Ich kann nur bestätigen, was Radix schreibt, inklusive:
Obwohl wir ja beide einen Rock trugen, gab es nicht eine einzige abfällige Bemerkung oder Gelächter oder Gekichere o.ä. Auch die sehr netten jungen Damen in dem griechischen Café, in welches wir uns nach dem Imbiss aufgrund des plötzlich einsetzenden Starkregens retteten, waren offenbar sehr angetan von unseren Röcken.
So war es.
Ich verbrachte diesen Donnerstag mehr als 12 Stunden im Rock im öffentlichen Raum. Radix sollte ich ja erst um fünf Uhr treffen, und es war noch vor neun, als ich mich im Düsseldorfer Hbf. befand.
Ich werde gerne zugestehen, dass ich, als ich auf dem Bahnsteig im leichten C&A Rock auf den Zug wartete, mehrmals gedacht habe, ob ich doch nicht lieber zurück zum Hotel gehen sollte und zu einem Kilt wechseln. Zwar hatte ich auch den Tag zuvor einen schwarzen Faltenrock angehabt, aber nur einige Stunden und nur am helllichten Tag. Das hier war etwas anderes. Es würde bis in den Abend dauern, bevor ich zurück in meinem Hotelzimmer wäre. Dann kam aber der Zug, und ich stieg hinein. Point-of-no-Return.
Ich stelle mir aber vor, dass es vielen Männern ähnlich ist; sie möchten wirklich gerne im Rock gehen und machen Pläne für einen Outing, aber wenn die Zeit kommt, halten sie sich doch davon ab, wie es bei mir auch hätte vorkommen können, hätte ich noch eine reelle Möglichkeit gehabt, zurückzukehren und zur gewöhnten und sicheren Kleidung wechseln (in meinem Fall zum Kilt, bei Männern sonst zur Hose).
Wir reden hier im Forum oft von den eigenen Frauen und den Anderen und machen sie dafür verantwortlich, dass wir es nicht schaffen.
Ich denke, wir Männer selbst sind öfters das eigentliche Problem, und dass wir einfach lernen müssen, uns selbst zu dem zu „zwingen“, was wir doch so gerne möchten, zu dem wir uns aber letztendlich nicht trauen.
Als erst der Zug abfuhr, war ich erleichtert. Es gab dann keine Alternative mehr. Ich
musste den ganzen Tag in diesem Rock verbringen. Höchstens könnte ich mir einen anderen kaufen, aber was sollte das mir helfen können? Zurufe und negative Bemerkungen würden nichts daran ändern können. Ich hatte eine Verabredung mit Radix und konnte deshalb nicht einfach den nächsten Zug ab Duisburg oder später Essen zurück nach Düsseldorf nehmen.
Aber, wie schon erwähnt, war es den ganzen Tag überaus positiv. Ein Mann kann im Rock gehen und sich dabei völlig respektiert fühlen. Vielleicht nicht in jedem Rock und sicher auch nicht mit jeder Kombination vom Zubehör, und obwohl viele Leute angeblich diesen Rock für einen Kilt hielten, wusste ich doch selbst, dass er aus der Frauenabteilung von C&A stammte, und dass er, trotzdem dass er kariert war, definitiv mehr feminin war mit seinem superdünnen Stoff und Reißverschluss an der Seite und keine Taschen als zum Beispiel ein Jeansrock. Dazu noch eine kleine Schultertasche, blaue Wildledermokassins mit silbernen Spangen und derben Kniestrümpfe.
Im Rückspiegel betrachtet, hätte ich für den Versuch wohl lieber eine Strumpfhose tragen sollen, ja möglicherwise gar eine Feinstrumpfhose, aber dann wäre das alles vielleicht weniger perfekt ausgefallen? Denn ich hätte ja dabei die Grenze dafür überschreiten können, was ICH mir – in den Augen der Anderen - „leisten“ kann? Und dann hätte ich nachher nicht dieses gute Gefühl vom Rocktragen gehabt.
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Gregor