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Röcke und mehr... => Artikel und Presseberichte => Thema gestartet von: Holger Haehle am 01.01.2022 14:48

Titel: The End of Gender
Beitrag von: Holger Haehle am 01.01.2022 14:48
The End of Gender ist der Tenor eines Artikels der New York Times über die Frühjahrsmode 2022, über die bei www.mens-heels-revolution.com berichtet wird. Wie auch das dt. Zukunftsinstitut (https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/die-neuen-maennlichkeiten/) kommt die Zeitung zum gleichen Schluss, dass es einen Trend gibt, der immer deutlicher klassische Rollenverteilungen auflöst. Nachdem dieser Trend bereits seit Jahren die Damenmode vollständig durchdringt, beginnt er deutlich sichtbar in der Herrenmode an Fahrt aufzunehmen. Für mich wird das auch daran sichtbar, dass es praktisch keine Fashion Shows mehr gibt, die nicht auch ein paar Männerröcke zeigen. Es freut mich natürlich, dass die Beobachtung der Zeitung  mit anderem Beobachtungsschwerpunkt als dem des dt Marktforschungsinstitut zu vergleichbaren Ergebnissen kommt.

Leider gibt es eine Paywall zum Originalartikel. Mit Hilfe eines Web Proxy Service lässt sich das Problem aber umschiffen. Deswegen hoffe ich jetzt auf die Mithilfe versierter Aktivisten hier im Forum. Ich beziehe mich im Übrigen mit meinen Infos auf meinen Mitstreiter Rob (aus UK, nicht NL), der mein Partner in einigen Gender-Projekten ist.
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: skortsandtights am 01.01.2022 16:21
Man kann natürlich auch die flöhe husten hören  :)
Nein im ernst das ist ja gut und schön aber schlussendlich wird der mann von der strasse entscheiden was er trägt und das wird zu 99% eine lange hose sein.
Find ich auch nicht tragisch da bleibt mir wenigstens der anblick von besonders "männlichen" beinen erspart
Da ist es mir doch lieber das wenn überhaupt die frauen (https://flic.kr/p/nXgQ4P) auch weiterhin die röcke und kleider tragen  :-*
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: doppelrock am 01.01.2022 17:14
Wenn alle im Haushalt ohne Vorbehalte mit anpacken und alle Aufgaben gleichermaßen erledigen sowie den anderen die Freiheit geben, jede Kleidung zu tragen, Yoga zu praktizieren oder was auch immer, braucht es keine Genderstudien. Es reicht gegenseitige Wertschätzung und Pragmatismus in den täglichen Aufgaben. Funktioniert bei uns schon lang sehr gut.
Dann braucht ein Mann nicht übers Mannsein und eine Frau nicht übers Frausein grübeln oder gar den Kopf zerbrechen.
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: rockandheels am 01.01.2022 18:39
" www.mens-heels-revolution.com" ist eine sehr interessante Seite mit sehr mit vielen Informationen, Beispielen und Ansichten/Meinungen zum Thema geschlechtslose (genderless) Kleidung/Schuhe.
Ich konnte die Seite kaum verlassen ohne "alles" gelesen zu haben.

Es stimmt mich sehr positiv zu sehen, dass ich/wir nicht alleine sind, sondern nur die Speerspitze einer jungen Bewegung.
Wie meine Frau sagte nachdem ich ihr einige Artikel zu Männern im Rock/High Heels zum lesen gegeben hatte: Du bist mal wieder der Trend.

Ich fühle mich bestärkt meinen Weg weiter zu gehen, auch wenn der eine oder andere Miesepeter oder pöbelnde Nachbar dies vielleicht anders sieht.
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: Holger Haehle am 01.01.2022 19:01
Wenn alle im Haushalt ohne Vorbehalte mit anpacken und alle Aufgaben gleichermaßen erledigen sowie den anderen die Freiheit geben, jede Kleidung zu tragen, Yoga zu praktizieren oder was auch immer, braucht es keine Genderstudien. Es reicht gegenseitige Wertschätzung und Pragmatismus in den täglichen Aufgaben. Funktioniert bei uns schon lang sehr gut.
Dann braucht ein Mann nicht übers Mannsein und eine Frau nicht übers Frausein grübeln oder gar den Kopf zerbrechen.

Ob alle im Haushalt anpacken, ob es mehr oder weniger werden, braucht zur Beurteilung wieder ein Instrument der Beobachtung und statistischen Auswertung. Marktforschung misst den Staus Quo eines Merkmals (Phänomens) und seinen Vektor (Veränderung).Wenn der Blick dabei fokussiert ist auf die Verteilung von Freiheiten zwischen den Geschlechtern, wäre eine solche Untersuchung wieder der Art nach eine Genderstudie. Wenn eine solche Genderstudie dann belegt, dass es bei euch gut funktioniert und bei anderen auch, oder umgekehrt, dann dokumentiert sie damit eine gemessene Situation. Wie die zu interpretieren ist, das ist nicht die Aufgabe der Statistiker. Marktforschung sammelt nur qualitativ und quantitativ Beobachtungsdaten, um sie Dritten für diverse Verwendungen zur Verfügung zu stellen.
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: Albis am 01.01.2022 22:42
Danke für den Link, Holger! Noch schöner wäre es natürlich, wenn es die mens-skirts-revolution wäre.  ;)

Und jeder Schritt, sei er auch noch so klein, ist richtig und wichtig. Möglicherweise wird aus einem dieser Schritte der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, d.h. das exponentielle Wachstum auslöst. Und dann geht es ja bekanntlich sehr schnell.
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: Holger Haehle am 02.01.2022 03:01
Ja Albis,

um den berühmten Tropfen, der im Marketing Tipping Point genannt wird, geht es. Die Marktforschung zeigt, dass das Fass immer voller wird, die Modedesigner sind praktisch schon in den Startlöchern. Das zeigen sie in jeder neuen Kollektion. Alle Marktteilnehmer sind sich einig, dass sich gerade die Spielregeln für Männermode in der gleichen Weise ändern, wie einst bei den Frauen. Aber wann es genau losgeht weiß niemand.

Wenn ich Vergleiche ziehe zur Damenhose, wie die in den 1920er Jahren mit Stilikonen wie Marlene Dietrich langsam Fahrt aufgenommen hat, bis hin zu den 1970er Jahren, als sie im Bundestag noch unzulässig war, dann kann es für Männer und Röcke noch eine Weile dauern, auch wenn die Dynamik modischer Entwicklungen heute größer ist als früher. Deswegen rechne Ich persönlich mit 5-10 Jahren, bis Männer in Röcken gesamtgesellschaftlich akzeptiert sind oder gar darin als chic gelten. Aber schon jetzt erleben viele hier im Rock breite Anerkennung. Und auch Jürgen weiß ganz überwiegend Positives zu berichten.

Wie ist eure Einschätzung?
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: JJSW am 02.01.2022 09:41
Hmm, die meisten Designer sind schon seit Jahren in den Startlöchern. Aber in den Läden kommt davon nix in den Männerabteilungen an. Da wird das verkauft, was gefühlt 99% der Männer schon immer kaufen. Da gehts vor allem um Wirtschaftlichkeit.

Andererseits kann ich inzwischen ganz problemlos  als Mann in den Damenabteilungen von Galeria, H&M, C&A und auch in typischen Damenklamottenläden wie z.B. Streetone, Tredy oder Only nach passenden Oberteilen, Röcken und Kleidern suchen, anprobieren und kaufen.

Aber um Männern die Hemmschwelle zu nehmen, wären eventuell paar erschwingliche als Männerröcke gelabelte Röcke nicht schlecht.
Vielleicht könnten wir uns dann von 1 auf 5 % steigern  ;)

Grüßle
Jürgen
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: doppelrock am 02.01.2022 10:02
Absolut schwer einzuschätzen.

Ich denke eher, dass die meisten über 20jährigen sehr lange brauchen oder sich dauerhaft gegen die Akzeptanz sperren. Dabei spielt neben der persönlichen Entwicklung(swilligkeit) und dem direkten Umfeld auch der Kulturkreis eine erhebliche Rolle.
Es ist für mich auch sehr schwer einzuschätzen, ob es Duldung, Ignoranz oder Akzeptanz und letztlich auch Verstehen der Zusammenhänge ist, wenn die offene Kritik weniger wird.

Wie schwer Menschen sich vom gewohnten Weltbild trennen oder wie sehr sie sich sogar dran klammern, obwohl viele Zeichen auf "Irrtum" stehen, zeigen die letzten Monate sehr deutlich. Von daher habe ich zwar eine gewisse Hoffnung, bin aber wenig optimistisch, dass es nur 5 oder 10 Jahre dauert.
Gegenüber der Zeit vor 25 Jahren sehe ich keine Fortschritte im Alltag.

Leider stehen auch viele Zeichen auf Intoleranz, obwohl manche intoleranten Menschen sich besonders tolerant nennen.
Es bleibt also noch viel zu tun, um eine in vielen Dingen eingefahrene und gespaltene Gesellschaft wieder zusammenzuführen, Richtung "Leben und Leben lassen"
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: Holger Haehle am 02.01.2022 10:54
Zu erst einmal werden Männer im Rock überwiegend positiv wahrgenommen. Das ist euer Verdienst. Noch sind wir aber zu wenige für einen Trend. Auch die von Jürgen angepeilten 5% sind für eine neue Mode zu wenig. Trends brauchen eine kritische Masse von grob 10-15 Prozent, um den Sprung zu allgemeiner Mode zu schaffen, ohne nach einem Sommer wieder in der Versenkung zu verschwinden. Das kann man aus anderen Produkteinführungen ableiten.

Die größte Dynamik für Veränderungen kommt von den jungen Generationen. Deswegen ist es ja so bemerkenswert, dass gerade in der ursprunglich maschistischen Rapperszene ein Generationenwechsel stattfindet. Umfragen zeigen bei den 14-18jährigen Jungen ein hohes Interesse. In den Schulen Taiwans ist es mittlerweile unter den Jungs verbreitet zu besonderen Anlässen im Schulrock zu erscheinen. Da steckt natürlich eine gewisse Gruppendynamik hinter. Wenn ich sie frage, finden sie es cool und loben den Tragekomfort. Jetzt braucht es nur noch den Willen die positive Erfahrung auch an anderen Tagen machen zu wollen. Das ist ein schwieriger Punkt. Man weiß, dass im Allgemeinen viele Leute zwar bereit sind auf etwas neues einzusteigen, aber eben nicht alleine oder als Erste. Die Stimmung und Gruppendynamik muss erst noch steigen, damit die ersten Mutigen tatsächlich einen Trend setten und die Wartenden mitziehen. Deswegen sind neben den Rappern weitere Protagonisten zu beobachten.
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: cephalus am 02.01.2022 11:45
Ich denke eher, dass die meisten über 20jährigen sehr lange brauchen oder sich dauerhaft gegen die Akzeptanz sperren.

Die meisten Menschen sind träge, wenn es darum geht Ansichten oder Gewohnheiten zu ändern.

Vor etwa 20 Jahren hatte ich einen Chef (damals ca. 80J und Inhaber einer Firma mit 1500 Mitarbeitern), der mal zu meinem langhaarigen Kollegen sagte:

"Ich habe jetzt gelernt mit Frauen in Hosen umzugehen und vor 10 Jahren den Fehler gemacht etwas dazu zu sagen, daher halte ich jetzt auch lieber den Mund bezüglich ihrer Haarpracht."

Das war wie gesagt etwa 2000...



Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: Falexoo am 02.01.2022 12:05
Ich denke auch, die größte Veränderung kommt von der Jugend. Muss eigentlich auch von der Jugend kommen, um so eher kann sie sich für nachfolgende Generationen durchsetzen. Ich denke schon, dass in 10 Jahren der Männerrock, auch wenn er längst nicht von allen Männern getragen wird, so normal wird, dass man es nicht mehr als etwas besonderes ansieht. Dann wäre ja auch ein Ziel dieses Forums erreicht.

Aber um Männern die Hemmschwelle zu nehmen, wären eventuell paar erschwingliche als Männerröcke gelabelte Röcke nicht schlecht.

Hier gebe ich Jürgen Recht. Die meisten Männer, auch solche, die keinerlei Probleme mit mir im Rock haben, würden nie für sich diese unsichbare Grenze zur Damenabteilung durchbrechen. Hier müsste die Fashionindustrie ein Zeichen setzen und in Männerabteilungen Röcke anbieten. Ich wette, die Anzahl Rockträger würde sich schnell erhöhen. (Zumindest an heißen Tagen)
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: doppelrock am 02.01.2022 12:23
Da sind wir dann an der Stelle, dass Hersteller und Medien den Trend schaffen oder erzeugen müssen. Wie bei den neonfarbenen Turnschuhen, die bis unmittelbar vor dem Trend als weiblich galten und direkt durch Angebot und Werbung zum must have wurden.
Aus meiner Sicht die richtigen Botschafter sind normale Männer und solche, die den normalen Männern als Vorbild dienen, die gerade populär sind mit hohem Sympathie-Faktor. Alles, was mit gender, weiblich oder trans beworben wird, dürfte die meisten Männer eher abschrecken, denn sie wollen weiter Männer sein und Frauen erobern. Sie wollen nicht als Einhorn aufwachen und sich als Zirkuspferd fühlen in einer Verkleidung. Sie wollen eher in jeder Beziehung passende Kleidung tragen.

Die Diskussion wurde hier aber auch schon an vielen anderen Stellen geführt, siehe Archiv
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: MAS am 02.01.2022 13:14
Da sind wir dann an der Stelle, dass Hersteller und Medien den Trend schaffen oder erzeugen müssen. Wie bei den neonfarbenen Turnschuhen, die bis unmittelbar vor dem Trend als weiblich galten und direkt durch Angebot und Werbung zum must have wurden.
Aus meiner Sicht die richtigen Botschafter sind normale Männer und solche, die den normalen Männern als Vorbild dienen, die gerade populär sind mit hohem Sympathie-Faktor. Alles, was mit gender, weiblich oder trans beworben wird, dürfte die meisten Männer eher abschrecken, denn sie wollen weiter Männer sein und Frauen erobern. Sie wollen nicht als Einhorn aufwachen und sich als Zirkuspferd fühlen in einer Verkleidung. Sie wollen eher in jeder Beziehung passende Kleidung tragen.

Die Diskussion wurde hier aber auch schon an vielen anderen Stellen geführt, siehe Archiv


Doppelrock,

der Begrifff "normale Männer" ist ein Gender-Begriff. Wenn Du keinen Gender-Begriff willst, musst Du die kulturellen Geschlechter abschaffen und alle Menschen zu kulturell geschlechtslosen Wesen machen, auch wenn sie rein biologisch männllich, weiblich oder sonstiges sein sollten. Dann könnte man das Geschlecht eines Menschen nicht mehr erkennen, außer, wenn er nackt vor einem stünde. Das wäre dann das Ende von Gender. Solange noch zwischen Männern und Frauen, normalen und unnormalen Männern und Frauen usw. unterschieden wird, haben wir Genderidentitäten.

Gruß, Micha
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: doppelrock am 02.01.2022 13:25
@MAS: Normale Männer im Sinne der Mehrheit. Biologisch Mann, zu Frauen hingezogen. Das bedeutet keine Abwertung derer, die diesem Bild nicht entsprechen
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: Holger Haehle am 02.01.2022 14:06
Die Erzeugung von Trends wird in der Fachliteratur aus ökonomischen Gründen nicht empfohlen. Eine einzelne Firma kann das auch kaum leisten, besonders wenn andere Firmen dagegen wetten. Speziell die Modeindustrie folgt grundsätzlich natürlichen Trends, denn die muss man nicht erst aufbauen. Jeder versucht also möglichst als erster dem "richtigen" Trend aufzuspringen. Den braucht man dann nur noch begleiten. Das ist kostengünstiger. So ist damals Vivienne Westwood groß rausgekommen, als sie dem richtigen Riecher folgend, erst den Punk und dann den Grunge in ihre Kollektionen aufgenommen hat.

Versuche Trends aus der Retorte zu kreieren sind meistens als Kopfgeburten zum Scheitern verurteilt. Da sie nicht aus einer natürlichen, dynamischen Entwicklung entstanden sind, fehlt es ihnen an Momentum. Es ist sehr teuer mit Testimonials und anderen Werbemaßnahmen  künstliche Trends ins Leben zu rufen und künstlich am Leben zu halten, wenn es in der Gesellschaft noch keinen dynamischen Rückhalt gibt. Wieso soll eine Firma das wirtschaftliche Risiko eingehen? Die Industrie will  schließlich  Gewinne durch hohe Umsätzen  bei niedrigen Kosten erwirtschaften. Welcher Trend gerade anliegt ist ihr ziemlich egal. Sie macht jeden Trend mit. Hauptsache man merkt es als erster und springt am schnellsten auf. Entscheidend ist hierbei nur welche neue Entwicklung die stärkste Dynamik hat und deswegen die größeren Umsätze erwarten lässt.

Jede neue Generation entscheidet neu was sie will. Das ist nie das, was die alten Herren wollen. Junge Menschen entscheiden selber, wen sie sich zum Vorbild nehmen. Sie kopieren selten ihre Väter. Das gilt besonders, wenn deren toxische Männlichkeit eher abtörnt. Ihnen irgendeinen "normalen"  Mann zur Richtschnur vorzusetzen, kann leicht als Manipulationsversuch  abgelehnt werden und zu Rebellion führen. Das zeigen alle Jugendbewegungen von den Hippies, über die Mods und Popper bis zu den Punks.

In dem Zusammenhang möchte ich noch darauf hinweisen, dass falsche oder interessengesteuerte Marktanalysen in den Marketingabteilungen der Firmen, die diese frisierten Marktdaten kaufen zu Planungen führen, die am Markt scheitern müssen, weil sie ja nicht auf die realen Fakten zugeschnitten sind. Das ist für ein Institut der Marktforschung rufschädigend, denn andere Firmen werden ein Institut meiden, auf dessen Analysen kein Verlass ist.

Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: GregorM am 02.01.2022 15:03
Normale Männer im Sinne der Mehrheit. Biologisch Mann, zu Frauen hingezogen. Das bedeutet keine Abwertung derer, die diesem Bild nicht entsprechen

Hier bin ich einig. Aus lauter Angst, nicht politisch korrekt zu sein, machen wir uns das Leben unnötig kompliziert. "Im Sinne der Mehrheit" ist ja genau, womit wir bis vor einigen Jahren den Begriff Normal verstand,  und zwar ohne, dass "normale" Leute darin eine Abwertung erkannte. Aber klar besteht die Möglichkeit dafür, und das ist, wozu es heute gekommen ist, denn genau das will "man" heute hervorheben.

In den meisten meiner erlebten Jahren war Neger kein Schimpfwort -  aber Nigger war. Ein Neger war einfach ein Mann (oder eine Frau), also ein Mensch, mit schwarzer Hautfarbe.
Ein Eskimo war einfach ein Mensch, der im Grünland oder sonst in der Nahe des Nordpols lebte. Ein sehr populärer Eis wird seit Jahrzehnten unter dem Namen Eskimo-Eis verkauft. Jetzt gibt es Geschäfte, die es des Namens wegen nicht länger im Sortiment haben wollen. Und sicher auch Verbraucher, die es boykotteren. Denn einige könnten meinen, es läge doch im Namen etwas Diskriminierendes.

Wer Probleme erkennen will, sieht sie.

Wenn es zu Gender und Geschlecht kommt, auch.

Gruß
Gregor 
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: Albis am 02.01.2022 21:56
Deswegen rechne Ich persönlich mit 5-10 Jahren, bis Männer in Röcken gesamtgesellschaftlich akzeptiert sind oder gar darin als chic gelten.
Das wäre ja echt traumhaft, wenn das so schnell gehen würde. Wir schreiben uns 2027 und 2032 wieder.  ;)
Ansonsten habe ich keinerlei Gefühl, wie schnell sich Trends durchsetzen können. Du hast das ja am Beispiel der Modeindustrie gut beschrieben, Holger.
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: MAS am 02.01.2022 22:16
@MAS: Normale Männer im Sinne der Mehrheit. Biologisch Mann, zu Frauen hingezogen. Das bedeutet keine Abwertung derer, die diesem Bild nicht entsprechen

Ich verstehe, was Du meinst. Aber verstehst Du auch, dass auch ein heterosexueller Cisgender-Mensch eine Genderrolle einnimmt, dass der Begriff "Gender" alle Menschen umfasst, sofern sie in einer Gesellschaft leben?
Einzig geschlechtslose Menschen hätten kein Gender oder solche, die ihre Geschlechtsidentität in der Gesellschaft verheimlichen würden und derem Geschlecht gesellschaftlich nicht erkennbar wäre.

Gruß,
Micha
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: cephalus am 03.01.2022 10:37
Lieber Micha,
das sehe ich anders:

"End of Gender" wäre genau dann, wenn sich des einzelnen Menschen Verhalten von keinem, auch nicht von ihm selbst, an bestimmten Erwartungen und Rollenmustern orientieren würde, die derzeit aufgrund von Geschlecht, im englischen "sex" zugeordnet werden.
Im Deutschen ist die Begriffsdefinition leider nicht so klar und verschwimmt.

Es darf durchaus das biologische Geschlecht erkennbar und klar sein, alles was derzeit damit assoziiert wird, müsste hinfällig sein.

VG
Cephalus
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: Holger Haehle am 03.01.2022 10:49
Deswegen rechne Ich persönlich mit 5-10 Jahren, bis Männer in Röcken gesamtgesellschaftlich akzeptiert sind oder gar darin als chic gelten.
Das wäre ja echt traumhaft, wenn das so schnell gehen würde. Wir schreiben uns 2027 und 2032 wieder.  ;)
Ansonsten habe ich keinerlei Gefühl, wie schnell sich Trends durchsetzen können. Du hast das ja am Beispiel der Modeindustrie gut beschrieben, Holger.

Was mich so positiv stimmt ist, dass es an mehreren Ecken Bewegung gibt. Wir profitieren  da auch von Entwicklungen  der queeren Szene. Im Bundestag sitzen heute sogar schon mehrere Transpersonen. Daneben wird das Verhältnis zwischen Männern und Frauen in Beziehungen immer partnerschaftlicher und gleichberechtigter. Selbst die Gender Debatte spiegelt sich wandelnde Vorstellungen  über die Rollen, die ein Mensch in der Gesellschaft einnehmen kann. Die persönliche Freiheit ist ein allgemein sehr hoch anerkanntes Gut, das auch zu mehr Toleranz führt. Den "normalen" Einheitsmann findet man immer seltener. Männlichkeiten werden vielfältiger. Sogenannte weibliche Eigenschaften und Privilegien werden immer mehr auch von Männern in Anspruch genommen. In Unternehmen entscheiden Soft Skills und emotionale Kompetenz über die Karriere. Im Konzert all dieser Entwicklungen ist der Rock am Mann keine so große Hürde. 
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: Holger Haehle am 03.01.2022 10:59
Hm,

Gender meint das sozio-kulturelle Geschlicht - richtig. Wenn die kulturellen Regeln sich ändern, dann ändern sich die Gender. Wenn alle kulturellen Zuordnungen aufgehoben werden, gibt es kein kulturelles Geschlecht mehr.

Das heißt aber nicht, dass es auch kein biologisches Geschlecht mehr gibt. Das eine muss mit dem anderen nichts zu tun haben. Rock oder Hose, Heels oder Flats, Makeup oder Bart ändern nichts am anatomischen Geschlecht.
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: MAS am 03.01.2022 16:03
Hm,

Gender meint das sozio-kulturelle Geschlicht - richtig. Wenn die kulturellen Regeln sich ändern, dann ändern sich die Gender. Wenn alle kulturellen Zuordnungen aufgehoben werden, gibt es kein kulturelles Geschlecht mehr.

Das heißt aber nicht, dass es auch kein biologisches Geschlecht mehr gibt. Das eine muss mit dem anderen nichts zu tun haben. Rock oder Hose, Heels oder Flats, Makeup oder Bart ändern nichts am anatomischen Geschlecht.

Lieber Holger,

meines Erachtens ändern sich die Gender-Zuordnungen immer wieder, aber aufheben werden sie sich nie. Dazu ist das Geschlecht zu zentral im menschlichen Leben. Aber die Unterschiedmarker können subtiler werden und weniger wichtig genommen werden.

LG, Micha
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: Holger Haehle am 03.01.2022 16:37
Okay Micha,

das wäre dann eine Veränderung nicht in Richtung Auflösung, sondern für mehr Vielfalt. Also so ähnlich wie es jüngst an anderer Stelle für die Bugis auf Sulawesi beschrieben wurde, die sogar 5 Gender haben.

Das klingt logisch.
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: MAS am 03.01.2022 16:47
Ja, ich meine, die Verhaltensweisen rund um die Fortpflanzung, angefangen vom pubertären Verhalten oder gar vorpubertären über die Partner*innensuche und -werbung und das Besiegeln einer Partner*innenschaft (Hochzeit u. dgl.) bis hin zur Mutter- und Vaterschaft und auch Großelternschaft, sind für uns Menschen viel zu wichtig, als dass sie nicht auch Niederschlag in kulturellen Symbolen für die jeweilige Geschlechtszugehörigkeit finden müssen. Und wo es Zugehörigkeiten gibt, gibt es auch Grenzziehungen, und wo es Grenzziehungen gibt, gibt es auch Grenzüberschreitungen. Und wo es Bipolarität gibt, gibt es auch Zwischenstufen. Ob man dann fünf Genderidentitäten (er)findet oder mehr oder weniger, ob man sie klar voneinander abgrenzt oder ineinander übergehen lässt, ist dann eine andere Frage, aber irgendwas in der Richtung wird es immer geben, eine vollkömmen genderfreie Gesellschaft dagegen nicht, noch nicht mal bei zölibatär lebenden Mönchen*Nonnen.

LG, Micha
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: Skirtedman am 03.01.2022 17:17
Und wo es Bipolarität gibt, gibt es auch Zwischenstufen.

Na, erzähl das mal einem Magneten!
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: MAS am 03.01.2022 17:22
Und wo es Bipolarität gibt, gibt es auch Zwischenstufen.

Na, erzähl das mal einem Magneten!

Der hat ja keine Ohren!

LG, Micha
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: Skirtedman am 03.01.2022 17:43
Okay Micha,

das wäre dann eine Veränderung nicht in Richtung Auflösung, sondern für mehr Vielfalt. Also so ähnlich wie es jüngst an anderer Stelle für die Bugis auf Sulawesi beschrieben wurde, die sogar 5 Gender haben.

Das klingt logisch.

Nein, wer in unserer Gesellschaft unter der Bipolarität leidet, der entledigt sich den bipolaren Normen, sofern diese Person die Kraft dazu aufbringt. Mit mehr Toleranz strebt unsere Gesellschaft der Aufhebung der Bipolarität zu, wobei es immer noch genügend sich bipolar einordnende Menschen geben wird, aber die Zwischenstufen dazwischen (vielleicht sogar 'multidimensional') fliessend sind. Das Aufheben von normativen Rollenerwartungen geht mehr in Richtung einer Vielzahl von Gendern mit unscharfen Übergängen (à la 72 Geschlechter bei Facebook, oder wo das war und wieviele das waren).

Die Bugi von Sulawesi sind für hiesige Menschen mit geschwächter Bipolarität allenfalls ein Beispiel, wenn diese Menschen in unserer Gesellschaft nicht die Kraft aufbringen können, sich von der Bipolarität zu lösen, um sich auf den Weg hinein ins Genderspekrtum zu machen.

Wenn ich recht verstanden habe, sind bei den Bugi de facto noch immer nur 2 Gender wirksam, lediglich mit dem Unterschied, dass diese beiden Gender nicht an das biologische Geschlecht gebunden sind. Das weckt für bipolar erzogene Europäer den Traum der Wahlfreiheit, ob ich als Mann oder als Frau leben will. Ich weiß allerdings nichts darüber, wer das nun bei den Bugi bestimmt - bestimmt man das selber oder wird man da sonstwie in diese Rolle hineingedrängt? Wünschenswert wäre in unseren Träumen natürlich die Selbstbestimmung. Aber auch hier wäre der Weg nicht frei, dass man als Mann lebender Mensch sich nicht frei der Sujets der als Frau lebenden Menschen aneignen kann - auf uns übertragen, hätten also die 5 Gender der Bugi noch immer keinen Platz für den europäischen Rock am als Mann lebenden europäischen Menschen.

Achja, der/die/das 5. Gender - bisher sprach ich ja nur von 4 - das 5. Gender käme vielleicht in den Zwischenbereich zwischen männlicher Rollenerwartung und weiblicher Rollenerwartung. Das 5. Gender ist bei den Bugi also neutral - und vereint alles, was im Spektrum zwischen Mann und Frau als Rollenentwurf anzusiedeln wäre. Soweit ich verstanden habe, ist jenes neutrale Gender aber eher die Ausnahme und an spirituelle Aufgaben geknüpft. Inwieweit hier Wahlfreiheit für 'die Betroffenen' herrscht, ist mir gänzlich unbekannt. Allerdings scheint dieses neutrale Gender der Bugi nicht einzuschließen, dass man sich einen Lebenspartner seiner Wahl suchen kann - insofern passt das neutrale Gender der Bugi auch nicht in die breite Lücke zwischen Mann-Rolle und Frau-Rolle.

So eine Art neutrales Gender gibt es ja auch bei uns - jedenfalls in der katholischen Kirche. Da sind ja die Priester und die Personen im Weihegrad aufwärts eigentlich für die Rolle eines Neutrums vorgesehen - wie gut es klappt, sehen wir ja - bis hin, dass Priester letztlich ja doch wieder Hosen tragen unter ihren Kutten. Ja, und auch Mönche und Nonnen sind nicht ganz frei von der Bipolarität in unserer hiesigen Gesellschaft. Ganz richtig, Micha.

Kurzum Holger, wenn sich in unserer 'westlichen' Gesellschaft etwas tut, dann ist es nicht vergleichbar mit den Bugi, dann ist es bei uns wirklich ein viel freieres Modell, auch wenn manchereiner von uns sich die 5 Gender der Bugi vielleicht lieber wünschen würde.
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: MAS am 03.01.2022 17:51
So eine Art neutrales Gender gibt es ja auch bei uns - jedenfalls in der katholischen Kirche. Da sind ja die Priester und die Perosnen im Weihegrad aufwärts eigentlich an die Rolle eines Neutrums vorgesehen - wie gut es klappt, sehen wir ja - bis hin, dass Priester letztlich ja doch wieder Hosen tragen unter ihren Kutten. Ja, und auch Mönche und Nonnen sind nicht ganz frei von der Bipolarität in unserer hiesigen Gesellschaft. Ganz richtig, Micha.

Lieber Wolfgang,

bei röm.-kath. Weltpriestern wird sehr darauf geachtet, dass sie zeugungsfähig sind. Männlichkeit ist also ein wichtiges Merkmal. Es kann da m.E. also nicht von einer genderneutralen Identität gesprochen werden. Die Talare usw. gelten dabei keineswegs als weibliche Kleidung.

LG, Micha
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: Skirtedman am 03.01.2022 18:14
Das mit der Zeugungsfähigkeit habe ich nun nicht verstanden, dass das bei der Kirche nun wirklich wichtig, quasi Voraussetzung wäre.

Und nebenbei begegnet mir immer wieder von weltlichen Menschen, bis hin zu Wissenschaftlern, die Äusserung, das die Talare von Priestern, Juristen etc. sowas wie eine 'Verweiblichung' bzw. Neutralisierung des Menschen symbolisieren sollten - sozusagen gottgleich.
Titel: Antw:The End of Gender
Beitrag von: MAS am 03.01.2022 19:13
Ja, das wird vor der Priesterweihe untersucht. Ich finde dazu im Netz aber gerade nichts. Vielleicht stimmt es auch doch nicht, was ich meine zu wissen.

Und nein, das ist eine moderne Sichtweise, keine kirchliche Tradition. Die Kleidung stammt ja aus der Antike.

LG, Micha