Bahnsteig einer S-Bahnstation. Ich bin eben aus dem Zug gestiegen und jetzt auf dem Weg zu meinem Auto. Eine rothaarige Frau, anfangs der 40er, vermute ich, steht wie auf mich wartend. Sie fragt, ob ich wisse, wie sie zur Lokalbahn komme. Es ist ziemlich einfach, aber ich erzähle ihr es.
„Du siehst aber fabelhaft gut aus in deinem Kilt. Schade, dass man so wenige Männer im Kilt sieht.“
Ich kann ihr nur Recht geben.
Ob ich schottische Ahnen habe? Ich wähle die leichte Lösung und sage, dass es sehr, sehr lange her einige gäbe, dass es aber total ohne Bedeutung sei, ich träge Kilt, weil es anders ist. Der Abwechslung wegen.
Ob ich ihn immer träge? Da ich es verneine, ob dann vielleicht jeden Mittwoch? Ob ich vielleicht andere Frauensachen träge? Ich antworte, es sei nicht der Fall, und dass ich einen Kilt nicht für eine Frauensache halte.
Sie entschuldigt sich und stellt fest, dass ich ihn als Mann trage. Sie zündet sich eine Zigarette an und bietet auch mir eine, die ich als Nichtraucher doch ablehne.
Wir stehen jetzt still und reden weiter. Ob ich mehrere Kilts habe, und woher ich sie habe? Sie findet es sehr mutig, dass ich es mir traue, so gekleidet zu gehen. Wie sei wohl die Reaktion? Gebe es Zurufe?
Sie scheint sich zu wundern, dass ich keine Probleme erlebe, und wenn endlich Kommentare, dann die absolute Mehrheit in der Kategorie der Positiven.
Ob ich heute einen Freitag habe? Ich antworte, ich sei in der Rente. Wieso so jung? Sie scheint ehrlich erstaunt zu sein, als ich ihr sagt, ich sei nicht jung, werde doch bald 68. Womit ich mich beschäftigt habe? Ich erzähle ihr es.
Ob Kilttragen das einzig Außergewöhnliche bei mir sei, oder es vielleicht auch etwas anderes gebe?
Merkwürdige Frage, finde ich. Ich kann ihr aber versichern, dass ich sonst ganz normal bin.
Sie erzählt jetzt, sie sei Journalistin und habe einen Nachtprogramm im Rundfunk. Sie findet die Idee mit normalen Männern, die gerne im Kilt gehen, toll. Ob ich in ihrem Programm mitwirken möchte?
Ihr Zug ist jetzt zum Abfahren bereit. Ich schlage ab, was ich jetzt bereue. Ob sie dann über mich berichten dürfe, sie wolle irgendeinen Namen erfinden?
Dazu sage ich, sie sei herzlich willkommen.
Als sie zum Zug eilt, dreht sie sich um und ruft laut: „Du siehst doch so super gut aus in deinem Kilt!“
Noch ein Problem, ich weiß nicht, wo sie arbeitet. Vermutlich bei einem Lokalsender im Hauptstadtbezirk, aber wo? Ich hätte doch gerne hören wollen, was daraus käme.
Gruß
Gregor