Kreiszeitung Böblinger Bote
Leichtathletik: Gleichstellungsbeauftragter ordnet für Samstag an
der Messe 20-Prozent-Quote an - Anmeldung heute im Stahl
Sport Shop
Das hatte die beiden Organisatoren Karen und Axel Stahl aus Sindelfingen Mitte der
Woche wie aus heiterem Himmel getroffen: Bei ihrem Frauenlauf, der am Samstag mit
1500 Teilnehmerinnen an der Stuttgarter Messe einem neuen Rekord entgegensieht,
müssen nun auch Männer am Start sein. Das fordert ein Gleichstellungsbeauftragter.
VON SANDRA LANGGUTH
SINDELFINGEN/STUTTGART. Als am Mittwoch das Telefon klingelte, ahnte Karen Stahl noch nichts
Böses. Auch dann nicht, als sich ein Herr aus München meldete, der sich höflich als Dr. Bernd E.
Schmarrner vorstellte, seines Zeichens Gleichstellungsbeauftragter einer neuen Gesellschaft, die im Bereich
Sport und Freizeit aktiv ist und sich dort für die Rechte beider Geschlechter stark macht.
„Er meinte, er hätte mit Interesse die Entwicklung unseres AOK-Frauenlaufes an der Messe verfolgt und
gesehen, dass dieser nun wieder ansteht“, berichtet Karen Stahl, der das Telefonat recht schnell die
Zornesröte ins Gesicht steigen ließ. Denn wie sich nun herausgestellt hat, müssen die Organisatoren
kurzfristig noch allerhand Hebel in Bewegung setzen, um zu dem ohnehin schon mit 1500 Läuferinnen
ausgelasteten Teilnehmerfeld auch noch 300 Männer zum Start um 14 Uhr an der Messepiazza zu bewegen.
„Ein Unding, so was hab' ich in all den Jahren noch nie gehört“, schüttelt Axel Stahl den Kopf. Dr. Bernd E.
Schmarrner hat die Veranstaltung mit der Auflage belegt, dass 20 Prozent des Starterfelds aus Männern
bestehen müssen, da sich der Lauf ansonsten gegen die von seiner Gesellschaft aufgestellten Prinzipien der
Gleichstellung richtet. Und weil Schmarrner mit seinen Mitstreitern an einem aussichtsreichen
Gesetzentwurf mitgewirkt hat, der derzeit den gesetzgebenden Körperschaften zur Beratung und
Abstimmung vorliegt, steht das Ministerium hinter der Forderung, derlei Läufe schon jetzt mit solch einer
Quote zu belegen.
„Es gibt ja auch keine reinen Männerläufe“
„Ich kann die Aufregung nicht verstehen. Es gibt ja schließlich auch keine reinen Männerläufe. Warum
sollte es diesen dann für Frauen geben?“, meinte Schmarrner auf Anfrage der KREISZEITUNG. Je
nachdem, wie sich die Gesetzeslage dann entwickelt, könnten künftig alle Frauenläufe in ganz Deutschland
von dieser Entscheidung betroffen sein. So auch der Sonnwendlauf in Darmsheim. Da dieser aber erst am 2.
Juli stattfindet, haben die Organisatoren noch jede Menge Zeit, sich auf die neuesten Entwicklungen
einzustellen. Eventuell greift das neue Gesetz auch erst aber einer bestimmten Gesamt-Teilnehmerzahl. Hier
wollte sich Dr. Bernd E. Schmarrner allerdings noch nicht festlegen. „Bevor das Gesetz nicht verabschiedet
und unterschrieben ist, kann ich zu den Zahlen nichts sagen. Fest steht jedenfalls, dass der Lauf an der
Messe für uns die ideale Gelegenheit ist, die Bevölkerung schon jetzt darauf vorzubereiten, was sie künftig
in diesem Bereich des Breitensportes erwartet“, führt Dr. Schmarrner aus.
Dass seine Forderung nur wenige Tage vor der Veranstaltung sehr plötzlich kommt, möchte er nicht gelten
lassen. „Veranstalter müssen heutzutage flexibel und zeitnah auf allerlei äußere Einflüsse reagieren können“,
lautet seine Einschätzung. Und genau das müssen Axel und Karen Stahl nun tun. Ihnen bleibt nichts anderes
übrig, als in den sauren Apfel zu beißen. Wobei sich die Ausdauerexperten nicht gänzlich kampflos
geschlagen geben wollen. Schließlich stehen sie hinter ihrer Idee des Frauenlaufes. Deshalb wünschen sie
sich, dass das Teilnehmerfeld zumindest optisch nicht zu sehr aus dem Rahmen fällt. Soll heißen: Alle
männlichen Starter werden wahlweise mit einem Röckchen oder einer Perücke ausgestattet. „Wir rufen nun
so viele Interessierte wie möglich auf, sich am Freitag bei uns im Laden anzumelden. Eine Nachmeldung am
Veranstaltungstag ist leider nicht möglich“, sagt Axel Stahl.
Für ein einheitliches Bild gibt es Röcke und Perücken gratis
Im Stahl Sport Shop in Maichingen liegen dann auch diverse Röcke und Perücken in unterschiedlichen
Farben aus, die es für die spontan entschlossenen Kerle natürlich kostenlos dazugibt. „Die Männer müssen
ja immerhin schon auf das pinkfarbene Funktionsshirt verzichten, das jede Läuferin zu ihrer Starterbag
dazubekommt“, erklärt Karen Stahl, die hofft, dass sich zwischen 10 und 19 Uhr viele Männer melden.