Ob Deine Einschätzung von Eindeutigkeiten von anderen Mitmenschen genauso eindeutig aufgefasst werden, steht sicherlich auf einem anderen Blatt.
Natürlich darfst Du äussern, wenn Dir Umstände (z.B. Gerichtsentscheide) nicht behaglich vorkommen.
Aber klar, von Dir kennen wir ja Deine Einschätzung, deutbare Unklarheiten auch als grundsätzlich anzuprangernde Vorsätzlichkeiten zu kommunizieren.
Vom Grundsatz her hast Du in Deinem Schlusssatz natürlich ein wenig auch meine Sympathie, da es natürlich die Frage ist, inwieweit davon abweichende Handlungen geahndet werden. Wobei meines Wissens ja nicht das Verfassungsgericht für das Ahnden zuständig ist, sondern Rahmenbedingungen setzt, wie diese Entscheide künftig verarbeitet werden sollen - nach meinem nun unrecherchierten Grundverständnis.
Insofern gelten solche Entscheide dann eher eben Institutionen, die entsprechende Gesetze formulieren, oder sind ein Fingerzeig, wie zum Beispiel Behörden mit der Sachlage künftig umgehen sollen und stellen gleichzeitig in Aussicht, dass im Einzelfall Betroffene jurisitsch solche Umsetzungen einklagen und beschleunigen können.
Eine verbindliche Vorschrift, dem Mann oder der Frau auf der Straße den Gebrauch des Wortes vorzuschreiben, sind solche Entscheide natürlich nicht. Aber die gesellschaftliche Wahrnehmung und Diskussion dieser Urteile schärft natürlich auch das Bewusstsein des Einzelnen, dass man manchmal mehr auf die in dieser Beziehung vulnerablen Gruppen mit in seine Gedanken einbeziehen kann, wenn man sich äussert.
Ob nun ein direktiver Eingriff in den Sprachgebrauch per Gesetz im deutschen Rechtssystem von z.B. Bundesgerichten möglich ist, habe ich noch meine Zweifel. Bekannt aus Geschichte oder anderen Staaten ist ja, dass manchmal die Verwendung eines einzigen bestimmten Wortes oder Narrativs die Inhaftierung, bisweilen sogar die Hinrichtung zur Folge haben kann - davon sind wir derzeit zum Glück noch weit entfernt.
Holgers einfache Benutzung des 'generischen Femininums' begegnet mir auch immer öfter, z.B. wo ein Mann über sich selbst sagt "Ich als Ärztin...." oder in Texten mal ein genrisches Maskulinum, mal ein generisches Femininum verwendet wird. Was aber sehr oft der Deutlichkeit der Aussage abträglich ist, solange der allgemeine Sprachgebrauch das noch nicht anwendet.
Deswegen wäre ein entgendern à la '...y' vielleicht sinnvoller, Aussagen eindeutiger kommunizieren zu können, wobei ich mich mit speziell dem Y auch nicht anfreunden kann. Ich denke, im Sinne der deutschen Sonanten- und Vokalkombinationen würde ein Y voll herausstechen. Ein A statt dem Y würde sich viel besser sprechen und anwenden lassen. Solcherlei Vorschläge propagieren aber eindeutig Eingriffe in die Sprache. Für so etwas gibt es Beispiele, wie sich dem Umgang mit weitreichenden Eingriffen in die Sprache (und sei es nur das Schriftbild betreffend) angenähert werden kann, mit Expertenkommissionen und ratgebenden Konferenzen, das sind Prozesse, die längerfristig laufen, die - siehe Rechtschreibreform - auch nicht mit dem Holzhammer auf jeden Sprachanwender durchgesetzt werden.
Das generische Femininum 'Witwe' ist per se nicht ganz zutreffend, bisweilen ist es auch auf den gleichermassen betroffenen Mann angewendet worden, mehr bezeugt ist aber auch die Form 'der Witwe' für den Mann, wobei sich schnell auch 'der Witwer', wie er heute gebraucht wird, herausgebildet hat. Insofern ist das nicht das 'generische Femininum', sondern das Maskulinum 'Witwer' hat sich generisch aus dem Femininum 'Witwe' herausgebildet - was einen Unterscheid bedeutet.
'Witwe' hat übrigens, was man vermuten könnte, sprachlich nichts mit der Farbe 'weiß' zu tun, sondern ist eher verwandt mit 'weit' im Sinne von 'sich trennen, ausbreiten, auseinander gehen'.
Ein klassisches existierendes generisches Femininum ist 'Person'. Und scheint wohl sprachlich tatsächlich auf eine Vorstellung zurückzugehen, wo es optisch unklar war, ob es sich in Wirklichkeit um einen Mann oder eine Frau handelt (im Sinne von verborgen durch eine Maske, Gesichtslarve).