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Nun, Luther war derjenige, der einigermassen unbewusst dafür sorgte, sowas wie eine Standardsprache zu verdinglichen - noch lange bevor ein Kaiserreich das Deutschtum in der Sprache in Form von einem Gleichmacherei-Versuch verankert hat.
Eine Bibel in Nicht-Latein oder anderen nichtlebendigen Sprachen war ja durchaus eine Revolution. Eine Bibel für's gemeine Volk. Und da wäre es zu mühsam gewesen, je eine Bibel im Amtsstuben-Sächsisch, Ripuarisch, Allemannisch, Bairisch und sonst noch für Sprachgruppen zu erstellen.
Luther aber hat ganz bewusst seinen Möglichkeiten entsprechend versucht, von allen Sprachgruppen Einflüsse in sein Bibeldeutsch aufzunehmen. Und damit setzte er Standards, die sich bis heute erhalten haben. So brachte er den Norddeutschen die Pfeife, den Süddeutschen den Hügel und allen die eher slawische Peitsche.
Luther felite lebenslang an seinen Formulierungen und seine Drucker mischten da auch noch untheologisch mit, damit seine Bibwl eine Chance hatte, auch anderorts gedruckt zu werden. So viel sprachlichen Ehrgeiz investierte keine Bibelübersetzung ins Deutsche vor Luther. Und allen früheren Versuchen fehlte das Glück, grdruckt zu werden. Die Lutherbibel wurde ein fulnunanter Bestseller.
Und dennoch wurden zur Bibel immer wieder Glossarien gedruckt, um zum Beispiel den Westdeutschen die verwendeten Wörter zu erklären. Glück war, dass Luthers Hauptstütze, das damalige Sächsische bereits eine Mischung aus nord- und süddeutschen Dialekten war, da der ostdeutsche Raum Kolonialgebiet war, in das deutsche Dialekte aus den unterschiedlichsten Gegenden eingewandert waren. Und Lurher selbst war plattdeutsch aufgewachsen, hatte sich mit der Kanzlei, in der er tätig war, aber schon früh in Wort und Schrift mit Wienern zu verständigen, und zwar über ganz abstrakte juristische Angelegenheiten.
Glück hatte Luther auch, dass sein Auf-den-Putz-Hauen auf kirchlich-reformativen Willen gestoßen ist und ihn sein Landesherr nicht hat köpfen lassen. Geschickt rief Luther ja auf, der Obrigkeit untertan zu bleiben, und dass trotzdem Gott den einfacjen Bürgern beisteht.
Nur so konnte sich der Bestseller verbreiten, ja wurde später sogar blutig darum gefochten. Das gemeine Volk hat von Luthers Sprache wohl eher gehört als es zu lesen. Natürlich konnten nur die Wohlhabenderen sich eine gedruckte deutschsprachige Bibel leisten. Das erklärt auch, weshalb "Hochdeutsch" eher mit den reicheren Bevölkerungsteilen auch heute noch verbinden wird, während Dialekt für ungebildet, rückständig gehalten wird.
Aber ohnehin waren auch ohne Luther, und auch schon vor Luther, von Soldaten mal abgesehen es eben die Wohlhabenderen, die von je her einen größeren.Aktionsradius hatten als das gewöhnliche Volk. Und diese eben auch mehr die Notwendigkeit hatten, über Dialekte hinweg sich verständlich auszutauschen.
Es sind gerade die großen Handelswege, entlang denen sich Dialekte mischten oder in Teilen sich beeinflussten. Ausdrücke und Fremdworte, aber auch Wortbildungsmuster und Grammatiken beeinflussten sich hier gegenseitig bzw. breiteten sich hier aus - auch schon zu Urzeiten. Besonders neue Kulturtechniken wie Hüttenbau und Ackerbau sorgten für einen ganzen Schub an neuen Begriffen, die in den einzelnen Sprachen z
B. Europas sich überall breitmachten und bis heute in den Fundamentalworten erkennbar ähnlich geblieben sind.
Das war dann später mit dem Kirchenlatein und der verschiedenen Gelehrtensprachen und Aristokratensprachen, die en vogue waren, ganz genauso. Natürlich sind die meisten europäischen Sprachen eng oder weniger eng miteinander verwandt. Viele der erkennbaren lateinischen, französischen oder griechischen Wörter sind erst mit Kirche, Aufklärung, Obrigkeit, Arroganz und Wissenschaft in unsere Sprache eingewandert.
Das ist bis heite nicht anders. Auch wenn heutzutage die Kulturtechniken eher aus dem Englischen einwandern, aber Medien, Techniken, IT, Mode, Kulinarik z.B. machen es notwendig, Dinge auszudrücken, wofür es zuvor keine Bezeichnungen gab.
Und dabei ist nicht zu vergessen, dass Englisch ein fortentwickelter deutscher Dialekt ist. Angel liegt in Schleswig-Holstein. Und Angel war nur eine Zwischenstation, den die Angelsachsen nahmen, ehe sie Eng(e)land kolonisierten. Auch die Anglikanische Kirche hat ihren Namen von dort. Und ins Englische sind eiinige wenige Spuren von Keltisch-Gälisch eingeflossen, ansonsten ist Englisch sehr nahe am Niederdeutschen, Plattdeutschen.
Sprache ist immer im Fluß. Und es ist schon interessant, wie so lebensgrundlegende Elementarworte sich aus den jahrzehntausende alten Ursprchen entwickelt haben. Bei genauem Hinsehen steckt zum Beispiel im Wort Wasser gleich zweimal der Begriff Wasser drin: 'wa' zu aqua und 'er' zu ach, das ebenfalls zu aqua zugehörig ist, vergleiche Andernach, Biberach, Partnach, ja die allgemeinen Worte Bach, Lache usw. Die Iller, Aller, vermutlich auch Alster, alles Flussnamen, in denen zweimal eine Form von Wasser drinsteckt. Ja, und in Wasser ja auch selbst.
Alles Wortbildungen, die vermutlich sich zu unterschiedlichen Zeiten oder Gebieten oder Volksstämmen zueinandergefügt haben, als man vermutlich nicht mehr wusste, was der frühere Teil ursprünglich bedeutete und dann mit dem neuen Teil als Beschreibung erweiterte.
So ähnlich haben sich - sehr kurz gesagt - auch die unterschiedlichen Dialekte ausgeprägt: über Raum und Zeit, über verschiedene Absichten, Ansichten, Menschen, Angewohnheiten, Herrschaften, Neuerungen, Fremdeinflüssen, Verhören und Mißdeutungen.
Abschließend zurück zu Luther: Ihm haben wir auch solche Worte zu verdanken wie 'Tanke' und 'Plaste".
Guten Morgen allerseits,
Wolfgang