Autor Thema: Warum so selten Rock?  (Gelesen 10602 mal)

Offline conne

  • Hero
  • ****
  • Beiträge: 945
  • Geschlecht: Männlich
Re:Warum so selten Rock?
« Antwort #15 am: 15.10.2004 18:05 »
Tja, bei der Arbeit trage ich immer Hosen. Der Rock ist bei mir eher Freizeitkleidung und eine Alternative zur Hose.
Und jetzt beginnt auch noch die kalte Jahreszeit und da sind mir Hosen einfach lieber.

Grüßle
Conne

Offline Ferdi

  • Hero
  • ****
  • Beiträge: 996
  • Geschlecht: Männlich
  • "Schade dass ich am Hintern keine Augen habe"
    • Emanzipation ist keine Einbahnstrasse
Re: Mal wieder Aufklärungsarbeit geleistet
« Antwort #16 am: 20.10.2004 20:04 »
Hallo Freunde des luftigen Beinkleides!

Ich traf vorhin auf dem Rückweg von einem Einkaufszentrum im Nachbarort auf eine Gruppe von 5 Jugendlichen, alle aus verschiedenen Ländern, Afrika, Orient, ein deutscher war dabei. Alter so etwa zwischen 15 und 20. Als ich angesprochen wurde, blieb ich stehen, grüsste die Jungens mit einem freundlichen "Hallo" und unterhielt mich mit ihnen. Die Bedingungen waren günstig. Ich hatte Zeit, die Jungs offenbar auch, denn sie standen schon die ganze Zeit an einem Telefonhäuschen rum, das dort als Treffpunkt der Jugendlichen gilt. Ich habe mich ganz locker und nett mit ihnen unterhalten. Anfängliche Bemerkungen ("..aber das ist ja nur für Frauen") überhörte ich mit freundlichem Gesicht und liess sie erst einmal in Ruhe ihre Fragen formulieren. Und die arbeitete ich dann in aller Ruhe gemeinsam mit ihnen ab.

Erst ging es darum, dass Röcke doch Frauenkleidung seien. Ich wies ganz freundlich und ohne sie abzuwerten darauf hin, dass die Frauen doch fast alle Hosen tragen,  daher könne man beim Rock nun wirklich nicht mehr von Frauenkleidung sprechen. Das wurde verstanden. Man hörte geradezu, wie es in ihren Köpfen Klick machte. Ich habe den Eindruck, sie haben noch nie in ihrem Leben darüber nachgedacht, sondern einfach alles unhinterfragt übernommen, was sie zu dem Thema bisher erfahren haben. Und wenn es die Piktogramme an den Toilettentüren waren. Als ich dann darauf hinwies, dass ja heute Hosen die "Frauenkleidung" par excellence sei, und dass sie daher "Frauenkleidung" trügen, da war wie bei Jürgen von der Lippe erst mal Sekunden lang Sendepause. Mit dem Argument haben sie nun garnicht gerechnet und schauten verstört einige Sekunden lang an sich runter. Ich dann (immer sehr freundlich): "Wo steht das denn, dass Röcke Frauenkleidung seien?". - "Wissen wir nicht, aber das ist doch Tradition". Ich: "Es ist auch Tradition, dass Frauen Röcke und Kleider tragen und heute tragen sie was sie wollen". Da sagte der Deutsche, ca 15 Jahre: "Ich finde das auch ungerecht, dass die Frauen einfach alles tragen". Und ein Afrikaner sagte: "Ich trage morgen auch einen Rock". Ich sagte ihnen dann, dass ich das auch ungerecht finde und dass ich mir dieselben Rechte erlaube wie die Frauen, nämlich das zu tragen was mir gefällt. Und dass ich keinen danach frage, ob ich das auch darf oder nicht. Wohlgemerkt, immer in einem netten, freundlichen Ton, wie bei einem unserer Treffen. Das hat sie beeindruckt. Einer sagte: "Stimmt, sieht wirklich sehr gut aus. (Ich hatte einen knielangen weiten Jeans-Bahnenrock, schwarzes Oberhemd und Jeansjacke an. dazu Winterschuhe und heruntergekrempelte schwarze Kniestrümpfe).

Das weitere Gespräch drehte sich dann um das Praktische. Die Jungens waren wirklich interessiert und wissbegierig, sie wollten einfach nur was darüber wissen und das habe ich ihnen freundlich alles erklärt. Es drehte sich hauptsächlich um das Tragegefühl, ob das nicht zu kalt wäre, was unten drunter ist, wie die Frauen darauf reagieren, wie lange ich schon Röcke trage, wie ich darauf gekommen bin und ob ich überhaupt keine Hosen mehr tragen würde. Ich sagte ihnen noch, dass sie nur dann damit anfangen sollten, wenn sie das aus dem Inneren heraus auch wollten, denn nur deswegen weil sie mich jetzt gesehen haben Röcke zu tragen, das ginge mit Sicherheit schief, denn dann fehlt ihnen die selbstsichere Ausstrahlung. Zum Schluss standen sehr nachdenkliche aber zufriedene Jugendliche da, die deutlich erkennbar und spürbar neue Erkenntnisse gewonnen hatten. Das Gespräch dauerte ungefähr 15 Minuten und da war die ganze Zeit nicht die geringste Spur von pöbelhafter Aggressivität zu spüren. Mir hat's Spass gemacht und der Gruppe Jungs wohl auch. Zum Schluss wünschten wir uns dann noch einen schönen Tag und ich ging meiner Wege.

Man kann also auch mit diesen Leuten vernünftig reden. Voraussetzung ist allerdings, dass sie nicht mit Alkohol oder Drogen zugedröhnt sind und über einen gewissen Mindestintelligenzgrad verfügen. Aber das spürt man schon ganz am Anfang, ob diese Voraussetzung zutrifft. Ich habe heute die günstige Gelegenheit genutzt und habe mir die Zeit zu diesem Gespräch genommen. Ich glaube, die werden in ihrer Clique davon erzählen und zwar in positivem Sinne. Wichtig dabei ist, dass man immer freundlich und höflich bleibt und am Anfang möglicherweise auftauchende abwertende Bemerkungen erstmal einfach ignoriert. Das ist fast immer die Verunsicherung durch das Ungewohnte, das ich für sie darstelle. Nach getaner Aufklärungsarbeit fällt es ihnen wie Schuppen von den Augen und sie machen sowas nicht mehr.

Schöne Grüsse,
Ferdi
Freiheit heißt, sich von anderen unterscheiden zu dürfen.

Offline Matthias

  • Site-Admin
  • Legende
  • ******
  • Beiträge: 6.092
  • Geschlecht: Männlich
  • 🇺🇦 No place for war!
    • Schreibs.net
  • Pronomen: Er
Re:Warum so selten Rock?
« Antwort #17 am: 21.10.2004 10:50 »
Hallo Ferdi,

eine wirklich sehr schöne beeindruckende Geschichte, gefällt mir wirklich gut. So kann man die Leute überzeugen.

Viele Grüsse
Matthias
Politische und kritische Themen haben im befreundeten Forum viel mehr Platz als hier...
Give respect to get respect.
Gewohnheiten zu verlassen bedeutet Neue zu gewinnen.

Offline karber

  • Junior
  • **
  • Beiträge: 193
  • Geschlecht: Männlich
  • Ein Rock ist toll, darin fühlst du dich wohl!
Re:Warum so selten Rock?
« Antwort #18 am: 22.10.2004 11:16 »
Freude durch Freiheit

Ferdi, du hast dein Umfeld im Griff! Es ist schon schwierig, sich bei den Röcken zu entscheiden. Viele beneiden dich um diese 'Probleme'.

Liebe Grüsse Karl


 

SMF 2.0.19 | SMF © 2020, Simple Machines | Bedingungen und Regeln

go up