Ja, Holger,
das "predige" ich schon seit 17 Jahren, wenngleich ich auch schon im 16. Jh. ansetze, als die Krieger immer mehr Hosen ohne Rock darüber zu tragen begannen, und da der Krieger der männliche Beruf schlechthin ist, damit die Hose zum männlichen Kleidungsstück per se machten. Den Höhepunkt dieser Entwickliung bildet das 19. Jh., was, und das hatte ich bis auf Nicos Verweise auf Barbaras Vinkens Thesen nicht so beachtet, an der Verbürgerlichung der Gesellschaft nach der Franz. Rev. liegen mag.
Was daran meines Erachtens so interessant ist: Gerade die Moderne, der wir doch Aufklärung, Emanzipation und andere Fortschritte zu verdanken zu haben glauben, zementierte die dualen Geschlechterrollen.
Noch so manches andere kam ja erst in der Moderne so richtig durch, z.B. Hexenverfolgungen (nicht im 19. Jh., aber im 15.-18.) und Homophobie.
Damit will ich nicht die Moderne verdammen, aber sie kritischer und weniger enthusiasisch betrachten. Es ist meines Erachtens eher auch noch eine Agenda der Moderne, diesen Dualismus noch zu überwinden. Wir dürfen ja auch nicht so tun, als sei in der Feudalherrschaft vor der Franz. Rev. die Welt irgendwie besser gewesen oder im Mittelalter oder in der Antike oder in der Steinzeit ...
LG,
Michel
Hosen loesten je nach Kultur bei Maennern die Roecke schon sehr frueh ab. Die Hose wurde das alleinige Kleidungsstueck der aktiven Maenner. Fuer Frauen blieb sie ein offizielles Tabu. Der Siegeszug der Hose fuehrte aber noch nicht zur Feminisierung des Rockes fuer Maenner. Der Rock blieb trotz der von Maennern bevorzugten Hose quasi Unisex. Deshalb war es im Barock auch fuer den Adel moeglich berockt, geschminkt und mit High Heels sich maennlich in den Augen der damaligen Zeit zu praesentieren. Da sie es aber kraeftig ueberzogen waehrend sich die Landbevoelkerung zu Tode schufftete, wurde der Rock zum Symbol dekadenter Macht. Das laeutete das Ende des Maennerrocks ein. Hinzu kam noch, dass mit der Aufloesung der Standesgesetze und Standeskleidung durch die revolutionaeren Einfluesse (nicht nur in Frankreich sondern auch Deutschland 1848, Niederlande etc.) die Geschlechtertrennung mit einer strengeren Kleiderordnung der Geschlechter in den Vordergrund rueckte. Das leitete die Feminisierung des Rockes ein. Der Tod fuer den Maennerrock kam also gleich doppelt und endgueltig mit den gesellschaftlichen Umwaelzungen des 18. Jahrhunderts.
Wann genau die Hose sich mehrheitlich bei Maennern durchsetzte weiss ich nicht so genau. Mir scheint das ein fliessender Vorgang gewesen zu sein. Sichere Quellen habe ich nicht. Gerne haette ich eine kleine Zusammenfassung deiner in 17 Jahren gewachsen Erkennnisse um die 16. Jahrhundert Theorie. Dann kann ich mich qualifizierter aeussern.
Das die Moderne nicht moderner ist liegt leider an Praegungen, die uns ueber lange Zeit begleitet haben. Als ich meiner Schulklasse versprach in der Schuluniform der Maedchen aufzutreten, war ich beeindruckt wie schwer mir das viel. So schwer lag das patriarchaliche Erbe in meinen Bauchgefuehlen, dass mein Verstand sich nur schwer durchsetzen konnte. Unser Verstand mag oft modern denken, aber unsere Gefuehlslage zieht nur langsam nach, denn die ist das Ergebnis der Einfluesse unserer Eltern, die gepraegt wurden durch deren Eltern, die gepraegt wurde durch deren Eltern usw.. Das gleiche kommt dann nochmal zusammen fuer andere praegende Einfluesse von der Gesellschaft, Schule etc. Unsere Emotionen enthalten auch das kollektive Erbe vergangener Generationen. So frei wie wir uns sehen sind wir leider oft nicht. Und Emotionen sind immer konservativ, sagt die kognitive Psychologie. Deswegen ist ja auch heute noch so viel Faschoscheisse in der Welt, obwohl alle staatlichen, faschistischen Strukturen zusammengebrochen sind und es dutzende Beweise gibt, die jeden Verstand leicht erkennen lassen, wie menschenverachtend die Ideologie ist. Es gibt nicht wenige Menschen, die nicht wissen wollen was ihrem Glauben im Wege steht. Den progressiven Geist den Moderne braucht gibt es eher selten. Veraenderung braucht Mut und der waechst meist erst, wenn der Leidensdruck steigt habe ich mal in Verhaltensbiologie gelernt.