Hallo AsiaHarry!
Ja, Mode ist schon ein interessantes Tier. Und wenn man sich damit beschäftigt, kommt man schon manchmal ins Grübeln. Erstmal, finde ich, sollte man feststellen, dass es verschiedenen Geschmacksrichtungen an Mode gibt.
Da gibt es Mode, die Kunstform, die den Körper nur noch als Leinwand für Kreationen aus Stoff benutzt. Ähnlich der Malerei oder anderen bildenden Künsten orientieren sich die Werke dabei nicht an der Realität -- mit dem Unterschied, dass die Modelle aber immer noch irgendwie der Realität entstammen müssen, deswegen aber auch die unrealistischen Anforderungen. Da es aber Kunst ist, kann hier auch zu unterschiedlichsten Modellen gegriffen werden.
Dann gibt es die Mode als Experimentalstudie, eigentlich auch eine Kunstform, mit dem Unterschied, dass die Kleidung modische Elemente enthält, die aber komplett überspitzt werden -- Übertreibung verdeutlicht. Bezüglich der Modelle wird ähnlich der Kreationen eine komplett überzogene Gestalt erfragt, wie sie auch in den Modezeichnungen immer benutzt wird. Gewissermaßen soll die Darbietung Träume und Sehnsüchte wecken. Und es hat durchaus Ähnlichkeiten mit Pornos -- unrealistische Darbietung und Projektion eigener Wünsche für eine gewisse Klientel.
Dann gibt es Mode, wie sie auch in die Geschäfte kommen soll. Sie überspitzt die Elemente bei weitem nicht so sehr wie die ersten beiden Gruppen, ist aber für die meisten Frauen wohl immer noch untragbar, da sie doch reichlich mit sexuellen Reizen spielt. Man kann aber wohl, wenn man sich den Sartorialist so anschaut, solche Sachen tatsächlich auf der Straße sehen. Auch mir sind solche Frauen am Kudamm oder in der Friedrichstraße aufgefallen -- scheint also eine High-Society-Sache zu sein. Ob frau mit der Kleidung als Kleidung zufrieden ist, weiß ich natürlich nicht. Eine befriedigende Image-Sache wird es aber allemal sein.
Zuguterletzt kann man dann den Rest in einen Topf schmeißen, die Mode von H&M, C&A, Tally Weijll, Esprit, Benetton, Kik usw., aber auch die zahlreichen kleinen Boutiquen, die sich noch immer irgendwie halten. Die produzieren Alltagsmode, übernehmen Elemente aus den Gruppen 2 und 3, orientieren sich aber hauptsächlich an dem, was sich verkaufen lässt. Die abendländische Frau ist zwar in ihrer Jugend durchaus zu Experimenten bereit, aber im Alltag doch recht unsicher, was die Selbstpräsentation angeht. Und in einer Neidgesellschaft ist zu grelles Auftreten dann auch eher unangenehm. Hier präsentiert Mode eher die Erfüllung des Wunsches, irgendwie dazuzugehören, nicht sich abzusondern. Es mag zwar uniform wirken, wandelt sich aber in schöner Regelmäßigkeit.
Wenn Du also über Mode reden willst, ist es wichtig zu wissen, über welche Mode Du reden willst. Scheinbar willst Du den Widerspruch zwischen Gruppen 2&3 gegenüber Gruppe 4 auflösen -- den ich z.B. gar nicht sehe. Sicher stacheln die Extremdarstellungen viele junge Frauen zu 'Höchstleistungen' in Bezug auf ihre Figur an, wofür sie vielleicht nicht mal die Voraussetzungen mitbringen. Die meisten Frauen verbinden mit Kleidung aber eher einen Selbstausdruck, und der ist nunmal nicht 'Vamp auf ewiglangen Beinen', sondern einfach nur sie selbst. Gewissermaßen tragen Frauen, genau wie Männer, nur das, was allgemein als 'normal' angesehen wird, wobei 'normal' für Frauen hierzulande immer noch etwas anderes ist als 'normal' für Männer. Männer kann man bei Betrachtung von Mode gelassen außen vor lassen. Ähnlich wie Männer Pornos konsumieren, konsumieren Frauen High-Fashion-Blätter: Stimulation & Träume. In der Realität wollen aber die wenigsten Männer tatsächlich dauerhaft Dreier mit 2 Lesben oder was sonst so gerade am Pornomarkt angesagt ist (verzeiht mir meine Unwissenheit ;-)). Wo Männer sich gerne in der Phantasie als große Bringer sehen, sehen Frauen sich gerne als bewundernswerte und überirdische Wesen. Es geht schlicht um Sehnsüchte. Im Alltag ist es Frauen unangenehm, ständig als sexuelles Objekt wahrgenommen zu werden, weswegen die Balance zwischen medialem Vorbild und alltagstauglicher Verkleidung gesucht wird.
Was den Trend zu schlichten Jeans und einfachen Shirts bei Frauen angeht, kann ich nur vermuten, dass es mit den von den jeweiligen Frauen wahrgenommenen Lebensumständen zu tun hat, wonach sie sich keine modischen Sperenzchen erlauben zu glauben.
Irgendwie kam mir zwischendurch ein Vergleich mit Sport in den Sinn. Männer begeistern sich im Großen und Ganzen ziemlich für Sport. Und trotzdem betreibt kaum einer ernsthaft Sport. Gleichermaßen könnte man also fragen, was der Sinn von Sport sei. Und die Darstellungen von Männern in Sportzeitschriften könnten oftmals auch einem Frauenporno entsprungen sein ;-). Sportler und Models sind wohl doch nur Ikonen für die, die dem präsentierten Bild nicht entsprechen, Projektionsfläche für die eigenen Phantasien.
LG
Masin