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Andere interessante Themen => Spass und Allgemeines => Thema gestartet von: ChrisBB am 07.10.2019 11:18

Titel: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: ChrisBB am 07.10.2019 11:18
Hallo,

bei einer Schulung in der Firma bin ich auf folgenden Podcast gestoßen:

Link zum Podcast (https://edge2.pod.npr.org/anon.npr-podcasts/podcast/npr/hiddenbrain/2019/02/20190226_hiddenbrain_hb_pr_playing_the_gender_card__-_rr_mis_2-26-19-800520e3-f66f-4eee-b59d-dd318117647f.mp3/20190226_hiddenbrain_hb_pr_playing_the_gender_card__-_rr_mis_2-26-19-800520e3-f66f-4eee-b59d-dd318117647f.mp3_f946ce659c97f63f31996d0bbd240f96_49048374.mp3?awCollectionId=510308&awEpisodeId=699310854&orgId=1&topicId=1007&d=2964&p=510308&story=699310854&t=podcast&e=699310854&size=0&ft=pod&f=510308&hash_redirect=1&x-total-bytes=49048374&x-ais-classified=download&listeningSessionID=0CD_382_279__5bb741b773be632d5758057269bbb854e40ae313)

Bei 28:05 geht es zum Beispiel darum, dass es wesentlich leichter sei für weibliche mitglieder der Gesellschaft, die weiblichen Attribute als normal zu sehen, als es für Männer ist, männliche Attribute aufrecht zu halten. Interessant sind die darauf folgenden Beispiele.

(Aus Zeitgründen schaffe ich es nicht, ein deutsches Transscript anzufertigen.)

Gruß,
ChrisBB


Ich habe den Link ansehnlicher gemacht. Matthias
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Loki am 07.10.2019 11:47
Tatsächlich recht interessant.

Wer (wie ich) lieber liest als hört oder gerade keinen Ton hat, hier ist ein Transkript:
https://www.npr.org/templates/transcript/transcript.php?storyId=653339162&t=1570441051211 (https://www.npr.org/templates/transcript/transcript.php?storyId=653339162&t=1570441051211)

Es gibt leider keine Anker um direkt die Stelle zu verlinken, einfach nach "BOSSON: The pressure to" suchen, da fängt das ca. an.

Das original Paper auf das sich bezogen wird findet man hier:
https://www.apa.org/pubs/journals/features/men-a0029826.pdf (https://www.apa.org/pubs/journals/features/men-a0029826.pdf)

gelesen hab ich es aber auch (noch) nicht.
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Holger Haehle am 07.10.2019 16:48
Danke Chris,

für diesen Beitrag. An dem diskutierten Phänomen wird zwar schon länger geforscht, aber die Beispiele mit dem Jobbezug kannte ich noch nicht. Das ist ja voll krass, dass Männer vor einer Karriere in Jobs zurückschrecken, wenn die als weibliche Domäne gelten. Sind die tatsächlich lieber arbeitlos?

Offensichtlich gilt bei der Jobsuche das Gleiche wie bei der Mode. Männer wachsen weiterhin statusorientiert auf. Mann ist kein Mann. Mann wird ein Mann durch Erziehung und Rituale und ihre Prägung. Ohne Hose ist der Mann kein richtiger Mann mehr. Der Rock macht ihn feminin. Interessant, das Männer schon ein Problem mit Coctails haben, wenn ein rosa Papierschirmchen dadrin steckt.

Das patriarchalische Erbe wirkt hier nach. Trotz gewisser Fortschritte der Gleichberechtigung liegt hier soziologisch gesehen ein strukturelles Problem vor. Insgeheim haben Männer Angst vor dem Weiblichen, weil sie in der Übernahme weiblich konnotierter Attribute einen Statusverlust sehen.

Mannsein ist besser als Frausein. So war es früher und so steckt es noch immer tief in den Männern drin. Männer denken vielleicht sogar feministisch, aber sie fühlen es nicht. Instinktiv lehnen sie alles Feminine ab, weil auch im Unterbewusstsein moderner Männer immer noch das Primat des hegemonialen Mannes herrscht. Dementsprechend gewinnen Frauen an Status, wenn sie Hosen anziehen. Deswegen bevorzugen Karrierefrauen Hosenanzüge. Auch dazu gibt es Untersuchungen.

Ich vermute, das wegen dieser Denke manche Männerrockträger ausschließlich Kilts tragen. Sie wollen im Rock auf keinen Fall vor den Kumpels als vermeintlich schwul gelten.

Ich persönlich schere mich nicht darum, was andere Männer denken. Mir bedeuten Freundinnen mehr als Freunde. Und interessanter Weise sehen Frauen Männer in Röcken in einem ganz anderen Licht als die Herren der Schöpfung.
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: MAS am 07.10.2019 17:41
Lieber Holger,

ich entdecke einen Widerspruch in Deiner Argumentation: Einerseits sprichst Du vom Erlernen des Mannseins durch patriarchale Sozialisation, andererseits vom instiktiven, also angeborenen Ablehnen alles Femininen.

Neulich sah ich übrigens diesen interessanten Film über tierisches Lernen und Spielen: https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/spielen-im-tierreich-lernen-fuers-leben-100.html (https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/spielen-im-tierreich-lernen-fuers-leben-100.html)

LG, Micha
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: GregorM am 07.10.2019 19:18
Hallo Holger,

ich stelle mir nicht vor, dass die Welt so „altmodisch“ ist, wie du sie skizzierst, allerdings nicht in den Skandinavischen Ländern, wo Karrierefrauen gerne Röcke tragen. Das sieht man, wenn sie in Fernsehprogrammen interviewt werden. Dann ist es deutlich, dass sie fast ausnahmslos in ein schönes Kleid oder einen schönen Rock investiert haben. Und Männern ist es umgekehrt nicht länger fremd, Gefühle zu zeigen.

Wenn ich vorwiegend Kilts trage und weniger gewöhnliche Röcke, ist der Grund nicht, dass ich befürchte, aus diesem Grund für schwul gehalten zu werden. Ich glaube, dass heutzutage die allermeisten wissen, dass nur eine Minderheit der Schwulen Röcke tragen, und deshalb ist ein Rock am Mann kein Indikator dafür, dass er schwul sei sollte.

Und warum sollte ich absolut Damenröcke tragen? Bequemer als Kilts sind die wenigsten. Dafür sind sie der Gesellschaft – und meiner Frau – unverständlicher. Deshalb fühle ich mich im Kilt wohler. Und das zählt bei mir viel. Aber manchmal finde ich einen Rock schön, und dann trage ich ihn.  

Gruß
Gregor
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: cephalus am 07.10.2019 22:04
Hallo Gregor,
es gibt schon Gründe, anderes Rockwerk als Kilts zu tragen, zumindest für mich, der Kilts durchaus mag:
Ich will eine möglichst große Vielfalt, der Kleidung, des persönlichen Ausdrucks. Daher trage ich Hosen, Kilts, Röcke, Kleider Leggings... Selbst wenn es viele Tartans gibt, ein Kilt bleibt ein Kilt, wie ein Hemd ein Hemd bleibt und der Vorteil der Bekanntheit und Akzeptanz ist gleichzeitig auch ein Nachteil: Permanent kommen die selben Stereotypen bzgl. Schottland, Unterwäsche und Dudelsack - Ein schlichter Rock trägt sich, für mich entspannter und ist nicht so schwer, warm und teuer wie ein echter Kilt.

Den Podcast fand ich sehr spannend, weil ich mich teilweise quasi ertappt gefühlt habe, z.B. an der Stelle an der ich begonnen habe. Da es darum ging dass Männer nicht beurteilen können/wollen, wie attraktiv andere Männer sind (ich traue es mir außer bei extremen Fällen auch nicht zu) . Anderseits dachte ich mir oft, das bin ich  nicht, aber mein Umfeld tickt tatsächlich so - echt hörenswert.
vg
Cephalus
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: MAS am 08.10.2019 00:35
Wenn männchliches Denken vor allem in Status-Kategorien vor sich geht, und das weltweit, ist doch wirklich die Frage, ob das nicht angeboren ist. Bei vielen anderen Säugetieren ist es ja auch so.

LG, Micha
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: GregorM am 08.10.2019 07:31
Hallo Cephalus,

ich trage ja auch Röcke, nur nicht so oft wie Kilts, aber wenn, dann der Abwechslung und Vielfalt wegen.

Gruß
Gregor
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Holger Haehle am 08.10.2019 12:17
Lieber Micha,

zu deinem Kommentar:
"ich entdecke einen Widerspruch in Deiner Argumentation: Einerseits sprichst Du vom Erlernen des Mannseins durch patriarchale Sozialisation, andererseits vom instiktiven, also angeborenen Ablehnen alles Femininen."

bitte ich zu bedenken, dass das Lernen und Erziehen konditionierende Massnahmen sind, denn sonst könnten Gewohnheiten nicht prägend sein. Es fällt instinktiv schwer sich gegen eingespielte Rollen zu verhalten. Wir können oft nicht anders, weil wir nie gelernt haben es anders zu machen.

Die Ratio sagt vielleicht ja zu einer Veränderung, aber der Instinkt (das limbische System) sagt nein. Die Neurobiologie spricht in Bezug auf immer wiederkehrende Verhaltensmustern sogar vom Einbrennen durch spezifische neuronale Vernetzung.

Prägungen schulen unseren Instinkt. Und der dominiert die Ratio, denn die ist dem limbischen System nachgeschaltet. Erst wenn durch Training oder Psychotherapie die Vernetzung verändert wird, ist auch ein neues Verhalten möglich.
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Holger Haehle am 08.10.2019 14:36
Lieber Micha,

ich wollte der Vollständigkeit halber noch ergänzen, dass Instinkte im Sinne eines vererbten Verhaltens beim Menschen quasi nicht vorkommen. Das macht ja den besonderen Unterschied zum Tierreich. Unsere Instinkte sind das, was wir tief in uns fühlen. Aber das ist weitgehend Erlerntes.

Im Gegensatz zu einem Rehkitz, das bereits mit der Geburt mit fast allen Instinkten ausgestattet ist und deswegen der Herde sofort folgen kann und auch nicht lernen muss die richtigen Pflanzen zu fressen, müssen Menschen alles mühsam erlernen.

Die menschliche Festplatte ist bei der Geburt noch ziemlich leer. Sie füllt sich erst durch unsere langjährigen Erfahrungen. Sich wiederholende Erfahrungen werden neuronal verstärkt und prägen unser Verhalten instinktiv. Der menschliche Instinkt ist ein spontanes und automatisches auf einen Reiz reagierendes Verhalten. Es ist immer affektiv beziehungsweise unreflektiv. Deswegen kann sich ja z.B. Homophobie spontan in Aggression entladen.

Menschen glauben gerne mit dem Verstand zu entscheiden, aber meistens entscheidet eine spezifische Gefühllage, die den Verstand nur noch zur Bestätigung heranzieht und deswegen gegebenfalls den Verstand zu einer einseitig subjektiven Bewertung nötigt. Jedenfalls ist der Verstand neurobiologisch gesehen nicht die oberste Instanz in unserem Hirn.

Der große Vorteil der menschlichen Entwicklungsvariante gegenüber der eines Rehs liegt darin, das wir auf verändernde Umweltbedingungen mit verändernden Erfahrungen kognitiv reagieren können. Deswegen haben Menschen alle Habitate der Welt besiedeln können, während die Rehe nur in bestimmten Wäldern mit bestimmten Pflanzen leben können. Rehe können sich nur über lange evolutionäre Zeiträume zu einer anderen Art entwicken, um andere Habitate zu besiedeln.

Schon unsere Eltern bespielen (erziehen) unsere Festplatte etwas anders als ihre Großeltern es taten. Da aber auch die Eltern "Opfer" ihrer Erziehung sind, entsteht neben einer gewissen Neuorientierung einerseits auch ein strukturelles Problem andererseits, das sie "vererben". Das kann echte Veränderungen langwierig machen. Dann braucht der Fortschritt ein paar Generationen mehr.

Wegen der langen menschlichen Entwicklung bis zur Adoleszenz vermute ich, das menschliches Statusdenken nicht angeboren ist. Wahrscheinlich ist es nur eine kulturelle Möglichkeit, die aber durch physische Überlegenheit begünstigt wird. Statusdenken braucht Hierarchien, also ein gesellschaftliches Konstrukt, das erst geschaffen werden muss. Wäre das Statusdenken angeboren, müssten Jungen nicht zu Männern gemacht werden.

Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Holger Haehle am 08.10.2019 15:21
Hallo Gregor,

ich schätze dich als fortschrittlichen Geist in einem fortschrittlichen Land. Aber gerade die USA sind diesbezüglich sehr ambivalent wie auch der Artikel zeigt. Selbst der Big Apple New York hat zwei Gesichter. Und speziell das Heartland habe ich als extrem reaktionär, oder wie du sagst altmodisch, erlebt.
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Loki am 08.10.2019 15:46
Hallo Holger,

ich wollte der Vollständigkeit halber noch ergänzen, dass Instinkte im Sinne eines vererbten Verhaltens beim Menschen quasi nicht vorkommen. Das macht ja den besonderen Unterschied zum Tierreich. Unsere Instinkte sind das, was wir tief in uns fühlen. Aber das ist weitgehend Erlerntes.

Im Gegensatz zu einem Rehkitz, das bereits mit der Geburt mit fast allen Instinkten ausgestattet ist und deswegen der Herde sofort folgen kann und auch nicht lernen muss die richtigen Pflanzen zu fressen, müssen Menschen alles mühsam erlernen.

Die menschliche Festplatte ist bei der Geburt noch ziemlich leer. Sie füllt sich erst durch unsere langjährigen Erfahrungen. Sich wiederholende Erfahrungen werden neuronal verstärkt und prägen unser Verhalten instinktiv. Der menschliche Instinkt ist ein spontanes und automatisches auf einen Reiz reagierendes Verhalten. Es ist immer affektiv beziehungsweise unreflektiv. Deswegen kann sich ja z.B. Homophobie spontan in Aggression entladen.

ganz so einfach ist es leider auch nicht. Die "nature versus nurture" Debatte - was ist anerzogen, was angeboren - ist ziemlich alt.
Die Wahrheit liegt wie üblich in der Mitte. Dass Menschen z.B. einen neurologischen Geschlechterunterschied haben ist Fakt [1], dass aber bestimmte "Artefakte" wie Tragen von Röcken wohl eher kulturell erklären lassen sieht man im Vergleich mit anderen Kulturen oder unserer eigenen Geschichte.
"die richtigen Pflanzen fressen" ist auch beim Menschen durch den Geschmackssinn großteils "vorprogrammiert", kann aber kulturell Teils "überschrieben" werden: Bitter ist üblicherweise nicht Lecker bzw. eine Giftwarnung. In wenigen Kontexten (Bier, Kaffee) aber nicht.
Ich persönlich denke übrigens dass es keinen wirklich wesentlichen Unterschied zum Tierreich gibt. Menschen sind sicher am Rand des Spektrums, aber auch (höhere) Tiere haben angeborenes so wie erlerntes Verhalten.
Das schwierige ist für konkrete Sachverhalte rauszufinden wie viel davon "nur" ein kulturelles Artefakt ist.


[1]
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16688123 (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16688123)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3969295/ (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3969295/)
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: DesigualHarry am 08.10.2019 22:06
Hallo!

Ob Angeboren oder die Gene, wichtig ist doch nur die Erkenntnis dass ich nur im hier und jetzt etwas verändern kann. Was nützt mir die Wissenschaft von irgendeinem vergangenen Zeitraum, wenn ich die Erkenntnis von einem gewünschten neuen Verhalten erst schaffe.
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Loki am 08.10.2019 22:21
Moin,

Ob Angeboren oder die Gene, wichtig ist doch nur die Erkenntnis dass ich nur im hier und jetzt etwas verändern kann. Was nützt mir die Wissenschaft von irgendeinem vergangenen Zeitraum, wenn ich die Erkenntnis von einem gewünschten neuen Verhalten erst schaffe.

Ich denke schon, dass die Erkenntnis ob etwas naturgegeben ist dabei etwas zur Sache tut:
Wir wissens, dass es Kulturen gibt in denen Männerröcke völlig normal sind. Das es hierzulande nicht üblich ist kann man also prinzipiell ändern.
Wer aber aus falsch verstandenem Gleichheitsgedanken die nach Geschlechtertrennung im Profisport aufzuheben anstrebt macht sicher etwas falsch.
Leider gibt es sehr viele Dinge bei denen wir einfach nicht Wissen warum sie so sind wie sie sind. Ich persönlich im Zweifel für kritisches Infragestellen.
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: MAS am 09.10.2019 00:14
Lieber Holger,

ja, in Deinem zweiten Posting schreibst Du, dass wir Menschen quasi keine Instinkte mehr hätten. Also Verhaltensweisen, die durch einen Angeborenen Auslösemechnismus ausgelöst werden, haben wir nicht mehr oder kaum noch. Aber Instinkte in diesem Sinne meinte ich mit meinem Einwand. 

Und doch gibt es angeborene Triebe, z.B. der Geschlechtstrieb und auch Reaktionen auf Reize, die man dann meines Wissens als due Erlernen modifiziertes Angeborenen Auslösemechanismus nennt. So wohl auch gewissen Tendenzen, wofür sich Jungs, und wofor sich Mädchen mehrheitlich interessieren, wenn man von den Affen in dem verlinkten Terra-X-Film auf Menschen schließt.

Aber wichtiger scheinen für uns Menschen die tradierten und von jeder Generation neu gelernten Verhaltensweisen zu sein. Die könnte man durch De- und Neukonditionierung ändern. Das ist aber aufwändig, da es gälte, das bei einer ganzen Gesellschaft zu tun. Und wir Menschen sind wiederum von Natur aus tendenziell konservativ.

 LG, Micha
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: ChrisBB am 09.10.2019 10:41
Hallo,

das Podcast kommt ja aus den USA, und es bezieht sich auch auf die Verhältnisse in den USA.

Irgendwo hab ich dieser Tage ein Zitat gelesen, dass es in den USA recht einfach ist, alt zu werden, ohne dabei erwachsen zu werden. (Ich erinnere mich nicht mehr an den Namen des Zitatgebers.)

Aber leider kopiert die europäischee Gesellschaft nur zu oft die amerikanischen Sitten und Denkweisen. Glücklicherweise ist das in Skandinavien nicht so ausgeprägt, wie uns Gregor berichtet.

Gruß,

ChrisBB
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Holger Haehle am 09.10.2019 15:06
Ja Micha und Loki,

der Mensch entfernt sich immer weiter von der Natur. Das liegt an seinen geistigen und speziell kognitiven Fähigkeiten. Trotzdem wird weiterhin in ihm auch angeborene triebhafte Natur drinstecken und deutliche Spuren hinterlassen, denn das triebhafte limbische System ist schon strukturell dominanter im Hirn positioniert als der Verstand.

Konservativ werden Menschen vor allem, wenn sie älter werden. Dagegen können junge Menschen und speziell Jugendliche sehr offen und progressiv sein. Deswegen hat Max Planck mal in Bezug zur damals revolutionären Quantentheorie, die keiner glauben wollte, gesagt: Neues setzt sich erst mit einer neuen Generation durch.

Unsere Festplatte ist eben so lange offen für vieles, bis der neuronal prägende Upload durch Erziehung und Umwelt (Zeitgeist) mit der Adoleszenz abgeschlossen ist. Dann werden wir allmählich konservativ in dem Sinne, dass wir uns häufig nur noch wenig weiterentwickeln.

Wir mochten die schrillen Beats (Speedmetal) unserer Jugend, haben aber oft ein Problem mit den coolen Sounds (progressive Psycho) unserer pubertierenden Kinder. Nicht wenige Kinder halten ihre Eltern für reaktionär, obwohl die sich selbst cool finden. Unser Vertrauen auf die eigene Prägungen und unsere Skepsis gegenüber neuem behindern manchen Fortschritt aber verhindern hoffentlich auch einigen Irrsinn.

Meine prägenden Erfahrungen von der Geburt bis zur Adoleszenz sind mittlerweile etwa 30 Jahre alt. Bin ich also von gestern? Möglicherweise, aber ein Update ist möglich. Die neuronale Vernetzungsfähigkeit nimmt zwar nach der Adoleszenz ab, aber der Prozess verläuft deutlich langsamer, wenn man geistig aktiv bleibt. Der IQ kann sogar bei anspruchsvoller Nutzung unserer grauen Zellen weiter zunehmen.
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: GregorM am 09.10.2019 15:08

Aber leider kopiert die europäischee Gesellschaft nur zu oft die amerikanischen Sitten und Denkweisen. Glücklicherweise ist das in Skandinavien nicht so ausgeprägt, wie uns Gregor berichtet.


Und doch ist der amerikanische Einfluss auch bei uns groß. Besonders die Sprache leidet. Wo sie früher überwiegend auf Deutsch baute (kein Deutscher glaubt mir), drängen sich nicht nur eine Menge amerikanische Worte und Ausdrücke in die Sprache hinein, auch die Grammatik wird amerikanisiert. Auf dem Arbeitsmarkt geschieht ebenfalls etwas Richtung Amerikanisierung, wodurch wir riskieren, schlechte Kopien zu werden, in Takt damit dass wir unsere Eigenart verlieren.
Bis jetzt allerdings sieht es nicht aus, als breite sich amerikanische Dresscodes.  

Gruß
Gregor

Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Holger Haehle am 09.10.2019 15:19
Und ich möchte Lokies Erkenntnisse teilen,

Erkenntnis ist wichtig sagt die philosophische Erkenntnistheorie von Aristoteles bis Kant. Erkenntnis ist das belegbare Wissen jenseits von Glauben. Deswegen erfordert Erkenntnis systematisches und evaluierendes Denken. Tiere lernen nur durch Try and Error.

Erkenntnis ist das Füllhorn aus dem wir kreativ schöpfen. Aus nichts kommt nichts. Neues entsteht, indem altes weitergedacht wir. Man kann nicht das Rad erfinden und gleich danach eine Apollo-Rakete. Das geht auch nicht mit größter Kreativität. Die meisten großen Künstler haben mit dem Studium und dem Kopieren großer Meister begonnen.

Kenntnisse über die Rockgeschichte helfen Strategien zu entwickeln den Männerrock zu implementieren. Und den Vorwurf Röcke seien weiblich, kann ich mit historischen Belegen widerlegen.
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Loki am 09.10.2019 19:09
Deswegen erfordert Erkenntnis systematisches und evaluierendes Denken. Tiere lernen nur durch Try and Error.

Ist zwar etwas off-topic. Aber ich denke wie gesagt, dass Tiere sich nicht grundlegend von uns unterscheiden. Auch nicht beim systematischen Denken.
Hier ein schönes (angenehm kurzes) Video mit Krähen:
https://www.youtube.com/watch?v=ZerUbHmuY04 (https://www.youtube.com/watch?v=ZerUbHmuY04)

Ich denke Menschen sind eine der intelligentesten Spezies aber eben nicht so enorm einzigartig.

Kenntnisse über die Rockgeschichte helfen Strategien zu entwickeln den Männerrock zu implementieren. Und den Vorwurf Röcke seien weiblich, kann ich mit historischen Belegen widerlegen.

Da kann ich 100% zustimmen.

auch die Grammatik wird amerikanisiert.
Sprache lebt, daher habe ich eiglt. nichts gegen Anglizismen in der deutschen Sprache. Aber man vernimmt tatsächlich immer öfter  "amerikanische" Grammatik in deutschen Sätzen und das klingt für mich ziemlich grausam.

Bis jetzt allerdings sieht es nicht aus, als breite sich amerikanische Dresscodes.  
Amerikanischer Dresscode ist auch nicht einheitlich aber in Tendenz lockerer als in Kontinentaleuropa. Hätte da also nichtmal was gegen. Was man im englischsprachichen Internet so liest scheint es insbesondere in Seattle eine "Insel" des Männerrocks zu geben - wohl katalysiert durch das sehr zentral gelegene Ladengeschäft von Utilikilt
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: MAS am 10.10.2019 00:43
Oder kurz gesagt, lieber Holger: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr!

Eine mir plausibel erscheinende Theorie besagt auch: Neues Lernen kostet Energie. Routinen fahren, spart Energie.
Jahrunderttausende lang hat ein Leben lang gereicht, was man in der Jugend gelernt hat, denn es kamen wenige Veränderungen hinzu.
Heute dagegen verändert sich vieles so schnell, dass viele Menschen nicht mehr nachkommen. Wir müssen ein Leben lang ständig Neues lernen.
 
Jedefalls erklärt diese Theorie sehr schön, warum junge Menschen schneller und mehr lernen als alte. Das haben wir uns im Laufe der Evolution angewöhnt, und zwar genetisch.

Ausnahmen bestätigen die Regel.

LG, Micha
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Holger Haehle am 10.10.2019 04:46
Loki,
das ist ein schönes Krähenvideo. Aber die Krähe handelt aus Erfahrung, die sie durch Probieren gewonnen hat. Sie handelt nicht kognitiv. Sie weiß nicht, dass Körper mit einem höheren spezifischen Gewicht als Wasser, dieses komplett verdrängen. Das wird in anderen Versuchen deutlich, wo man der Krähe Styroporblöckchen anbietet. Die schmeißt sie auch ins Wasser. Jetzt erfüllt sich ihre Hoffnung auf einen steigenden Pegel aber nicht mehr. Und statt darüber zu sinnieren geht sie einfach ihres Weges.

Den letzten Beweis liefert dann die PET-Tomografie, die heute in der Verhaltensbiologie ein etablierter Standard ist. Gerade das Vogelhirn besitzt nur einen Hirnstamm plus limbischem System. Rationale Hirnelemente fehlen vollständig.

Trotzdem finde ich die Krähe beeindruckend. Dumm ist das limbische System nicht, aber es braucht für seine Leistung Erfahrungs-Input durch Try and Error, den sie dann quasi „statistisch“ auswertet, in dem die Intensität der Erfahrung in mehr oder weniger starke neuronale Verknüpfung übersetzt wird. 
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Holger Haehle am 10.10.2019 05:06
Genau Micha,

lernen kostet Energie. Nicht nur die Internetserver verbrauchen enorm viel Energie, auch der Neocortex muss mit ATP (Adenosintriphosphat) angeworfen werden um denken zu können. Das erleben wir ganz praktisch, wenn unsere Konzentration bei einem Fachkongress nachlässt. Essen wir dann was Süßes kommt die Konzentration wieder etwas zurück, denn Zucker (Glukose) ist die Energiequelle für ATP. Das limbische System hingegen ist vollautomatisiert. Es holt sich seinen Zucker selbstständig. Die Ratio muss erst Zuckerrationen anfordern. Dazu muss ich erstmal die Entscheidung treffen denken zu wollen. Das macht emotionale Entscheidungen so viel bequemer und naheliegender.
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Loki am 10.10.2019 05:46
die Krähe handelt aus Erfahrung, die sie durch Probieren gewonnen hat. Sie handelt nicht kognitiv. Sie weiß nicht, dass Körper mit einem höheren spezifischen Gewicht als Wasser, dieses komplett verdrängen. Das wird in anderen Versuchen deutlich, wo man der Krähe Styroporblöckchen anbietet. Die schmeißt sie auch ins Wasser. Jetzt erfüllt sich ihre Hoffnung auf einen steigenden Pegel aber nicht mehr. Und statt darüber zu sinnieren geht sie einfach ihres Weges.

Kann ich so ehrlich gesagt nicht daraus erkennen. Sie erkennt systematisch, dass die Styroporblöckchen für den Zweck sinnlos sind.
Hier noch ein kurzes Video mit etwas Kognition die durch try-and-error noch weniger erklärbar ist:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/31/Bajan-Birds-Pull-Strings-Two-Wild-Antillean-Species-Enter-the-Select-Club-of-String-Pullers-pone.0156112.s005.ogv

Den letzten Beweis liefert dann die PET-Tomografie, die heute in der Verhaltensbiologie ein etablierter Standard ist. Gerade das Vogelhirn besitzt nur einen Hirnstamm plus limbischem System. Rationale Hirnelemente fehlen vollständig.

Hast du da einen Link mit mehr Infos zu?
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Holger Haehle am 10.10.2019 05:46
Lieber Micha,

du schreibst: „Jahrunderttausende lang hat ein Leben lang gereicht, was man in der Jugend gelernt hat, denn es kamen wenige Veränderungen hinzu. Heute dagegen verändert sich vieles so schnell, dass viele Menschen nicht mehr nachkommen. Wir müssen ein Leben lang ständig Neues lernen.“

Hier sprichst du ein zentrales Problem an. Ich denke viele Zukunftsängste haben ihre Ursache darin, dass die allgemeine gesellschaftliche und technische Entwicklung sich zusehens beschleunigen und man Angst bekommt auf der Strecke zu bleiben und den Anschluss zu verpassen.
Das einmal Erlernte reicht nicht mehr für ein ganzes Leben. Wir müssen uns immer mehr weiterbilden, umschulen usw.. Der Wandel wird zum Standard. Und der ist lebenswichtig.

So wird sich z.B. die Autoindustrie umstellen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Neue Antriebstechniken müssen entwickelt werden. Die Brennstoffzelle muss kommen, wenn der deutsche Autobau auch in Zukunft die Nase vorn haben will. Umstrukturierung kostet Geld und Energie. Das mag man nicht, wenn man mit dem Bewährten (Diesel) so lange so gut gefahren ist. Aber gibt es eine Alternative?

Schulen reagieren bereits auf diese Herausforderungen. An unserem College ist die Kompetenzorientierung in jedem Curriculum drin. Es wird nicht nur Wissen gelehrt, denn das hat eine immer kürzere Halbwertszeit. Wichtiger ist die Vermittlung von Techniken der Wissensgenerierung. Die Schüler sollen zu Selbstlernern werden. Sie sollen nicht den Lehrer fragen, wie etwas geht, sondern vom Lehrer befähigt werden, selbst einen Weg zu entwickeln die Lösung zu finden. Die pädagogische Grundlage ist dabei u.a. das Mindsetprinzip, das man aus der Neurobiologie bzw. kognitiven Psychologie übernommen hat.

Im ZDF gibt es aktuell einen Beitrag zur modernen Schule mit flexiblen Lehrplänen, Digitalisierung und Inklusion.
https://www.zdf.de/nachrichten/heute/internationaler-tag-des-lehrers-multitalente-im-klassenraum-100.html (https://www.zdf.de/nachrichten/heute/internationaler-tag-des-lehrers-multitalente-im-klassenraum-100.html)
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Holger Haehle am 10.10.2019 06:54
Lieber Loki,

danke für den Diskurs. Vorweg, ich beziehe mich bei meinen Aussagen, auf das, was die Professoren damals so in den Symposien an der Uni erzählt haben und ich in Büchern wie „Molecular Neurobiology“ gelesen habe.
Aktuelles zu PET’s findest du u.a. im „Journal of Neuroscience“.

https://www.jneurosci.org/ (https://www.jneurosci.org/)

Aber auch in Science, Geo und der National Geographic gibt es immer wieder gute Artikel zu ähnlichen Themen.

Systematisches Erkennen bedeutet bei der Krähe, dass sie probiert bis sie eine Lösung findet. Irgendwann wird sie auch merken, dass die leichteren Styroporblöckchen für ihre Zwecke ungeeignet sind und sie nicht mehr benutzen. Aber auch dann weiß sie eben nicht, warum leichte Körper den Wasserpegel nicht zum Steigen bringen.

Das erst wäre eine kognitive Leistung. Ohne Probieren kann die Krähe nicht darauf schließen, dass die Syroporblöckchen ungeeignet sind. Und ohne ein Hirnareal, das logische Verknüpfungen in Echtzeit leistet, wird ihr das auch nie gelingen. Eine Krähe kann nicht mit ausschließlichem Denken (ohne Probieren) die Lösung ihres Problems finden. Menschen können beides, probieren und studieren.

Das ist doch einer der Gründe, warum wir keine gemeinsame Gattung mit „Urmenschen“ wie Lucy (Australophithekus afarensis) bilden. Lucy ist unsere prähistorische Urmutter, aber sie ist kein Mensch wie Homo habilis oder Homo sapiens, eben wegen der unzureichenden kognitiven Leistungen. Aber sie bleibt unser „Urahn“ mit dem wir zoologisch eine Unterfamilie teilen.

Lucy kannte keine Werkzeuge und sie konnte kein Feuer machen. Sie konnte nur das machen, was auch die Krähe kann.
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: MAS am 10.10.2019 07:42
Lieber Holger,

die Autoindustrie muss sich nicht nur wegen der Wettbewerbsfähigkeit umstellen, also nicht nur wegen des Wettbewerbs zwischen den Autofirmen, sondern weil sie sonst die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen auf diesem Planeten beschleunigt. Es ist ein Wettbewerb mit eben dieser Zerstörung, den wir verlieren, wenn wir so weiter machen wie bisher.

Momentan sieht es so aus, dass keine der zur Verfügung stehenden Techniken auf Dauer hilft. Verbrennungsmotoren, Lithiumbatterien, erdölbasierte Gummireifen sind allessamt schädlich. Von denen müssen wir wegkommen. Wir müssten eigentlich auf Autos verzichten, bis das Problem gelöst ist.

Jetzt sind wir vom Sexismus in den USA aber abgeschweift. Aber beides, Sexismus und Mitweltzerstörung hat ja eine gemeinsam Ursache: Gier und Hass, Habenwollen und Nichthabenwollen, und die Unkenntnis und das Nichtwahrhabenwollen der Zusammenhänge.

LG, Micha
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Holger Haehle am 10.10.2019 10:34
Ach Micha,

so weit sind wir vom Sexismus in den USA gar nicht abgeschweift. Vielleicht haben wir jetzt mit etwas mehr Hintergrund einen besseren Einblick in das Problem. Denn Sexismus, sowie Gier und Hass haben eine lange Historie. Deshalb sind sie unserem limbischen System so tief eingebrannt. Im PET kann man sie sogar sichtbar machen. Da hat die Vernunft so ihre Probleme sich durchzusetzen, zumal die Ratio dem Gefühlssystem nachgeschaltet ist. Das letzte Wort hat im Hirn nie die Vernunft. Triebe können wie eine Sucht sein. Von der können wir auch nur schwer die Finger lassen, egal wie sehr der Verstand mahnt.

Helfen bessere Techniken die Welt zu retten? Ich befürchte nicht wirklich. Menschen handeln meist reaktiv. Deswegen kommt die Einsicht oft erst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Klimaveränderungen haben einen Vorlauf. Das heißt, das wenn z.B. der Meeresspiegel zu steigen beginnt (und das tut er in Millimeterschritten bereits) diese Dynamik nur langfristig mit massiven Maßnahmen gestoppt werden kann. Wahrscheinlich müssen in den nächsten hundert Jahren erstmal ein paar Küsten im Meer versinken, bevor die Welt sich politisch einigt und mit der gebotenen Entschlossenheit handelt.
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: MAS am 10.10.2019 10:41
Vollkommen d'Accord, lieber Holger!

Deswegen meine ich auch, wir dürfen nicht auf die Vernunft alleine setzen, sondern die Kultivierung anderer Gefühle fördern:
Liebe statt Hass
Zufriedenheit statt Gier
usw.

Das zu erreichen gibt es Methoden, vor allem im Buddhismus.

Problem: Das kann man nicht erzwingen, sondern kann nur freiwillig erfolgen.

LG, Micha
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Holger Haehle am 10.10.2019 11:04
Naja Micha,

vieleicht brauchen wir mehr Interaktion von beidem. Ich fände es nicht schlecht, wenn die Menschen mehr nachdenken würden, um ihre Gefühle kritisch zu begleiten. Die eigentlich evolutionäre Sensation ist, dass der Mensch komplex fühlen und denken kann, das aber nur schlecht zusammenbringt.

Ich vergleiche gerne den Urvogel Archaeopteryx mit uns Menschen. Archeopterix war zwar ein Vogel, aber auch ein schlechter Flieger. Es brauchte Millionen Jahre die modernen Vögel zu entwickeln, die heute vom Spatz bis zum Falken perfekte Flieger sind. Fehlen dem Menschen die Millonen Jahre, die die Vögel hatten, um sich zu perfektionieren? Wenn wir im übertragenen Sinne ein menschlicher Archaeopteryx sind, dürfen wir dann in ein paar Millionen Jahre darauf hoffen, das ein Mensch kommt, der nicht unsere "Kinderkrankheiten" hat?
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: MAS am 10.10.2019 12:38
Aber sicher doch, lieber Holger, beides muss kultiviert werden.

Im Buddhismus heißt es: Weisheit ohne Mitgefühl ist kaltherzig, Mitgefühl ohne Weisheit ist blind.

LG, Michael
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Holger Haehle am 10.10.2019 17:08
Toller Schlussakkord Micha,
dem kann ich fast nichts mehr zufügen.

Fassen wir mal zusammen:
-  Nicht wenige Männer sind lieber arbeitslos, statt sich umzuschulen, wenn der neue Job als weibliche Domäne gilt.
-  Sie befürchten einen Statusverlust (They dont want to lose their eggs).
-  In anderen Genderstudien wurde das gleiche Motiv bei Männern ausgemacht, die den Männerrock ablehnten.
-  Das Statusbewusstsein ist ein strukturelles Erbe aus patriarchalisch hegemonialen Zeiten sagt die Sozialpsychologie.
-  Da fällt mir ein, das mein Vater in den 60er Jahren ein Problem damit hatte, dass meine Mutter einen Führerschein machte.  
-  Tatsächlich durfte sie auch weiterhin lange Zeit nur auf dem Beifahrersitz mitfahren in "seinem" Auto, wenn man seine Kumpels besuchte.
-  Nach meinen Untersuchungen sind Frauen gegenüber dem Männerrock deutlich aufgeschlossener als Männer.
-  Potenziellen, heterosexuellen Männerrockträgern empfehle ich deswegen mehr auf die Reaktionen anderer Frauen zu achten.  
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: MAS am 10.10.2019 19:16
Ganz gut zusammengefasst, lieber Holger! :)

Ich möchte noch hinzufügen:
- um die eigenen Hemmungen, die die Hochschätzung eines kponventionell männlichen Status und die Geringerschätzung des weiblichen Status  mit sich bringen, zu überwinden, soll man dem weiblichen Stauts einen gleichhohen Rang zuordnen, zuerst rational, aber dann auch emotional; der männliche Status muss deshalb nicht geringer werden, sondern aus beiden wird ein gemeinsamer menschlicher Status
- die Gefühle der Angst, vor und von anderen Männern lächerlich gemacht zu werden, soll einem Gefühl des Stolzes weichen, eine unsinnige Engführung überwunden zu haben
- bei mir wirkt das jedenfalls sehr gut

LG, Micha
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: Holger Haehle am 11.10.2019 07:32
Richtig Micha,

ich würde es sogar noch etwas deutlicher formulieren. In einer zunehmend partnerschaftlichen Welt sind die alten Statussymbole, die einen Mann ausmachen nicht mehr zeigemäß.  Sie sind reaktionär. Keine Frau steht darauf.

Spätestens, wenn ein Mann das Herz einer Frau gewinnen will, sollte er das berücksichtigen. Merken die Männer denn gar nicht, wie sie sich einschränken mit ihrer Statusorientierung? Das macht unfrei.

Männer macht euch locker. Dann habt ihr mehr vom Leben. Es gibt nichts was ein freier Mann nicht kann.
Testet eure Freiheit! Tragt Rock!
Titel: Re: Für Freunde der amerikaniischen Sprache: Ein Podcast über Sexismus
Beitrag von: MAS am 11.10.2019 08:22
Na ja, Holger, "keine Frau" stimmt sicher nicht und dass ein freier Mann alles kann,  auch nicht, außer Percy Stuart:
https://www.youtube.com/watch?v=3NNJXFIC4r8 (https://www.youtube.com/watch?v=3NNJXFIC4r8)
https://www.youtube.com/watch?v=ESi599X2JhU (https://www.youtube.com/watch?v=ESi599X2JhU) ;)

LG, Micha