Der Titel ist räumlich, nicht zeitlich zu verstehen.
Ich hatte am gestrigen Mittwoch mal eine Pause eingelegt und das bisschen Frühlingssonne genossen, die gelegentlich zwischen den Wolken hervorbrach. Eine Kollegin telefonierte im Hinterhof, wo der Aufgang zu unserer Arbeit ist. Übrigens war sie die einzig wahrnehmbare Kollegin, die ebenso wie ich mit Rock da war. Mein Rock war ungefähr knielang, leicht A-förmig, fliederfarben. Dazu hatte ich eine violette Strumpfhose und schwarze Stiefel getragen.
Es muss zusätzlich erwähnt werden, dass an demselben Aufgang auch eine Kinderbetreuung liegt, für schulfplichtige Kinder, Alter ca. 8 bis 12 Jahre.
Ich stand also da, als ich leichte Schritte aus dem Treppenhaus vernahm. Ein kurzer Blick zur Seite aus den Augenwinkeln: kleines Mädchen, rosa Jacke, Bluejeans, Sneakers, ca.11 Jahre (ich bin sehr lausig, was das Schätzen des Alters von Kindern angeht). Als sie an mir vorbeiging schaute sie mich neugierig an, ging aber weiter. Nach vielleicht 5 Metern hielt sie jedoch inne und drehte sich um, musterte mich von oben bis unten. Ich lächelte sie an, sie musterte mich weiter. Ich stellte mich kurz auf ein Bein, breitete die Arme aus und streckte das andere Bein so seitlich nach unten weg. Sie musterte mich weiter ein paar Sekunden.
Dann fragte sie mich: "Bist Du ein Junge?"
Ich konnte nicht widerstehen, die Wortwahl zu bemerken: "Naja, einen Jungen würde ich mich nicht mehr nennen."
Fehler! Sie fragt: "Bist Du dann ein Mädchen?"
"Nein, ich bin eher ein Mann. Du hast mich doch als ein Mann erkannt, warum fragst Du also?"
"Na, Du trägst einen Rock."
"Ja und? Du trägst doch auch eine Hose! Bist Du deshalb ein Junge?"
"Nein, Mädchen tragen Röcke und Hosen. Jungen tragen nie Röcke!"
"Das stimmt so nicht! Schau mich an, ich trage einen Rock. Und ich bin ein ... Junge." (Ich wollte sie nicht ein zweites Mal mit der Unterscheidung zwischen Junge und Mann überfordern)
Sie schaute weiterhin recht verwirrt und unsicher, drehte sich dann weg und ging. Meine Kollegin hatte die ganze Zeit telefoniert, beendete aber auch kurz darauf das Telefonat.
Sie: "Kinder können manchmal so furchtbar ehrlich sein. Ich würde mich sowas nie trauen zu fragen."
"Naja, ist ja nichts dabei." Innerlich bedauerte ich schon, dass ich nicht eingeflochten hatte, dass solche Gespräche gerne öfter kommen könnten.
"Aber gut gekontert."
So gut fand ich meine Konter eigentlich nicht. Immerhin hatte ich es nur mit einer 11-Jährigen zu tun. Und sie wirkte am Ende vielleicht sprachlos, aber nicht überzeugt. Im Kopf ging ich kurz durch, wie oft ich solche Gespräche schon in meiner Phantasie durchgespielt hatte, lächelte dann aber nur und sagte: "Es ist ja auch nicht das erste Kind hier, dass total aus der Bahn geschmissen wird. Hatte ich ja schon mal."
"Echt?! Das lässt tief blicken, wie weltoffen die Elternhäuser so sind."
"Tja, so ist es eben. Frohes Schaffen dann noch." Sie musste 2 Stockwerke höher als ich, unsere Wege trennten sich.
Moral von der Geschicht? Keine. Ich wollte das einfach mal mitgeteilt haben.
LG
Masin