wundert wie sich das Gerücht hält h&m wäre seine Röcke reißend losgeworden. Soweit ich das gesehen habe, wurden sie nach der Sasion verramscht, weil sie darauf sitzen geblieben sind. Werbung haben sie wirklich nicht dafür gemacht und die Teile auch eher im Laden versteckt. Ein einziger Laden soll sie im Schaufenster gehabt haben. h&m zeigte sich auch interessierten Käufern gegenüber nicht sehr hilfsbereit. Anfragen wo es denn den Rock gäbe wurden sehr wage beantwortet (keine Angabe der Filiale) und Anfahrtswege von über 100 km fand die Zentrale auch o.k.! Da sieht man dann genau was die von Rocktragenden Männern halten: "Eine kleine Gruppe von Exoten, für die sich der Aufwand nicht lohnt, nur leider hat uns die schwedische Konzernmutter diesen Sch...trend auf gedrückt." - Aber dieses Jahr gibt wieder was vernünftiges: Hosen ! ;D

Gruß Tom C.  


triks

  • Gast
...
Zurück zum Thema:
Welche Möglichkeiten haben wir als Hersteller, genau die Ader zu treffen, mit der sich viele Männer identifizieren können und Röcke tragen werden? Betrachtet man die vielen Internetseiten, Foren und Beiträge, so ist der Männerrock ein emotionelles Thema und sehr dem persönlichen Geschmack des Einzelnen unterworfen, weil es noch keine "bündelnde" Moderichtung gibt. Die Leute, die heute Röcke tragen, werden sich auch in Zukunft von einem Modediktat nicht beeinflussen lassen. Die Zielgruppe, die es zu erreichen gilt, trägt heute noch Hosen. Das ist mir durch einen Beitrag von Collantix klar geworden. Wir haben diesen Weg, den wir jetzt gegangen sind, gewählt, weil wir nicht im stillen Kämmerlein etwas entwerfen wollten, das keiner will. ...

Hersteller können entweder mit eigenen Idee einen Nischenmarkt bedienen, wie beispielsweise Utilikilt, Amerikilt, menintime oder Macabiskirt, oder mit potentiellen Käufern in einen Dialog eintreten, um zu Produkten zu kommen, die den Geschmack einer breiteren Käuferschicht treffen. Zu einem Dialog gehört ein kluger Umgang mit Kritik und ein derartiger Dialog kann sich sicher auch Foren wie diesem bedienen. Ich habe hier bereits Umfragen gestartet, zur bevorzugten Rocklänge, beliebte Rockformen und Altersstruktur, die zwar noch kein verwertbares Ergebnis liefern, aber eine mögliche Herangehensweise aufzeigen.

Ich habe nach wie vor den Eindruck, dass gar nichts speziell entworfen wurde, sondern es um eine Verwertung von Beständen an Damenröcken  ging. Aber wenn die Modelle tatsächlich für Männer entworfenen wurden, dann ist es aus meiner Sicht genau so verlaufen: Ihr habt "im stillen Kämmerlein" etwas entworfen, und euch dann gewundert, warum ihr dafür nicht nur Beifall erntet.

Die Zielgruppe sind meines Erachtens nicht Männer, die heute noch Hose tragen, sondern Männer, die gerne einen Rock tragen würden, aber keine Röcke finden, mit denen sie sich auf die Straße trauen. Ich finde es wünschenswert, aber Männerröcke werden nach meiner Einschätzung auf Jahre hinaus kein Massenprodukt für Discounter werden.

Wolfgang

Offline MAS

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Zitat
Ich finde es wünschenswert, aber Männerröcke werden nach meiner Einschätzung auf Jahre hinaus kein Massenprodukt für Discounter werden.

Aber immerhin gab es vorletzte Woche Männernachthemden bei Lidl!  :D

MlG

Michael
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TomC

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@MAS: ... und was für welche - na, jedenfalls nicht mein Geschmack...  8)

Offline MAS

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Aber immerhin, Nachthemden für Männer bei einem Discounter. Und hier in Bad Kreuznach waren die auch prompt vergriffen.

Demnächst kommen dann Jeansröcke für Männer bei Aldi, oder?

MlG

Michael
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TomC

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Nee, Kilts für 19,99  ;D

TomC

  • Gast
So zurück zu Lück ..äh... zum Thema:

Letztlich liegt das Auseinanderdriften doch an der fehlenden gemeinsamen Zielsetzung. Die einen wollen sich selbst verwirklichen und auch nur das (ich, ich, ich...) Die anderen wollen mehr Akzeptanz und suchen nach neuen Wegen. Ricis viel geschmähter Aufruf zu mehr "männlichem" Hat ja deutlich die Lager gezeigt. Dann kamen die ersten Vorschläge und die ließen einige die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Eine gemeinsame Stoßrichtung haben wir nicht entwickelt. Und so ist die jetzige Entwicklung auch kein Wunder. Auch die "Strumpfhosen-Bewegung" zeigt ja deutliche Zerfallserscheinungen, dort scheint mir dazu noch die Aggressivität zu steigen. Liegt das vielleicht an der verstrichenen Zeit ?
Die Frage, die sich mir stellt ist: Welche Ziele haben wir, auch als Gruppe von Individualisten ?

Gruß Tom C.

girlieskirt

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Hallo Wolfgang,

das ist genau das, was ich meinte.

Du zählst Hersteller für Nischenprodukte auf. Ein solcher Hersteller produziert auf kleinste Stückzahlen, weil er seine Herstellungsprozesse darauf ausgelegt hat. Und nur so kann er den "Nischenmarkt" bedienen. Der Nischenmarkt hat seinen Preis. Er ist genauso wenig in der Lage, grosse Stückzahlen zu Discounterpreisen zu fertigen, wie Grossserienhersteller Nischenprodukte anbieten können. Es sind völlig unterschiedlich Fertigungsprozesse. Keiner kann von heut auf morgen umstellen. Der Grossserienhersteller verfügt über teure Apparaturen, die für jeden Fertigungsschritt speziell eingerichtet werden müssen. Dadurch entstehen sogenannte Rüstkosten, die auf z. B. 100.000 Stück praktisch nicht ins Gewicht fallen. Werden mit diesen Methoden 1 bis 100 Stück gefertigt, ist er um ein vielfaches teurer als der Kleinserienhersteller. In der Kleinserie steckt viel Handarbeit, multifunkioneller einsetzbare Maschinen, die vielleicht auch einfacher ausgeführt und deshalb billiger in der Anschaffung sind. Dadurch kann der Kleinseriehersteller zu immer noch annehmbaren Preisen kleine Stückzahlen für den Nischenmarkt herstellen, jedoch wird er aufgrund seiner strukturellen Ausrichtung kaum billiger produzieren können, wenn er 100.000 Stück machen soll. Auch die Logistik ist unterschiedlich: Bei Grossserienproduktionen fahren ganze Lastzüge an Laderampen und werden mit Staplern ent-  und beladen. Bei der Kleinserieherstellung werden alle Rohstoffe zusammen in einem Kleintransporter zum Herstellungsort gefahren. Dass der Grossproduzent billiger einkaufen kann, versteht sich von selbst. Aber er kann nicht 30 oder 40 m Stoff kaufen, er muss minimum 1 Rolle nehmen. Und Stoffe sind Einmalprodukte. Der Stoffhersteller stellt einmal eine Stückzahl X von Rollen her und das wars. Danach ändert er Muster, Farbe, Struktur und Material. Und dann werden davon X Rollen hergestellt. Nachbestellung - Fehlanzeige.

Ich will damit aufzeigen, dass man Utilikilt, Amerikilt, menintime oder Macabiskirt nicht mit Gerry Weber, H & M, Karstadt, Pimkie oder Orsay vergleichen kann. Die erstgenannten müssen sein, sie sind die Vorreiter dieser Bewegung.
Wieso hast Du das Gefühl, dass wir umgebaute Damenröcke hätten? Jeder von den o. g. Anbietern hat seinen speziellen Stil, der für genau diese Marke steht. Und wieviele Designer haben sich schon versucht und sind im Nichts verschwunden, weil niemand ihre Röcke gekauft hat?
Wir sind erfolgreich in der stückzahlenstarken Kaufhausmode, auch wenn nirgendwo mein Name drauf steht. Der Männerrock ist ein Versuch, eine neue Richtung auf zu tun. Mir persönlich gefällt Utilikilt sehr gut, aber deshalb werde ich ihn nicht kopieren. Diese Röcke sind so reichhaltig mit Applikationen ausgestattet, dass auch die Grossserienfertigung ihren Preis hätte. Um auf das Aldi-Beispiel zurück zu kommen: Aldi hat früher in Istanbul eingekauft. Heute in China. Nur so kann er unschlagbare Preise anbieten, wobei die Istanbuler Qualität ungleich besser ist. Zu H & M: Die Männerrockaktion war der Versuch einer Entwurfsabteilung, jedoch ohne Unterstützung durch Werbe & Marketingabteilung. Das war im Budget nicht vorgesehen. Es war nicht nur deshalb ein Flop, weil die Läden nicht mitgespielt haben, sondern auch weil es kaum Nachfrage gegeben hat. Das Personal war nicht geschult und viele LadenangestelltINNEN dachten wohl eher an einen Auszeichnungsfehler.

Aber um die sehr erfreuliche Diskussion weiter zu bringen:
Wolfgang, was würdest Du an meiner Stelle machen? Lass Deiner Fantasie freien Lauf!

Liebe Grüsse
Rici

TomC

  • Gast
Moin, Rici !

Ich finde das Beispiel h&m zeigt wie man einen Flop gekonnt gestaltet. Genauso sollten wir es auch machen  ;D Eine abteilung startet den Alleingang, ohne den Rest der Mannschaft. Trotzdem Hut ab vor dem Mut - aber Mut allein genügt nicht.
Nee, aber mal im ernst: Du verkauft ja nicht ein Produkt, sondern in erster Linie ein Lebensgefühl. Um einfach was "an" zu haben reicht Sackleinen oder eine Legging -  ;D die Spitze mußte sein. Und dieses Gefühl muß Geldgeber und Käufer überzeugen. Das fehlte mir in der Aktion. Die "Jägermeister"-Bilder, z.B.  haben wohl keinen so richtig überzeugt. Nun ist es eine schwierige Suche, aber keine aussichtslose.
Ich glaube, Rici, Du solltest einfach weiter Männerröcke scribblen. Diesen Sommer wird es wohl nichts mehr mit neuen Aktion, aber nächstes Jahr könnte man fest ins Auge fassen. Die Frage bleibt was können wir an Ideen einbringen und wie ?

Gruß Tom C.

triks

  • Gast
...
Wieso hast Du das Gefühl, dass wir umgebaute Damenröcke hätten?  ...

Ich habe nicht das Gefühl, dass ihr umgebaute Damenröcke habt. Ich habe den Eindruck, dass ihr Damenröcke als Männerröcke verhökert. Wie ich darauf komme? Weil es die selben Modelle sind, die ihr vor der Männerrockaktion für Frauen angeboten habt. Und wenn ihr die Modelle für Männer entworfen habt, wieso achtet ihr dann nicht auf Details, beispielsweise wie herum die Reißverschlüsse eingesetzt werden, und ob die Modelle für unterschiedliche Staturen geeignet sind. Wenn das, was bislang zu sehen war, euren Stil ausmacht, muss ich feststellen, dass ich den nicht mag. Dafür könntet dann ihr so wenig, wie ich. Nur bin ich, das zeigt die dürftige Resonanz auf eure Versteigerungen, nicht der einzige, dessen Geschmack ihr nicht trefft.

...
Aber um die sehr erfreuliche Diskussion weiter zu bringen:
Wolfgang, was würdest Du an meiner Stelle machen? Lass Deiner Fantasie freien Lauf!

Ich bin nicht an Deiner Stelle, aber wenn ich mich in Deine Situation hinein denke (soweit bzw. so wenig mir die bekannt ist), dann würde ich das machen, womit ich Erfolg habe.

Ich sehe nur einen Nischenmarkt für Männerröcke. Wenn der Männerrock Dein echtes Anliegen ist, versuche eine kleine Kollektion aufzulegen, maximal 3 Modelle.Wenn Du kein eigenes Kapital dafür hast bzw. keine risikobereiten Kapitalgeber, dann lass es.

Ich lasse meiner Fantasie freien Lauf und warte nicht auf kommerzielle Anbieter (siehe: http://home.arcor.de/wo.sc/zkirt.html). Aber als Designer bist Du doch wohl kaum an meinen dilettantischen Entwürfen interessiert. Für einen Massenmarkt sind die Ideen eh ungeeignet.

Wolfgang

Offline hirti

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Hallo Rici!

Ich heiße zwar nicht Wolfgang, möchte aber trotzdem gern antworten.

Ich würde an deiner Stelle auf die Art von Röcken setzen die am leichtesten bei Männern akzeptiert wird, den Kilt. Ein richtiger Kilt in orginaler Ausführung ist ja fast unbezahlbar und die meisten von uns wollen sich das nicht leisten.
Aber ein Rock der so aussieht wie ein Kilt aber einfacher (billiger) gemacht ist, das wär's. Otto Normalverbraucher kennt sich damit ohnehin nicht aus und wird es ab einem gewissen Grad an Authentizität als Kilt sehen und auch viele Partnerinnen die einen DamenRock am Mann nicht sehen wollen, könnten vielleicht einem Kilt etwas abgewinnen. Ich denke hier an meine bessere Hälfte die da sagte: "Ein Kilt, ja der ist für Männer, aber ein Damenrock - igitt!"
Somit könnte man wohl mit einem Kilt-Nachbau die meisten Männer ansprechen und hätte somit wahrscheinlich auch die besseren wirtschaftlichen Erfolgschancen. Außerdem kann man einen Look-Alike-Kilt nicht nur an begeisterte Rockträger verkaufen, auch Punks oder Leute aus der "schwarzen Szene" könnten sich dafür interessieren.

Und wie ein richtiger Kilt aussieht und wie man einen machen könnte der vernünftig aussieht und zu vernünftigen Preisen herstellbar ist, ich denke, bei der Klärung dieser Fragen könnten einige Kiltträger hier in den Foren sicher gut und gerne Unterstützung leisten.

Falls du dich doch noch einmal dazu hinreißen lassen könntest das Thema Männerröcke aufzugreifen, dann wäre das natürlich eine tolle Sache und vielleicht würden beim nächsten Mal auch einige mit etwas mehr Sensibilität und etwas mehr Verständnis für die Probleme reagieren.

Liebe Grüße,
Klaus



triks

  • Gast
...
Und wie ein richtiger Kilt aussieht und wie man einen machen könnte der vernünftig aussieht und zu vernünftigen Preisen herstellbar ist, ich denke, bei der Klärung dieser Fragen könnten einige Kiltträger hier in den Foren sicher gut und gerne Unterstützung leisten. ...

Meinst Du so etwas wie ein Sportkilt?
http://www.sportkilt.com

Das ließe sich sicher günstig herstellen, aber sicher nicht für unter 50 ¤ verkaufen.

Ein einfacher Jeansrock (5-pocket-syle) mit ausreichend Schrittweite, ohne Schlitz und in unterschiedlichen Längen (Knöchellang, unter- und oberhalb Knie Länge) würde sicher auch Abnehmer finden. Ich hätte mir ja schließlich auch das Stück von Jack Wolfskin gekauft, wenn er mir denn bis unter das Knie gegangen wäre... (da stimmte es sogar mit dem Reißverschluss).

Wolfgang


 

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