Weißt Du, Zwurg, meine Gedanken gehen in die Richtung:
Denen, die gegen kulturelle Aneignung sind, möchten Kulturen, die noch immer unter dem Kolonialismus bzw. Postkolonialismus leiden, davor schützen, dass Menschen aus den (ehem.) Kolonialherrenkulturen sich über sie lustig machen, ihre kulturellen Symbole usw. missbrauchen und sie so entweihen. So verstehe ich deren Motivation.
Was ich mich nun aber frage und eigentlich sie fragen würde, wenn ich jetzt Kontakt zu ihnen hätte: Sehen sie Kulturen als etwas reines, von außen unbeinflusstes an, das vor Fremdeinflüssen zu schützen ist? Haben sie eine Vorstellung von einer reinzuhaltenden Kultur? Wenn ja, wäre das schon ein Merkmal von Rassismus. Wobei ich aber auch Beispiele im Kopf habe, wo ich auch für diesen Schutz wäre, damit schöne Kulturbestandteile nicht verloren gehen.
Einfach nur aus einer Betroffenheit als weißer Mann heraus, der meint, ihm würde jetzt etwas verboten, das als "Rassismus" zu bezeichnen, ist mir ein bisschen wenig, wenngleich ich das Argument verstehe.
Ich sah neulich einen Beitrag bei "Länder, Menschen, Abenteuer" von einem jungen Deutschen, der Jamaika bereiste und unterwegs von einem Mann niedergeschlagen wurde, der ihn einen "weißen Teufel" nannte. Debei ging seine Helmkamera kaputt. Er sagte aber, er nehme das nicht persönlich, sondern denke darüber nach, wieviele Jahrhunderte die Afrojamaikaner von Weißen versklavt worden waren und welcher Schmerz und auch Hass sich in dieser Zeit aufgebaut hat, der sich in diesem Überfall auf ihn als vermeintlichen Repräsentanten der ehem. Sklavenhalter entladen hat. (
https://www.ardmediathek.de/video/laender-menschen-abenteuer/abenteuer-jamaika-reggae-rum-und-rastafaris/ndr/Y3JpZDovL25kci5kZS9wcm9wbGFuXzE5NjMzMTUzOV9nYW56ZVNlbmR1bmc)
Natürlich kann man sagen, dass so ein umgekehrter Rassimus entstehe, den man nicht akzeptieren dürfe. Aber dennoch ist es doch wichtig, über die Ursachen nachzudenken und was man als Vertreter einer immer noch dominanten Kultur dafür tun kann, dass sich dieser Schmerz und Hass allmählich abbaut. Und wenn eine erhöhte Sensibilität beim Umgang mit kulturellen Symbolen dazu etwas beitragen kann, ist das ja nicht verkehrt. Oder?
Ich denke allerdings auch, dass die Verwendung solcher kulturellen Symbole in Hochachtung vor der Kultur, aus der sie stammt, auch zu diesem Abbau von Schmerz und Hass beitragen kann. Sie muss dann den betroffenen Menschen gegenüber nur eben entsprechend kommuniziert werden.
Wie gesagt, ich meine jetzt nicht die Übertreibungen, sondern ich meine angemessene Ansprüche, Wobei deren Angemessenheit zu prüfen wäre. Nur wer wäre unparteiisch genug, sie zu prüfen?
LG, Micha