Das erste Mal, wo ich mich vor rund 17 Jahren in die Öffentlichkeit ohne Hose bewegte, zitterte ich vor Angst. Wie würden die, die mich sahen, reagieren? Was würde passieren, wenn ich einer Person begegnete, die mich kannte?
Der Versuch fand in Kiel statt, also nicht nur in einer fremden Stadt, sondern auch in einem fremden Land, wozu doch viele Landsleute reisten. Ich hatte in einem Hotel außerhalb der Stadt übernachtet und fuhr am nächsten Vormittag in die Innenstadt. Auf einem öden Parkplatz hatte ich mich vorher umgezogen und hatte sogar gewagt auszusteigen um meine Hose in den Kofferraum zu verstauen.
Es fühlte sich schön, jetzt im Kilt (nicht mal ein richtiger Rock war es) weiterzufahren. Nun galt es „nur“ darum, das Auto im Kilt zu verlassen. Ich fuhr an vielen Parkplätzen und Parkhäusern vorbei. Als ich mich zum vierten Mal, denke ich, außerhalb des Einkaufszentrums Sophienhof befand, und ich hinter mir eine Schlange von Autos hatte, drehte ich endlich in eines der Parkhäuser.
Nun gab es keinen Weg zurück. Ich suchte mir eine Parklücke aus, wo keine Menschen in der Nähe zu sehen waren, vergewisserte mich durch Schauen durch die Fenster und in den Spiegeln, dass wirklich niemand zu sehen war, öffnete die Tür und eilte Richtung Tür zum EKZ. Als ich sie erreichte, war ich nicht länger alleine, nicht länger anderer unscheinbar. Ich war ein Mann im Kilt. Der einzige Mann vermutlich in dieser Stadt, zu dieser Zeit, der auf die Hose verzichtet hatte. Ich wurde gesehen – und nichts Böses geschah. Der Himmel stürzte nicht über mich hinunter.
Langsam verzog sich meine Furcht. Ich konnte tief einatmen und endlich die Freiheit im Kilt im Vollen genießen.
Ich habe später auf Homepages, denen, die zu schüchtern seien, den Schritt im Rock hinaus zu nehmen, den Rat gegeben, sich in einem solchen Point-of-No-Return zu bringen. Und sollte es Leser sein, die noch nicht den Sprung gewagt haben, dann ist es eine gute Möglichkeit, sich selbst zu überwinden, anstatt unverrichteter Dinge wieder nachhause zu fahren.
Traut euch. Heute trage ich überall und ohne auch jede Verzögerung oder jedes Bedenken Kilt. Es gibt nichts zu verheimlichen. Es ist anders, ja. Und Punkt.
Ich bin noch ich.
Gruß
Gregor