Ja JoHa,
das sehe ich genauso. Wir werden wahrscheinlich beliebig viele stereotype Urteile zu politischen Themen finden. Und leider nicht nur zu politischen Themen.
Das noch größere Problem ist, dass noch mehr Fakten uns nicht helfen werden, weil wir ja konsequent alle eingehenden Infos ganz unbewusst selektiv verarbeiten. Fakten, die unsere Linie bestätigen verstärken unsere Haltung und bei Fakten gegen unsere Haltungen lösen Abwehrmechanismen aus.
Natürlich ist es so, daß die Vielschichtigkeit aufgrund der individuellen Erlebnisse der Menschen sehr groß ist.
Und natürlich helfen noch mehr Fakten nicht weiter, weil auch diese meist stereotyp verarbeitet werden.
Meiner Ansicht nach hilft nur, wenn jeder einzelne sein eigenes stereotypes Verhalten in Frage stellt und es immer wieder erneut anhand von eigenen Erfahrungen abgleicht und korrigiert.
Beispiel:
Ich bin tatsächlich noch damit erzogen worden, daß tätowierte Menschen entweder Seeleute, oder Knackis sind - also für einen "anständigen" Sonntags-in-die-Kirche-Gänger eher suspekte Menschen. Wer sich also von den Sonntags-in-die-Kirche-Gängern tätowieren lässt, macht sich diesen Menschen gleich, auch wenn die Gründe ganz anders sind. Außerdem sind das die 'Bösen', weil die 'Guten' ja Sonntags in die Kirche gehen.
Zum Glück lernte ich in meinem Leben viele stark tätowierte Menschen kennen und habe sie als durchaus wertvolle Menschen lieben gelernt. Das aber nur, weil ich mich von dem gelöst habe, was ich anerzogen bekam und es infrage gestellt habe.
Oder:
Wer einen Vollbart trägt, ist ein Revoluzzer, der hat nichts in den Reihen einer anständigen Christengemeinde zu suchen.
Oder:
Alles, was nicht eindeutig Mann / Frau ist, ist widernatürlich und daher abzulehnen. Und selbst da gibt es noch Grenzen.
Dazu passt die Szene im Film 'Harold und Maude' wo ein Pastor unter mühevollem Unterdrücken seines Ekels Harold, ein 18 Jähriger, davon abbringen soll,, Maude, einer 80 jährige, zu heiraten.
Das alles zu hinterfragen und eigene Erfahrungen zu machen, kostet Zeit. Und die will man uns rauben. Man will uns mit immer schnelleren Informationstechnologien mit Fakten überschütten, die darin enden, daß wir Fakts von Fakes nicht mehr unterscheiden und diese dann unser Denken bestimmen.
Denken, Erfahrungen sammeln, braucht Zeit, ebenso, wie das Wachsen einer Pflanze. Und je länger das Wachstum benötigt, umso stabiler ist das Ergebnis.
Ich frage mich manchmal, ob das überhaupt noch gewünscht ist, oder ob die Masse Mensch nur noch ein beherrschbarer Haufen Arbeitswilliger sein soll, der am Ende des Lebens nur noch entsorgt werden muss? Bedrückend wird das in dem Film 'Soylent Green - 2020, die überleben wollen' gezeigt.
Deswegen ist es äußerst wichtig, sich mit den eigenen stereotypen Denkmustern auseinander zu setzen.
Und das geht nicht mit einem "Du musst...", sondrrn nur mit "ich will..."