Autor Thema: Vergleichende Rockgeschichte - Heute Fernostasien  (Gelesen 4443 mal)

Offline Holger Haehle

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Die historischen Entwicklungen um Rock wie Hose, wie sie uns aus Europa bekannt sind, gab es in ähnlicher Weise auch in Asien. Mein Bericht ist nur ein kurzer erster Vergleich und besteht deshalb aus nur wenigen Quellen. Ich habe noch nicht die Zeit gehabt jede Quelle durch weitere zu bestätigen.

Rock und Kleid waren auch in Asien die Kleidung der zivilisierten Kulturen. Nur die Barbaren trugen Hosen. Die Barbaren waren aus asiatischer Sicht die Mongolen. Die lebten im kalten Norden und verfroren sich auch schon mal die Beine unterm Rock. Das Problem lösten sie mit Beinlingen, die sie an einem Gürtel unter dem Rock mit Bändern (Strapse) befestigten. Später wurde das Rock-Straps-Beinlinge-System zu einer Hose weiterentwickelt. Die Hose (ca. 3000 v. Chr.) verbreitete sich schnell, denn die Mongolen waren Reiternomaden. Für die Chinesen waren die Mongolen und deren Hose ein Kulturschock und eine Plage, denn die kulturlosen Nordasiaten, die auch keine Vorratswirtschaft kannten, griffen bei wachsendem Hunger gerne die Chinesen an, um sie der Ernte zu berauben. Die wehrten sich mit dem Bau der mittlerweile berühmten Chinesischen Mauer. Die Antipathien gegen die Mongolen und deren Hose führte dazu, dass die Chinesen nur langsam die Hose übernahmen. In der Mittel- und Oberschicht blieben sie bis etwa ins 16. Jahrhundert tabu. Hosen trugen nur die Arbeiter und Bauern. Die Beamten bis hin zum Kaiser trugen weiterhin lange blaue Kleider bis zum Ende der Qing-Dynastie im Jahre 1911.

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Abb. 01: Ich im Kleid eines Chin. Beamten im Unteren Dienst


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Abb. 02: Chin. Soldat Shang-Dynastie


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Abb. 03: Schulbuchzeichnung Mädchen und Junge aus Qing-Dynastie

Der chinesische Mittelstand wechselte in kleinen Schritten schon früher zur Hose. Zuerst wurden die Unterhosen länger, dann wurden die Kleider seitlich geschlitzt. Tja und dann wurde meist doch nicht auf das Kleid verzichtet. Es blieb häufig bis zum Ende der letzten Dynastie bei der Kleid-Hose-Kombination. Erst mit der Ausrufung der Republik (die war damals noch nicht kommunistisch) und dem wachsenden westlichen- und japanischen Einfluss, trat die Hose einen schnellen Siegeszug an. Traditionelle Kleider blieben aber akzeptiert (wie auch in Europa bis ins 17./18. Jahrhundert). Erst durch den Sieg der Kommunisten gegen die Nationalisten Chiang Kai Sheks, kam es zum endgültigen Bruch mit dem Männerkleid. Chiang Kai Shek, wenn er nicht gerade seine Generalsuniform trug, zeigte sich noch gerne im Kleid, um sich durch das Bewahren chinesischer Traditionen als Nationalkonservativer Machthaber zu empfehlen. Den Bürgerkrieg gegen die Kommunisten verlor er. Mao Tse Dong sicherte seine Macht mit der Kulturrevolution. Männer und Frauen trugen von nun an einheitlich Mao-Anzug und Mao-Mütze. Die traditionellen Kleider wurden wie bei den europäischen Revolutionen zum Zeichen der Unterdrückung durch den Adel und den Großgrundbesitzern. Ein Kleider tragender Mann galt fortan als Konterrevolutionär. Als die Kleiderordnung Jahre später schrittweise freier wurde, griffen nur die Frauen neben der Hose auch zu wieder zu Röcken.
Was aber hinderte hier die Männer? Eine feminine Konnotation des Rocks durch die Revolution, wie in Frankreich, gab es nicht. Der Rock war den Kommunisten ausschließlich ein Anti-Symbol für das alte unterdrückende Herrschaftssystem.


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Re: Vergleichende Rockgeschichte - Heute Fernostasien
« Antwort #1 am: 02.09.2016 18:34 »
Danke für den interessanten historischen Bericht und die Bilder. Das Beamtenkleid gefällt mir gut, würde ich auch gerne mal tragen. Aber ich lasse mir ja gerade eine Tunika nach mittelalterlichen Vorbild nähen.
Grüßle
Jürgen
Laßt Euch nicht von Zweifeln plagen
und genießt das Röcketragen

androgyn

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Re: Vergleichende Rockgeschichte - Heute Fernostasien
« Antwort #2 am: 02.09.2016 20:04 »
Hallo Holger,
Abb. 01: Ich im Kleid eines Chin. Beamten im Unteren Dienst
Das werden die wenigsten als Kleid bezeichnen. Und schon gar nicht in dem Sinne, wie es Frauen tragen. Bei Kleid hat sofort jeder Mann ein bestimmte Bild im Kopf. Unsere Pfaffen tragen auch Priestergewände und trotzdem kommt niemand darauf, dass hier Männer Kleider tragen. Außer beim Mönch noch. Mir sagte das mal einer zu mir "Nur als Mönch kannst du Kleider tragen."  Ich habe vor kurzen im Fernsehen gesehen, wie ein kleiner Junge zum Papst vorrante und an sein weißes Priestergewand hoch hebte und drunter kroch. Der Moderator hat dazu nicht Kleid gesagt, sondern Kutte. So unterschiedlich werden gleiche Bekleidungsstücke genannt, wenn sie von einem Geschlecht getragen werden. An einer Frau wäre es ein biederes Kleid. Und wenn man Männer fragen würde, ob sie nun eine Kutte anziehen würden, hätten sie ein ganz anderes Bld vor Augen und würden es auch verneinen.

In der Mittel- und Oberschicht blieben sie bis etwa ins 16. Jahrhundert tabu. Hosen trugen nur die Arbeiter und Bauern. Die Beamten bis hin zum Kaiser trugen weiterhin lange blaue Kleider bis zum Ende der Qing-Dynastie im Jahre 1911.
Und? Merkst du was, wenn du Mode verstehen kannst? Männer sind das "arbeitende Geschlecht" dadurch hält sich die Hose. Die Frau wird vom Mann ausgeführt. Das sind zwar veraltete Rollen, aber trotzdem stecken die noch in uns drin und wir verbinden es auch damit. Ein Klassisches Beispiel wäre, wenn Frau und Mann im Brautkleid heiraten. Hast du dir schon mal Fotobeispiele von lesbischen Brautpaaren angesehen? Darauf tragen beide einen Anzug. Vielleicht etwas unterschiedlich aber zumindest Hose mit Krawatte oder Fliege. Das schwule Ehepaar wird dagegen weiterhin im klassischen Anzug abgebildet, statt im Brautkelid. So tief sitzt die deine richtig erkannte Ablehnung von Weiblichkeit bei Männern. Ich habe schon mal erwähnt, dass Männer an das Heim gebunden werden müssten, wenn sie Röcke tragen sollen und anderes Zeug was die zum arbeiten beunfähigt. Den Durchbruch der Hose hatten Frauen mit dem 1.WK, da sie die Arbeiten der Männer übernehmen mussten und Röcke an den Maschinen unprakisch gewesen sind.

Was aber hinderte hier die Männer? Eine feminine Konnotation des Rocks durch die Revolution, wie in Frankreich, gab es nicht. Der Rock war den Kommunisten ausschließlich ein Anti-Symbol für das alte unterdrückende Herrschaftssystem.
Eine Teilmenge, die hier gerne mal unter den Tisch gekehrt wird, wie Männer nun mal ticken.
Um bei deinem Beispiel zu bleiben mit der Revolution und dem Breeching. Es war bis ins 19, Jhd. üblich, dass man Buben oft in ärmlichen Schichten in Kleiderähnliche lange Hemden gesteckt hat. Bei den gutbetuchten waren es aufgeputze Kleider. Bitte einloggen oder registrieren um das Bild zu sehen.
 
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Die Jungs bekamen dann ab dem 8. Lebensjahr oder älter ihre erste Hose und blieben interesannterweise bei den Hosen. Es ist also nicht so, dass sie bis zum 7. Lebensjahr das Tragegefühl von Röcken und Kleidern nicht kennenlernen durften.

Offline MAS

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Re: Vergleichende Rockgeschichte - Heute Fernostasien
« Antwort #3 am: 02.09.2016 20:08 »
Lieber Holger,

was hindert die Männer?

Nicht in Ost- aber in Südasien, genauer in Sri Lanka, erklärte mir ein Mann, bei dessen Famile ich ein paar Tage zu Gast war, die Hose sei ein Stautssymbol, weil westich, weil teuer, so dass, wer sich eine leisten könne, sie trage, vor allem, wenn er einen höheren Rang begleite. Mein Gastgeber trug so tagsüber im Büro Hosen. Kaum zu Hause und die Hautür hinter sich zu gemacht, wechselte er zum Sarong, weil bequemer. Aber Sarongs gelten als traditionell, als billig, als Arme-Leute-Kleidung oder eben Kleidung zu traditionellen Festen usw. Oder eben für zu Hause oder die Freizeit.

LG,
Michel
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Offline Holger Haehle

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Re: Vergleichende Rockgeschichte - Heute Fernostasien
« Antwort #4 am: 03.09.2016 04:30 »
Hallo Holger,
Abb. 01: Ich im Kleid eines Chin. Beamten im Unteren Dienst
Das werden die wenigsten als Kleid bezeichnen. Und schon gar nicht in dem Sinne, wie es Frauen tragen. Bei Kleid hat sofort jeder Mann ein bestimmte Bild im Kopf. Unsere Pfaffen tragen auch Priestergewände und trotzdem kommt niemand darauf, dass hier Männer Kleider tragen. Außer beim Mönch noch. Mir sagte das mal einer zu mir "Nur als Mönch kannst du Kleider tragen."  Ich habe vor kurzen im Fernsehen gesehen, wie ein kleiner Junge zum Papst vorrante und an sein weißes Priestergewand hoch hebte und drunter kroch. Der Moderator hat dazu nicht Kleid gesagt, sondern Kutte. So unterschiedlich werden gleiche Bekleidungsstücke genannt, wenn sie von einem Geschlecht getragen werden. An einer Frau wäre es ein biederes Kleid. Und wenn man Männer fragen würde, ob sie nun eine Kutte anziehen würden, hätten sie ein ganz anderes Bld vor Augen und würden es auch verneinen.

In der Mittel- und Oberschicht blieben sie bis etwa ins 16. Jahrhundert tabu. Hosen trugen nur die Arbeiter und Bauern. Die Beamten bis hin zum Kaiser trugen weiterhin lange blaue Kleider bis zum Ende der Qing-Dynastie im Jahre 1911.
Und? Merkst du was, wenn du Mode verstehen kannst? Männer sind das "arbeitende Geschlecht" dadurch hält sich die Hose. Die Frau wird vom Mann ausgeführt. Das sind zwar veraltete Rollen, aber trotzdem stecken die noch in uns drin und wir verbinden es auch damit. Ein Klassisches Beispiel wäre, wenn Frau und Mann im Brautkleid heiraten. Hast du dir schon mal Fotobeispiele von lesbischen Brautpaaren angesehen? Darauf tragen beide einen Anzug. Vielleicht etwas unterschiedlich aber zumindest Hose mit Krawatte oder Fliege. Das schwule Ehepaar wird dagegen weiterhin im klassischen Anzug abgebildet, statt im Brautkelid. So tief sitzt die deine richtig erkannte Ablehnung von Weiblichkeit bei Männern. Ich habe schon mal erwähnt, dass Männer an das Heim gebunden werden müssten, wenn sie Röcke tragen sollen und anderes Zeug was die zum arbeiten beunfähigt. Den Durchbruch der Hose hatten Frauen mit dem 1.WK, da sie die Arbeiten der Männer übernehmen mussten und Röcke an den Maschinen unprakisch gewesen sind.

Was aber hinderte hier die Männer? Eine feminine Konnotation des Rocks durch die Revolution, wie in Frankreich, gab es nicht. Der Rock war den Kommunisten ausschließlich ein Anti-Symbol für das alte unterdrückende Herrschaftssystem.
Eine Teilmenge, die hier gerne mal unter den Tisch gekehrt wird, wie Männer nun mal ticken.
Um bei deinem Beispiel zu bleiben mit der Revolution und dem Breeching. Es war bis ins 19, Jhd. üblich, dass man Buben oft in ärmlichen Schichten in Kleiderähnliche lange Hemden gesteckt hat. Bei den gutbetuchten waren es aufgeputze Kleider. Bitte einloggen oder registrieren um das Bild zu sehen.
 
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Die Jungs bekamen dann ab dem 8. Lebensjahr oder älter ihre erste Hose und blieben interesannterweise bei den Hosen. Es ist also nicht so, dass sie bis zum 7. Lebensjahr das Tragegefühl von Röcken und Kleidern nicht kennenlernen durften.

Ich glaube, weite Kleider koennen von allen getragen werden. Erst in dem Moment, wo ein Kleid enger auf den Koerper zugeschnitten wird, wird es wegen anatomischer Unterschiede geschlechtsspezifisch. Und da kenne ich nur weibliche Varianten. Gibt es auf die Figur eines Mannes zugeschnittene Kleider, die z.B. breite Schultern betonen? Wie koennte so ein Maennerkleid aussehen?

androgyn

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Re: Vergleichende Rockgeschichte - Heute Fernostasien
« Antwort #5 am: 03.09.2016 11:12 »
Ich habe auch relativ enge Kleider. Zumindest bieten sie obenrum nicht viel platz für Brüste.
Schon interessant, dass für dich enge Kleidung dagegen geschelechtsspezifisch ist. Breite Schultenr bei Männern betonen war nie ein Sexualmekmal der Männer. Das ist erst vermehrt mit der Ära des Anzuges aufgetreten. Und ja, auch mit der Prunklleidung von Moritz von Sachsen, die ich mal im Musem gesehen habe, evtl. Aber normalerweise haben Männer ihren Penis, schmale Hüften und Beine betont. Darum ist es auch nicht verwunderlich, wenn Männer mit der Antwort breite Schultern antworten, wenn man sie fragt, was das Gegenstück des Dekolltees ist, weil der erste Gedanke auf den Anzug fällt und nicht etwa auf Strumpfhosen, figurbetonte Kleider oder Schamkapseln. Da es üblicherweise in Europa keine Kleider für Männer gibt, außer die arabischen Nachthemden (Kaftane) fällt auch wg, sich darüber Gedanken zu machen, ob es eine männliche Variante gibt. Wenn du ei Männerkleid haben wlllst, bleibt dir entweder selber schneidern übrig oder die Fashionweek wo es ab und zu Kleider zu sehen gibt. http://www.fashionblah.co.uk/can-men-wear-dresses/

Offline flummi

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Re: Vergleichende Rockgeschichte - Heute Fernostasien
« Antwort #6 am: 03.09.2016 13:19 »
Hallo !!

Vor einigen Jahren verstarb der letzte Enkel des deutschen Kaisers. Er war in der Zeitung mit den vielen Bildern bei einer Parade mit seinem Großvater. Er sah aus wie ein kleines Mädchen.
Der Bruder meiner Großmutter erhielt zu Weihnachten (~1915) eine Hose, er meinte, die solle Rosa,meine Großmutter, anziehen. Diese Geschichte hat meine Oma mal erzählt.

Gruß

Flummi


 

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