Naja, hinzu kommt, dass Jule die Oma auch falsch gefragt hat:
Nun, er ist in den Sehgewohnheiten eben schon deutlich etablierter als ein 'Damenrock' am Mann. Bei den Damen waren es vor grob 100 Jahren eben Rockhosen und später dann Trainingshosen, die etablierter waren, bevor andere Hosen aufhörten, an Damen 'affig' auszusehen.
Das hat aber keine Jahrzente gebraucht. Ich hab mal eine Oma wieder gefragt,als ich sagte, dass Frauen bis die 70er keine Hosen angeblich tragen durften. Die hat mir den Vogel gezeigt mit dem Satz "Also so wer das behauptet, so einen Blödinn muss ich mir nicht aufschwatzen lassen. ..."
Es war ja keineswegs so, dass auch bei uns im Westen Frauen keine Hosen tragen durften.
Es war keineswegs unüblich oder unschick, wenn Frauen bereits in den 50er Jahren Hosen trugen. Sie waren damals aber eben in der Minderzahl. Vielleicht vergleichbar, wie wenn heute ein größeres Männerrocktreffen in einem Biergarten stattfände und Männer in Röcken zwar präsent, aber in der Minderzahl wären innerhalb aller Biergartenbesucher.
Gleichwohl war es aber auch in den 60er Jahren noch nicht gesellschaftlich durchgängig anerkannt, wenn Frauen Hosen trugen. Die hosentragenden Frauen hätten sich 20 Jahre später - oder heute - in einem Paradies gewähnt. Allzuoft wurde in den 60ern noch Druck auf Frauen ausgeübt, sich ordentlich in Röcken und Kleidern zu kleiden. Auch wurde das bei uns im Westen so noch den jungen Mädchen weitergegeben. Damals gab es auch noch viel mehr Konfessionsschulen als heute davon übrig sind. Und besonders dort war noch der Hort 'des guten Geschmacks' inclusive der auferlegten Kleidungserwartungen.
Ich glaube, das Aufkommen des Minirocks war ja eine Reaktion darauf, dass Hosen oft unerwünscht waren, aber junge Frauen sich der Bevormundung sichtbar entgegensetzen wollten. Natürlich spielten da noch sehr viel mehr Faktoren hinein in die Welle, als sich der Minirock, das Minikleid durchsetzten.
Vermutlich hat Jule die Frage an die Oma deswegen so formuliert, da es manchenorts in der Tat bis in die 70er verpönt war, dass Frauen Hosen trugen. Da gab es ja im Oktober 1970 den Hosenskandal im Deutschen Bundestag rund um Richard Jaeger, z.B. hier nachzulesen:
Wikipedia zu Lenelotte von Bothmer 1970Meine Schwestern trugen zu Anfang der 70er in der Schule nur selten Hosen, wenn dann meistens Keilhosen - eine Abwandlung von Trainingshosen, beliebt bei den Damen im Bereich Wintersport seit den 50ern und 60ern. Stoffhosen und Jeans setzten sich bei meinen Schwestern eher so ab 75 und später durch. In den 80er Jahren waren dann Röcke und schon gar Kleider nicht nur bei meinen Schwestern eher die Ausnahme.
Also, "dass Frauen bis die 70er keine Hosen angeblich tragen durften" ist schlichtweg falsch formuliert und allenfalls dann zutreffend, wenn man ganz viele andere Aspekte, wichtige Aspekte, weglässt. Wie so oft im Leben - derzeit auch wieder brandaktuell.
Nun aber bitte wieder zurück zu "
Wie der Kilt entwickelt wurde"
!!!Besten Gruß,
Wolfgang