Es gibt natürlich die verschiedensten Arten von Dingen, die einem "aufmerksamen" Menschen, sprich: einem potentiellen Beobachter, von seiner eigentlichen Aufmerksamkeit ablenken können.
Genauso wie es die verschiedensten Arten gibt, was einem seine Aufmerksamkeit an sich reißt. Ein Faktor, der auch in unserer recht gut behüteten Mitwelt trotzdem immer mit zum Tragen kommt, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, ist die Angst. Als direkte Angst das zu bezeichnen, mag vielleicht etwas übertrieben daher kommen, aber es erinnert mich in diesem Zusammenhang immer wieder an eine Stelle, wo ich vor langer Zeit nahezu 10 Jahre und nahezu täglich im Hellen und im Dunkeln auf meinem Heimweg vorbeigekommen bin. Auch nach 10 Jahren hatte ich es noch nicht verinnerlicht, dass von dieser Stelle per se keine Gefahr ausgeht.
Will´s kurz beschreiben: auf meinem Heimweg, kurz vor Zuhause, kam ich an einem dichtbewohnten Wohnblock vorbei (1-Zi-Appartments), davor drei Meter tief ein flachbebuschtes Vorgärtchen, mittendrin der Zugang zum Haus mit etwa drei, vier Stufen, vor der Haustür ein kleines überdachtes, vielleicht zwei mal drei Meter großes 'Terrasslein', wo die Leute, die klingelten standen, die Leute, die von drinnen kamen, kurz zum Zigarettenanzünden standen oder zum Verabschieden oder so.
Jedesmal, wenn ich als Passant mich diesem Eingang näherte, besonders im Dunkeln - Eingang dauerbeleuchtet - und ich auf alles, nur nicht auf das achtete, zuckte ich zusammen, weil aus dem Augenwinkel ich bzw. mein Unterbewusstsein immer dachte, da würde jemand stehen. Erst nicht beachtet, drum nicht erkannt, dann vermutet, dann gezuckt, dann zack! Aufmerksamkeit ging dort hin.
Naja, wenn jemand dort steht - vor allem scheinbar plötzlich - dann sagt das Angstprogramm: Guck, ob Dir Gefahr droht!!! Drum hab ich die Situation mit "Angst" gleichgesetzt. Ich konnte aber (fast) jedesmal, auch nach 10 Jahren noch immer, erleichtert feststellen, dass es so eine kleine, knapp mannshohe Konifere war, die zwischen meinem Anmarsch und der Terrasse, also quasi direkt an der Terrasse stand.
Das ist - finde ich - ein schönes Beispiel, das beschreibt, wie Aufmerksamkeit gelenkt werden kann. Vieles, wo wir gerade als normale Passanten in Bewegung hingucken, hat damit zu tun, was unser Unterbewusstsein herausfiltert, um abzuchecken, inwieweit eventuell eine Gefahr für uns im wahrgenommenen Umfeld drohen kann. Und mit wieviel Bewusstsein wir dann unser Umfeld auf unterbewusste Gefahrenpotentiale abchecken, ist dann von Fall zu Fall unterschiedlich. Vermutlich kriegen wir meistens gar nicht mit, dass wir in jenem Augenblick gar nicht bewusst irgendwohin gucken, sondern dass unser Unterbewusstsein unseren Blick gelenkt hat.
So wie das uns geht -äh mir geht, so geht das mit Sicherheit auch anderen - also unseren potentiellen Beobachtern.
Und das war nur unbewusste Blicklenkung. Von der bewussten Blicklenkung ganz zu schweigen, da gehen viele Gedanken im Kopf herum, das Potential, das es braucht, um jemanden als Passant, Supermarktkunden oder handyguckenden Straßencafé-Kaffeetrinker die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, ist schon ein höheres.
Ganz sicher gehören da ungewöhnliche Features dazu. Ein Mann in roter Hose, der vobeiläuft, hat wahrscheinlich ein geringeres Aufmerksamkeits-Potential, als ein Mann, der in einem langen schwarzen Rock daherkommt. Aber letzterer wahrscheinlich auch längst nicht für jeden, es sei denn der betreffende Beobachter guckt eher gelangweilt gerade dem Rockmann entgegen.
Das Potential, Aufmerksamkeit zu erzeugen, erhöht sich aber beträchtlich - da hast Du Recht, Timper - wenn man als vorbeiflanierender Passant drauf achtet, ob man wahrgenommen wird. Dann guckst Du nämlich nicht nur flüchtig, wie alle das so tun, dann guckst Du intensiver. Und wenn ein potentieller Beobachter, dessen Aufmerksamkeit aber gerade irgendwo liegt, aber merkt, dass ihm mehr Blick zuteil wird, dann steigt das Potential, die Lage zu checken, und Du lenkst somit die Aufmerksamkeit des potentiellen Beobachters auf Dich.
Geht genauso, wenn Du nicht nur auf Reaktionen vom potentiellen Beobachter achtest, sondern auf Reaktionen einer ganzen Menschenmenge.
Situation: Straßencafé, ziemlich besetzt, wir greifen einen unter vielen uns heraus als unseren potentiellen Beobachter (bei den andern ist es ziemlich genauso). Es kommt einer vorbei, guckt sich unter den Leuten im Straßencafé um - vermutlich um für sich einen freien und guten Platz zu finden, etliche gucken zu dem Ankömmling. Auch unser potentieller Beobachter guckt auf.
Selbe Situation. Jetzt kommst Du, als Passant, willst aber nicht ins Straßencafé. Du erwartest im Vorbeigehen aber Reaktionen der Leute. Du achtest auf Reaktionen - ziemlich selbe Situation wie eben beim Neuankömmling. Die Leute merken, dass da mehr Aufmerksamkeit auf ihnen ruht. Und unser herausgegriffener, potentieller Beobachter eben auch. Er guckt auch auf. Er und viele andere hätten nicht geguckt, wenn Du nicht auf Reaktionen dieser Leute geachtet hättest.
Ja, ist so. Auf die Reaktionen anderer zu achten, erzeugt seinerseits vermehrt Reaktionen bzw. Aufmerksamkeit.
Glücklich ist, wer auf solche Reaktionen als Rockträger gar nicht achten muss. Klar, dem entgehen halt auch einige Reaktionen. Diese kann dann eine zweite Person beobachten, die unauffällig 10 Meter hinter Dir hergeht. Das ist dann die Rest-Aufmerksamkeit der Leute. Aber die Reine, nicht durch Deine Unsicherheit verstärkt.
Und ja, Farben und überhaupt Ungewöhnliches buhlen um Aufmerksamkeit - d.h. sie erhöhen das Aufmerksamkeits-Potential.
Ein Schottenrock mit Grundton Rot fällt da eben auch besonders ins Auge.