Gestern und heute in der freien Wildbahn

[Stadtneurotiker]

Nun brauche ich keinen Warnstreik im ÖPNV, um auf 10.000 Schritte am Tag zu kommen. Ganz gut im Saft zu stehen, war gestern und heute gewiss hilfreich.
Die Einleitung hat eigentlich nur den Zweck darzustellen, warum ich häufig angesprochen und gesehen werde.

Gestern war wieder einer dieser drei Tage im Jahr, wo ich den Eindruck hatte, dass die Menschen mein Outfit argwöhnisch bis irritiert betrachteten. Natürlich nicht Alle, aber mehr als gewöhnlich. Ich habe keine Ahnung, ob das Einbildung oder tatsächlich so war. Man ist ja selbst nicht immer in derselben Tagesform. Die Art wahrzunehmen variiert. Vielleicht war's auch das Wetter. Keine Ahnung.
Ich bilde mir auch ein, dass an Tagen in Übergangszeiten, Winter auf Frühling und Herbst auf Winter, die Leut besonders blöd schauen, wenn sie mich sehen.

Heute nahm ich diesbezüglich nix wahr. Dafür was anderes.
Als ich am Nachmittag durch die Fußgängerzone ging, passierte mich ein Paar um die 50. Er nahm mich wahr und er sagte ihr: "Sowas möchte ich auch mal tragen." Was sie darauf antwortete, konnte ich leider nicht mehr hören.

Gestern und heute sahen mich die Menschen draußen so, damit Ihr eine Einordnung habt.

Viele Grüße
Ben

[cephalus]

Ja, das wäre mal ein Thema für eine wissenschaftliche Arbeit.
Warum schauen die Leute mal mehr oder weniger, oder ist es einfach nur ein subjektives Empfinden.
Es stellt sie nur die Frage, der Herangehensweise, weil man leicht Gefahr läuft das "Messergebnis" durch die Messung unkontrolliert zu verändern.

Ich glaube es ist nicht sooo selten, dass Männer mal einen Rock tragen wollten, es fehlt aber an Mut und Vorbildern - so wie es bei mir Jahrzehnte auch war.

[Stadtneurotiker]

Ich schätze mich glücklich, dass mich solche Tage wie vorgestern nicht verunsichern oder gar runterziehen. In meiner Anfangszeit beschäftigte mich so etwas weitaus mehr.
Dass es Andere von ihrem Tun abhalten kann, sehe ich deshalb sehr wohl.

[Lars]

Gestern war wieder einer dieser drei Tage im Jahr, wo ich den Eindruck hatte, dass die Menschen mein Outfit argwöhnisch bis irritiert betrachteten.

Das passiert u.U., wenn man selber auch nur den leisesten Argwohn gegenüber seinem Outfit hat. So geht es mir zumindest. Eine Spur von Unsicherheit reicht manchmal, um argwöhnische Blicke zu kassieren.

 

Ich glaube es ist nicht sooo selten, dass Männer mal einen Rock tragen wollten, es fehlt aber an Mut und Vorbildern ...

"Das sieht gut aus .... den Mut hätte ich auch gerne!" sagte ein Mann neulich zu mir. Nicht in Berlin, sondern in Erkner, einer kleinen Stadt bei Berlin. Er ist mit mir zusammen aus dem Zug gestiegen und hat mich schnellen Schrittes eingeholt, um mir diese Worte zu sagen.
Und das ist nicht die erste Begegnung dieser Art. Mir haben schon viele Männer gesagt, daß sie gerne den Mut hätten, mit Rock rumzulaufen. Meine Erklärung, daß es da im Grunde keinen Mut zu braucht, ist wahrscheinlich wenig hilfreich. Möglicherweise bedarf es gar keiner Worte, der Anblick reicht eventuell schon, um zu sehen, daß es ohne weiteres geht ...
 
Viele Grüße,
Lars

[Skirtedman]

Ich schätze mich glücklich, dass mich solche Tage wie vorgestern nicht verunsichern oder gar runterziehen. In meiner Anfangszeit beschäftigte mich so etwas weitaus mehr.
Dass es Andere von ihrem Tun abhalten kann, sehe ich deshalb sehr wohl.

Oh ja.

Und ich sehe das als eine der großen Chancen dieses Forums, denjenigen, die sich abhalten lassen, ein klein wenig mentale Rückendeckung zu geben.

@Ben
Es gibt einen Haufen von Faktoren, weshalb man verunsichert ist, mal mehr, mal weniger. Am Anfang sowieso. Auch wenn man später eher drüber steht, dann doch mal wieder.
Du und Cephalus habt da ja schon einiges angesprochen.
Ich hätte da noch eine Idee, was da in Deinen zwei Tagen sicherlich noch mit reinspielen könnte. Magst Du sie "hören"?

[Stadtneurotiker]

Gestern war wieder einer dieser drei Tage im Jahr, wo ich den Eindruck hatte, dass die Menschen mein Outfit argwöhnisch bis irritiert betrachteten.

Das passiert u.U., wenn man selber auch nur den leisesten Argwohn gegenüber seinem Outfit hat. So geht es mir zumindest. Eine Spur von Unsicherheit reicht manchmal, um argwöhnische Blicke zu kassieren.

Das kann ich für den Donnerstag ausschließen. Das war für mich absolute Alltagskleidung.

 

Und das ist nicht die erste Begegnung dieser Art. Mir haben schon viele Männer gesagt, daß sie gerne den Mut hätten, mit Rock rumzulaufen. Meine Erklärung, daß es da im Grunde keinen Mut zu braucht, ist wahrscheinlich wenig hilfreich. Möglicherweise bedarf es gar keiner Worte, der Anblick reicht eventuell schon, um zu sehen, daß es ohne weiteres geht ...

Auf sowas reagiere ich inzwischen mit einem inneren Augenrollen. Zu oft habe ich diesen Satz gehört. Ich habe Bekannten schon angeboten, sich anhand meiner Garderobe einfach mal auszuprobieren. Nie kam es dazu.
Alles kann, nichts muss, aber manchmal muss ich aufpassen, dass mir kein "Dann mach's doch einfach!" rausrutscht.

Ich hätte da noch eine Idee, was da in Deinen zwei Tagen sicherlich noch mit reinspielen könnte. Magst Du sie "hören"?

Nein, das möchte ich nicht, weil mir das von außen zu sehr als Kaffeesatzleserei wirkt. Dafür kennen wir uns zu wenig.
Aber schön, dass Du vorher fragst.

[cephalus]

Ich hätte da noch eine Idee, was da in Deinen zwei Tagen sicherlich noch mit reinspielen könnte. Magst Du sie "hören"?

Nein, das möchte ich nicht, weil mir das von außen zu sehr als Kaffeesatzleserei wirkt. Dafür kennen wir uns zu wenig.
Aber schön, dass Du vorher fragst.

Kann es sein, dass Wolfgang eher fragt ob du geneigt bist die Reaktionen deine Mitmenschen wahrzunehmen? So würde ich es verstehen...

[Skirtedman]

Nein, nein, Cephalus,

ich hatte den Eindruck, Ben hat mich schon so aufgefasst, wie ich das meinte. Denn es hätte sich auf eine Vermutung bezogen, was noch dieses Gefühl dieser zwei Tage mit verstärkt haben könnte.

[Stadtneurotiker]

Auch meine Wahrnehmung anderer Menschen in der freien Wildbahn variiert. Ob und welche Faktoren reinspielen, spielt für mich keine Rolle, weil es mich von meinem Tun nicht abhält. Dafür müsste ich regelmäßig auf offene Ablehnung stoßen, was definitiv nicht der Fall ist.

[Skirtedman]

Dafür Dir Daumen hoch!

Da fällt mir die erste Folge der Zeichentrickserie "Unerschrocken - Echte Heldinnen!" ein. Hab ich gestern gesehen. Mit Anke Engelke und Mai Tai Nguyen Pho Bo.
Das Wort "unerschrocken" würde ja auch schon passen!

In der ersten Folge ging es um Annette Kellerman. War Schwimmerin, Jahrgang 1886. Und sie wollte schwimmen, konnte schwimmen, tat das auch. Anfangs in irgendwelchen Kleidern und Rockoutfits. Irgendwann hat sie Kleid / Rock weggelassen und sowas wie den Badeanzug kreiert. Skandal! Eine Frau in körperanliegender Kleidung!

In diesem Zeichentrick war es an der Stelle so formuliert:
"Ein Ausdruck von Selbstbestimmung!"

Und so, Ben, ist´s auch bei Dir:
Selbstbestimmung - egal was andere davon halten!

Wiki: Annette Kellerman
Méditheq: Annettchen

Noch ein Textauszug aus dem Filmchen:
"Verhaftet wegen Unsittlichkeit!"
"Unsittlich ist, Frauen vorzuschreiben, was sie anzuziehen haben!"
Sollte uns zum Nachdenken anregen!

[Lars]

Und das ist nicht die erste Begegnung dieser Art. Mir haben schon viele Männer gesagt, daß sie gerne den Mut hätten, mit Rock rumzulaufen. Meine Erklärung, daß es da im Grunde keinen Mut zu braucht, ist wahrscheinlich wenig hilfreich. Möglicherweise bedarf es gar keiner Worte, der Anblick reicht eventuell schon, um zu sehen, daß es ohne weiteres geht ...

Auf sowas reagiere ich inzwischen mit einem inneren Augenrollen. Zu oft habe ich diesen Satz gehört. Ich habe Bekannten schon angeboten, sich anhand meiner Garderobe einfach mal auszuprobieren. Nie kam es dazu.
Alles kann, nichts muss, aber manchmal muss ich aufpassen, dass mir kein "Dann mach's doch einfach!" rausrutscht.

Dieser mir unbekannte Mann hat möglicherweise zum ersten Mal einen anderen Mann im Rock gesehen. Wenn er mir sagt, daß er es mutig findet, werde ich sicher nicht mit einem vielleicht noch leicht angenervt klingenden "Dann mach´s doch einfach!" antworten. Das hilft garantiert nicht weiter. Zumal es ihn sicher auch ein wenig Überwindung gekostet hat, mich anzusprechen.
Anders wäre es, wenn ein mir bekannter Mensch zum zwanzigsten Mal sagt, daß er es mutig findet. Dann würde ich ihm auch augenrollenderweise ins Gesicht sagen, daß er es doch einfach machen soll.
 
Viele Grüße,
Lars

[Stadtneurotiker]

Deshalb halte ich auch meine Klappe und halte ihnen meinen Kleiderschrank für eine Anprobe offen.
In dem konkreten Fall kam die Anfrage nicht nur einmal. Mehr als anbieten kann ich auch nicht.