auch da kommt wieder die Frage: Von wem willst Du als Mann ernst genommen werden?
Von Deiner Frau? Vom Postboten? Von Hajo? Von irgendwem auf der Straße, der Dich gar nicht kennt? Von mir? Vom dänischen Königspaar? ...
Oder von Dir selber?
Lieber Michael,
eine gute Frage. Ich könnte einfach Ja antworten, wobei ich natürlich weiß, dass nicht alle es so empfinden würden. Auch brauchen alle das nicht. Dafür bin ich nicht geschaffen. Hätte ich keine Gegner - in weiter Bedeutung - wäre ich bestimmt nicht der, der ich gerne sein möchte.
Einige sind mir natürlich wichtiger als andere, und es gibt die, deren Meinungen mir total egal sind.
Aber sollte ich es ganz kurz schreiben, würde es wohl "im allgemeinen" möchte ich das gern sein. Und bitte mich nicht, "im allgemeinen" zu definieren.
Gruß
Gregor
Lieber Gregor,
ich kann mir das schon vorstellen, was Du meinst: Wir Menschen parallelisieren uns im Verhalten und sogar in Vorstellungen und Gefühlen unbewusst mit den Menschen unserer Umgebung, den näheren, aber auch den uns persönlich unbekannten weiteren. Über die Medien nehmen wir zusätzlich Stimmungen wahr, die uns beeinflussen. Diese ganze Gemengelage ist dann "das Allgemeine", das Du meinst.
Wir nehmen wahr, verarbeiten und projizieren zurück. So entstehen auch Verallgemeinerungen von Einzelwahrnehmungen, die wir aber als allgemeingültig fühlen.
Die allremeisten Menschen nehmen diesen Prozess der Parallelisierung gar nicht bewusst war, sondern empfinden es als normal und natürlich, als "man", was dabei herauskommt.
Und so kommt es dann, dass die erwarteten Reaktionen der "Allgemeinheit" oder des "man" als gerechtfertigt, als normal, empfunden werden. So kommt es dann auch, dass deviantes Verhalten als Ursache für Gespött und Mobbing gesehen wird und nicht die Spötter und Mobber als eingenverantwortliche Täter gesehen werden. Denn sie handeln ja nicht aus eigener Entscheidung, sondern tun nur, was "man" eben tun. Und der Deviant, der nicht tut, was "man" eben tut, sondern was anderes, ist selbst Schuld daran, wenn "man" ihn verspottet und mobbt. Das ist so, wie einer Schuld ist, wenn er auf einem zugefrorenen See einbricht, weil das Eis zu dünn ist. Dem Eis wird keine Verantwortung zugesprochen, denn es konnte nicht anders, als unter dem Gewicht zu brechen. Die Verantwortung liegt bei dem Menschen, der sich auf zu dünnes Eis gewagt hat. Er ist Schuld, wenn er einbricht, nicht das Eis.
Das Dumme an dieser allgemein verbreiteten Sichtweise ist aber, dass dem "man" die Verantwortung genommen wird. Die Menschen, die tun, was "man" tun, weil "man" es eben so tut, sind keine verantwortlichen Subjekte, sondern naturgesetzkich reagierende Akteure, so wie das Eis auf dem See. Ohne Verantwortung sind sie aber eigentlich auch nicht mündig, denn Mündigkeit hängt mit Verantwortung zusammen. Wer sich also immer nach dem "man" richtet, ohne die einzelnen Menschen, die dieses "man" bilden, als verantwortliche Subjekte zu sehen, entmündigt sie.
Da viele Menschen eh gerne die Verantwortung auf das "man" abschieben und damit anonymsieren, haben sie vielleicht gar nichts dagegen, entmündigt zu werden. Oder doch? Frag sie mal? Aber wie fragt man das allgemeine "man"? Letzlich fragt man dann doch wieder Einzelmenschen: "Wären Sie damit einverstanden, ihre Verantwortung an das allgemeine 'man' abzugeben und damit auch Ihre Mündigkeit?" Ich glaube, die meisten Einzelmenschen würden Dir, der maßen konfrontiert, einen Vogel zeigen, sich dann aber aus dem Staub machen und im "man" wieder untergehen und doch meinen, frei zu entscheiden.
Tja so sehe
ich das. Ob "man" das auch so sieht, weiß ich nicht.
Liebe Grüße!
Micha