Autor Thema: Die Blockade  (Gelesen 149761 mal)

Offline Matthias

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Die Blockade
« am: 29.01.2004 11:29 »
Hallo allerseits

Woher kommen die Ängste, einen Rock in der Öffentlichkeit zu tragen?
Woher kommen die Hemmungen, die euch sagen das besser nicht zu tun?

Ich richte die Fragen speziell an Leute, die noch nicht soweit sind um in der Öffentlichkeit einen Rock zu tragen. Vielleicht kann ihnen geholfen werden, indem man versucht die Blockaden zu beseitigen. Versucht mal, eure Ängste und Gedanken die damit verbunden sind genau zu beschreiben.

Gruss
Matthias
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Offline cephalus

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Re:Die Blockade
« Antwort #1 am: 29.01.2004 11:57 »
Ich denke, das Wesen der „Blockade“ liegt darin, sie nicht genau logisch beschreiben zu können.
Für mich gibt es zusätzlich zu den indifferenten Blockade-Gründen noch greifbare Gründe keinen Rock zu tragen:
Ich falle nicht gerne auf.
Es ist aber eine Tatsache, dass Rockträger auffallen. Man könnte natürlich auch von einer Auffallblockade sprechen ;-)
Ich will primär als Person wahrgenommen werden, und nicht als der, der einen Rock trägt, oder anhand eines sonstigen äußeren Erscheinungsmerkmals.
Viele Leute werden das was sie sehen, falsch interpretieren und weitergeben. Ich muss damit rechnen, dass ein Bild meiner Person entsteht, das falsch ist, und das ich so nicht wünsche, was natürlich in den meisten Fällen egal ist, aber es gibt durchaus Personen deren Meinung, Einschätzung und Beurteilung mir zu mehr oder weniger großen Vor- oder Nachteilen verhelfen kann (z.B. Job).

Natürlich gibt es Gegenargumente, überzeugen konnte mich aber noch keins.

Die eigentliche Blockade: Im Rock, für mich privat, fühle ich mich wohl; in Gesellschaft unsicher, beobachtet usw.

Cephalus  (der Heimrocker)

Offline Günter

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Re:Die Blockade
« Antwort #2 am: 29.01.2004 13:40 »
Hallo,
Blockaden bei mir selbst haben sich bereits vor langem aufgelöst. Aber leider muß man nicht nur sich selbst " entblockieren" sondern auch bei seinen Angehörigen diese lösen!
Denn wie ich bereits woanders mal schrieb: nur unter größtmöglicher gegenseitiger Rücksichtnahme können Menschen langfristig gut zusammen leben.
Dies aber bedeutet das auch die mit denen wir zusammen leben Rücksicht zu nehmen haben - auf uns !
Meist wird das aber nur sehr einseitig gesehen.

Hierdurch und durch die ständigen Diskussionen zu diesem Thema werden bei einem selbst solche Blockaden neu errichtet, und man muß diese ständig wieder wegräumen!
Auch ist es wichtig hinter dem zu stehen was man tut. Ist man selber unsicher, merken es die Anderen unbewußt und reagieren dementsprechend.
Also mal fleißig ran ans räumen,
Gruß
Günter
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Offline antares

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Re:Die Blockade
« Antwort #3 am: 30.01.2004 22:59 »
Hi Matthias,

die Fragen sind sicher nicht leicht zu beantworten.  Ich trage gern Röcke, ich fühle mich wohl darin. Zu Hause trage ich die Röcke, wann immer ich Lust dazu habe. Gehe ich aber dann raus, ziehe ich mich i.d.R. um. Wenn ich dann draußen bin, frage  ich mich selbst, was ist denn das für ein Quatsch, warum habe ich mich umgezogen??? Habe ich aber z. B. über dem Rock einen wadenlangen Mantel an,  habe ich wiederum keine Probleme (mal sehen, was ich im Sommer mache?!?!?!). Ich denke, dass es hauptsächlich mit dem für Männer ungewohnten Kleidungsstück zu tun hat, das die Öffentlichkeit  als irgendwie "absonderlich" findet.  Reale Gründe gibt es m. E. nicht.

Gruß

antares
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Offline Ferdi

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Re:Die Blockade
« Antwort #4 am: 31.01.2004 01:12 »
Hi Matthias!

Woher die Blockade kommt kann ich nicht sagen, ich hatte die nämlich nie. Offensichtlich ist es doch vorwiegend die Scheu vor dem Auffallen. Das ist dieselbe Scheu, die viele überfällt, wenn sie vor einer grösseren Anzahl Zuschauer eine Ansprache halten sollen. Ich hatte da noch nie Probleme. Ganz im Gegenteil, mir macht so etwas Spass. So war ich mal bei einem Scottish Folk Konzert. Ich war bei rund 1000 Zuschauern der einzige Mann im Rock, ich hatte einen meiner Kilts an und war mit etwa 10 anderen Leuten auf dem freien Platz vor der Bühne am tanzen. Das sah die Lead-Sängerin einer der Bands, winkte mich zu sich auf die Bühne. Dann habe ich mit ihr einige Minuten lang wilde Reels getanzt und liess den Rock so richtig fliegen. Das Publikum war am toben, das hat ihnen gefallen. Es ist ein ganz ganz tolles Gefühl, wenn man auf einer Bühne steht und den Applaus von rund 1000 Leuten entgegen nehmen kann. Das bestätigt einem sehr, dass man auf dem richtigen Weg ist. Das alles entgeht einem natürlich, wenn man sich in der grauen Masse der anderen versteckt.

Nun ja, ich weiss, die meisten sind nicht so wie ich, aber ich versuche, anderen Mut zu machen und die Blockaden aufzubrechen. In vielen Fällen ist mir das ja auch gelungen, aber es bleibt noch sehr viel zu tun.

Schöne Grüsse,
Ferdi
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Offline cephalus

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Re:Die Blockade
« Antwort #5 am: 31.01.2004 11:03 »
Hallo Ferdi,
ich glaube mit Deiner Einstellung zum Auffallen bzw. in der Öffentlichkeit stehen gehörst Du zu den eher seltenen Charakteren. Vermutlich ist das aber die Grundvoraussetzung zum bedenkenlosen Tragen von Röcken.
Eine Alternative wäre vielleicht, ein Adrinalinjunkie zu sein - wenn ich, gaaanz selten mit einem Rock das Haus verlasse, hat das bei der Begegnung mit anderen Leuten fast den Effekt eines Bungeesprungs.

Was mich wirklich mal aus psychologischer Sicht interessieren würde ist, warum es für die meisten Menschen so schwer ist, bewusst von der Norm und den Erwartungen ihrer Umgebung abzuweichen.

Cephalus

Offline conne

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Re:Die Blockade
« Antwort #6 am: 01.02.2004 11:57 »
Hallo,

seit ich in Stuttgart bin, bin ich erst ein paar Mal im Rock ausgegangen, meißt zum Einkaufen. Liegt auch daran, daß die Stadt immer noch Neuland für mich ist. Man fühlt sich in einer fremden Umgebung einfach unsicher. Im Sommer war ich auch fast immer mit Bahn und Rad unterwegs, und auf einem Herrenrad ist ein Rock einfach ungeschickt.
Aber jetzt, wo ich die Stadt etwas besser kenne (und es denn bald wieder wärmer wird) werd ich sicher öfters mal den Rock anziehen.

Offline Ferdi

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Re:Die Blockade
« Antwort #7 am: 01.02.2004 20:57 »
Hi conne!

Ich bin ja nunmehr im 7. Jahr einröhrig dabei, aber auch ich habe mal angefangen, auch für mich gab es ein "erstes Mal". Ich hatte auch damals schon keine Skrupel wegen der anderen Leute, aber es war etwas anderes. Ich musste mich daran gewöhnen, dass der Rock ein Kleidungsstück ist, das einen zwar ganz hervorragend bekleidet, das aber unten total offen ist. Und daran sind wir Männer nicht gewöhnt. Ich hatte beim allerersten Mal das Gefühl, ich liefe nackt durch die Gegend. Einfach weil mir die "Pampers" im Schritt fehlten. Ich hatte das Gefühl, jeder könnte meine Unterwäsche sehen. Es dauerte allerdings nur gute zwei Stunden, dann hatte ich mich total daran gewöhnt. Heute ist die Gewöhnung an Röcke so gross, dass ich manchmal sehr gerne ganz ohne Slip gehe. Je nach Rock und Laune. Das macht mir nichts mehr aus, das geniesse ich ab und zu mal als besonderes Sahnehäubchen des Rocktragens.

Schönen Gruss,
Ferdi
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triks

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Re:Die Blockade
« Antwort #8 am: 02.02.2004 01:09 »
Hallo,

das ist die schlichte kollektive Denkweise: Röcke sind Frauenkleidung. Männer in Frauenkleidung sind Transvestiten. Diese sind der schwulen Subkultur zuzuordnen. Also ist ein Mann in Frauenkleidern ein schwuler Tranvestit.

Diese simplen allgemeine Denkweise verschließt sich der Erkenntnis, das die Mehrzahl der Transvestiten hetreosexuell orientiert und die wenigsten Homosexuellen am Erscheinungsbild des entgegen gesetzten Geschlechtes interessiert sind. Das eigene Denken von Klischees frei zu machen und zur der Erkenntnis zu gelangen, dass es keine Frauen- oder Männerkleidung gibt, sondern für die Besonderheiten der Anatomie von Frauen oder Männern geschneiderte Kleidung, ist in dieser Hinsicht ein erster Schritt hin zu freiem Denken. Sich den eigenen Wünsche und Vorstellungen entsprechend zu kleiden, auch wenn dadurch von konventioneller Uniformität abgewichen wird, ist ein erster  Schritt hin zu freien Handeln. Freies Denken und freies Handeln wünscht sich zwar Jeder, aber nicht Jeder bringt den Mut dazu auf und nicht Jeder ist bereit, die Konsequenzen zu tragen, für sich und Andere.

Im Berufsleben bin ich Opportunist aus Ãœberzeugung. Am Arbeitsplatz herrscht Uniformzwang. Bis zur ersten Führungsschicht wird Jeans und T-Shirt oder Hemd oder Sweatshirt getragen. Ich habe nur diese Einnahmequelle und von diesen Einkünften sind auch meine Frau und Kinder wirtschaftlich abhängig. Da mache ich keine Experimente. Es gibt schlimmeres, als jeden Tag Jeans und T-Shirt zu tragen.

Im Privatleben trage ich auch außerhalb der eigenen vier Wände einen Rock, wenn mir danach ist. Familie, Verwandte und Freunde kennen mich im Rock.  Nur Rock tragen wäre mir aber auch zu fade. Ich trage auch ganz gern Hosen, wenn sie an den Oberschenkeln weit genug geschnitten sind.

Meine ersten Gehversuche im Rock habe ich auf einer Dienstreise in einer fremden Stadt gemacht. Ich stand noch stark unter dem Druck der oben genannten schlichten kollektiven Denkweise und musste mir mit ein paar Schluck Rotwein erst Mut antrinken, bevor ich mich aus dem Hotelzimmer getraut habe. Das Ausbleiben der befürchteten Reaktionen hat mich zuerst irritiert und dann gefreut, aber mittlerweile kann ich das ganz gut einordnen. Ich mache eben diese schlichte kollektive Denkweise dafür verantwortlich, das Reaktionen meistens ausbleiben. Mit einem schwulen Transvestit wollen die Meisten nichts zu tun haben. Wenn es nur um mich ginge, wäre das kein Problem.

Mein Denken und Handeln ist sehr viel freier und ich bin mutiger geworden. Aber ich muss berücksichtigen, dass meine Familie die Konsequenzen meines Denken und Handeln mittragen muss. Das ich die Konsequenzen nicht abschätzen und ich nicht von meiner Frau und meinen Kindern erwarten kann, dass sie bereitwillig alle Konsequenzen mittragen, ist für mich die aktuelle Problematik. Wird meine Frau bemitleidet, werden meine Kinder gehänselt, weil ich einen Rock trage? Ich kann nicht davon ausgehen, dass ich davon etwas mitbekomme und rechtzeitig gegensteuern kann, bevor es zur Belastung für meine Frau oder Kinder wird. Das ist der Konflikt, den ich zur Zeit mit mir austrage, und zugleich das größte Hemmnis bei meiner persönlichen Entwicklung.

Freundliche Grüße

Wolfgang

Offline Matthias

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Re:Die Blockade
« Antwort #9 am: 02.02.2004 01:25 »
Hallo Wolfgang,

das ist ein sehr schöner Beitrag von dir, der wie mir scheint die Probleme der meisten mit dem Rocktragen genau wiederspiegelt. Viele sagen, wir sind selber unser eigenes Problem, das ist aber leider nicht immer so. Vor allem, wenn von dem eigenen Erscheinungsbild andere Personen abgängig sind.
Letztendlich ist es aber ein Kreislauf, der ohne daraus auszubrechen nie aufhören wird. Das ungewöhnliche passt eben leider nicht in das Raster unserer durch und durch organisierten Welt. Aber auch dieses Raster lässt sich nur durch Veränderungen aufrechterhalten.

Grüsse
Matthias
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Re:Die Blockade
« Antwort #10 am: 02.02.2004 10:41 »
Hallo Triks,
was Du beschreibst ist eigentlich keine Blockade, sondern sind rein sachliche Argumente keinen, oder zumindest nicht immer einen Rock zu tragen. Ãœber das Thema der eigenen Blockade bist du scheinbar, hinweg oder es hat nie wirklich für Dich existiert.
Den Weg, das Rocktragen unter allen Umständen zu jedem Anlass durchzusetzen halte ich auch für eher fragwürdig. Wie Du recht schön beschreibst sind manchmal auch andere von den Konsequenzen betroffen auf die man Rücksicht nehmen sollte.
An erster Stelle steht da wohl die eigene Familie, aber ich würde sogar so weit gehen, dass ich mich auch nach der Befindlichkeit meiner Begleitung richte, wenn ich mit irgendjemand unterwegs bin, dem es unangenehm ist, wenn ich einen Rock trage.
Für das Berufsleben gilt natürlich auch, dass eventuell auch andere Personen vom Einkommen abhängen Entsprechende Rücksichtnahme ist also auch hier angebracht. Ist man jedoch nur für sich selbst verantwortlich, ist es eine Frage der Gewichtung. Ein gewisser Opportunismus ist wohl in jedem Fall angesagt, eine absolute Anpassung eher nicht. In Sachen Bekleidung bin ich auch eher angepasst, was mir leicht fällt, weil bei uns von kurzer Hose mit Badelatschen bis zum dunklen Anzug alles vertreten und akzeptiert ist, einen Rock würde ich trotzdem nicht tragen. In anderer Beziehung, wenn es z.B. um meine tiefern Ãœberzeugungen geht, würde ich mich nicht zurücknehmen; irgendwo ist der Punkt an dem ich mein seelische Wohlbefinden über meine finanziellen Interessen stellen muss. Allerdings für ein Stück Stoff wird das nicht passieren.

Von Deiner Einschätzung bezüglich ausbleibender Reaktionen bin ich nicht überzeugt, ich denke nicht, dass Rockträger für schwule Transvestiten gehalten werden, vielmehr denke ich, dass der unvoreingenommene Beobachter bei einem flüchtigen Kontakt gar nichts denkt, oder evtl. nicht erkennt was er sieht.
Ich bin vor ein paar Wochen das erste Mal einem Rockträger begegnet, und ich habe ihn im Vorbeigehen erstmal für eine Frau gehalten, obwohl nichts weibliches an ihm war (groß, mit Bart). Nur will ich in dieses Thema involviert bin hab ich noch mal hingesehen , sonst wäre dieser absolut männliche Zeitgenosse einfach als Frau an mir vorbeigegangen.

cephalus

Offline Ferdi

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Re:Die Blockade
« Antwort #11 am: 02.02.2004 13:52 »
Hallo Leute!

Ich sehe das ganze auch sehr stark unter dem Gesichtspunkt der Gleichberechtigung. Die rechtliche Gleichberechtigung ist ja gegeben. Das meine ich jetzt nicht. Ich meine die "gesellschaftliche Gleichberechtigung".  Ich bin schlicht und einfach nicht damit einverstanden, dass die Gesellschaft, also die Gesamtheit der Menschen, mit denen wir zusammen leben, erwartet, dass Männer auf bestimmte Dinge verzichten sollen, nur weil sie Männer sind.

Leute, so läuft das nicht!

Für mich jedenfalls nicht. Ich nehme den mir zustehenden Freiraum der Entfaltung meiner Persönlichkeit in Anspruch und stelle mich auf den Standpunkt, dass diejenigen, denen das nicht passt, mir ja aus dem Weg gehen können. Ich trage Röcke, weil sie mir gefallen, weil ich mir selbst gefalle und weil Röcke einmalig schöne Trageeigenschaften haben. Ich trage Röcke ausschliesslich, weil ich mich in Hosen absolut unwohl fühle, aber auch aus einer gewissen Protesthaltung gegen diese in meinen Augen ungerechte Einstellung der Gesellschaft. Ich räume das gerne ein, denn gegen etwas zu sein ist erlaubt und auch dieses Dagegensein zum Ausdruck zu bringen ist erlaubt. Ich bringe das nicht nur in Worten zum Ausdruck, sondern auch in Taten. Abgesehen davon macht´s mir Spass, sonst würde ich das nicht so intensiv tun.

Ich bin natürlich in der glücklichen Lage, alleinlebender Single zu sein und daher auf niemanden Rücksicht nehmen zu müssen. Ich sehe ein, dass die meisten anderen mit Familie deren Befindlichkeiten im Auge behalten müssen und die Auswirkungen des eigenen Tuns auf diese Befindlichkeiten berücksichtigen müssen. Ich selbst bin aber fähig und in der Lage, ohne solche Rücksichten gegen die Ursachen dieses ganzen Schlamassels antreten zu können.

Mir geht´s dabei längst nicht mehr nur um Röcke oder FSH. Mir stinkt ganz allgemein, wie Männer von der Gesellschaft behandelt werden und mit welchen teilweise unerfüllbaren Erwartungen sie konfrontiert werden. Das fängt bei der unseligen "Beschützer- und Ernährerrolle"  an und hört bei der "Allgemeinen" (welch ein Hohn steckt in diesem Wort) Wehrpflicht noch lange nicht auf. Frauen verlangen von Männern die Quadratur des Kreises, sie schreien danach, dass der Mann sich doch mehr in Haushalt und Kindererziehung einbringen soll, aber wenn die Männer das dann tun, dann schreien sie: "Wie Uncool, so ein Weichei, so ein Langweiler, so ein Faulpelz, sitzt zuhause, das bischen Hausarbeit macht er mir auch nicht gut genug, und mich lässt er im Beruf schuften". Und dann noch die vielen anderen gesellschaftlichen Bevorzugungen von Frauen. Girls Days, Diskotheken in denen Frauen freien Eintritt haben und die Männer latzen sollen (Boykottieren!!!), Frauenparkplätze, Mädchenspielplätze, für Jungen natürlich verboten und...und...und. Und dann "darf" man als Mann noch nicht einmal das anziehen, was man möchte? Ja, leben wir denn noch in Zeitaltern, in denen die Kleidung den Standesdünkel und die Kastenzugehörigkeit widerspiegelte? Oder leben wir angeblich in einer aufgeklärten Gesellschaft, in einer freiheitlich verfassten Demokratie, in der es selbstverständlich sein sollte, dass jeder seines Glückes Schmied ist und seine Persönlichkeit frei entfalten kann?

Bitte mich nicht falsch verstehen. Ich will jetzt nicht dazu auffordern, dass jeder den Vorschlaghammer nimmt und Bedenken kurz und klein schlägt. Ich habe volles Verständnis dafür, das Ihr verantwortungsvoll Rücksicht auf die Familie nehmt und Euch die möglichen Auswirkungen auf Eure Familienmitglieder genau überlegt und entsprechend handelt. Ich weiss, dass das für manchen ein gewaltiger Verzicht auf Lebensqualität bedeutet, aber das ist hochanerkennenswertes Verantwortungsbewusstsein. Ich aber, der solche Rücksichten nicht zu nehmen braucht, ich will die Ursachen bekämpfen, die dazu führen, dass solche Rücksichten überhaupt erwogen werden müssen. Denn wenn diese Ursachen beseitigt sind, dann brauchen auch Eure Familienangehörigen nicht mehr darunter leiden, wenn Ihr etwas Ungewöhnliches tun wollt. Dass das noch ein weiter Weg ist, und dass ich das angestrebte Endergebnis wohl nicht mehr erleben werde, ist mir sonnenklar. Aber ich baue darauf, dass es dann andere geben wird, die mit ähnlicher Energie gegen diese gesellschaftlichen Fehlentwicklungen und Dummheiten vorgehen.  Mich belastet diese Kärrnerarbeit nicht, ganz im Gegenteil, mir macht sie tierisch Spass und die teilweise hilflose Zappelei mancher Diskussions- und Gesprächspartner in meinem Netz der unwiderlegbaren Argumente amüsiert mich sehr und gibt mir immer mehr Energie, um dagegen anzugehen. Aber eines möchte ich auch deutlich betonen: Ich will niemanden, der das nicht selbst will, überreden, Röcke oder FSH zu tragen! Ich will nur erreichen, dass er das ungestört tun könnte, wenn er wollte. Mehr nicht.

Schöne Grüsse

Ferdi
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JuergenB

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Re:Die Blockade
« Antwort #12 am: 03.02.2004 09:53 »
Hallo Leute,
hallo Ferdi,

auch wenn Du eine etwas krasse Weise der Fromulierung bevorzugst, im Grundsatz stimme ich Dir zu ;)

Ich nehme es auch nicht einfach so hin, wenn der eine oder andere meint immer einem (un-)bestimmten Bild entsprechen zu müssen. Es gibt soooo viele Menschen, und genau so viele Meinungen wie Mann denn nun auszusehen hat; ich kann einfach nicht jedem gefallen, also gefalle ich erst mal mir selber und suche mir dann die Menschen als Freunde aus, die mich so akzeptieren wie ich bin. Das sind weit mehr als manche denken ;D

Die von Dir, Ferdi, angesprochene Bevorzugung der Weiblichkeit ignoriere ich einfach: Frauenparkplätze nutze ich auch wenn mir das paßt, die anderen von Dir angesprochenen Beispiele hatte ich leider noch keine Konfrontation mit. Ein Verweis auf die Verfassung, mit knallhartem Auftreten verbunden, läßt aber in der Regel alle Frauenvorteile dahinschmelzen. Ich gebe erst dann nach, wenn man mir als Mann einen gleichwertigen Vorteil bietet. Man muß nur Mann genug sein sich durchzusetzen ...

Zurück zur Kleidung: Zurücktreten von meinem Wunsch Rock zu tragen tue ich nur, wenn meine Frau sich im Gegenzug auch mir zum Gefallen kleidet, oder wenn der Arbeitgeber sagt: Herr B., mir wäre es recht wenn Sie bei der Tagung sich so ... kleiden würden, um andere nicht vom Thema abzulenken. Es gibt leider Menschen die sich durch Ihr Erscheinungsbild irritieren lassen."

Achso: bei Neukunden bin ich noch vorsichtig und komme lieber konventionell gekleidet zu den ersten Gesprächsterminen. Vielleicht hab ich da noch selber zu sehr Blockade im Kopf?

Gruß
JürgenB

Offline Günter

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Re:Die Blockade
« Antwort #13 am: 03.02.2004 11:39 »
Hallo,
ich darf mal JürgenB zitieren:"Bei Neukunden bin ich noch vorsichtig und komme lieber konventionell gekleidet zu den ersten Gesprächsterminen. Vielleicht hab ich da noch selber zu sehr Blockade im Kopf?"
Das ,so denke ich ,ist keine Blockade sondern ein Bewustmachen von Risiken!
In jeder Gesllschaft gibt es Risiken wenn man sich nicht an das Geübte hält. So habe ich vor Kurzen über einen EDV Dienstleister , mit hervorragenden Referenzen, einen Kommentar unseres Einkäufers gehört:" Der hat es ja nicht mal nötig eine Kravatte zu tragen" Diese Dienstleister wurde nicht weiter berücksichtigt! Nicht wegen seiner Angebote , Vorschläge oder gar Kosten, nein er trug keine Kravatte. Niemand hat in darauf hingewiesen, niemand angesprochen. Erst als er weg war wurde gelästert. Ich denke gleiches gilt für Röcke tragende Männer . Sowohl im privaten wie im öffentlichen Leben. Erst wenn sie weg sind wird geredet! Kaum einer sagt dir ins Gesicht was er denkt,-LEIDER.
Uund wenn du dann erst z.B. bei deiner Beförderung übergangen wurdest ist es zu spät.
Im Ãœbrigen hat das nichts mit Geschlechterkampf zu tun. Es ist einfach ein Abweichen, ein Anders sein. Anders sein nötigt zum Denken, denken ist anstrengend. Also Distanz.
Gruß
Günter
Alle sagten : "Das geht nicht" und dann kam einer und machte es.

Offline hirti

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Re:Die Blockade
« Antwort #14 am: 03.02.2004 12:18 »
Hallo!

Dem stimme ich zu. Es hat nichts mit einer Blockade zu tun  sich bei einem Neukunden normgerecht zu kleiden. Ist nämlich oft interessant durch welche Nichtigkeiten Geschäftsabschlüsse entschieden werden.

Ich darf hier ein weiteres Beispiel bringen:
Wir machten mal einen Abschluss, da erzählte uns der Kunde, er habe deswegen bei uns gekauft, weil der andere Anbieter ein Wiener sei und Wiener mag er nicht. Der hätte auch genau so ein gutes Angebot legen können, genau so effizient und freundlich sein können, aber dadurch dass er ANDERS war (Wiener haben einen etwas anderen Dialekt und gelten als etwas überheblich was natürlich volliger Blödsinn ist) kam er nicht zum Zug.
Man kann sich sicher dadurch manches Projekt vermiesen dass man einen Rock trägt und somit dem Kunden ganz einfach nicht gefällt, und das ist es (mir zumindest) nicht wert.
In meiner Freizeit hingegen darf ich mir die Freiheiten nehmen die ich haben will. Das tue ich auch, und dazu gehören eben auch Röcke.

Zitat
Frauenparkplätze nutze ich auch wenn mir das paßt
Ehrlich, Jürgen? Dir ist aber schon bewusst dass dort besonders viele Frauen parken? Und das tust du deinem armen Auto an??

Grüße,
hirti


 

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