Hallo zusammen,
die Herausforderung der Kommunikation ist, dass für eine Aussage immer ein großer Pool von möglichen Antworten und Interpretationen zur Verfügung steht. Je nachdem, welche "Grundeinstellung" jemand hat, sucht er sich aus dem Pool der Interpretationen genau die raus, die seine Grundeinstellung bestätigen.
Das Problem ist also nicht die Aussage, sondern die Interpretation derselben.
Insofern kann man den von Ferdi kommentierten Satz auch von verschiedenen Seiten betrachten, so dass im Grunde genommen jeder - aus seiner Sicht - Recht hat.
Es kommt also darauf an, wie der Satz eigentlich gemeint war. Der "gewollte" Sinn einer Aussage steht über den gewählten Worten.
Worte sind wie Schall und Rauch, es kommt auf den Sinn an.
Jeder hier im Forum hat eine - ich will mal sagen - kernorientierte Grundeinstellung zum Rock. Sätze und Informationen wirken auf uns und werden gefiltert. Das, was dann durch uns interpretiert wird, wird durch unsere kernorientierte Grundeinstellung reflektiert und dringt als Reaktion wieder nach außen.
Je nachdem, wie ein Mensch gerade drauf ist (gut gelaunt, schlecht gelaunt, mutig, am Boden zerstört) ist, wird er zunächst nach dem Sinn fragen oder auch nicht. Unserem Ferdi ist bei dem Satz "der Kragen geplatzt", was durchaus verständlich ist, denn wenn der Satz so gemeint war, wie er da steht "...Männer dürfen nur Hosen tragen", ist er eine Unverschämtheit. Und solche unverschämten Aussagen sollte man aufs schärfste bekämpfen.
Der Verlag bzw. der Autor/die Autorin haben ja nun die Möglichkiet, auf Ferdis Brief zu reagieren und entweder zu bestätigen oder zu dementieren.
Wenn aber die Aussage so gemeint war, dass die Männer "leider" nur Hosen tragen dürfen (wie immer man das Wort "dürfen" hier interpretiert), während die Frauen Gottseidank Kleiderfreiheit haben, sagt dass ja noch nichts darüber aus, ob die Damen den Rock am Mann nun gut finden oder nicht.
Letztens bin ich mit Rock in der S-Bahn unterwegs gewesen. Da habe ich interessante Reaktionen beobachtet:
1. Kopfschütteln: meisten von schlecht gekleideten Frauen zwischen 45 und 65 (wahrscheinlich Neid, weil ich besser aussah, siehe jedoch oben - Stichwort Filter).
2. Ein Mann bückte sich provokativ vor mir (wahrscheinlich dachte er, ich sei schwul).
Beide Reaktionen halte ich für menschlich und stören mich nicht weiter.
Die interessantesten waren jedoch folgende - von jungen Menschen eingeleiteten- Gespräche.
Beispiel:
a) Darf ich dich mal was persönliches fragen (ich: ja, warum nicht):" Bist Du schwul oder sowas?". Mir geht es nicht um die Fragestellung, die sowieso unmöglich ist (weil ihn das nichts angehen würde und laußerdem darf jeder entscheiden, wie er sein Leben gestaltet - Leben (Motto: Leben und Leben lassen, solange es Legal ist)), sondern ich nutze die Gelegenheit, um das Gespräch fortzuführen. Ich diskutiere dann mit den Leuten und sage Ihnen meine Gründe, warum ich einen Rock trage. Die meisten sind dann überzeugt, erstaunt, befriedigt (was weiß ich), dass sie eine normale Antwort bekommen haben.
b) Einer fragt: Du verdienst Dein Geld damit, oder? Gleiche Antwort von mir, dass ich Röcke aus Bequemlichkeitsgründen trage und dass es mal was anderes ist. Thema erledigt.
Ich versuche also, den "Filter" des Gegenüber zu beeinflussen. Einmal habe ich gegengefragt, was "Röcketragen" denn mit Schwul zu tun hat. Antwort "ja, äh, weiß nicht."
So ist es halt. Viele haben eine feste Grundeinstellung, man könnte auch sagen "Vorurteile".
Liebe Grüße aus Bayern
Wolfgang