Sich ausgerechnet auf Marx oder Lenin zu berufen, deren religionsfreie Ideologie zig Millionen Menschen das Leben gekostet hat, ist dagegen eher tragisch.
"Ideologie ist Opium für´s Volk" könnte man ebenso schreiben.
Marx muss aus der Gleichung raus. Der hat als Philosoph
nicht die Grundlage gelegt, auf der man Millionen ermorden konnte.
Erst die späteren Massenmörder Lenin und Stalin und ihre Entourage haben die Philosophie Marx' aus brutalem Machtstreben missbraucht und entstellt.
Lenin war dann allerdings auch ein furchtbarer Schreibtisch-Massenmörder, und zwar im Grunde von Beginn seiner Blutherrschaft an. Nicht zu vergessen, seine Mittäter, wie Trotzki, F. Dzershinski, etc. etc.
Die Untaten dieser Leute sind zwar hinter dem noch viel schlimmeren Stalin geschichtlich etwas verblasst, aber doch inzwischen gut bekannt. Direkte von Lenin unterschriebene Massenmordbefehle kamen nach dem glücklichen Ende der Sowjetunion aus den Archiven ans Tageslicht.
Und immer noch gibt es Leute auf linker Seite, die Lenin zum reinen Philosophen stilisieren - wider besseres Wissen (denn das
kann man wissen!).
Die Leninsche und Stalinsche Ideologie war allerdings
nicht religionsfrei (auch wenn Lenin und Stalin gewiss nicht selbst an ihre Staatsreligion geglaubt haben dürften), sondern es war für die breite Masse der Unterdrückten eine säkulare, politische Staatsreligion:
"Heilige" Schriften, die nicht infrage gestellt werden durften, die irrationale Vorstellung einer Art Nirwana (der vermeintlich anzustrebende Kommunismus), "Heilige", Hohepriester und Priester , Schriftexegeten, pompöse Zeremonien.
Und dabei war auch das ganze böse Brimborium, das religiöse Ideologien, die unbewiesen auf Vorstellungen des Übernatürlichen ("Gott") beruhen, seit Urzeiten den säkularen Religionen so sauber vorexerziert haben:
Verabsolutierung der eigenen Ideologie zur einzig wahren, Einschüchterung, Inquisition, Hetze, Verfolgung, Inhaftierung, Folter und Ermordung Nicht- und Andersgläubiger.
Der Nationalsozialismus weist dann zwar einige Unterschiede auf (nicht in der massenhaften Grausamkeit, versteht sich), aber die meisten genannten säkular-religiösen Züge hatte er auch. Auch Hitler war ja durchaus religiös geerdet, schwadronierte gerne von der "Vorsehung".
Insofern gilt Marx' kluger Spruch "Religion ist Opium für's Volk" erweitert für jede Ideologie mit Absolutheitsanspruch, wenn sie zu Zwecken des Machtaufbaus und der Machterhaltung eingesetzt wird.
Das beginnt schon im Kleinen, wenn solche Ideologien (durch ihre Vertreter) Individuen durch sozialen Zwang unterwerfen und geht bis zur einzig erlaubten, diktatorischen Staatsreligion.
Sich absolut sehende Ideologien (und Religionen gehören immer dazu, weil sie gegenüber Nicht- und Andersgläubigen ausgrenzenden Charakter haben) sind Gedankengebäude, die zum Zweck der Macht über die Menschen mit deren Ängsten (Tod, soziale Ausgrenzung), Erwartungen und Hoffnungen (ewiges Leben, Nirwana, Paradies, Kommunismus) spielen.
Nur insoweit und solange alle solche Ideologien durch Aufklärung und Pluralismus, wehrhafte Demokratie in Schach gehalten werden können (wie zurzeit die extreme Linke oder – noch wichtiger, weil aktueller – die und neuen Nazis) oder solange sie gezähmt werden können (wie derzeit einigermaßen die Kirchen Westeuropas), halte ich solche Ideologien für ungefährlich.
Da wo demokratische Prinzipien, Grund-, Menschen und Minderheitenrechte erodieren, besteht immer die Gefahr, dass Ideologien mit Absolutheitsanspruch (incl. Religion) wieder ihre Diktatur errichten.