Der Reiz des Verbotenen. Daran habe ich eigentlich nie gedacht, eher an den des Außergewöhnlichen oder den der Provokativen. Aber letztendlich ist der Unterschied vielleicht nicht so groß? Ein solcher Reiz, wie ihn nun auch zu bezeichnen, kann sehr wohl ein Motivationsfaktor sein, und wenn man dann im Klaren wird, dass das, was man trägt, weder als verboten, überaus außergewöhnlich oder das Umfeld provozieren kann, was dann?
Ich persönlich freue mich darüber, dass es heutzutage derart weit zum Himmel ist, dass praktisch alles allen möglich geworden ist.
Nun sind es auch viele Jahre her, dass ich mir gewünscht habe, immer wieder Grenzzäune zu verschieben. Ich liebe, wie Wolfgang schreibt, die ausgedehnte Normalität, die auch bedeutet, dass ich keine speziellen Gelegenheiten nötig habe, um einen Rock zu tragen, allerdings nicht, wenn von meinem bevorzugten Typ des Rocks, den Kilt/Schottenrock, die Rede ist.
Den trage ich seit Mitte 2009, 15 Jahre lang, täglich und überall und mit dem Einverständnis meiner Frau. Ein Kilt ist anatomisch richtig, doch anders und fällt auf, ist bequem, vielseitig verwendbar und sieht, subjektiv betrachtet, gut am Mann aus - wie jeder weit ausgestellte Rock.
Dass der Kilt für Männer konzipiert ist, macht mir nichts, zwar im Gegenteil. Ich trage sowieso Oberteile etc. aus der Männerabteilung.
Wenn ich manchmal auf die Idee komme, einen Rock aus der Damenabteilung zu tragen (will ich doch das Verbotene, Auffällige oder Provokative?), komme ich immer schnell zu der Konklusion, dass es kaum etwas ändert, ja vielleicht habe sogar die Gesellschaft 2024 mehr Respekt und Verständnis für einen Mann, der ihnen zu glauben macht, er müsse sich mehr oder weniger als Frau verkleiden, als für einen, der nur eines Kilts wegen oder durch das Tragen eines Kilts von alltäglichen Normen abweicht?
Unter allen Umständen, im Kilt fühle mich wohler. Die tägliche Qual der Wahl begrenzt sich deshalb auf welchen Kilt heute anziehen, aber natürlich immer unter Rücksicht von Situation und Gelegenheit. Genau wie früher, welche Hose?
Deshalb ist der tatsächliche Unterschied in meinem Fall auch einfach Kilt statt Hose, praktisch alles anderes unverändert.
Gruß
Gregor