Ja, lieber Wolfgang, vor 200 Jahren gab es ja noch nicht bzw. die gerade in den Anfängen befindlichen sogenannten Nationalstaaten, sondern Adelsherrschaften, also quasi Familienländereien, in denen adelige Familien über die andern herrschten. In den dann aufkommenden Nationalstaaten bemühte man sich um eine Zentralisierung und Vereinheitlichung der Volkskultur auch dahingehend, dass man die Standardsprache in den Schulen lehrte und die Dialekte und erst recht die andern Sprachen im eigenen Staatsgebiet verbot. Alle Staatsbürger*innen sollten einheitlich Deutsche, Franzos*innen usw. sein, aber keine Friesen, Sorben, Bretonen oder Basken. Belgien bildete durch die zwei Hauptsprachen in Westeuropa eine Ausnahme, nur übertroffen durch die Schweiz.
Was zentrale Sprachbildung aber trotzdem noch nicht schafften, schafften dann die Massenmedien und die Mobilität. Radio und Fernsehen vereinheitlichten nochmal mehr, und wenn jemand der Arbeit, Heirat oder eines andern Grundes wegen den eigenen Sprachbereich verließ, vergaßen spätestens seine*ihre Kinder die Herkunftssprache.
Wie schon des Öfteren angemerkt beneide ich die Schweiz um die Pflege ihrer Regionalsprachen und -dialekte. Was uns in Deutschland echt fehlt, sind Radio- und Fernsehsendungen in Dialekten und Minderheitensprachen, so wie sie in der Schweiz normal sind.
LG, Micha