Der Beschreibung kann ich soweit zustimmen und würde nur einige Ergänzungen machen.
Auch ein Nicht-Handeln kann eine karmische Wirkung erzeugen, wenn dieses Nicht-Handeln eine moralische Konsequenz hat. Beispielsweise eine unterlassene Hilfeleistung, durch die ein Mensch sterben würde. Ich habe ihn zwar nicht direkt getötet, aber indirekt ist er durch mein Nicht-Einschreiten gestorben, was einem aktivem Töten gleichkäme und demnach schlechtes Karma erzeugt.
Ich möchte auch auf zwei große Irrtümer hinweisen:
Erster Irrtum: Wiedergeburt ist was schönes
Buddhisten und Hindus wollen nicht wiedergeboren werden und es wird nicht als etwas Schönes empfunden. Leben ist geprägt von Leid, namentlich Geburt, Alter, Krankheit, Tod. Diesen Prozess durchläuft man immer wieder, wenn man wiedergeboren wird. Sie möchten diesen Kreislauf von Tod und Wiedergeburt, samsara genannt, entfliehen. Wie dieses Entfliehen konkret aussieht, hängt von der jeweiligen Strömung ab.
Hier mal einige Beispiele in sehr verkürzter und vereinfachter Form:
a) Buddhisten glauben an die vier Edlen Wahrheiten. Irdisches Dasein ist leidvoll (Wahrheit Nr. 1). Dieses Leiden hat seinen Ursprung in Begierden und Sinnesanhaftungen (Wahrheit Nr. 2). Leid kann allerdings überwunden werden (Wahrheit Nr. 3). Die Überwindung des Leidens besteht im Achtgliedrigen Pfad (Wahrheit Nr. 4), der aus acht Tugenden besteht und den man zum Erreichen des Nirvanas in reinster Form verwirklichen muss.
b) Advaita Vedanta, eine bedeutende Richtung des Hinduismus, knüpft am Buddhismus an. Allerdings erkennt er im Gegensatz zum Buddhismus einen "Atman" an, was oft als "Selbst" übersetzt wird und mit unserem Verständnis von Seele verglichen wird. Dieses individuelle Selbst ist getrennt vom absoluten Selbst, dem Brahman. Ursprünglich war das Brahman eins, aber die einzelnen Atmans sind nun von ihm getrennt. Jeder von uns ist von Maya, einer illusionierend Kraft verblendet, dass wir das Einssein von Brahman und Atman nicht erkennen. Ziel ist es, unseren Atman wieder mit dem Brahman eins werden zu lassen. Dies gelingt durch die Studien der Heiligen Schriften, um das Brahman zu erfassen und um Frei von Begierden zu werden.
c) Fast alle Hindu-Strömungen berufen sich auf die Brahman-Atman-Lehre. Jedoch wird, je nach angebeteter Gottheit, das Brahman mit dem jeweiligen Gott gleichgesetzt. Brahman ist für Shivaiten der Gott Shiva, Vishnuiten der Gott Vishnu oder für Shaktisten die (weibliche) Energie Shakti. Abhängig von der Strömung wird das Überwinden von der Illusionskraft Maya anders gedeutet. Sehr populär ist die Bhakti-Tradition im Hinduismus. Hier reicht nicht das reine Wissen und Erkennen des Brahmans aus, sondern man muss sein Handeln der jeweiligen Gottheit widmen, um die eigenen Begierden über Bord zu werfen. Dieser hingebungsvolle, selbstlose und aufopfernde Dienst ist ein Akt der (Gottes-)Liebe, Bhakti genannt. Insbesondere im Krishna-Kult spielt die Bedeutung von Bhakti eine zentrale Rolle. Übrigens werden alle anderen Götter als eine Manifestation (Avatar genannt) des angebeteten Gottes angesehen, wodurch die meisten Hindus an einen Gott glauben, der uns aber in vielen Formen erscheinen kann.
Zweiter Irrtum: Man muss gutes Karma erzeugen und soll schlechtes Karma vermeiden.
Es ist beides schlecht, weil es zur Wiedergeburt führt. Ziel ist es, kein Karma mehr zu erzeugen. Die Bhagavad Gita, eine zentrale Heilige Schrift der Hindus, beschreibt drei Formen des Karma:
Fangen wir mit vikarman an. Darunter wird "schlechtes" Karma verstanden, das z. B. durch Mord, Lüge oder Gewalt entsteht. Wenn beim Tod vikarman überwiegt, dann gelangt man in eine der Höllenwelten und wenn das vikarman verbraucht ist, wird man wieder in einer niedrigeren Lebensform als der letzten wiedergeboren.
Das zweite ist das karman, also das "gute" Karma. Das wäre z. B. seinen Mitmenschen zu helfen. Wenn beim Tod karman überwiegt, kommt man in eine der Paradieswelten und wenn das karman verbraucht ist, wird man in eine höhere Lebensform als der letzten wiedergeboren.
Um nicht mehr wiedergeboren zu werden, braucht man akarman. Das bedeutet, kein Karma mehr zu erzeugen, weder gutes noch schlechtes. Man erzeugt kein Karma, indem man zwar was Gutes tut, aber frei von Begierden und Anhaftungen dabei ist. Wer also selbstlos und ohne Verlangen Gutes tut, der erzeugt kein Karma.
Ich verdeutliche das mal mit einem Beispiel: Ein Mönch geht um Speisen betteln für sein Kloster. Würde er alles alleine aufessen, wäre das "schlechtes" Karma, weil es selbstsüchtig wäre. Würde er es mit den anderen Mönchen teilen, wäre das "gutes" Karma, weil er an die anderen denkt, aber nicht begierdelos, weil er immer noch an sein eigenes Wohl denkt und mitessen möchte. Wenn er jedoch kein Karma erzeugen will, dann sammelt er es für die anderen Mönche, lässt sie sich satt essen und würde nur noch die Reste bekommen, im schlimmsten Fall sogar gar nichts und mit hungrigen Magen zurückbleiben. Er hätte gutes für die anderen getan, aber selbstlos auf sein Essen verzichtet. Es ging ihm beim Betteln nicht um das Stillen seiner Begierden, in dem Fall Hunger, sondern um Liebe zu seinen Ordensbrüder und dadurch auch Liebe zu Gott.
Um das vorige Modell zum Abschluss zu bringen: Wenn man zum Tode kein Karma erzeugt hat, weder "gutes" noch "schlechtes", dann entflieht man dem Kreislauf von Tod und Wiedergeburt und ist eins mit Brahman.