Autor Thema: Ausland  (Gelesen 6258 mal)

Offline cephalus

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Ausland
« am: 05.01.2005 23:24 »
Hallo Leute,
ich stecke zur Zeit in Guatemala und hatte gerade ein laengeres Gespraech mit ein paar, sehr traditonell gekleideten Frauen in einem kleinen Dorf in der Naehe von Quetzaltenango.
Sei verkauften handgewebte Stoffe aus denen eine traditionelle Kleidung gefertigt wird und wollten mir etwas verkaufen. Da ich nicht wusste wie die traditionelle Maennerkleidung aussieht haben sie es mir erklaert und demonstriert. Dass ich es nicht wusste hatte schlicht den Grund, dass sich nur noch Frauen traditionell kleiden.
Im Wesentlichen ist die Maennerkleidung eine farbenfroche Jacke, ein Tuch um die Hueften, praktisch ein Rock, unter dem jedoch eine wadenlange Hose getragen wird. Aus diesem Grund wollen es die Maenner nicht mehr tragen, weil sie dann ja "Frauenkleidung " tragen wuerden. Sie orientiern sich alle am westlichen Vorbild, das die taeglich, z.B. an mir sehen. Es ist schon erschreckend, wei das Empfinden selbst fuer traditionelle Kleidung durch Einfluesse von aussen gepraegt wird.
Ich hatte daraufhin die Frage in den Raum bzw. Markt gestellt, warum die Fauen es nicht auch so machen und nur noch Hosen tragen, schliesslich tragen westliche Frauen fast ausschliesslich Hosen. Daraufhin entbrannte eine wilde Diskussion, leider im weiteren Verlauf nicht mehr auf spanisch, so dass ich ich nicht lange folgen konnte, aber die Essenz die ich mitbekam war ungefaehr:
Frauen haben sich anzupassen, ihre Nase nicht zu weit in Richtung Fortschritt und und ausser Haus zu stecken und eine Hose waere Auflehnung gegen dieses Schema.
Dass sich auch Maenner anpassen und fremden Einfluessen unterwerfen hat fuer kurzes Innehalten gesorgt, aber wurde schnell vom Tisch gefegt.

Cephalus

Offline Skirttrender

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Re:Ausland
« Antwort #1 am: 06.01.2005 01:18 »
Hallo Cephalus,

uff, daß ist ja noch Denken wie bei uns in den 30er/50er Jahren ???

Die Männer dürfen alles, auch sich selbst ändern, aber die Frauen nicht ?

Zweierlei Maß. Wenn der Mann seinen "Rock" ablegt, gilt das als Weiterentwicklung, wenn die Frau es machen würde (Hose statt Rock) dann verstößt alleine die Frau gegen die Traditionen ?

Vielleicht auch Traditions-Druck von den Müttern auf die Töchter immer wieder weiter gegeben ? Seid brav, damit die Männer Euch weiter versorgen, und nicht verstoßen ??

Gruß

Skirttrender
....eigentlich sollte ich was arbeiten, aber jetzt poste ich halt lieber.....

Offline Ferdi

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Re:Ausland
« Antwort #2 am: 06.01.2005 01:59 »
Hallo cephalus!

Also jetzt fällt mir mal die Kinnlade runter, und das ist verdammt selten. Das hätte ich nicht erwartet. Wer passt sich denn nun an? Ich habe das so verstanden, dass die Männer sich an den Weststil anpassen, indem sie ihre farbenfrohe, rockige Traditionskleidung nicht mehr tragen, weil Europäer und Nordamerikaner in ihren Pinguinen daher kommen. Und Frauen haben sich anzupassen, weil sie wie ihre Geschlechtsgenossinnen in Europa und USA keine Hosen tragen (dürfen?).

Wer schreibt denen das denn vor? Ist das nur ein Nachäffen westlicher (also europäischer und US-amerikanischer) Einflüsse? Dann wäre das ja eine neue Form des Kolonialismus. Mir fällt da die Reaktion der Schotten ein, als ihr Kilt in der europäischen Warenklassifikation als "Frauenkleidung" eingestuft wurde. Daraufhin haben sie auf höchster diplomatischer Ebene einen geharnischten Protest losgelassen. Auch in der Vergangenheit haben die Schotten sich gegen die Diskriminierung ihres Kilts erfolgreich gewehrt. Die wissen noch, was Stolz und Tradition ist.

Aus deinem Bericht schimmert eine wahnsinnige Verachtung von Frauen durch die Männer heraus, die sich wahrscheinlich wie die wilden Machos aufführen. Aber irgendwann wird die Emanzipation auch diese Frauen erreichen und dann werden sie Hosen tragen. Um sich dann von den Frauen zu unterscheiden, müssten die Machos eigentlich wieder ihre traditionellen Röcke tragen.

War wirklich interessant. Ich wünsche Dir noch einen weiteren angenehmen Aufenthalt in diesem sommerlichen (und sonderbaren) Land.

Gruss,
Ferdi
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Offline John

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Re:Ausland
« Antwort #3 am: 06.01.2005 11:06 »
Guten Morgen!

Ich gehe mal davon aus, dass Cephalus mit Indiofrauen geredet hat. Und da ist das Problem. Indios und Indianer werden in Lateinamerika bitter unterdrückt - offiziell natürlich gleichgestellt. Wenn ein Schotte sich gegen eine "Difarmierung" seines Kiltes bis in die höchsten Ebenen wehrt, hat ein Indio da keine Chancen. Gerade in Guatemala.
Ich habe in Bolivien (90% indigene Bevölkerung) einmal ein Praktikum gemacht. Sie haben nicht viel zu melden, die meisten resignieren. Wegen der geringen Schulbildung schauen sie auch noch zu uns (Europäer, Latinos) herauf und streben unserer Kultur hinterher.  Traditionel gekleidete Indios (männliche) gibt es da unten nur noch auf Festen.... (Indiofrauen in Hosen - ganz selten)

Die Frage wäre natürlich, ob es für die Indios so ein grosses Problem darstellt - die Kleidungsfrage. Aus ihrer Sicht ist es bestimmt eine Art Luxusproblem - erstmal muss die Familie durchgefüttert werden.

Letztlich haben wir ja auch nur ein Luxusproblem - darf ich als Mann Rock tragen.....

Gruß

John

P.S. : Was Traditionelle Kleidung in Deutschland angeht - letztlich ein Bericht im Fernsehen gesehen, dass hessische Tracht nur noch in ganz wenigen Heimatvereinen überlebt hat. Ich wusste nicht mal mehr wie die aussieht. Wer hat denn nun ein Problem mit Tradition und traditionellen Kleidern? Indios oder Hessen?


Offline Ferdi

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Re:Ausland
« Antwort #4 am: 06.01.2005 13:21 »
Hallo John!

In Bolivien und anderen Ländern dieser Region werden die Indios unterdrückt. In Deutschland werden die Männer unterdrückt. Mehr schreibe ich dazu lieber nicht, sonst bekäme ich von einigen wieder fürchterlich Dresche, ausserdem wäre das sehr weit off-Topic.

Gruss,
Ferdi
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Offline karber

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Re:Ausland
« Antwort #5 am: 06.01.2005 15:11 »
Einige Bemerkungen

zu traditionellen Kleidungen. War über Weihnachten/Neujahr in Jordanien und hab natürlich über Kleidung und Bekleidung ein wenig disskutiert. Die Frau hat in diesen Gebieten natürlich den Nachteil, dass sie sich nicht wie die Männer anpassen kann. Der Grund ist relativ simpel: dort ist das Leben auf die Beziehungen mit der Grossfamilie und den Nachbarn aufgebaut. Allein leben funktioniert nur sehr bedingt in Ballungsräumen. Daher ist es einfach die Frauen daran zu hindern einen eigenen Stil zu entwickeln und diesen auch zu versuchen. Eine Ausstossung aus der Gemeinschaft bedeutet sehr häufig das Todesurteil. Ist immer noch so in diesen Gebieten.
Die Männer tragen zwar am Land immer noch ihre langen Gewänder, aber fast immer darunter lange Hosen. Eigentlich schade.

Grüsse Karl

Offline John

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Re:Ausland
« Antwort #6 am: 06.01.2005 16:19 »
Hi Karber,

also ich kenne Jordanien nicht, dafür aber die erzkonservative arabische Halbinsel. Abgesehen vom Jemen, wo sich langsam in den Städten bei den Männern der westliche Kleidungsstil durchsetzt, sind die Araber der anderen Staaten ziemlich stolz auf ihre Kleidung und tragen sie bis in die Regierungsetagen. Bei den Frauen dieser Länder sieht man bekanntlich nicht sehr viel, was sie unter ihrem schwarzen Umhang tragen, man sieht etwa nur die unteren 10 cm - und die sind zum grössten Teil westlich. Jeans, Turnschuhe usw. In den Städten wohlgemerkt. Irgendwie hat man da den Eindruck, dass sich die Mädels ziemlich austoben.

Hi Ferdi,
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Offline Gatito

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Re:Ausland
« Antwort #7 am: 06.01.2005 16:38 »
Viva la falda, viva la revolución, abajo los pantalones!

¡Vale vale!  ;D

Faldas para todos.

adios, Gatito
Vielleicht müssen wir erst das loslassen was wir waren um das zu werden was wir sein werden. Carrie Bradshaw

Offline Ferdi

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Re:Ausland
« Antwort #8 am: 06.01.2005 21:19 »

Hi Ferdi,
Kopf hoch, irgendwann wird ein neuer Che Guevara kommen und uns befreien:
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Nicht nötig, ich bin ja schon längst befreit. Selbst ist der Mann!

Gruss,
Ferdi
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Offline cephalus

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Re:Ausland
« Antwort #9 am: 09.01.2005 02:56 »
Hi all,
ich bin hier nicht so oft online, daher noch ein paar Anmerkungen etwas verspaetet>

Indio ist nicht gaz korrekt, eine klare trennung zwischen europaeischstaemmigen und andern ist nicht mehr moeglich, es ist ethnisch komplett gemischt. Wenn eher zwischen Stadt und Land ... es war ein kleines Dorf, aber sehr dicht an einer Grosstadt.

Unterdruekung der Frauen ja, stimmt absolut.

Kostenfrage der Kleidung: Die traditonelle Tracht kostet ein vielfaches der westlichen.

Soweit, so schlecht....

Cephalus


 

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