Autor Thema: Im Rock auf der Arbeit  (Gelesen 79294 mal)

Offline Yoshi

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #735 am: 25.11.2023 02:14 »
Wahrscheinlich wissen sie nicht, dass die Vorurteile haben oder was das überhaupt ist.

Theoretisch sollten sie das wissen, weil sie fast alle einen Migrationshintergrund haben, teilweise andere Religionen und/oder Hautfarben. Eigentlich müssten sie empathischer sein, weil sie bestimmt Diskriminierungserfahrungen gemacht haben. Das Absurde ist bei diesen Menschen jedoch, dass sie Gleichberechtigung für sich selbst zwar einfordern, sie aber bei anderen dann paradoxerweise sehr rigorose bekämpfen. Der Sexismus gegen Männer bei uns kommt interessanterweise auch von Frauen, die von ihren Männern getrennt leben und sehr schlecht über diese reden. Sie kritisieren die toxische Männlichkeit ihrer Ex-Partner, aber kritisieren auch mich, weil ich von diesem klassischen Rollenmodell abweiche. Menschen sind nun mal einfach keine rationalen Wesen!

Keine Supervision gibt es massenhaft in sozial relevanten Bereichen...

Selbst für uns Fachkräfte gibt es meist erst Supervision, wenn es eine Krise gibt und dann ist es meist zu spät. So ist es zumindest in der Regel, aber es gibt auch Ausnahmen. Bei meinem aktuellen Träger gibt es alle sechs Wochen Supervision, unabhängig von Problemlage.

In der letzten Supervision habe ich übrigens das Thema auch angesprochen. Das Team schwieg größtenteils und der Supervisor hat mir überhaupt nicht geholfen. Er meinte zu mir, dass ich nochmal ein Gespräch mit den Eltern anbieten soll. Ich soll mir auch bewusst sein, dass diese Anfeindungen nur "Neugierde" der Eltern an meinem Lebensmodell wäre. Dann sagte er, ich hätte Spaß daran mich selbst zu inszenieren und mit meinem Äußeren würde ich gerne andere Menschen provozieren wollen. Ich soll mich nicht so hereinsteigern, weil ich mit solchen Reaktionen rechnen muss. Der hat gar nicht verstanden, wie massiv ich attackiert werde. Das war so eine richtige Täter-Opfer-Umkehr á la "Selbst schuld, wenn du so rumläufst, um andere zu ärgern!"

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #736 am: 25.11.2023 09:40 »
Das letzte, lieber Yoshi, erinnert mich an die Vorwürfe, Frauen seien doch selbst Schuld daran, belästigt zu werden, wenn sie sich hübsch anziehen.  >:(

Zu den Vorurteilen: Die erkennt man eben am ehesten bei anderen, wenn sie einen anders beurteilen, als man selbst sich konstruiert. Aber die eigenen Vorurteile sieht man nicht als solche, denn man kennt ja nicht das Selbstkonstrukt des anderen Menschen.

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Offline Yoshi

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #737 am: 06.12.2023 17:48 »
Zwar nicht auf meiner Arbeit, aber vielleicht bald meine zukünftige.

Gestern bin ich zu einem Kennenlerngespräch in eine Kita. Ich habe einen olivgrünen Midirock getragen. Als ich an der Tür klingelte, machte gerade eine Mutter zufällig auf, die mit ihrem Kind herausging. Sie blickte flüchtig auf meinen Rock, ich bedankte mich für das Aufhalten und ging rein. Das Gespräch fand während der Teamsitzung statt und es waren vier Erzieher*innen anwesend. Mein Rock und Nagellack war nicht Thema und man lud mich für einen Hospitationstag ein. Demzufolge war mein Kleidungsstil kein Problem.

Heute war ich in einer anderen Einrichtung zum Hospitieren. Ich bin natürlich auch im Rock hin, und zwar in einem dunkelblauen Faltenrock in Midilänge, der optisch schon sehr an einen Kilt erinnert. Die eine Leitung hatte lustigerweise auch einen dunkelblauen Faltenrock in Midilänge an, der allerdings etwas weiter und länger war als meiner, aber den exakt gleichen Farbton hatte. Beim Rausgehen aus dem Büro sagte sie zu mir: "Das ist ja lustig. Wir haben beide einen ähnlichen Rock an." Ich sagte: "Ja, das war mir vorhin auch schon aufgefallen. Ich bin auch mal gespannt, wie die Kinder reagieren. Die finden das meistens sehr spannend." Ich war anschließend in zwei unterschiedlichen Kindergartengruppen zum Reinschnuppern. Die Erzieher*innen waren sehr offen und gesprächig, aber der Rock wurde nicht thematisiert und es gab keine auffälligen Blicke. Eltern waren kaum in Kontakt mit mir, aber die, die mit mir kurz redeten, waren wirklich sehr freundlich und herzlich in ihrer Kommunikation. Die Kinder hat mein Rock auch nicht sehr interessiert. Ein Junge sagte nur feststellend zu mir: "Du hast ja einen Rock an." Ich meinte nur: "Ja, das stimmt." Dann erzählte er mir von den Drei Fragezeichen. In der anderen Gruppe war ein Mädchen überrascht und fragte mich: "Wow, du hast ja einen Rock an. Wieso?" Darauf sagte ich: "Ich finde es schön und bequem." Dann erzählte sie mir von ihrem Gebasteltem. Der Rest der Kinder nahm es entweder nicht wahr oder es war wohl zu unbedeutend, um das anzusprechen und sie redeten lieber über andere Dinge. Der Nagellack wurde von einem Mädchen mit Begeisterung aufgenommen: "Cool. Das ist voll schön. Die Farbe hatte ich auch letztes Mal." Auch hier interessierte es den Rest nicht. Beim Verabschieden gaben mir dann sogar die zwei "Rabauken" der Gruppe einen Check sowie einen Fistbump und der eine sagte zu mir: "Ich möchte, dass du wieder kommst."

Beim Nachgespräch meinte die eine Leitung zu mir, dass sie gar nicht mitbekommen hat, ob ein Kind mich auf den Rock angesprochen hat. Ich erzählte ihr von den beiden oben beschriebenen Situationen und fügte noch hinzu: "Erfahrungsgemäß interessiert das die meisten Kinder nicht und die, die es interessiert, fragen kurz nach dem 'Warum?' und dann ist das Thema auch erledigt." Sie sagte zu mir: "Es ist auch ihr gutes Recht zu fragen." Dazu meinte ich nur: "Ja, das stimmt. Ich bin da auch sehr offen." Das war alles, was wir dazu sagten. Ich bin nächste Woche nochmal zum Hospitieren eingeladen, damit ich die anderen Kolleg*innen nochmal kennenlernen kann, die diese Woche leider krank sind, weil die auch ein Mitspracherecht haben.

Wie man sieht, war es bei beiden Einrichtungen kein Problem, dass ich Rock und Nagellack trage und beide haben (weiterhin) Interesse an mir, sonst hätten sie mich ja schließlich nicht nochmal eingeladen. Mein Beruf ist aber auch sehr offen für Diversität und gendersensible Erziehung ist Teil unserer Ausbildung und Arbeit. Dementsprechend herrscht da im Kollegium vielerorts Toleranz und sogar Zuspruch, teils Begeisterung.

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #738 am: 07.12.2023 00:53 »
Vielleicht hast Du am Schluss die Qual der Wahl, lieber Yoshi!

Ich wünsche Dir eine gute Entscheidung und viel Erfolg überhaupt!

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Offline ChrisBB

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #739 am: 07.12.2023 15:59 »
Hallo Yoshi,
na das nimmt ja eine Super-Entwicklung. Und, ehrlich gesagt, ich habe mir das auch schon überlegt, ob ich zu einem Vorstellungsgespräch in meiner ehemaligen Anzugshose (umgebaut zum langen Rock) erscheinen wollte. Allerdings habe ich bislang kein solchen Termin gehabt.
Ich wünsche dir gute Weisheit bei der Auswahl der Einrichtung, zu der du dann hingehst.
Gruß,
ChrisBB

Offline hirti

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #740 am: 07.12.2023 17:12 »
Yoshi, ich finde es sehr mutig von dir, dass du dich nicht einschüchtern und wieder brav in Hosen stecken lässt, sondern dich um einen Job bemühst wo man dich so annimmt wie du bist.

Mir kommt vor dass die Situation aktuell ohnehin nicht so erfreulich für dich ist und da ist ein Wechsel sicher das richtige. Super auch, dass du gleich in einem Outfit vorstellen gehst, in dem du akzeptiert werden möchtest - so kommt nicht dann doch später das komische Erwachen.

............................. ...................

Umgekehrt gebe ich ganz offen zu dass diese Vorgehensweise bestimmt nicht für jeden das richtige ist - auch nicht für mich. Wenn mir erheblicher und nicht wegzudiskutierender Widerstand aus der Firmenleitung entgegengeschlagen wäre, hätte ich vermutlich wieder etwas Kreativität aus meinem Kleidungsstil herausgenommen.
Was tut man nicht alles für einen Job der seit einem Vierteljahrhundert Freude macht und ein gutes Gehalt samt Dienstwagen und tollen Kollegen beschert.

Dass es bei mir so klappt ist großes Glück und genau das gleiche wünsche ich dir auch!

Offline cephalus

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #741 am: 07.12.2023 17:36 »
Deine pragmatische Herangehensweise gefällt mir, Hirti.

Häufig wird hier fundamentaler argumentiert, aber genau so würde ich, was Arbeit betrifft auch handeln - es ist eben immer auch eine Frage, wie wichtig einem der Rock ist, und welche Emotionen mitspielen in Bezug auf die Situation in der man ihn tragen kann.

Trotzdem würde ich bei meinem nächsten Bewerbungsgespräch einen Rock tragen, wenn Job und Logik nicht total dagegen sprechen.

Allerdings auch nur unter der Voraussetzung, wie bei meinem letzten Gesprächen:
Ich brauche den Job nicht, er wäre nur eine interessante Abwechslung oder Verbesserung zum aktuellen.

Offline JJSW

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #742 am: 07.12.2023 17:48 »
Mir wars vor allem im Sommer wichtig, das ich Rock tragen kann, um es erträglicher bei der Hitze zu haben. Damit anzufangen war kein Problem, nachdem immer mehr Kollegen im Sommer Shorts getragen haben, bis zum Abteilungsleiter.

Dieses Jahr begann meine Rocksaison auf Arbeit Ende April und dauerte bis Mitte Oktober.

Grüßle
Jürgen
Laßt Euch nicht von Zweifeln plagen
und genießt das Röcketragen

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #743 am: 08.12.2023 08:36 »
So ist das richtig, Dresscodes hin oder her!

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Offline Yoshi

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #744 am: 08.12.2023 10:58 »
Ich kann Hirtis Einstellung durchaus nachvollziehen. Letztendlich muss jeder selbst entscheiden, wie wichtig das für ihn ist und inwiefern er die Reaktionen des Umfelds einschätzt. Ich habe mich nun für diesen Weg entschieden, der sicherlich nicht für jedermann der Richtige ist. Neben persönlichem Wohlbefinden spielt bei mir natürlich auch mein Idealismus und Freigeist mit hinein, und zwar ist ein Teilaspekt meiner Arbeit die "gendersensible Erziehung", d. h. Kinder sollen sich frei von Geschlechterklischees und -grenzen entwickeln können; beispielsweise dürfen Jungs selbstverständlich mit Puppen spielen, Kleider tragen und weinen, Mädels dürfen genauso mit Autos oder Fußball spielen und laut sein wie die Jungen. Kinder sollen ihre Persönlichkeit unabhängig ihres Geschlechts frei entfalten können und das gilt natürlich auch für uns Fachkräfte, die eine Vorbildfunktion haben. Ich würde quasi den Kindern eine Lüge vorleben, wenn ich den Jungs sage, dass sie aus der Verkleidungskiste Prinzessinnenkleider anziehen dürfen, mich aber selbst in Hosen zwänge, weil sich vereinzelte Eltern aufregen.

Ich war gestern zum Hospitieren in der Einrichtung, in der ich zwei Tage zuvor das Kennenlerngespräch hatte. Mein Rock hat wohl das Team ins Grübeln gebracht und man versuchte sich indirekt an das Thema ranzutasten. Eine Erzieherin meinte, dass sie lange gerätselt haben, was ich mit "gendersensibler Erziehung" meine. Natürlich wissen sie das und das hätten sie im Kennenlerngespräch ja schon fragen können, aber die Frage kam wohl erst im Nachhinen, als man Rock und Nagellack bei mir gesehen hatte. Ich habe ihr also mein Verständnis des Begriffes kurz erklärt und sie meinte, dass sie hier auch so arbeiten würden. Eine weitere Erzieherin und Praktikantin gesellten sich hinzu, sodass ein interessanter Austausch über Gendernormen entstand. Die Erzieherinnen kritisierten vor allem den Umgang mit Jungen, die von der Gesellschaft mehr eingeschränkt werden als Mädchen. Während des Gesprächs betonte eine Erzieherin, dass die Jungs hier selbstverständlich auch Kleider tragen dürfen und sie sich gerne mal aus der Verkleidungskiste anziehen. Das verstand ich als Überleitung, dass ich von mir erzähle. Ich habe es allerdings zuerst nicht gemacht, weil ich denke, dass man mich ruhig direkt ansprechen kann. Nachdem sie im Laufe des Gesprächs diesen Punkt das dritte Mal wiederholt hatte, habe ich dann doch von mir aus erzählt und wir haben uns über Mode unterhalten. Die Erzieherinnen haben es sehr positiv aufgenommen.

Ich finde es interessant, dass viele Menschen Hemmungen oder vielleicht auch Scham haben, einen rocktragenden Mann auf sein Kleidungsstück anzusprechen. Für viele scheint das Ansprechen einer Art "Tabubruch" gleichzukommen und es wird teilweise krampfhaft versucht, über das Hintertürchen den Rockträger zum Plaudern zu bringen. Das beobachte ich vor allem bei Leuten, die interessiert und neutral bis positiv eingestellt sind. Wahrscheinlich wollen sie nicht in ein Fettnäpfchen treten. Es herrscht bestimmt auch bei einigen die Annahme, dass man ständig Probleme hat und diskriminiert wird, deswegen scheinen sie da übervorsichtig zu reagieren. Wenn ich dann aber locker anfange drauf los zu quatschen, dann verfliegt deren Unsicherheit aber recht schnell.

Offline cephalus

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #745 am: 08.12.2023 12:50 »
Ich finde es interessant, dass viele Menschen Hemmungen oder vielleicht auch Scham haben, einen rocktragenden Mann auf sein Kleidungsstück anzusprechen. Für viele scheint das Ansprechen einer Art "Tabubruch" gleichzukommen

Damit hat Du vermutlich Recht, auch wenn Du noch vergleichsweise oft auf deinen Rock angesprochen wirst.
Bei mir passiert das extrem selten, bis nie - vielleicht liegt das auch etwas am Alter. Jüngere vermute ich, spricht man eher an.

Gespräche bzgl. meiner ungewöhnlichen Kleidung hatte ich in den vergangenen Jahren so gut wie nie. Selbst gute Freunde akzeptieren sie ohne ein Wort darüber zu verlieren.

Offline Skirtedman

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #746 am: 08.12.2023 13:17 »
Seit dem 9-€-Ticket bin ich intensiver Bus- und Bahnbenutzer. Nun kam es erstmals, aber interessanterweise in den letzten zwei, drei Wochen gleich zweimal vor, dass ich im Bus im vorderen Bereich auf einem Vierersitz zu sitzen kam, wo man sich gegenübersitzt und da jeweils ein männlicher Jugendlicher (meist breitbeinig, geht ja auch kaum anders in Jeans) entgegen der Fahrtrichtung saß, aber nach ziemlich kurzer Zeit aufstand, um den Platz zu wechseln. Kann sein, dass es jedesmal der selbe Jugendliche war. Vielleicht aber auch zwei verschiedene.

Kann auch sein, dass eventuell weiter hinten jemand zugestiegen war, den er kannte, das weiss ich nicht. Jedenfalls schien es mir, dass in beiden Situationen es den jungen Männern unangenehm war, mit mir in Rock oder Kleid in einer Sitzgruppe zu sitzen. Und sie sich womöglich auch demonstrativ umsetzten.

Das ist das einzige, wo mir einfällt, dass ich potentiell minderwertig behandelt wurde. Daraus formuliere ich aber keineswegs eine wie auch immer geartete Diskriminierung.

Drum musste ich schmunzeln neulich, als eine dahergelaufene Frau, die mich ansprach, immer wieder einfließen liess (neben den Bekundungen, wie gut sie es fände, dass ich Rock/Kleid trüge), dass ich (eigentlich sprach sie von "ihr") ja auch immer und überall diskriminiert würde. Es dauerte eine gute Weile, bis sie beim vermutlich dritten Mal verstand, dass ich nicht "trans"-irgendwas bin.

Es fällt tatsächlich einigen schwer zu glauben, dass ein "normaler" Mann bereitwillig ohne weitere Begleiterscheinungen Rock oder Kleid trägt. Ja, bei einigen mag da die Angst vor Fettnäpfchen bestehen, mit non-binären Personen umgehen zu können. Zwar bin ich nicht non-binär, aber es gibt wohl Menschen, die nichts anderes sich vorstellen können.

Yoshi, in Deinem Erzieher-Umfeld sind die Kolleginnen da ja sicherlich noch mehr sensibilisiert, was Identitätsfragen anbelangt.

Allerdings werde ich ziemlich oft auf meine Kleidung angesprochen und nahezu immer wird eine Begeisterung ausgedrückt. Hemmungen, einen anzusprechen, scheinen längst nicht so weit verbreitet zu sein. Vielleicht hängt das aber auch oft von den Situationen und Umfeldern ab, in denen ich mich bewege. Da sind Hemmschwellen oftmals ohnehin eher etwas kleiner. Wobei ich nicht selten auch en passant auf offener Straße angesprochen werde, also ohne irgendeinen Zusammenhang wie ein Weinfest oder einem Weihnachtsmarkt. Nicht selten scheint das aber auch daran zu liegen, dass ich eben wirklich auf den Straßen auch präsent bin und es oft heisst, sie wollten mich eigentlich schon immer mal ansprechen.

Offline hirti

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #747 am: 15.12.2023 13:30 »
Hallo!

Mittlerweile fühle ich mich ja recht wohl im Büro im Rock.
Im Kollegenumfeld scheint es einfach zur Tatsache geworden zu sein dass ich mich eben so kleide und so gibt es auch kaum mehr Reaktionen.

Ich plane meine "Rock-Tage" aber so dass ich nicht unbedingt einen Kundentermin habe. Mit Kunden lebe ich doch lieber meine Freude an der Technik, statt meiner Freude an der Mode aus.
Aber natürlich kommt nicht immer alles so, wie man es sich erwartet: Vorgestern saß ich vormittags in einer Besprechung als eine Nachricht von einer Kollegin aus meiner Abteilung eintrudelte, was denn passieren würde wenn sie krank würde... also heute ... also jetzt dann gleich mal.

Puh... die Kollegin hielt diese Woche eine Schulung.
Die gesamte restliche Abteilung war entweder krank oder bei Kunden oder schon in Urlaub. Also blieb mir nur eins: Kollegin heimschicken => Schulung übernehmen.
Und schon stand ich als Vortragender vor einer Gruppe Kunden im Schulungsraum... in Rock, eleganten Stiefeln und schicker gemusterter Strumpfhose.

Reaktionen gab es keine merklichen, die Schulungsteilnehmer waren offensichtlich mit Know How mehr zu beeindrucken als mit Mode und die Schulung lief wie jede andere. Nur als ich mit der Gruppe zum Mittagessen ging, gab's im Restaurant erstaunte Blicke.

Fazit: Ich werd's weiterhin nicht auf Kundentermine im Rock anlegen, aber wenn's passiert, ist's auch kein Beinbruch. Dass Kollegen und Vorgesetzte gesehen haben dass ich im Rock genauso souverän bin, wie in Hose, schadet aber auch nicht.

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Offline Lars

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #748 am: 15.12.2023 15:19 »
Jo .... das Outfit ist cool genug für sowas 8) also alles passend gelaufen, würde ich mal sagen ...
Schützen die Grünen die Natur?
Oder müssen wir die Natur vor den Grünen schützen?

Offline Bahner

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Antw:Im Rock auf der Arbeit
« Antwort #749 am: 15.12.2023 16:33 »
Servus, DAS ist ein wirklich taugliches Outfit.Da geh ich auch voll mit. Wirklich beste Wahl!
Viele Grüße Rolf
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