Ideen zum richtigen Tragen des Kilts

[Gatito]

Hola,

ich spiele mit den Gedanken, mir denächst einen Kilt zuzulegen. Einziges Problem: Ich will den nicht als festliches Gewand tragen, sondern eher in der Kategorie Alltag. Demzufolge ergibt sich das Problem der Schuhe: Da ich am liebsten Sneaker trage habe ich nun ein Problem.

Nein, jetzt bitte nicht "mach doch was dir gefällt".  

Gatito

[triks]

Hallo,

diese Frage hatte ich in ähnlicher Form vor kurzem auch: Welche Schuhe zu knielangen Röcken?

Für mich macht es jetzt nicht den Unterschied, ob Kilt oder knielanger Rock. Ein auffälliges Muster - als solches sehe ich auch Tartan - verträgt sich nicht mit bunten Schuhe, finde ich. Also einfarbig, neutral (braun oder schwarz) oder eine (dunkle) Farbe aus dem Muster des Rockes. Kilts als Freizeitkleidung - da sind legere oder rustikale Schuhe, wie Trekking-Sandalen oder Wanderstiefel angesagt. Auch ein Stil-Mix, zu Beispiel mit Haferl-Schuhe stelle ich mir optisch ganz ansprechend vor. Nur Sneekers finde ich eher unpassend. Wenn es Dir gefällt? Dann musst Du eben zu Deinen geschmacklichen Verirrungen stehen.

[George_MacGregor]

Hallo Gatito und triks!

Also wenn du (Gatito) dir einen Kilt anschaffen willst, den du für alle Tage tragen willst, dann wirst du ja sowieso einen Casual Kilt wählen und nicht einen Traditional, den man zu festlichen Anlässen zum Formal Dress trägt.

Zu einem Casual passen viele Arten von Schuhen. Natürlich sollte es nicht den guten Geschmack verletzen, aber da du am liebsten Sneakers trägst, kannst du ja dunkle vielleicht sogar schwarze wählen. Ein Casual ist für die Freizeit und für Alltag gedacht, also spielt es keine Rolle, daß Tartan bunt ist. Außdem kommt es ja auch drauf an, welchen Tartan du wählst. Wenn es kein zu bunter ist, kannst du erst recht diverse Schuhe dazu tragen.

Nur zum Formal Dress mit Traditional Kilt wäre es ein Affront, unpassende Schuhe zu tragen, dazu gehören Ghillie Brogues oder ähnliche dunkle Schuhe. Bei Highland Games kann man alle möglichen Schuharten sehen, die ohne weiteres zum Kilt passen, diverse Sportschuhe, Martens, Rangers, ja sogar die globigen mit Metall beschlagenen Newrock passen dazu, erst recht Sneakers, so lange sie nicht zu bunt sind.

Die von triks schon erwähnten Haferlschuhe sind ebenfalls eine sehr gute Alternative, diese kann man aber sogar als Ersatz zum Formal Dress tragen. Vor Jahren sah ich mal Fotos von Sean Connery, wo er zum Traditional nicht die Ghillie Brogues, sondern Haferlschuhe trug und sie paßten wunderbar zum Traditinal, erst recht tun sie das zum Casual.

Du brauchst ja nur ein wenig zu testen, alle möglichen Schuhe mal zu Hause probieren und du wirst sehen, daß es da etliche gibt, die zum Casual Kilt sehr wohl passen.

Liebe Grüße, George

[Frantz]

Also ich war gestern mit Kilt und Trekingschuhen in einer kleinen Stadt
unterwegs und gestoert hat es nicht. Man kann zum Kilt eben fast alle Schuhe anziehen,eine feine Sache so ein Kilt.

George kannst du uns einmal erklaeren was zu einem Formal Dress gehoert.

Stoffarben,Jacken und so weiter. Und hast du vieleicht ein paar Bilder
von so einem Formal Dress?

Gruss Frantz

[George_MacGregor]

Hallo Frantz!

Klar kann ich das erklären, ist kein Problem  

Der Formal Dress ist sozusagen der Frack oder Smoking des Kiltträgers, also für festliche Zwecke bestimmt.

Dann will ich mal alles aufzählen, was dazugehört:

Erst mal der Traditional Kilt, aus 8 yards ( ca 7,30 m ) schwerem Tartan. Man muß dabei natürlich schon den Umfang des Trägers berücksichtigen, außerdem den Pattern des Tartans, also das Muster. Der Traditional wird pleated to sett genäht, das heißt, die Falten müssen durchgehend das genaue Muster des Tartans zeigen, sind sehr schmal, dh. sollen maximal 1 inch breit sein, dafür aber sehr tief.

An den Kilt kommt der Dress Sporran, das ist der elegante, relativ teure Sporran, den ich selber machte, da ich keine Lust hatte, dafür einige hundert Euro auszugeben. Der Dress Sporran hat im Unterschied zum Day oder Semidress Sporran keinen Deckel mit Druckknopf als Verschluß, sondern den metallenen sogenannten Cantel, der oben wie eine Geldbörse zugeschnappt wird. Der Sporran selbst ist mit Fell überzogen und hat mehrere ( 3 bis 5 ) Tassels, das sind die Quasten, die manchmal aus Lederstreifen, meistens aber, wenn besonders elegant, aus gerolltem Fell bestehen. Die Tassels haben Metallkappen und hängen an dünnen Kettchen, die oft überkreuz am Sporran befestigt sind, was ein schöneres Muster ergibt. Am Dress Sporran ist der Chain Strap befestigt, ein schmaler Gürtel, der aus zwei Teilen besteht, an deren Enden je eine schmale Kette befestigt ist. An den Kettenenden, befinden sich Karabiner, die dann in 2 Ringe am Sporran eingehängt werden.

Zum Formal Dress kann man, muß aber nicht, den Kiltbelt tragen, einen breiten Gürtel mit Belt Buckle, einer großen schweren Schnalle. Die am Rückenteil des Kilts befindlichen 2 Gürtelschlaufen dienen nicht ausschließlich dem Kiltbelt, sondern sind eigentlich für den Sporran Chain Strap gedacht, damit dieser, da er ja locker getragen wird, nicht von der Hüfte rutschen kann. Manche tragen den Sporran extrem tief, was aber oft nur daran liegt, weil sie den Chain Strap nicht in die Schalufen am Kilt eingehängt haben. Viele wissen das nämlich gar nicht. Der Sporran soll maximal eineinhalb Handbreit unter dem Belt Buckle getragen werden und nicht bei den Knien Baumeln.

Fortsetzung kommt gleich

[George_MacGregor]

Zum Formal Dress trägt man entweder ein spezielles weißes Hemd mit Stehkragen, dazu eine schwarze Fliege, oder aber ein normales weißes Hemd. Zu diesem trägt man entweder Krawatte, oder aber den Jabot. Dieser besteht aus mehreren Schichten spitzenbesetzter Rüschen und ist eigentlich von Bildern bekannt. Darüber trägt man das Prince Charlie Waistcoat, eine Art Gilet, nur anders geschnitten und mit silbernen viereckigen Metallknöpfen besezt. Darüber natürlich das berühmte Prince Charlie Jacket, welches einem Frack mit ganz kurzen Schößen ähnlich, geschnitten ist und auch mit vielen der metallenen Silberknöpfen besetzt ist, die eigentlich nur zur Zierde dienen und sonst keinen Zweck erfüllen.

An den Beinen trägt man die entweder weißen oder cremefarbenen Kiltstutzen, Hoses genannt. Diese werden zweimal umgeschlagen und sollten eine Handbreit unter der Kniescheibe enden. Unter dem Umschlag werden die Garters befestigt, das sind Sockenhalter, die aber eigentlich nur den Zweck haben die Flashes zu halten. Wirklich gute Hoses rutschen nämlich nicht. Die Flashes, man kann sie mit kleinen schmalen Fähnchen vergleichen, bestehen entweder aus dem selben Tartan wie der Kilt, oder sind einfärbig, natürlich in einer passenden Farbe.

Im rechten Kiltstutzen steckt auf der Außenseite der Sgian Dhub, der kleine Strumpfdolch, bzw das Taschenmesser der Highlander. Früher wurde der Sgian Dhub ( Gaelic übersetzt schwarzer Dolch ) im Gewand verborgen getragen. Die meisten Sgian Dhubs haben heute zwar einen schwarzen Horn oder Holzgriff, oder auch Kunststoff, auch die Scheide ist schwarz, aber der Name hat mit der Farbe eigentlich nichts zu tun. Früher trug man den Sgian Dhub im Gewand als letzte geheime Waffe verborgen, also schwarz für verborgen. Wenn man das Haus eines anderen Highland Chiefs betrat, gab man früher die gesamte Bewaffnung an der Tür ab, nur den Sgian Dhub steckte man rechts außen sichtbar in den Strumpf, sozusagen als letzter Ausweg, da man nicht ganz unbewaffnet sein wollte. Den Dolch auf der Innenseite des Strumpfes einzustecken, bedeutete feindliche Absichten, deshalb war es gut ihn außen zu tragen. Heute gibt es Sgian Dhubs, die wirklich nur noch zur Zierde dienen und deshalb entweder eine vernickelte stumpfe Messingklinge haben, oder der gesamte Dolch besteht aus einem einzigen Stück verziertem schwarzem Kunststoff.

Am Gürtel kann man dann noch den Dirk tragen, einen langen schweren Dolch mit knorrigem verziertem Griff, in dessen Knauf ein großer Edelstein eingesetzt ist. Der Dirk ist dank seiner Länge schon mehr ein Kurzschwert, als ein herkömmlicher Dolch. Man muß ihn aber zum Formal Dress nicht unbedingt tragen.

Als Schuhe eignen sich elegante schwarze, wenn man aber wirklich traditionell sein will, sollten es die schönen schwarzen Ghillie Brogues sein. Ghillies sind die schwarzen Schuhe mit Lochmuster, das früher einen völlig anderen Zweck hatte, nämlich Wasser abrinnen zu lassen. Ghillies besitzen keine Zunge, auch keine üblichen Ösen. Dort wo bei normalen Schuhen die Zunge beginnt, befindet sich nur eine schmale Schlaufe, durch die die langen Schuhbänder gezogen sind. Außen und innen am Ghillie Brogue befinden sich statt der üblichen Ösen je 4 schmale Lederzungen mit den Ösen. Da die Schuhbänder, an deren Enden kleine Lederquasten hängen, überlang sind, werden sie überkreuzt an den Beinen hochgewickelt und an der Seite zu einer Masche gebunden, getragen. Diese Schuhbänder werden allerdings nicht am Rist einmal gebunden, sondern 6 x gedreht, dann überkreuz gewickelt. An der Rückseite der Wade werden sie noch zweimal gedreht und dann an der Außenseite zur Masche gebunden.

Fortsetzung kommt gleich

[George_MacGregor]

Nun ist die Beschreibung fast beendet, aber ich will nicht die Kopfbedeckung vergessen, die man zum Formal Dress trägt, außerdem den Fly Plaid und die Kilt Brooch.

Es gibt einige schottische Kopfbedeckungen, die bekannteste ist wohl das berühmte Blue Bonnet, eine Art übergroße Baskenmütze, die aber nicht aus einem Stück wie diese gewalkt ist, sondern aus Ober und Unterteil zusammengenäht ist.

Dann gibt es noch das Balmoral, welches heute tatsächlich wie eine Baskenmütze aus einem Teil aus Walkloden hergsetellt wird. Nur hat das Balmoral, welches in diversen Farben hergestellt wird, einen schwarzen Rippsbandrand, der hinten in zwei langen Schwänzchen endet. Auf der Linken Seite befindet sich eine Kokarde meistens aus dem selben Material wie der Rand. Dort steckt der sogenannte Clan Badge, eine Art kleines Wappen des jeweiligen Clans, das einen Rand besitzt, der an einen geschlossenen Gürtel erinnert.

Dann gibt es noch das Tam O' Shanter, welches dem Balmoral sehr ähnlich ist, nur einen höheren Rand besitzt.

Zum Formal Dress sollte man aber das Glengarry tragen, eine schwarze Mütze, die an das Militärschiffchen erinnert und von diesem auch getragen wird. Das Glengarry gibt es mit einem gewürfelten Band, diced genannt, oder aber neutral mit schwarzem breitem Rippsband. Auch am Glengarry befinden sich hinten die zwei langen Schwänzchen.

Alle beschriebenen Kopfbedeckungen haben oben außerdem eine rote kleine Bommel, nur auf dem Blue Bonnet ist nicht unbedingt eine.

Nun zum sogenannten Fly Plaid. Das Prince Charlie Jacket besitzt zwei Schulterspangen. Durch die linke Epaulette wird der Fly Plaid gezogen, aber nur ca 30 cm und knapp unter der Spange mit einer schönen mit Steinen besetzten Kiltbrosche befestigt.

Der Fly Plaid ist ein Stück quadratischer Tartan, der hochkantig, also wie ein Drachenviereck angeordnet, getragen wird. Die obere Spitze wird durch die Spange gezogen. Der Fly Plaid wird an allen vier Seiten gefranst, es gibt ihn aber auch mit langen dicken handgedrehten Fransen.

Der Fly Plaid ist je nach Größe des Trägers ca 130 x 130 bis 150 x 150 cm im Quadrat. Es hat keinen Sinn, bei einer Körpergröße von 170 cm, einen Fly Plaid von 150 x 150 zu tragen, da dieser im Dreck schleifen würde, was nicht sehr elegant aussieht.

Nun werde ich noch zwei Bilder anhängen, eines, auf dem ich bei einem Fest im Formal Dress, allerdings mit Blue Bonnet zu sehen bin und eines auf dem mein Glengarry, das ich heute fertiggestellt habe, zu sehen ist.

Die Kiltnadel, meistens in Form eines Schwertes mit Schild, dient übrigens nicht dazu, den Außenschurz des Kilts an den Innenschurz zu heften. Das ist das Schlimmste, was man dem teuren Tartan antun kann, denn mit der Zeit wird er ausreißen und man hat tolle Löcher im Schurz. Die Nadel erfüllt lediglich den Zweck eines kleinen Gewichts, damit der Schurz nicht so leicht vom Wind gehoben werden kann. Ein echter Traditional Kilt hat zwei gleich breite Schurze, die an den beiden Beckenknochen enden. Wenn der Kilt so geschnitten ist, kann er niemals aufklaffen und gibt auch keine "Geheimnisse" preis.  Solche Fotos gibt es zwar im Net, aber sie dienen eher der allgemeinen Belustigung, denn der Träger ist einfach nur tollpatschig, sonst könnte das nicht passieren.

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[Frantz]

Danke George?

Du hast eine sehr genaue Beschreibung mit vielen Details wiedergegeben
Jetzt weiss ich auch warum die zwei Schlaufen am Kilt sind.
Komisch,dachte ich,warum hat sie nur zwei Schlaufen hinten angenaeht.

Das Thema ist wircklich interessant.

Dankende Gruesse Frantz  

[George_MacGregor]

Hallo Frantz!

Gern geschehen

Du sieht aber auf jeden Fall, daß ein kompletter Formal Dress so viele Teile enthält, daß die Sache sehr kostspielig werden kann. Deshalb gibt es in Schottland so gut wie bei jedem Kiltmaker auch Kilt for Hire, als einen Verleih. Viele Schotten besitzen heute gar keinen eigenen Kilt mehr, sondern leihen den gesamten Dress für Feierlichkeiten einfach aus.

Ich habe es da natürlich leichter, weil ich die Sachen alle selbst herstelle, denn kaufen könnte ich mir die Ausrüstung nie im Leben. Alles zusammen hat einen Wert von einigen 1000 €.

Ja, deshalb sind am Kilt nur hinten diese beiden Schlaufen. Manche Kiltmaker nähen nicht mal diese an, weil sie der Meinung sind, daß sie überflüssig seien. So weit würde ich halt nicht gehen. Es stimmt schon, daß der Kilt auch ohne den breiten Kilt Belt nicht rutscht, aber angenehmer ist es schon wenn man den Gürtel um hat. Aber wenn der Kilt gar keine Schlaufen hat, ist da auch nichts, was den Sporran Chain Strap hält und genau diesen Zweck erfüllen die beiden Schlaufen eigentlich, denn es gibt nichts unangenehmeres am Dress, wenn der Sporran ständig tiefer rutscht und dann irgendwann mal bei den Knien baumelt *g* Noch schlimmer wird es, wenn manche Träger den schmalen Chain Strap so locker wie möglich schließen, damit er lässig baumelt. Der Sporran soll zwar nicht in der Taillenmitte kleben, sondern eher lässig hängen, aber eben wie gesagt, nur knapp eineinhalb Handbreit unter dem Belt Buckle. Deshalb besteht der Chain Strap auch nicht aus einem einzelnen schmalen Lederstreifen, sondern ist ein geteilter Gürtel, in der Mitte mit Schnalle, damit man ihn bei Bedarf verstellen kann. Allerdings verstehe ich manche Träger nicht, ( einer meiner Freunde machte das ständig, bi ich ihn aufklärte ) die den Chain Strap jedes mal an der Schnalle öffnen, wenn sie ihn umlegen. Die Schnalle erfüllt nur den Zweck, den Strap bei Bedarf zu verstellen. Es ist ja viel bequemer, den Chain Strap mit einem der Karabiner, die vorne am Sporran eingehängt sind, zu schließen.

Und wieder wurde es ein halber Roman *g* Na gut, ich erkläre halt lieber alles gleich genau, als mit Stichworten.

Liebe Grüße, George