Autor Thema: Männer die Rock tragen. Gibt es eine Schnittmenge zu LGBT ?  (Gelesen 31497 mal)

Offline high4all

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Es gibt wohl viele Leute,, die anderen Menschen die Freiheit nicht gönnen, die selbst gerne hätten, sich aber nicht trauen, sie zu nutzen:

"Wie kann der Röcke tragen? Ich kann das nicht. Also darf der das auch nicht!"
Herr, ich danke Dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele. (Psalm 139,14)

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Offline Timper

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Das wäre ja "nur" Neid. Problematisch genug aber das ist mir als Erklärung zu dünn. Ich vermute, hinter den Kommentaren stecken eher die klassischen Geschlechterstereotypen. Die sind wie Brandzeichen in den Gehirnen. Das geht nur weg mit wegsterben und dem Nachwachsen neuer Generationen. Da reicht nicht der Hinweis über den Tellerrand zusehen und der Verweis auf Gleichberechtigung im 21. Jahrhundert. Wer in der Scheife Mann / Frau Schema drinsteckt kommt da nicht raus. Selten.
Da bin ich wieder bei dem Thema Arbeitskollegen - ich höre und sehe doch die Ansichten. Wer heute 20 Jahre ist mag da entspannter sein, zum Teil, aber wenn ich ältere höre ... Vordergründig vielleicht Toleranz aber hinter dem Rücken wird vom Leder gezogen. Ich habe das auch mal erlebt. Schon länger her. Der Eierkopf ist zum Glück weg aber die Sprüche habe ich noch heute noch in den Ohren. Und da ging es nur um Pillepalle wie Mascara an den Wimpern. 
Kotz ! ( So war das bei mir, woanders vielleicht anders). Ich habe da keine Illusionen.


Nachtrag 20.30 Uhr - Die Latte der Dumpfbacken Kommentare ist länger geworden. Fußballstadion Niveau. Unterirdisch.
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Online Skirtedman

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Es gibt wohl viele Leute,, die anderen Menschen die Freiheit nicht gönnen, die selbst gerne hätten, sich aber nicht trauen, sie zu nutzen:

"Wie kann der Röcke tragen? Ich kann das nicht. Also darf der das auch nicht!"

Ja, das ist ein allüberspannendes Phänomen, das vor allem zwar auch Kleidung betrifft, aber ganz viele andere Breiche betrifft: zum Beispiel die Berufswahl bzw. Berufslaufbahn. Oder Lebenskonzepte. Und ich denke, viel auch betrifft das die LGBTQ, von aussen heraus wie auch von innen heraus.

Ich meine jetzt nicht Homosexuelle, die allerdings allzu glamuröses LGBTQ zum Beispiel ablehnen - auch das gibt es gar nicht mal so selten, darum geht es aber nicht.

Ich meine den Umstand, der vor einigen Jahrzehnten noch viel wirksamer war, dass erkennbare - 'geoutete' - Homosexuelle starke Anfeindungen erlebten von angepasst lebenden Homosexuellen, die so angepasst gelebt haben, dass sie ihre Homosexualität unterdrückt, verneint, abgelehnt, gar bekämpft haben. Bei solch einem suppressiven eigenen Lebensweg ist es verständlich, dass man sich schwertut, anderen Menschen mehr Freiheiten einzuräumen.

Und ja, bei Verhalten oder bei Mode kommt das auch immer wieder zum Tragen:

"Was die sich erlaubt!" ... oder der...

Diesen Ausdrruck kenne ich noch besonders von meiner Elterngeneration, ich erlebe diese Ausdrucksweise inzwischen deutlich seltener, aber diese Denkweise steckt vielfach noch in den Köpfen fest.

Dieser Ausdruck sagt eigentlich schon sehr viel aus:

Da wird eine Verhaltensweise oder ein Outfit gebrandmarkt, wo der Neid sich wörtlich ausdrückt: Diese Person erlaubt sich das! Das ist unerhört. Ich hätte das mir niemals erlaubt! Ich würde mir das niemals erlauben.

Also frei nach dem Motto: Was ich nicht durfte oder hatte, das will ich Dir auch nicht zugestehen. Du sollst Dich genauso zurücknehmen/beherrschen wie ich das tat/noch tue.

Ich glaube, diese Komponente kommt noch zu all den Hemmschuhen hinzu, die wir in allen Facette mit den Schnittmengen bzw. Differenzen zu LGTBQ diskutiert haben.

Also die Komponente aus unseren eigenen Reihen: Was jemand anderes sich nicht erlaubte, sollen wir uns auch nicht erlauben dürfen. Und ich denke, dass bei den klischeehaftesten Männern dieser Neid am stärksten festsitzt, vielleicht sogar so tiefgründig, dass dies dem Neider gar nicht bewusst ist, sondern sich eher in Gedanken artikuliert wie "Was nicht sein darf, darf nicht sein" oder der Ablehnungsgedanke mit der Begründung "Das war schon immer so".

Offline MAS

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Statt "erlauben" kenne ich auch "herausnehmen": "Was der sich herausnimmt!"

LG, Micha
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Offline Timper

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Das ist die gleiche Klientel die Homophobie, Transphobie, verpeilten Männerkult ect verbreiteten. Sie eint Ablehnung, Zurückweisung und Hass auf das abweichende von der Norm. Man betrachtet es als Verrat am bisher dominierenden  Geschlecht. Verlust der Deutungshoheit und Verrat am Patriarchat.
Neid rangiert am Ende oder speist sich aus dem genannten.
Man könnte natürlich so formulieren „der nimmt sich was heraus und verrät damit unsere Sache und gesellschaftliche Position“. 
Anders kann ich mir diese Dumpfbacken nicht erklären. Ein Fall für Soziologen.
Aber nicht therapierbar.
Meine These ist das sich Gesellschaften nur über wegsterben weiterentwickeln.
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Online Skirtedman

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Ja, richtig, Timper,

vor allem das, was zu Du zu Anfang Deines Beitrags beschrieben hast.

'Sich was herausnehmen' ist da auch so eine häufiger Ausdruck, richtig, Micha. Ja, die Bedrohung der Normen, der Zerfall der 'Werte'.

Und ja, Erneuerung durch Wegsterben und Nachwachsen anders geprägter Menschen ist das wirksamste Mittel.

Trotzdem gibt es auch einen Wandel, der auch innerhalb der Lebensspanne sich individuell vollziehen kann.

Zum einen schaffen es einige Menschen mit einer Lernkurve, gewisse Sichtweisen im Laufe des Lebens zu verändern, dann gibt es welche, die zwar nicht nennenswert sich verändern aber mit "Das wird man doch mal sagen dürfen" sich zunehmend zurückhalten. Und dann gibt es diejenigen - nach meiner Beobachtung doch sehr viele - bei denen die Altersgelassenheit den Altersstarrsinn überwiegt.

Offline MAS

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Wie sollte auch eine neue Generation anders geprägt werden, wenn nich Menschen während ihres Lebens sich ändern und zunächst sich selbst und dann ihre Kinder oder generell die jüngeren Menschen anders prägen? Prägung geschieht ja nicht ohne Einfluss von außen.

Davon abgesehen sehe ich diese "Dumpfbacken" als Menschen, die sich das bewahren wollen, was sich ihrer Meinung nach bewährt hat. Das ist meine Umschreibung für konservative Menschen. Diese fühlen sich durch starke Veränderungen in ihrer Lebenswelt verunsichert und provoziert.

Die Menschheit macht derzeit einen großen Veränderungsprozess durch, gegen den sich wachsender Widerstand regt. Es sind aber auch viele Unwägbarkeiten dabei. Wir haben Veränderungen nicht nur in der Auffassung der Geschlechter, sondern auch der Religionen, der Wissenschafen, der Künste, der Wirtschafstweisen (also im Sonne von "Art und Weise" nicht im Sinne von "weise Menschen", obwohl das auch mit reinspielt), der politischen Ausrichtungen. Da geht quer durch fast alle Gesellschaften der Menschheit ein Bruch, keine glatte Bruchlinie, sondern eine gezackte mit vielen Rissen.

Die Themen, die dabei eine Rolle spielen sind z.B.
- Gibt es nur zwei oder mehr Geschlechter?
- Sollen wir eine gerechte Weltwirtschaftsordnung errichten oder gilt das Recht des Stärkeren?
- Sollen wir auf Demokratie setzen oder sind Autokratien die besseren System, die Menschen zu lenken?
- Ist der Klimawandel menschengemacht oder nicht und können und sollen wir was dagegen tun oder nicht?
- Haben traditionelle Religionen einen Wert, der andere Weltanschauungen übersteigt oder nicht?
- Ist das Artensterben etwas, wogegen wir etwas tun sollen oder geht es doch nur um uns Menschen?

Das sind nur ein paar Beispiele für Fragen, die derzeit sehr unterschiedlich beantwortet werden und deren Beantwortung als existentiell bedeutsam angesehen wird.

LG, Micha

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Offline Timper

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Schwingt da viel Verständnis mit?
Nach 50 Jahren CSD ( Synonym für Kampf um Akzeptanz, Toleranz, Rechte für Minderheiten in der Gesellschaft- zb Männer abseits der Klischees : zb im Rock, Heels, Kosmetik ect....) sollte man annehmen weiter zu sein.
Sieht nicht danach aus.
Da ist das Hoffen auf baldige Durchbrüche und Aufbrüche bei dem Thema des Forums wenn man die Kommentare im Hinterkopf hat dünn gesät.
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Offline MAS

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Sollt man!

43 Jahre nach der Veröffentlichung des Club of Rome sollte man auch in Sachen ökologisch vertretbarer Ökologie weiter sein.

2000 Jahre nach Jesu Bergpredigt oder 2500 Jahre nach der Formulierung der buddhistischen fünf Silas oder - wann auch immer das war - noch viel länger nach der Formulierung der Zehn Gebote auch in Sachen Ethik.

Sollte, hätte, könnte, müsste ..

Sind wir nur leider nicht.

LG, Micha
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Online Skirtedman

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Ja, die großen Sinnfragen, die da mitschwingen, Micha.

... sehe ich diese "Dumpfbacken" als Menschen, die sich das bewahren wollen, was sich ihrer Meinung nach bewährt hat. Das ist meine Umschreibung für konservative Menschen. Diese fühlen sich durch starke Veränderungen in ihrer Lebenswelt verunsichert und provoziert.

Und ehrlich, Micha, aus Deinem Beitrag (woher die Zitate hier stammen) - so nüchtern und distanziert er auch geschrieben worden ist - entnehme ich aber auch, dass Du Dich von den (Deinen Fragenkatalog hervorrufenden) Veränderungen auch ein gutes Stück weit verunsichern, vielleicht auch provozieren lässt.

Und seien wir weiter ehrlich, Micha, so sind wir beide, MAS und Skirtedman, allmählich in so einem Alter, wo wir auch nicht mehr jeden feinen gesellschaftlichen Trend oder gar die Jugendsprache aufmerksam mitverfolgen, mitmachen oder mittragen wollen. Das, was wir in unserer Lebenswelt als einigermassen gegeben angesehen haben, das verflüchtigt sich zunehmend und wir tun uns allmählich schwerer damit, alles Unerwartete noch begreifen zu wollen.

In der Blütezeit unseres Lebens haben wir die großartige Verwandlung des ehemals konfrontativen Ostblocks miterlebt, die Amerikaner verstanden wir zwar immer mehr als Kriegstreiber in den verschiedensten Ecken der Welt, doch verbanden wir gleichzeitig die Hoffnung damit, dass dieses letztlich der Verbreitung der Demokratie dienlich ist. Noch in den Jahren des "Millenniums" bzw. "Mileniums" verbreitete sich für uns der Duft des humanitären Aufbruchs, erlebte zwar einen nachhaltigen Dämpfer durch mit Islamismus in Verbindung gebrachten Terror, doch in etlichen Ländern bis hin zum "Arabischen Frühling" dachten wir, dass sich weltweit - nur eine Frage der Zeit - die Vernunft durchsetzen würde, was wir sozusagen politisch gleichsetzten mit Demokratie. - Doch erhält dieses Gefühl gerade in den letzten Jahren eine erhebliche Schlagseite. Wo unser sinnstiftendes Lebensgefühl in Richtung Menschlichkeit - jedenfalls das, was wir damit verbinden - nun in Gefahr gerät. Ja, wir fühlen das Pflänzchen unserer Werte - schon eher ein rankender Baum - bedroht, und das massiv. Mit 'uns' meine ich hier auch immer noch nur ganz speziell MAS und Skirtedman, also Micha und mich.

Insofern sind auch wir beide in bestimmter Weise - gerade auch altersgemäß - irgendwo Bewahrer, irgendwo konservativ.

So 25-jährige heutzutage fühlen sich mit z.B. den Vorgängen am Schwarzen Meer bestimmt zwar auch nicht so wohl, sie verbinden damit aber längst nicht all das, was in unseren beiden Köpfen an Gefühlen mitschwingt.

Und ich bin der Meinung - nach dieser langen Herleitung - dass jede Zeit ihre Herausforderungen hat. Jede Zeit hat ihre Bedrohungen. Und Dein Fragenkatalog, Micha, mag zwar gewaltige Themenfelder umfassen, ob die Sorgen und Nöte anderer Jahrzehnte, anderer Generationen in Qualität oder Quantität sich sehr stark von unserer heutigen, aktuellen Wahrnehmung unterschieden, wage ich anzuzweifeln.

Ich will die Bedeutungsschwere Deiner aufgezählten Fragen nicht relativieren. Aber derlei Zeitfragen erweckten glaube ich in ihrer Gefühlsschwere schon zu allen Zeiten einen gewissen Konservatismus der Menschen, gerade auch korreliert zu der jeweiligen Lebensspanne, besser Lebensphase der jeweiligen Menschen.


Wie sollte auch eine neue Generation anders geprägt werden, wenn nicht Menschen während ihres Lebens sich ändern und zunächst sich selbst und dann ihre Kinder oder generell die jüngeren Menschen anders prägen? Prägung geschieht ja nicht ohne Einfluss von außen.

Naja, Einstellungswandel im Laufe der Jahrzehnte eines Menschenlebens hinweg, ja, der spielt sicher eine Rolle.

Die wesentlich mitspielende Rolle hat aber jede Generation automatisch in sich eingebaut: Das ist der Abnabelungsprozess von den Eltern.

In späteren Kindheitsjahren und insbesondere in Pubertät und Folgejahren gibt es doch eine praktisch automatische Ablehnung der Verhaltensweisen, Einstellungen, Vorstellungen und Ratschläge der Elterngeneration. In dieser Phase will doch der Mensch die Welt entdecken und sich erobern mit Vorstellungen, die oftmals stark von denen der Eltern abweichen. Das Andersmachen steht doch da als Leitmotiv bei sehr vielen der neuen Generation auf der Tagesordnung - ganz gleich, ob das Andersmachen Sinn macht oder nicht.

Nicht jeder ist gleichermaßen so rebellisch, einige kaum bis gar nicht, andere dafür umso mehr.

Das sich Abgrenzen von der Vorgängergeneration durchzieht doch jede neue Generation.

Allerdings ist die Kennlinie der Andersartigkeit ja in Jugendjahren in der Regel am höchsten. Die Kennlinie ist ja mit Zunahme der Lebensjahre dann wieder rückläufig. Zum Teil durch freiwillige Rückanpassung, zumeist aber, weil die zuvor abgelehnten Werte - ja ich fasse es mal mit 'Werte' zusammen - sich dann doch als gar nicht so sinnfrei ergeben, sondern in vielen Dingen sogar sehr sinnstiftend sind.

Timper würde hier sagen: "Auf den Boden der Realität kommen". Ja, so ähnlich hat man das ja auch bei den schärfsten grünen Politikern gesehen, als sie in Regierungsverantwortung kamen, konnten sie auch nicht mehr so wild agieren, wie sie sich das aber zuvor noch erhofft hatten. Bodenhaftung könnte man das nennen. Ja, die Kennlinie der Andersartigkeit nähert sich wieder der Bodenhaftung.

Manche - ich rede nicht mehr von den Grünen, sondern von allen Menschen, also hier jetzt manchen von allen - tragen immer noch die Ader des Rebellischen unter ihrem Herzen, trotz zwischenzeitlicher Bodenhaftung. Wenn dann die quergesellschaftlichen Abhängigkeiten für diese Menschen weniger werden, so entdecken sie so im Alter von vielleicht 65 ihre alter Ader wieder und geben ihrem Alt-Hippietum auch wieder Ausdruck in Aufmachung, Verhalten, Meinungen. Eine weitere Form eines gewissen Konservatismus, mir fiele hier die Bezeichnung ein: progressiver Konservatismus ;)

Da ist das Hoffen auf baldige Durchbrüche und Aufbrüche bei dem Thema des Forums wenn man die Kommentare im Hinterkopf hat dünn gesät.

Ja, so eine Art Resignation macht das Hoffen irgendwie kaputt.

Ich hatte mir in meinen 20ern gesagt, ich wolle nicht warten, bis jemand für mich den Durchbruch schafft - und da wusste ich noch nichts von Internet und anderen Männern meines Kalibers - sondern ich muss schauen, was ich selbst für mich realisieren kann.

Und ohne das wäre ich heute nicht auf die gleiche Weise mit mir im Reinen und zufrieden, als wenn ich mein Zepter nicht selbst in die Hand genommen hätte. Zwar rede ich mir noch immer ein, dass ich durch mein Tun auch mein Fitzelchen Beitrag zu einem potentiellen Durchbruch leisten kann, aber rein egoistisch betrachtet, hätte ich viele Jahrzehnte verschenkt, wenn ich auf diesen Durchbruch durch andere gewartet hätte. Vermutlich hätte sich ohnehin nichts in meiner Lebenszeit verändert, dass ich zufrieden sagen könnte: Ja, jetzt aber kann ich endlich auf der Welle mitschwimmen! Ich musste meine Zufriedenheit mir selbst erkämpfen, mit Sicherheit auch erkaufen.

Ich denke, wäre - und eigentlich ist es genau betrachtet doch nur eine lächerlich kleine Kleinigkeit - Röcketragen für Männer normal gewesen, ich hätte meine Lebenszeit mit ganz anderen Dingen verbringen können.

So habe ich mich über ganz viele Jahre hinweg versteckt. Versteckt vor meinem persönlichen Umfeld, bin geflohen. Raus in die Wälder, weg in entfernte Städte. Ohne das hätte ich vielleicht vor Ort meine Traumfrau fürs Leben gefunden, mit ihr ein gemeinsames Leben und Familie aufgebaut, statt stundenlang über die Autobahnen zu cruisen und an wechselnden Orten bestimmt zwar auch reizvollen Frauen zu begegnen aber ohne die Nachhaltigkeit vor Ort. Auch hätte ich mich einer 'geordneten' Lebensentwicklung z.B. beruflich sehr viel besser hingeben können. Ich bereue nichts, was ich getan habe, aber mit Normalität des Rocks am Mann wäre mein Leben mit Sicherheit ein ganz anderes geworden.

Ich weiß, das können viele von Euch Mitforisten nicht begreifen, für mich hat dieses Thema aber tatsächlich einen zentralen Stellenwert. Und ich bin so eingebildet, dass ich sicher bin, ich stehe damit nicht alleine hier in Mitteleuropa.

Online Skirtedman

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Ich zitiere mich selbst, besonders an Timper gerichtet:

Und ich denke, dass bei den klischeehaftesten Männern dieser Neid am stärksten festsitzt, vielleicht sogar so tiefgründig, dass dies dem Neider gar nicht bewusst ist, sondern sich eher in Gedanken artikuliert wie "Was nicht sein darf, darf nicht sein" oder der Ablehnungsgedanke mit der Begründung "Das war schon immer so".

Man könnte natürlich so formulieren „der nimmt sich was heraus und verrät damit unsere Sache und gesellschaftliche Position“. 
Anders kann ich mir diese Dumpfbacken nicht erklären.

Es macht allerdings auch einen deutlichen Unterschied, wo Du grade bist.

An der Currybude herrscht ganz klar ein anderes Stimmungsbild als bei einer Ausstellungseröffnung.

Dazu fällt mir ein, dass ich gerade bei Austellungseröffnungen (Vernissagen) einen wesentlichen Teil meiner modischen Weiterentwicklung - sagen wir: Femininisierung - praktiziert und auf Tauglichkeit ausgetestet habe. Das war jetzt vor allem so vor vier, fünf, sieben Jahren.

Abgesehen davon, dass es meist kostenlosen Sekt, Wein, Bier und Häppchen gibt, herrscht dort auch ein sehr freierer Geist. Eigentlich eine angenehme Atmosphäre, seine Erscheinungsweise auszutesten.

Offline MAS

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Du wirst lachen, lieber Wolfgang, aber ich war als Kind und Jugendlicher viel konservativer als heute. In den 70ern mochte ich vieles damals Neue überhaupt nicht: die Kleidung, die Autos, die Architektur, die Musik, die bildende Kunst, die Literatur. Das war mir alles viel zu chaotisch, zu laut, zu schrill, teils auch einfach zu hässlich. Heute mit einem gewissen nostalgischen Blick sehe ich das anders.

Vor allem aber war ich als Jugendlicher konservativ in Bezug auf Bewahrung einer gesunden, natürlichen Umwelt. Ich erlebte, wie meine Lieblingsspielplätze in verwilderten Gärten, den "Urwäldern" meiner Kindheit, Straßen und Häusern wichen. Ich erlebte wie meine Lieblingsbäume gefällt wurden. Das alles war Heimatverlust. Insofern erhoffte ich mir von der Umweltschutzbewegung eine Erneuerung des Denkens, damit das Alte bewahrt werden konnte. Diese Erneuerung war indes zu langsam. Sie ist immer noch nicht überall, in jedem Kopf und Herz angekommen.

Freilich wünschte ich mir schon als Kind eine Erneuerung im Sinne von Veränderung der Kleidungskonvention. Das ist ja hier unser Hauptthema. Das ist aber auch so ziemlich die einzige Bewegung, mit der ich einigermaßen zufrieden bin, auch wenn sie noch Luft nach oben hat.

Ja, Jugendsprache und Jugendmusik: Auch als Jugendlicher damals konnte ich damit nicht viel anfangen und orientierte mich lieber an der Sprache der Literatur (was mir in einer Deutscharbeit mal den Kommentar einbrachte, ich drücke mich aber altmodisch aus) und an Alter Musik, also an der vor der Klassik. Bis ich dann Folk kennenlernte und mit dem Folk auch einen Zugang zu moderner Populärmusik fand. Doch halt, Jazz mochte ich auch vorher schon, wenngleich lange nicht alles.

Religion: Da bin ich sehr liberal und progressiv und interprtiere die Religionsgründer auch in diesem Sinne, dass sie verkustetes Denken aufbrechen wollten und radikales Menschsein propagierten, dann aber durch die nachfolgenden Religionsgemeinschaften in kanalisierte Bahnen gelenkt wurden. Das kann ich aber auch verstehen, denn so radikal können die meisten Menschen nicht sein - ich auch nicht.  Aber die Inspiration ist da und wirkt. Nur scheinen mir die Menschen, die so religiös sind, wie ich es bin, eine Minderheit zu sein, wenn in Deutschland auch nicht sooo wenige. Aber irgendwie werden sie bzw. wir zwischen den Fronten der religiösen und der religionsfeindlichen Fundamentalisten und dann der religiös total Gleichgültigen zerrieben. Der mittlere Weg, den ich gehen will oder auch gehe, ist für viele nicht interessant, den einen zu lasch, den anderen noch zu streng, den einen zu oberflächlich, den anderen zu kompliziert. Da wünsche ich mir auf jeden Fall noch eine gehörige Weiterentwicklung.

So, ich muss noch was schriftlich arbeiten, bevor es gleich wieder in die Bütt geht.

LG, derzeit aus Bielefeld,
Micha

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Offline Timper

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Es macht allerdings auch einen deutlichen Unterschied, wo Du grade bist.

An der Currybude herrscht ganz klar ein anderes Stimmungsbild als bei einer Ausstellungseröffnung.

Dazu fällt mir ein, dass ich gerade bei Austellungseröffnungen (Vernissagen) einen wesentlichen Teil meiner modischen Weiterentwicklung - sagen wir: Femininisierung - praktiziert und auf Tauglichkeit ausgetestet habe. Das war jetzt vor allem so vor vier, fünf, sieben Jahren.

Abgesehen davon, dass es meist kostenlosen Sekt, Wein, Bier und Häppchen gibt, herrscht dort auch ein sehr freierer Geist. Eigentlich eine angenehme Atmosphäre, seine Erscheinungsweise auszutesten.

Klar ist das eine angenehmere und intelligentere  Umgebung als ein grobschlächtiger Arbeitsplatz oder die Currywurstbude oder ggf der Sportplatz um über Mode zu diskutieren. . Da fällt mir doch glatt der Begriff Safe Space ein.
Gibt nur zwei Probleme erstens hat man leider nicht immer dieses Publikum um ein herum und zweitens man muss Ausstellungen mögen.
Und in der U Bahn am Brennpunkt Alexanderplatz ist mir auch nicht damit geholfen. Also da wo wo es die Dumpfbacken gibt.
Da dürfte sogar der Supermarkt deutlich besser sein.
Nicht ohne Grund haben sich die bekannten Safe Spaces entwickelt wo sich Lgbt und co trifft. Also ähnlich deinen Vernissagen. Gleich und gleich gesellt sich eben gerne.
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Offline Albis

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Und doch, Albis, wird man als Mann im Rock leicht für einen Schwulen gehalten? Seltsam.

Ja, wahrscheinlich liegt das daran, dass viele Menschen nicht differenzieren können oder wollen. Alles was als Mann nicht hetero ist und Hosen trägt, muss offensichtlich schwul sein.  :(

Von den Facebook-Kommentaren habe ich nur wenige gelesen. Leider muss man sie als Volkes Stimme wahrnehmen. Da nützen auch keine wissenschaftlichen Studien.

Und die Idee mit dem Wegsterben hat leider das Problem, dass es irgendwann einen selbst trifft.

Offline MAS

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Von den Facebook-Kommentaren habe ich nur wenige gelesen. Leider muss man sie als Volkes Stimme wahrnehmen. Da nützen auch keine wissenschaftlichen Studien.

Und die Idee mit dem Wegsterben hat leider das Problem, dass es irgendwann einen selbst trifft.

Wissenschaftliche Studien können herausfinden, welchen Anteil an des Volkes Stimme Facebook-Kommentare haben. Sicher gibt es eine Menge Studien aus diesem Themenfeld. Allein, uns Nichtfachleuten werden sie kaum vermittelt.
Man müsste sich da mal durchwurschteln: https://kvk.bibliothek.kit.edu/hylib-bin/kvk/nph-kvk2.cgi?maske=kvk-redesign&lang=de&title=KIT-Bibliothek%3A+Karlsruher+Virtueller+Katalog+KVK+%3A+Ergebnisanzeige&head=%2F%2Fkvk.bibliothek.kit.edu%2Fasset%2Fhtml%2Fhead.html&header=%2F%2Fkvk.bibliothek.kit.edu%2Fasset%2Fhtml%2Fheader.html&spacer=%2F%2Fkvk.bibliothek.kit.edu%2Fasset%2Fhtml%2Fspacer.html&footer=%2F%2Fkvk.bibliothek.kit.edu%2Fasset%2Fhtml%2Ffooter.html&css=none&input-charset=utf-8&ALL=&TI=&AU=&CI=&ST=Facebook&PY=&SB=&SS=&PU=&kataloge=K10PLUS&kataloge=BVB&kataloge=NRW&kataloge=HEBIS&kataloge=HEBIS_RETRO&kataloge=KOBV_SOLR&kataloge=DDB&kataloge=STABI_BERLIN&kataloge=ABEBOOKS&kataloge=AMAZON_DE&kataloge=AMAZON_US&kataloge=ANTIQUARIAT&kataloge=BOOKLOOKER&kataloge=KNO&kataloge=ZVAB&ref=direct&client-js=yes

Und ja, wir sind alle sterblich und haben nichts davon, was sich nach unserm Tod ereignet (also zumindest nicht biologisch lebend).


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