Und plötzlich war schluss die herrenmode wurde bieder und langweilig.
Wäre interessannt zu wissen wieso?
Also, wenn ich mehr oder weniger transparente Strumpfhosen - ihres Zeichens FSH - trage, denke ich (gerade wiederholt in letzter Zeit) mir immer mal wieder, dass das zwar am Mann unter Vorbehalten durchaus tragbar ist,
aber - eigentlich gehörte das eher in den Strumpfhosen-Thread - vermutlich niemals gängige Männermode werden wird.
Wie gesagt, in diesem Satz geht es speziell um Feinstrumpfhosen. Und zwar ganz einfach deswegen nicht, weil Standard-Männer immer irgendwelche Makel, Verletzungen oder Aufrauhungen an Fingernägeln oder sonstwo an den Händen haben, die ein schadloses Anlegen von FSH nahezu verunmöglichen.
Bei stabileren Materialien könnte das anders sein.
In der Geschichte früherer Jahrhunderte dürften die Strumpfhosen oder das, was wir heute für Strumpfhosen halten, deutlich stabiler gewesen sein. Beinlinge waren nicht selten aus Leder.
Nur die Adligen oder in deren unmittelbaren Diensten stehende Personen konnten sich Seidenstrümpfe leisten, sowohl finanziell als auch von wegen deren Haltbarkeit. Ein Hofkomponist oder Hofastronom brauchte nicht so die Vulnerabilität seiner Beinkleider fürchten wie ein Müller oder Zimmermann.
Es waren - ohne dass ich das jetzt gezielt nachschlagen muss - doch die Adligen, gegen die sich das selbstbewusster werdende Bürgertum auflehnte, da es sich von den Adligen unterdrückt und vor allem ausgenommen fühlte. Drum wurde alles, was den Adel symbolisierte, auch deren verspielte Bekleidung abgelehnt und als effeminisiert verschrieen. "Weibisch" in Bezug auf Kleidung dürfte in diesem Zusammenhang erst wirklich seine Bedeutung erhalten haben.
Das war die Sternstunde der Protestanten / Evangelischen, die ja ohnehin Pomp und Symbolik ablehnten. Das protestantische / evangelische Bürgerturm setzte den Purismus durch, fern von Lebensfreude und zur Schau getragenem Luxus (allenfalls die Frau / Herrin, die ja keine ausserhäusliche Entscheidungs- und Ausbeutungsbefugnisse hatte, durfte noch mit Pomp und Verzierung den häuslichen Wohlstand intensiv zur Schau tragen). Aus dem männlichen Purismus heraus entstammt der Männeranzug, an dem sich ja über die letzten 200 Jahre kaum was verändert hat, ausser dass er noch puristischer und formaler wurde. Seit den 1970ern durfte dann wenigstens beim Hemd mal an den klassischen Farbtönen gedreht werden. Das innovativste am Männeranzug spielte sich modisch an der Breite des Revers oder des Ärmelaufschlags ab. Und das einzig wirklich innovativste war immer die Gestaltung der Krawatte.
Wenn an Farbe und Muster des Männeranzugs etwas über die Standardabweichung hinaus gegangen wurde, dann waren das die Staubsaugervertreter. Und noch ein bisschen wilder war man dann sogleich im Showbereich à la Gottschalk und so.
Aber verspielte Mode ist seit dem Purismus als Gegenentwurf ausbeuterischen Adels verpönt am Mann. Und das Leitbild der Männermode ist die Tageskleidung eines sittsamen Kleinstadtpastors, im Arbeiter- und Handwerkmilieu eben mehr aus Leinen denn aus Wolle, was dann später durch Baumwolle und vor allem von den Jeans abgelöst wurde.
So würde ich es mal zusammenfassen, weshalb die Männermode bieder und langweilig wurde.
Letztlich liegt es an jeder nachwachsenden Generation, da mal ordentlich auszubrechen. Durch die Strukturen in den Firmen bestimmen aber immer noch die vorhergehenden Generationen, was geht und was nicht geht.
Vielleicht war das aber auch ein Vorteil für die Frauen, sich eine größere Bandbreite an Bekleidung zu erobern, weil zu jener Zeit die meisten Frauen eben noch nicht in eine lebenserwerb-mässige Generationshierarchie eingebunden waren.