Nun, die Jäger, gleich welche, leben in einer gewissen Ambiguität.
Auf der einen Seite dürfen sie ganz legal dem Kindheitstraum vieler Jungen nachgehen und lebendige Wesen einfach abknallen. Zum anderen verstehen sie sich aber auch als Heger und Pfleger von genau dem, was sie abschießen.
Im Grunde setzen Jäger das fort, was unsere Vorfahren vor Jahrtausenden, als die Aufgaben innerhalb der Gesellschaft noch nicht so spezialisiert waren wie heute, auch gemacht haben: Nahrung beschaffen.
Andererseits sorgen sie dafür, dass auch die nächsten Generationen tun können, drum dürfen und wollen sie nicht alles abschießen, was vor die Flinte laufen könnte. Ebenso - und das genauso wichtig - beschützen sie das System, wie der Mensch es sich über Generationen eingerichtet hat und ersetzen jene Wildtiere, die der Mensch lange Zeit als Konkurrenten angesehen hat, wie z.B. Wölfe.
Jäger sind also Bewahrer des vom Menschen kommod eingerichteten Ökosystems Wald, inclusive Wahrung der Eigeninteressen und der Wahrung der Interessen der Waldbesitzer.
Jetzt kommt mit Dir und Deiner Gruppe, Chris, eine Initiative in dieses eingespielte Mensch-Natur-'Biotop', das neue Interessen mit einbringen möchte. Von woanders hört man bestimmt schon Schlimmes, was diese Gruppen von Waldnutzern so alles angerichtet haben.
Zunächst sei froh, Chris, dass Euer Bürgermeister nicht einfach so sich im Gemeinderat durchsetzen und durchregieren kann.
Und bedaure, dass Ihr diese Saison wohl nicht wie erhofft nutzen könnt, Euch was Schönes aufzubauen.
Aber sei froh, dass Ihr ein halbes Jahr Zeit habt, die Sache vielleicht noch besser unter die Gemeinderäte und anderen Interessenträger bringen könnt.
Vielleicht könnt Ihr ein gemeindepolitisch-verträgliches "Hygiene"-(im übertragenen Sinne)-Konzept aufstellen. Sagt, dass Ihr an den Trails Schilder aufstellen und pflegen wollt, die auf bestimmte Verhaltensregeln hinweisen. Bietet an, bestimmte übers Nötigste hinausgehende Verhaltensregeln zu definieren. Sprecht mit dem Förster, den Waldbesitzern (oder deren Vertretern), wo was denkbar wäre, wo was ausgeschlossen ist. Sprecht mit der örtlichen Polizei, ob sie an zwei, drei Tagen im Jahr zusammen mit Euch vor Ort präsent sein will, um die Biker anzusprechen und auf Naturschutz- und Besitztumsrechte und den daraus abzuleitenden Rechten und Pflichten für jedermann hinzuweisen. Vielleicht könnt Ihr auch den Förster/das Forstamt einmal mit dazu holen, und einen kleinen geselligen (gegenseitigen) Infonachmittag abhalten. Der Metzger kann mit seinem Marktwagen kommen, die Handballer schenken die Getränke aus, die örtliche Märchentante macht eine 20minütige Lesung und Kinderschminken.
Ausserdem sagt, dass Eure Biker ja den örtlichen Grillplatz nutzen, die Gemeinde soll die Nutzungsgebühren erhöhen, damit sie auch was davon hat, oder überhaupt erst den Grillplatz am Waldesrand bauen. Ausserdem kommen die Biker von der Umgebung und holen sich morgens beim Metzger ihren Proviant oder beim Hofladen, und beim Bäcker trinken sie ihren Kaffee oder an der Tankstelle. Und nachmittags am Getränkemarkt oder im schönen Biergarten tragt Ihr auch was zur Belebung der Gemeinde bei.
Nutzt das halbe Jahr und sprecht am besten mit allen Beteiligten, dann erreicht Ihr vielleicht eine sehr viel breitere Zustimmung, scheitert nicht daran, dass sich jemand stur stellt, derjenige denkt ggf. auch von Euch, dass Ihr stur seid ('Jetzt lassen die ja immer noch keine Ruh!"). Redet vorsichtig miteinander statt unvorsichtig übereinander!
Dann kann es was werden, denke ich. Und dann können sich auch alle sehr viel sicherer sein, dass die Biker nicht querbeet fahren und das junge Wild aufscheuchen und vor lauter Stress in die Autos hineinlaufen. Dann hat auch der Jäger was davon, dass seine selbst geschossene Wildbratwurst im Biergarten von glücklichen Gesichtern vernascht wird.