Ich habe gestern eine Presbyterianische Kirche bestaunt, die trotz des engen Platzes wegen ihrer neogotischen Architektur und Höhe wie eine Kathedrale die enge Bebauung überragt. Als ich dann noch Fotos machte, sprach mich eine Irin an, die in der Gemeinde eine Art Diakonin ist.
Sie meinte, sie würde mir gerne das Gotteshaus auch von innen zeigen, ein anderes Mal vielleicht, wenn ich mich etwas Gott gefälliger bekleide.
Ich zeigte mich irritiert, wies auf ein riesiges Wandgemäde auf dem Gemeindezentrum, das in naiver süßlicher Darstellung Jesus in etwa 5x10m Größe in einem prächtigen Kleid mit vielen Falten und A-Line zeigt, und zitierte Hajo. Besser gesagt, ich wiederholte ein Zitat von Hajo aus dem Matthäus Evangelium zur Nächstenliebe.
Ich erntete ein wohlwollend mildes Lächeln und den folgenden Kommentar: Gottes Plan für das 21. Jahrhundert ist nicht sich anzuziehen wie vor 2000 Jahren. Und die Nächstenliebe gelte natürlich für jeden, also auch für Homosexuelle und Mörder, aber das heiße eben nicht, dass Gott solches Verhalten schätzt. Der Mörder muss Reue zeigen, büßen und sein Verhalten ändern. Und das, fuhr sie fort: gelte eben nicht nur für den Mörder, und schaute mich auffordernd an.
Dann sagte sie, man dürfe einzelne Sätze über die Nächstenliebe nicht aus dem Zusammenhang der gesamten Bibel herausgreifen und frei interpretieren. Denn bei Mose stehe auch, dass ein Mann sich nicht wie eine Frau kleiden soll. Die Frau zeigte sich sehr bibelfest. Für jeden Einwand hatte sie eine schlüssige Antwort. Ihre Zitate ergänzten sich folgerichtig und machten es so logisch, dass es Gottes Plan wirklich nicht sein kann, wenn Männer Kleider tragen.
Wenn ich das aber unbedingt wolle, ginge das nur im Rahmen eines Gottesdienstes mit einem liturgischen Gewand über einer Hose. Da hat sie wohl recht, denn als Messdiener habe ich mächtig Ärger bekommen, als ich einst auf die Jeans darunter verzichtete. Hat doch keiner gesehen, war damals mein Einwand, worauf der Kaplan nur meinte: Holger, Gott sieht alles.