Wie so oft - was ja längst nicht immer schlimm ist - haben wir uns mal wieder ziemlich vom eigentlichen Thema entfernt.
Wer welche Strumpfhosen bequem findet oder doof, dafür gibt es doch Strumpfhosen-Threads.
Wer was in diesem Forum von diesem Forum oder von seinen Mitmenschen erwartet und mit welcher Motivation er dies oder jenes trägt oder auch sell nicht trägt, ist doch auch ein anderes Thema, das in einem anderen, vielleicht neuen Themenstrang wunderbar diskutiert werden könnte. Das bringt uns aber in der Frage "Wer oder was definiert eigentlich männliche oder weibliche Oberbekleidung?" nicht weiter.
Oder doch?
Vielleicht bringt es uns ein Stückchen weiter, wenn wir sagen, dass (unter anderem) auch wir selbst es sind, die die Unterscheidung zwischen männlicher und weiblicher Oberbekleidung festlegen.
Das erinnert mich an eine Begegnung nach vielen Jahren mit einem alten Klassenkameraden. (Ist schon inzwischen so 25 Jahre her.) Er ist und war weit davon entfernt, irgendetwas - wie soll ich sagen? - 'tuntenhaftes' an sich zu haben. Ich im Rock - für ihn glaube ich das erste Mal, dass er mich so (zumindest offiziell) so sah. Er in einem orangenen Poloshirt (und Hose). Mir fiel sofort ins Auge - und ich konnte es nicht unterlassen, das anzusprechen -, dass dieses Poloshirt falschherum geknöpft war! Ein Fakt, der für mich heutzutage auch nur noch seltenst ein Hinderungsgrund ist, etwas zu tragen. Nun, seine neue Frau, die neben ihm stand, hatte dieses Poloshirt gekauft und es war ihr zu groß. So hat er es geerbt - und getragen! Er hat, obwohl es weibliche Oberbekleidung war, ganz selbstbewusst quasi dies als männliche Oberbekleidung definiert.
Sollte es uns da manchmal nicht auch ähnlich gehen? Wir definieren einfach mal etwas - zum Beispiel einen Rock - um, indem wir es zu 'männlicher Oberbekleidung' transferieren!?
Und wenn dem so ist, dann mag vielleicht die Diskussion, wer hier im Forum was aus welcher Motivation tragen will, eine gewichtige Rolle spielen. Denn für manche ist ein Rock, auch wenn er aus der Damenabteilung stammt und die irgendwie eng gezogenen Grenzen erfüllt - ein für einen Mann tragbarer Rock und deswegen auch ein vor sich selbst definierter Männerrock. Für andere hier im Forum hingegen, die gerne mal weiblich konnotiert werden möchten, oder die Teilzeitfrauen sind, oder die sich zum Frausein hingezogen fühlen, für diese ist es vielleicht wichtig, dass dieser Damenrock in der Tat ein Damenrock ist - und jeglicher Versuch, daraus einen Männerrock definieren zu wollen, im Eigenziel kontraproduktiv!?
Insofern ist es vielleicht doch potentiell zielführend, wenn wir hier versuchen auszudiskutieren, mit welchem individuellem Hintergrund unsereins hier im Forum Röcke bzw. Kleider bzw. anderes aus welcher Kaufhausabteilung auch immer trägt. Dann spielt nämlich unser innerstes Mindset eine wesentliche Rolle, ob wir etwas als männliche Oberbekleidung oder als weibliche Oberbekleidung auffassen wollen. Da Mindset A und Mindset B sowie Mindset C weit auseinanderliegen können, kann es natürlich sein, dass wir uns gemeinsam nie grün darüber werden, welche Klamotte nun was ist oder wie wirkt.
Trotzdem glaube ich - ich kann ganz falsch liegen -, dass Matthias mit der Eröffnung dieser interessanten Thread-Frage eher weniger unsere Eigendefinition von Kleidung im Sinn hatte, sondern eher die - gefühlt - gesamtgesellschaftliche Durchschnitts-Sicht auf diese Klamotten. Vielleicht aber auch die Menschen, die dafür in irgendeiner Weise verantwortlich sind, weshalb Klamotte X es in die Männerabteilung schafft und weshalb Klamotte Y in die Damenabteilung.
Letzterer Aspekt (also die dafür verantwortlichen Menschen im Fokus) ist vermutlich recht schnell abgesteckt. Denn seltenst wird der (vielleicht) Einkaufsleiter eines Kaufhauses selbst entscheiden, ob er ein Textil in die Männerabteilung oder in die Damenabteilung hängen wird. Ich denke, die Entscheidung wird in der ganzen Herstellungskette bereits beim Entwickler - bestenfalls 'Designer' - liegen, der in seinem Kopf festlegt, für welche Kategorie Mensch er jenes Kleidungsstück entwirft. Danach wird es das Kleidungsstück extrem schwer haben, noch einmal die festgelegte Seite zu wechseln. Insofern dürfte die Teilfrage nach dem 'wer' in unserem Thread-Titel ja schon beantwortet sein, wo die Verantwortung zu suchen ist: Der 'Designer'.
Nun könnte man natürlich noch mal genauer diese Teilfrage hinterfragen: Nach welchen Kriterien schöpft ein Modeschöpfer seine Modeschöpfung für seine Zielgruppe(n)? Das ist mit Sicherheit eine sauinteressante Folgefrage, die aber von Designer zu Designer sehr unterschiedlich sein wird. Mal abgesehen, dass da mit Sicherheit ja auch wirtschaftliche Interessen dahinterstecken (inclusive die Appetitanregung, auf seine Kreationen 'hereinzufallen'), so werden da sicherlich auch mehr oder weniger starke Rückkopplungseffekte aus der Gesellschaft hineinspielen - Für H&M zum Beispiel sind gezieltagierende Trend Scouts auf den angesagten Meilen der wichtigsten Städte unterwegs - zum Beispiel auf der Frankfurter Zeil. Ebenso hat z.B. H&M ja verschiedene Konzeptstores an angesagten Plätzen, wo in Kleinmengen bestimmte Modekreationen getestet werden - kommen die an, wird in diese Richtung weiterproduziert und weiterentwickelt. Ja, es gibt bestimmte Rückkopplungseffekte aus der Gesellschaft - viele 'Designer' werden nicht völlig frei agieren. Jedoch wird das von Designer zu Designer völlig unterschiedlich gelagert sein. Aber ja - sicherlich eine sehr interessante Folgefrage aus diesem Thread, der man sich vielleicht irgendwann noch einmal deutlich annähern kann.
Vielleicht also haben wir den 'wer'-Aspekt von Matthias` Fragestellung damit schon recht gut beantwortet.
Dennoch will mir nicht so ganz aus dem Sinn, beim 'Wer'-Aspekt dieser Thread-Frage den eigenen Lebenspartner - hier ja meistens eine Frau - oder gar die kritische Mutter nahezu gleichberechtigt neben die Modeschöpfer zu stellen.
Denn ob etwas männlich oder weiblich wirkt, das entscheidet ja nicht einzig die Frage, in welcher Abteilung sowas mal gehangen hat, bzw. wie wir in unserem infiltrierten Hirn uns das zurechtgelegt haben, sondern ganz häufig ja auch andere Menschen - nämlich die, die uns damit sehen. Ja, das können natürlich auch die Kollegen sein, der Chef, die Bäckereifachangestellte, die uns für zwei Minuten in die Augen bekommt. Ganz entscheidend aber mitreden tun doch die eigenen Lebenspartner, wie welche Klamotte nun wahrgenommen 'werden will'. - Naja: und ganz entscheidend (letztlich aber vielleicht etwas verblendet) wir natürlich selbst, wenn wir uns im Spiegel anschauen; wenn wir an uns herunterschauen; wenn wir uns nach links, nach rechts drehen, strecken, bücken, setzen - ob wir uns damit wohlfühlen, ob wir das für uns und an uns zulassen oder nicht - ob uns das zu weiblich ist oder nicht. Oder gar, ob uns das zu männlich ist oder nicht.
Bei all diesen Aspekten, die ich jetzt wortreich gestreift habe, spielt immer noch irgendein transzendentes Ding mit, das da wie ein unsichtbares Damoklesschwert über allem schwebt, ob ein Ding nun männlich oder weiblich wahrgenommen wird.
Abgesehen davon, dass es einige Dinger gibt, wo eine geschlechtliche Zuordnung nun wirklich irrelevant ist - und abgesehen davon, dass es unter uns ein paar Geister gibt, für die diese Zuordnung definitionsgemäß ebenso irrelevant ist, so geschieht doch allgemeingesellschaftlich so eine Zuordnung in unserem Kulturkreis bei den meisten Klamotten doch irgendwie ganz automatisch. Das mag bei Einzelfällen mal für den einen eher weiblich, für den anderen eher männlich wirken, im Gros aber ist man sich da nach wenigen Sekundenbruchteilen jedoch ziemlich einig.
Was also definiert nun männliche oder weibliche Oberbekleidung??
Und ich glaube hier können wir uns wunderbar an einer sehr langen Checkliste abarbeiten. Es sind ja meistens kleine, aber auch auffällige große Details, die dazu beitragen, dass etwas als potentiell männlich oder potentiell weiblich wahrgenommen wird.
Als allerersten Fakt bei der Frage nach dem 'Was?' möchte ich anmerken, dass es nicht zwingend immer nur ein Detail ist, das ein Kleidungsstück kategorisiert, sondern meist das Zusammenspiel mehrerer Details, die dann in der Summe die Kategorie männlich oder weiblich festlegen.
Analog dazu könnte man sagen, dass man wunderbar auch hier im Forum bei unseren Bildpostern und ihren/unseren Kreationen ja auch ablesen kann: ein 'weibliches' Kleidungsstück/Erscheinungselement (hier meine ich also auch anderes als Kleidungsstücke) reicht bei uns meistens ja bei weitem noch nicht aus, um den Gesamteindruck von 'möchte Mann sein' auf 'möchte Frau sein' kippen zu lassen, dazu bedarf es in der Regel mindestens noch einem weiteren Detail, wenn nicht noch einigen weiteren Details. So dürfte es auch bei einem solitär betrachteten Oberbekleidungs-Kleidungsstück sein (worum es ja hier in der Thread-Frage geht), dass ein weibliches/männliches Stilelement nicht per se ausreicht, um ein Kleidungsstück zu etwas Weiblichem oder Männlichem zu machen, sondern dass da mehrere Faktoren hinzukommen müssen, vor allem, wenn es am Leib eines Menschen der anderen Kategorie getragen wird.
Ich denke, über die oben erwähnte Checkliste könnten wir uns in jedem Punkt im Einzelfall hervorragend streiten. Ich fände es spannend, dies mit Euch zu tun.