Wer bin ich denn selbst, unabhängig von dem Ganzen, dessen Teil ich bin?
Du als Teil des Ganzen kommst aus dem Ganzen und trägst Deinen Teil zum Ganzen bei.
Du als Teil des Ganzen bist ein Individuum, doch ohne das Ganze bist Du ein Nichts.
Du bist ein agierendes Teil des Ganzen und formst mit das Ganze.
Du als agierendes Teil agierst genauso frei wie ein Wassertropfen auf seiner Reise durch die Welt. Der Wassertropfen reagiert auf das, was er vorfindet.
Du agierst auf das, was Du vorfindest, und doch ist es nur Reaktion.
Das, was wir hier diskutieren ist doch eigentlich nur das, was wir als Kultur bezeichnen. Kultur ist, was nicht durch das Biologische bestimmt ist, sondern, was davon losgelöst als Errungenschaft gepflegt und gehegt wird. Darin enthalten sind Erfahrungen, Ratschläge und Übereinkünfte.
Würden wir jedem neuen Mitglied des Ganzen, der Gesellschaft, erlauben, alles das tun zu dürfen, was es möchte, würde Chaos herrschen. Schon alleine das Sprechen. Würde jedes Kind sprechen wie es will, würden wir es nicht verstehen, würden wir uns alle nicht verstehen. Wie könnten wir all das, was eine Kultur ausmacht bewahren, wenn wir uns nicht verstehen könnten? Wie ließen sich Regeln vermitteln? Eine Gesellschaft ohne Regeln würde in wüster Gewalt zerbrechen, jeder würde gegen jeden kämpfen, schon alleine um die einfachsten Ressourcen wie Wasser oder Nahrung zu erlangen.
So ist es gut, dass ein jeder das kulturelle Erbe mit sich herumschleppt. Schon alleine die Regeln, die eine Gesellschaft zu einer lebensfähigen Gesellschaft machen, sind es wert, ererbt zu werden. Nicht zu denken, es müssten von Generation zu Generation, von Mensch zu Mensch, von Tag zu Tag neue Regeln des Miteinanders ausgehandelt werden.
Doch Teile des kulturellen Erbes können für einzelne Mitglieder der Gesellschaft zur Last werden. Das schafft Leiden. Und es erfordert Energie, diese Teile mit der Gesellschaft neu auszuverhandeln. Das sind Störer der bestehenden Kultur. Werden Lösungen gefunden, dann verändert sich die Kultur in kleinen Teilen. Vielleicht bringen diese Lösungen die Gesellschaft aber ein Stückchen näher zu einem besseren Miteinander. Und Kulturen ändern sich, ständig.
Und Du als Teil der Kultur wirkst daran mit. Dass Du Dinge verändert sehen möchtest, und andere das ähnlich sehen, ist Ausdruck, dass das kulturelle Optimum noch nicht erreicht ist.
Und entweder Du bringst die Energie auf, die gesellschaftliche Erwartungen nicht alle zu erfüllen und damit am kulturellen Erbe mitzuwirken. Oder Du verlierst die Energie, die die gesellschaftlichen Erwartungen zu erfüllen Dich kostet, um alle Teile des kulturellen Erbes unverändert zu bewahren.
Das ist die Entscheidung darüber, ob die Kultur dem Menschen dient, oder ob der Mensch der Kultur dient.