Autor Thema: Gender-Neusprech  (Gelesen 30811 mal)

Offline MAS

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Antw:Gender-Neusprech
« Antwort #195 am: 15.07.2023 09:08 »
Danke, lieber Silkman!

Ja, umgangssprachlich wird das Wort "gendern" völlig falsch verwendet, als ob nur die Verwendung des Gendergaps  gendern wäre. "Gendern" bedeutet ja, die Geschlchter der Menschen in der Sprache oder auch sonst wo sichtbar bzw. hörbar zu machen, um sie voneinander unterscheiden zu können. Anreden wie "meine Damen und Herrren", die Unterscheidung von Mädchen- und Jungenspielzeug, von Frauen- und Männerkleidung, von Damen- und Herrentoiletten, das alles ist gendern.

Was mich so ärgert, ist, dass durchaus kluge Menschen wie Söder mit Absicht das Wort falsch verwenden und die Menschen, die kein englisch können, darin bestärken, es falsch zu verstehen, um Stimmung gegen Gendersternchen usw. zu machen.

Der Gendergap, geschrieben oder gesprochen, hat ja die gegenteilige Absicht: Menschen aller Geschlechter in einem gemeinsamen Wort zu bezeichnen, ohne grammatisch gener ein Geschlecht zu bevorzugen und die anderen unter dieses zu subsumieren. Es ist also ein Entgendern und kein Gendern. Das nennt man dann auch "gendergerechte Sprache". Wenn Söder und Konsorten gegen gendergerechte Sprache sind, dann sollen sie das auch so sagen und nicht sagen, sie seien gegen das Gendern!  Aber welcher Politiker will schon offiziell gegen etwas Gerechtes sein?

LG, Micha

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Offline culture skirt

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Antw:Gender-Neusprech
« Antwort #196 am: 15.09.2023 13:55 »
Ja, das ist noch ein schwieriges Thema. Im Englischen ist das alles einfacher, denn da gibt es oft keine weiblichen Endungen der meisten Wörter.

Es wird noch einiges an Diskussion und Experimentieren geben, bis wir eine Lösung gefunden haben, mit der die meisten zufrieden sind.

LG, Micha
Im Englischen gibt es trotzdem geschlechtliche Endungen und Artikel.
Für den Engländer sind Schiffe immer weiblich. "The Ship, she is beautiful". Er wird nie sagen. "The Ship, he is beautiful".
Das gleiche beim Lehrer. Der weibliche Lehrer wird als Lady Teacher angesprochen, wenn explizit eine Frau als Lehrerin bezeichnet wird.
He, she, it sind ebenso eindeutige Pronomen, die wie im Deutschen Er, Sie, Es beschreiben.

Offline Yoshi

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Antw:Gender-Neusprech
« Antwort #197 am: Gestern um 23:52 »
Lieber Holger,

ja, aber es gibt auch Beispiele dafür, dass neue Wörter das Denken nicht verändert haben. So verwenden manche Menschen das Wort "Neue Religionen" genau so mit negativem Unterton wie früher das Wort "Sekten" oder "Menschen mit Migrationshintergrund" genau so negativ wie früher "Ausländer". Nun sind diese beiden neuen Begriffe ja auch sachlich korrekter und sie verlangen keine völlig neue Orthographie, wie es ein *, ein Binnen-I oder dergeleichen verlangen.

Ich fände es ästhetisch eleganter, eine Lösung zu finden, männliche, weibliche und diverse Menschen in einem gemeinsamen Wort zu bezeichnen, das weder männlich, noch weiblich, noch eine schwer lesbare Kombination von beidem ist und ohne Sonderzeichen auskommt. Allein, mir fällt nicht ein wie.

Also verwende ich das * in der schriftlichen Form, manchmal auch in der mündlichen, mache aber niemandem die Vorschrift, es auch zu tun, auch nicht meinen Studierenden. Ah ja, das Partizip verwende ich noch lieber als das *, also "Studierende" lieber als "Student*innen". Das geht aber eben nur mit Verbalsubstantiven.

Hauptmaxime ist bei mir aber, die Menschen nicht mit einem Wort zu bezeichnen, mit dem sie sich nicht identifizieren, es sei denn, ich will ihnen damit sagen, dass ich ihrer Selbstbezeichnung nicht zustimme. Letzteres scheint mir tatsächlich ja auch bei manchen (!) Verfechtern des genereischen Maskulinum zu sein, die den Diversen ihr Diverssein absprechen und Frauen nicht als gleichrangig ansehen. Manche drücken mit ihrer Wortwahl eben auch ihre Ideologie aus, nicht nur die Feminist*innen, sondern auch die Patriarchalen.

LG, Micha

Diesen Kommentar unterschreibe ich zu 100%. Da fühle ich jedes Wort!

Für mich als Erzieher ist das Gendern aus einer anderen Perspektive zu sehen: Der Beruf ist nämlich bekanntermaßen eine Frauendomäne und es wird eine Art "generisches Femininum" genutzt. In meiner Ausbildung las ich viele Texte, in denen nur von "Erzieherinnen" die Rede war. Daher bin ich es gewohnt mit der weiblichen Form mitgemeint zu sein. Wenn von Erziehern die Rede war, wurde meist von "männlichen Erziehern" gesprochen (eigentlich eine Tautologie). Jedoch wird auch immer mehr gegendert ("Erzieher*in") und es ist fast schon Standard in neueren pädagogischen Texten.
Ich versuche "Erzieher" oder "Kollege" auch durch genderneutrale Formen zu ersetzen und das ist noch nicht mal schwierig. Hier mal einige Beispielsätze: "Ich bespreche das mal im Kollegium." "In unserer Gruppe arbeiten drei Fachkräfte." "Das ist die pädagogische Haltung unseres Teams." Es wirkt nicht künstlich, ich habe nicht viel Aufwand betrieben und niemanden dadurch ausgeschlossen.

 

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