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Nun eigene Wunschvorstellungen sind eine Sache, aber wie ist das mit Rücksicht auf Wünsche Anderer?
Was wäre wenn ich mich im Anzug nicht wohlfühle, sondern in Jeans und T-Shirt ?
Gehe ich dann in diesem Look , oder nehme ich Rücksicht auf
die Einladenden ? ...
Was Du machst kann ich nicht beurteilen. Da kann ich Dir auch nicht raten. Das musst Du mit Dir selbst ausmachen.
Ich habe eine Einladung zu einer Silberhochzeit und würde da im Rock hingehen, wenn mir die Braut nicht auf die Nerven ginge und mir der Bräutigam herzlich schnuppe wäre. So werde ich gar nicht hingehen.
Wenn ich zu einem festlichen Anlass gehe, achte ich auf saubere, intakte Kleidung. Ob ich einen Rock anziehe, mache ich davon abhängig, wie ich mich fühle (ob ich mich beispielsweise möglichen Konflikten gewachsen fühle), wie die klimatischen Bedingungen sind (für nasskaltes Wetter habe ich derzeit noch keinen Rock), welche körperliche Beweglichkeit mir abverlangt wird (eine Radpartie im Rock kommt für mich beispielsweise nicht in Frage), und wie meine Frau sich fühlt (ob es ihr beispielsweise etwas ausmacht, mit mir im Schlepptau erhöhte Aufmerksamkeit zu erregen oder nicht). Einen Anzug besitze ich derzeit nicht. Bislang war ich mit einer sauberen, dunklen Jeans und einem dunklen Hemd dem Anlass entsprechend gekleidet, selbst bei einer Beerdigung. Ob und welche Gedanken sich andere darum machen, ist mir ehrlich gesagt schnuppe. Wer mich aufgrund meiner Bekleidung ablehnt, soll dass tun. Ich lehne Leute aufgrund ihrer Gesinnung und Geisteshaltung ab. Ich bin also nicht besser als diese Leute.
Das vorgesagte gilt für mein Privatleben. Im Berufsleben bin ich, was die Bekleidung angeht, überzeugter Opportunis. Wäre es meinem Fortkommen (Einkommen) dienlich, würde ich mir sogar Anzüge, Hemden und Kravatten zulegen. Bisher habe ich meine Grenzen allerdings noch nicht ausgelotet, denn eine alberne Firmenuniform musste ich beispielsweise noch nie tragen.
Da ich Berufs- und Privatleben sehr streng trenne, dass heißt auch keine privaten Kontakte zu Kollegen unterhalte, sind mir einige Konflikte bisher erspart geblieben. Andererseits unternehme ich keine Anstrengungen, mein Privatleben vor den Kolleginnen und Kollegen zu verbergen. Sollte mich eine Kollegin oder ein Kollege im Rock sehen, wäre mir dass letzlich egal. Ich bin mir sicher, dass auch heute gelegendlich über mich getuschelt wird. Ich lästere ja auch schon mal über Andere. Ob sich jemand das Maul über meine Fahrradfahrermontour oder über meine Röcke zerreißt, was kümmert es mich. Wer es im Konkurenzkampf nötig hat, meine Bekleidung im Privatleben zu thematisiert, ist kein ernstzunehmender Gegener mehr.
Ich bin immer der gleiche, unabhängig von der Bekleidung in der ich vor Dir stehe. Die Wünsche der Anderen, sind ersteinmal deren Wünsche. Jeder kann seine Wünsche im Rahmen der Gesezte ausleben, solange er sie nicht gegen meinen Willen an mir auslebt. Ob ich dem Wunsch eines Anderen entspreche, hängt letztlich davon ab, ob ich von der Ernsthaftigkeit und Berechtigung der Wünsche eines anderen überzeugt bin. Wenn jemand meine Bekleidungswünsche nicht akzeptieren oder tollerieren kann oder meint, ich würde meinem Wünsche zu Lasten Anderer ausleben, sich einer Diskussion entzieht oder kompromisslos zeigt, dann gibt es keine gemeinsame Basis. Dann muß ich die Konsequenzen ziehen und damit leben.