Das hat weniger mit Mode zu tun als mit den weichen Gesichtszügen und reiner Haut als sekundäres Geschlechtsmerkmal und dem liebevollen Aussehen, was Mädchen zugeordnet wird. Schau dir doch mal kleine Jungs an, wenn die Väter dabei sind, die sehen wie die hässliche Kopie ihres Vaters aus, nur in Klein ... Kurzer Russenhaarschnitt, Basecap,...
Auch wenn ich Dir von der Grundtendenz zustimme, ist Dein Hauptcredo dieser Sätze "hässliche Kopie des Vaters" wiederum eine sehr persönliche Wertung.
Paare, die ihren Jungs dieses Aussehen verpassen, mögen das sehr wohl nicht als hässlich empfinden. Es ist eher der Versuch, wie das immer mal wieder vorkommt, den kleinen Kindern schon die Erwachsenenoptik (und oft -rolle) zu verpassen; sozusagen sie als kleine, niedliche Erwachsene zu präsentieren.
Etwas, was auch dazu führte, dass kleine Jungs nicht mehr, wie lange noch üblich, in Kleider oder Röcke gekleidet wurde, sondern dieser Brauch vor allem durch das Aufkommen des Matrosenanzugs abgelöst wurde. Der Matrose, als Symbol der rauhen, abenteuerlichen, aber auch unendlichen Freiheit, die da draussen auf hoher See herrscht - und zeitgleich den auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesenen Teamgeist auf dem räumlich engen Schiff, wo alle gemeinsam daran arbeiten, ein gemeinsames Ziek zu erreichen, wo alle für einen, einer für alle einstehen, wo bedingungsloser Gehorsam eingefordert wird, dem Kapitän (später Führer) sich zu unterstellen. Ein Gemisch von Sinnbildern, die ja gerade kleine Jungs eben auf ihre Rolle in Schlachten (auch auf dem Land und später auch in der Luft) vorbereitet zu sein und zu lernen, dass sich unterzuordnen "sexy" (wie wir heute sagen würden) ist. Begleitende Symptome, die in eine sehr militärisch geprägte Phase und letztlich zu zwei Weltkriegen führte.
Der von Dir erwähnte "Russenhaarschnitt" ist sozusagen Teil des modernen Matrosenanzugs.
In meiner Beobachtung bilde ich mir ein, dass gerade ab den Achtzigern wieder das Bestreben da war, gerade Jungs als putzig zu empfinden, wenn sie wie kleine Männer präsentiert wurden. Im Bereich der 80er, 90er Jahre herrschte da (jedenfalls in Deutschland) oft noch so ein trachtenartiger Stil vor, heutzutage sind es eher Stilelemente, die an funktionierende Aktentaschenträger erinnern - jedenfalls in solchen Schichten, die mehr auf den Intellekt ihres Nachwuchses bauen.
Zu Michael:
Das Jesuskind wurde immer mehr sehr weich, lieblich usw. dargestellt. Ich habe es als Kind immer als Mädchen wahrgenommen. Das gilt nicht für die Darstellungen des Babys in der Krippe, sondern für die, auf denen es als Geschenkebringer dargestellt wurde, das z.B. durch den Winterwald reist, um zu den Menschen zu kommen.
Zum Beispiel in Aufführungen von Schultheatern wird das Christkind, und werden Engel, fast immer von Mädchen dargestellt. Das hat sicherlich auch was damit zu tun, dass man sich heute eigentlich nicht vorstellen kann, Jungs in ein Kleid oder Gewand zu stecken. Vielleicht findet sich bei der basisdemokratischen Rollenbesetzung auch oft kein Junge, der sich freiwillig solch ein Kostüm aussucht, weil das ja doch was mädchenhaftes sei - und die Jungs es entweder selbst ablehnen, oder aus Angst, von den andern Jungs gehänselt zu werden. Und villeicht gibt es auch Eltern, vor allem vllt. Väter, die ihr Veto einlegen, wenn sie erfahren, Ihr Sohn solle solch eine Rolle übernehmen. Summa summarum also ein ganzer Cocktail von möglichen Ursachen, die m.E. allesamt mit Ängsten besetz sein mögen.
Noch was kommt hinzu - zielt auf Deine mehr oder weniger künstlerische Darstellungen des Christkinds ab; und ich stoße dabei in das von Jule unterschwellig geblasene Horn -, dass das Weibliche oft als das Reinere, Erlauchtere angesehen wird. Die Darstellung mit blondem Haar (symbolisiert auch Reinheit, drum stehen gerade Südländer so auf blonde Frauen) oder gar güldenem Haar unterstreicht diese Funktion von Reinheit, ja Göttlichkeit. Das feine, weiße Gewand auch. Und bei Engeln auch die weißen, weichen Federn.
Zum Thema Schutzengel:
Inzwischen glauben mehr Menschen in unserer Gesellschaft an die Existenz von Schutzengeln als an die Existenz von Gott. Schutzengel haben besonders im gottloseren Umfeld die Funktion des allgemeinen Gotts übernommen im Sinne vom persönlichen Gott.
Der Schutzengel wird im Volksglauben an die Seite eines jeden gestellt. Insofern hat der Schutzengel eigentlich auch immer dasselbe Geschlecht wie der ihm zugeordnete Schutzbefohlene.
Gerade in den oben schon erwähnten Zeiten von vor so grob 100 Jahren war es wichtig, den Kindern einen Schutzengel an die Seite zu stellen - der in all den Wirren auf das Kindchen aufpasst, weil die Eltern das selbst nicht mehr garantieren konnten.
By the way find ich erstaunlich, wie weit der Engelsgedanke gerade bei Frauen im mittleren Alter heute verbreitet ist und mit allerlei Symbolik wie Engelsfedern, -flügeln, Engelskügelchen u.s.w. zelebriert wird - fern jeglicher traditioneller Religion.