Autor Thema: Wie Kinder über "Jungen in Mädchensachen" diskutieren  (Gelesen 92261 mal)

Yoshi

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Ich liebe die Arbeit mit Kindern, weil sie ungefiltert sagen, was sie denken. Meine Kleidung ist da natürlich auch sehr oft Thema bei den Kindern. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen gab es sehr interessante Reaktionen und Gespräche, die ich euch nicht vorenthalten möchte.

Tag 1:
Ich trug einen weißen Pullover mit einem Print von einem Anime Girl (Hatsune Miku, wem das was sagt), einen kurzen, schwarzen Faltenrock, mit blau-weißen Karomuster (ähnlich einem Kilt), darunter eine schwarze Leggings. An diesem Tag gingen wir auf einen Spaziergang, also zog ich meine schwarze Lederjacke drüber und meine neuen schwarzen Overkneestiefel mit mittelhohen Blockabsätzen (6 cm sind bei Schuhgröße 45 recht "human" und für die Arbeit in Ordnung). Es war das erste Mal, dass ich öffentlich Absatzschuhe trug, abgesehen von zwei nächtlichen Spaziergängen, als ich mit 9,5 cm Blockabsätzen Laufen übte.
Als ich in die Kita ankam, wurde bereits mein Pullover mit "Oh, wie süß" und niedlichem Seufzen von den Mädchen empfangen. Eine Mutter meinte sogar zu mir, dass ihre Zwillingstöchter sie immer nerven, weil sie meine Motivshirts so toll finden und die auch haben möchten. Zurück zum Spaziergang: Die Kinder sehen mich in meinen Stiefeln und sind verwundert, obwohl ich dachte, nachdem sie mich schon im Rock und Kleid gesehen haben, könnte sie nichts mehr überraschen. Ich hörte, wie die Kinder über mich redeten. "Ist Yoshi ein Mädchen?", "Wieso hat er so Stiefel an? Das ist doch für Mädchen.", "Wow, die sehen voll cool aus." "Das sind aber schöne Stiefel." Unsere Praktikantin war übrigens voll begeistert von den Stiefeln. Wir unterhielten uns unterwegs über Mode und gaben uns Shoppingtipps. Ein weitere Kollegin gab mir ein Kompliment für die Stiefel und ein Kollege fand meinen Rock toll.
Beim Mittagessen sprachen mich die Kinder an. Die Namen sind natürlich Pseudonyme.
Anna: "Yoshi, bist du ein Junge oder ein Mädchen?"
Ich: "Weder noch. Ich bin ein Mann." (Eigentlich identifiziere ich mich als genderqueer, aber das würde die Kinder vielleicht überfordern)
Anna (lachend): "Du bist ein Pullimädchen."
Ich: "Das find ich nicht schlimm."
Lena: "Ich finde deinen Pulli schön. Der ist voll süß."
Anna (lachend): "Und du trägst einen Rock."
Ich: "Das stimmt. Trage ich doch öfter."
Lisa: "Männer tragen keine Röcke."
Julia: "Es gibt auch Männer, die das tragen."
Anna: "Ich habe aber noch nie welche gesehen."
Ich: "Weißt du, in Schottland tragen viele Männer Röcke. Es gibt auch viele Länder in Asien, wo Männer das tragen. Ranjids Papa kommt aus Indien, der hatte hier auch schon einen indischen Rock an. In Samoa, das ist auch ein Land, haben sogar Polizisten Röcke an."
Anna: "Aber nicht in Deutschland."
Ich: "Ja, in Deutschland ist das eher selten. Früher war das aber anders. Da trugen hier sogar Könige Röcke."
Meine französische Kollegin: "Wisst ihr, früher durften Frauen keine Hosen tragen. Bei uns in Frankreich wurden die sogar verhaftet und ins Gefängnis gebracht."
Ich bot den Kindern an, dass ich mit ihnen mal nach Männern in Röcken im Internet suche. Es gibt ja genügend Promis, die ich ihnen zeigen kann, sowohl historisch als auch aktuell. Die Kinder fanden die Idee gut und brüllten laut: "Ja!" Bisher haben wir noch nicht geschaut, aber das werde ich demnächst noch mit ihnen machen.
Kleine Randnotiz: Ich hatte aufgrund meines Outfits auch seit längerem mal wieder eine verbale Reaktion in der Öffentlichkeit. Als ich in die Bahn einstieg rief ein Mann um die Mitte 40 mit ironischem Unterton: "Oh, ein Schotte..." Leider war die Tür zu, sonst hätte ich gerufen: "Nicht ganz. Ich bin Frankfurter. Der Schotte vom Main."

Tag 2
Ich trug an diesem Tag einen schwarzen, langen Fallschirmrock und einen pinken Kapuzenpullover, dazu sind meine Nägel aktuell nachtblau lackiert. Es war wieder Mittagessen, als sich ein Gespräch entwickelte, und zwar mit den gleichen vier Mädchen.
Lena: "Oh, schöne Nägel. Du musst nächstes Mal wieder rosa machen und du musst dich schminken. Schwarze Augen und schwarze Lippen."
Ich: "Nein, ich möchte mich nicht schminken, aber es gibt Männer, bei denen sieht das gut aus. Rocker oder Gothics tragen das zum Beispiel, aber zu mir passt das nicht."
Lena: "Och, bitte. Das sieht bestimmt gut aus. Du brauchst Make-Up."
Lisa: "Yoshi, bist du ein Junge oder ein Mädchen?"
Ich: "Ein Mann."
Anna: "Wieso hattest du dann gestern Mädchenstiefel an?"
Ich: "Ich finde, es gibt keine Mädchen- und Jungensachen. Ich ziehe an, was mir gefällt."
Anna: "Können Mädchen auch Jungenfarben anziehen?"
Julia: "Natürlich. Es gibt keine Jungenfarben."
Ich: "Mädchen können alles anziehen, genauso können Jungen alles anziehen."
Lena: "Dein Pulli ist schön. Ich liebe pink!"
Anna: "Dein Rock ist eklig."
Ich: "Das ist völlig ok, wenn er dir nicht gefällt. Geschmack ist verschieden. Mir gefällt er."
Julia: "Also, ich mag schwarz. Der Rock gefällt mir."
Anna: "Yoshi, sieht aber aus wie ein Mädchen. Er trägt einen Rock und pink."
Julia: "Es gibt auch Jungen, die das anziehen. Philipp hat auch immer Nagellack gehabt und einen pinken Schal angezogen."
Danach ging das Gespräch weiter über Philipp, dass er nicht mehr da ist, weil er jetzt in der Schule ist.

Kleine Erklärung zu den vier Mädels:
Anna: Sie wirkt für den Leser vielleicht sehr provokativ. Sie mag mich, sucht viel Körpernähe und zeigt ihre Zuneigung manchmal durch provokatives Verhalten. Ihre Aussagen sind nicht so negativ gemeint, wie sie eventuell erscheinen mögen. Manchmal sucht sie Aufmerksamkeit, indem sie andere "neckt", aber nur wenn sie die Person auch mag.
Lena: Sie ist begeistert von meinem Kleidungsstil und kommentiert das voller Freude. Dann äußert sie Wünsche, z. B. mit den rosa Nagellack oder Make-Up.
Lisa: Sie ist die Schwester von Lena. Ihr gefallen oft auch meine Outfits, aber ist im Gegensatz zu ihrer Schwester häufig irritiert, warum ich das anziehe.
Julia: Wirklich sehr spannend, dass sie in dem Gespräch so reagierte. Sie hat ein sehr offenes Elternhaus und sie hatte wohl irgendwie das Gefühl gehabt, dass sie mich verteidigen möchte gegen Anna. Sie war auch eine Freundin von Philipp, der von den anderen Jungs manchmal gehänselt wurde wegen seinem Nagellack und pinken Schal.

Wir hatten an diesem Tag auch einen Bastelnachmittag mit Eltern. Da gab es ein interessantes Gespräch mit einer Mutter. Sie erzählte mir, dass ihr Sohn die Eiskönigin Elsa liebt und sie ihm jetzt eine Tasse mit Elsa-Motiv für die Kita gekauft hat. Ich sagte ihr, dass er immer das Elsa-Kleid aus der Verkleidungskiste anzieht. Sie freute sich voll und sagte mir, dass sie schon bei einem Musical davon waren und er dauernd den Film sehen möchte. Mir war auch schon aufgefallen, dass er seit einigen Wochen lackierte Fußnägel in hellblau glitzernd hat. Ansonsten mag er Züge und Lokomotiven, sodass sie mit ihm jede Woche mal zum Hauptbahnhof fahren. Für die Eltern ist das Elsa-Thema genauso normal wie das Lokomotiven-Interesse.

Peter55Muc

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Antw:Wie Kinder über "Jungen in Mädchensachen" diskutieren
« Antwort #1 am: 28.10.2023 20:46 »
Waoh Yoshi, ich finde das so cool wie du dich gibst und wie du die Gedanken und Äußerungen der Kinder hier erzählst. Wenn ich nochmal Kind sein könnte, würde ich mir einen Erzieher wie dich wünschen !

Offline cephalus

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Antw:Wie Kinder über "Jungen in Mädchensachen" diskutieren
« Antwort #2 am: 28.10.2023 20:56 »
Danke für Deine Eindrücken Yoshi.
Ich finde es immer spannend, wie unterschiedlich verschiedene Menschen auf einzelne Kleidungsstücke reagieren mancher springt auf die Stiefel an, andere auf den Rock, oder auf Leggings.
Kinder nochmal anders.

Du wurdest von Mädchen angesprochen - das ist auch meine Erfahrung: Von Jungs kam bei mir noch nie was. Haare, Röcke, Nagellack egal was, wurde immer nur von Mädchen thematisiert.
Auch die Kleider meines Kleinen werden nur von seinen Freundinnen erwähnt und kommentiert (rein positiv) seine Freunde ignorieren sie komplett.

Auch der Umgang mit Jungs die gerne Mal ein Kleid tragen ist sehr unterschiedlich: In deinem Fall ist es für die Eltern ok, ich habe einmal in einem Kindergarten mitbekommen,  wie man diskutiert hat  ob man die Verkleidungsfotos eines Jungen im Kleid an seine Eltern schicken kann, oder nicht.
Man befürchtete der Vater könnte ausrasten...



Yoshi

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Antw:Wie Kinder über "Jungen in Mädchensachen" diskutieren
« Antwort #3 am: 28.10.2023 21:51 »
Du wurdest von Mädchen angesprochen - das ist auch meine Erfahrung: Von Jungs kam bei mir noch nie was. Haare, Röcke, Nagellack egal was, wurde immer nur von Mädchen thematisiert.
Auch die Kleider meines Kleinen werden nur von seinen Freundinnen erwähnt und kommentiert (rein positiv) seine Freunde ignorieren sie komplett.

In diesem Fall stimmt das. Ich wurde aber auch schon oft von Jungs angesprochen, die mir sogar Komplimente ("cool", "schön") gegeben haben. Es gibt auch einige, die mich nach dem warum fragen und ob das für Mädchen sei. Wenn ich dann frage, ob ihnen das gefällt, sagen viele "Ja." Einige von denen trugen die nächsten Wochen dann auch Nagellack (bisher acht Jungs) oder trugen Papas Fußballtrikots als "Kleid" (drei Jungs). Ich habe tatsächlich noch nie von einem Jungen eine negative Bemerkung bekommen. Von Mädchen hingegen schon. Es gab vereinzelt Mädchen, die das kritisieren und mir sagen, dass ich das nicht darf. Die sehen das als eine Art "Verbot" oder "Tabubruch". Zwei Mädchen lachten mich dafür mal aus, eine von ihnen deutete auch mit dem Finger auf mich. Ein Mädchen war sogar mal richtig wütend und schimpfte mit mir: "Geh nach Hause und zieh dir eine Hose an. Du bist ein Junge und musst Hosen tragen."


JoHa

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Antw:Wie Kinder über "Jungen in Mädchensachen" diskutieren
« Antwort #4 am: 28.10.2023 22:36 »
So´n Quatsch von dem Kind! Welche Frau wäre wohl heimgeschickt worden mit der Aufforderung, sich einen Rock anzuziehen?
Es ist erschreckend, wie sich die letzten 400 Jahre mitteleuropäischer Modeauffassung in den Köpfen festgefressen haben.

Offline tigabeatz

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Antw:Wie Kinder über "Jungen in Mädchensachen" diskutieren
« Antwort #5 am: 29.10.2023 08:33 »
Danke für den Beitrag Yoshi! Sehr spannend zu lesen. :-)
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Offline Peter

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Antw:Wie Kinder über "Jungen in Mädchensachen" diskutieren
« Antwort #6 am: 29.10.2023 09:22 »
Es ist erschreckend, wie sich die letzten 400 Jahre mitteleuropäischer Modeauffassung in den Köpfen festgefressen haben.

Niemand - auch wir nicht - kann seiner Sozialisation einfach so entfliehen.
Wenn man ehrlich ist, kleben auch im Tolarantesten zumindest Reste von Erziehung und Prägung.
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Peter
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Offline Zwurg

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Antw:Wie Kinder über "Jungen in Mädchensachen" diskutieren
« Antwort #7 am: 29.10.2023 09:27 »
So´n Quatsch von dem Kind! Welche Frau wäre wohl heimgeschickt worden mit der Aufforderung, sich einen Rock anzuziehen?
Es ist erschreckend, wie sich die letzten 400 Jahre mitteleuropäischer Modeauffassung in den Köpfen festgefressen haben.

In den 50igern, 60igern, 70igern, auch Anfang der 80iger konnte es tatsächlich Frauen in Deutschland passieren, dass sie zum Umziehen nach Hause geschickt wurde, wenn sie in Hosen zur Arbeit erschienen.

Vor dem Krieg wurde Hosentragenden Frauen von der Polizei Gefängnis angedroht, wenn man sie wieder auf der Straße in Hose anträfe. Beispiel Marlene Dietrich.
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Offline high4all

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Antw:Wie Kinder über "Jungen in Mädchensachen" diskutieren
« Antwort #8 am: 29.10.2023 09:27 »
Wenn man ehrlich ist, kleben auch im Tolarantesten zumindest Reste von Erziehung und Prägung.
LG
Peter
Lässt sich auch hier im Rockforum beobachten... ;)

Wenn ich z.B. an mich selbst denke. ::)
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Offline radix

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Antw:Wie Kinder über "Jungen in Mädchensachen" diskutieren
« Antwort #9 am: 29.10.2023 17:00 »
Hallo Yoshi,

vielen Dank für deine erfrischenden Berichte aus deinem Berufsalltag! Sie beleben dieses Forum ungemein, weil du ganz authentisch schilderst, wie dein Kleidungsstil von den Kindern aufgenommen wird. Und ja, mir imponiert dein Mut und dein Selbstbewusstsein, dich so vor deinen Schützlingen, deinen Kolleginnen und Kollegen und vor allem den Eltern der Kinder zu geben. Schön, dass du im Wesentlichen nur positive Erfahrungen gemacht hast.

Dass das auch weiterhin so bleibt und dass du noch viele Berichte dieser Art ins Forum stellst, wünscht sich mit besten Grüßen

Radix

Offline Holger Haehle

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Antw:Wie Kinder über "Jungen in Mädchensachen" diskutieren
« Antwort #10 am: 30.10.2023 11:33 »
So´n Quatsch von dem Kind! Welche Frau wäre wohl heimgeschickt worden mit der Aufforderung, sich einen Rock anzuziehen?
Es ist erschreckend, wie sich die letzten 400 Jahre mitteleuropäischer Modeauffassung in den Köpfen festgefressen haben.

In den 50igern, 60igern, 70igern, auch Anfang der 80iger konnte es tatsächlich Frauen in Deutschland passieren, dass sie zum Umziehen nach Hause geschickt wurde, wenn sie in Hosen zur Arbeit erschienen.

Vor dem Krieg wurde Hosentragenden Frauen von der Polizei Gefängnis angedroht, wenn man sie wieder auf der Straße in Hose anträfe. Beispiel Marlene Dietrich.

Ich  erzähle germe in diesem Zusammenhang, ein Erlebnis meiner Mutter Anfang der 60er Jahre. Damals wollte sie im Winter sonntags zur Messe gehen, und zog dazu zum Rock eine Hose an. Ihr wurde aber direkt am Eingang vom Küster der Zugang verwehrt. Sie war wohl nicht die Einzige, die es versucht hatte, denn meine Mutter erzählt von einer Predigt in der der Vikar erklärte, das obszöne Bekleidung eine Beleidigung Gottes sei und nannte ausdrücklich junge Frauen in Hosen. Gerade die Messe sei Gelegenheit Gott mit sittsamer Kleidung unsere Verbundenheit und Liebe zum Ausdruck zu bringen.

Übrigens musste meine Mutter auch in allen Jobs, im Verkauf und später im Büro bis in die 70er Jahre Rock, FSH und Pumps tragen. Das habe ich noch miterlebt und kann mich gut an ihre Kostüme erinnern. Und die Röcke waren eng und unbequem, wie ich beim heimlichen Anprobieren feststellen musste.

Es gab sogar einen Skandal im Bundestag, als 1970 eine Abgeordnete der SPD im Hosenanzug eine Rede hielt, nachdem der Vizebundestagspräsident von der CSU gedroht hatte, jede Frau in Hosen wegen Mißachtung des hohen Hauses aus dem Saal zu verweisen. Die Bildzeitung berichtete mehrere Tage darüber. Es vielen Begriffe, wie Mannweib, Schlampe, Lesbe und vaterlandslose Kommunistin. In den USA haben sich Hosen für Frauen im Kongress erst in den 90er Jahren durchgesetzt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Lenelotte_von_Bothmer


Offline Albis

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Antw:Wie Kinder über "Jungen in Mädchensachen" diskutieren
« Antwort #11 am: 30.10.2023 21:42 »
Ach Yoshi, wenn ich Deinen Bericht lese, wäre ich ja gern nochmal Kindergartenkind in Deiner Gruppe. Ich finde das klasse, was Du da machst und wie Du das machst.

Nebenbei, gibt es auch Fotos von Deinen Outfits? Insbesondere würde mich interessieren, wie die Overkneestiefel mit Blockabsatz so wirken. Und wo gibt es diese in Größe 45?

Viele Grüße von Albis

Offline MAS

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Antw:Wie Kinder über "Jungen in Mädchensachen" diskutieren
« Antwort #12 am: 30.10.2023 22:19 »
Es gab sogar einen Skandal im Bundestag, als 1970 eine Abgeordnete der SPD im Hosenanzug eine Rede hielt, nachdem der Vizebundestagspräsident von der CSU gedroht hatte, jede Frau in Hosen wegen Mißachtung des hohen Hauses aus dem Saal zu verweisen. Die Bildzeitung berichtete mehrere Tage darüber. Es vielen Begriffe, wie Mannweib, Schlampe, Lesbe und vaterlandslose Kommunistin. In den USA haben sich Hosen für Frauen im Kongress erst in den 90er Jahren durchgesetzt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Lenelotte_von_Bothmer

Die war schon öfter hier erwähnt, z.B. hier: https://www.rockmode.de/index.php?topic=2287.msg18872#msg18872

LG, Micha
Wer das Leben ernst nimmt, muss auch über sich lachen können.

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Yoshi

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Antw:Wie Kinder über "Jungen in Mädchensachen" diskutieren
« Antwort #13 am: 30.10.2023 22:54 »
Heute gab es wieder viele Reaktionen. Ich weiß auch nicht, warum sie in den letzten Tagen so gehäuft auftreten.
Wir hatten heute Elternabend in der Kita und da wollte ich etwas "chiceres" anziehen. Also trug ich ein kurzes schwarzes Jerseykleid, das sehr an Business Look erinnert (hier zu sehen: https://en.zalando.de/outfits/R0RHfWWlT_6/). Ich liebe dieses Kleid und nutzte diese Gelegenheit, um es endlich mal der Öffentlichkeit zu präsentieren. Untenrum trug ich eine graue Rippstrick-Strumpfhose und schwarze Stiefeletten mit Nieten und Blockabsatz, obenrum ein weißes Hemd mit roter Krawatte, die ich in das Kleid steckte. Das rot der Krawatte brachte einen netten Kontrast zu den nachtblauen Nägeln. Ich muss zugeben, dass ich schon etwas aufgeregt war, als ich in die Kita kam.

Ich kam jedenfalls in die Gruppe, die Kinder stürmten auf mich los und kommentierten gleich mein Outfit:
Lisa: "Wieso hast du Schuhe an?"
Ich (ironisch): "Bei dem Regen kann ich doch nicht barfuß laufen."
Lisa: "Aber wieso diese Schuhe?"
Ich: "Ich finde die schön."
Lisa: "Zieh andere Schuhe an. Jungenschuhe."
Ich: "Ich habe auch andere, aber heute wollte ich die anziehen."
Lisa: "Aber das darfst du nicht."
Anna: "Genau, das darfst du nicht."
Ich (ironisch): "Doch, es gibt kein Gesetz, das mir das verbietet. Ich darf das tragen."
Anna: "Wieso hast du da oben eine Socke?"
Ich (lachend): "Das ist keine Socke. Das nennt man Krawatte. Die muss man selbst binden."
Tom (stolz): "Yoshi, ich habe auch eine Krawatte."
Anna: "Wieso hast du ein Kleid an?"
Ich: "Weil heute Elternabend ist. Da will ich gut aussehen."
Danach ging das Gespräch über Elternabend, warum die Eltern kommen und was wir besprechen.

Später kommt Lisa nochmal zu mir. Irgendwie hatte sie sich vorher so sehr an den Schuhen aufgehängt, dass ihr wohl gar nicht auffiel, dass ich ein Kleid trug. Sie stellt sich vor mich, hat selbst ein Prinzessinnenkleid aus der Verkleidungskiste an, schaut mich mit großen Augen an und haut völlig unerwartet folgendes heraus: "Wow, das ist voll das schöne Kleid!" Dann kommt sie auf mich zu, fasst das Kleid an, streichelt darüber und küsst es plötzlich. Ich frage mich, warum die Damenstiefeletten so eine Abneigung in ihr hervorriefen, aber das Kleid so wohlwollend angenommen wurde. Manchmal ist es nicht zu verstehen. Kinder eben.

Meine Kolleg*innen reagierten diesmal fast alle verbal auf mein Outfit, sogar meine Chefin. Sie sagte: "Wow, so chic! Was hast du heute vor?" Ich sagte nur: "Das ist wegen dem Elternabend." Meine Praktikantin sagte: "Du siehst heute hammer aus! Das ist ein krasses Outfit." Mein Kollege meinte: "Wow, das spielt total mit den Geschlechtern. Es wirkt feminin, aber auch irgendwie maskulin." Eine ältere Kollegin: "Du siehst ja heute wirklich chic aus!" Später kamen noch zwei Kolleginnen zu mir und waren total überrascht. Sie raunten und stöhnten: "Wow, voll gut." und "Das ist voll süß!" Nach intensivem Mustern kam noch ein: "Das Kleid ist spitze und die Schuhe sind voll nice!" Ich bin zwar positives Feedback gewöhnt, aber heute wurde ich ja regelrecht überschüttet mit Komplimenten.

Beim Elternabend waren gut dreißig Eltern da. Keine wirkliche Reaktion auf mein Outfit, die üblichen interessierten Blicke. Es gab jedoch eine Situation, wo sich meine Leitung indirekt für mich stark gemacht hat. An anderer Stelle schrieb ich bereits hier, dass es eine Mutter gab, die sich über meine Röcke beschwerte und die drohte ihr Kind deswegen abzumelden. Zwischen ihr und meiner Leitung gab es folgenden Dialog.
Mutter: "Dürfen die Kinder morgen verkleidet kommen?"
Leitung: "Die können sich immer verkleiden."
Mutter: "Morgen ist doch Halloween."
Leitung: "Wir feiern das nicht. Das wird nicht thematisiert und wir machen keine Party."
Mutter: "Also, dürfen sie sich nicht verkleiden?"
Leitung: "Du, die dürfen immer verkleidet kommen. Wenn die möchten, können die morgen ein Kostüm anziehen und an jedem anderen Tag im Jahr auch. Die Kinder dürfen tragen, was sie wollen. Genauso dürfen bei uns die Erzieher tragen, was sie wollen. Wir nehmen hier jeden an, wie er ist, ganz egal, was die Person trägt." (Dabei warf mir die Leitung einen Blick zu.)

Es war wirklich ein sehr gelungener Tag. Auch wenn ich morgens etwas aufgeregt war, haben mich die Reaktionen wirklich beflügelt.

Yoshi

  • Gast
Antw:Wie Kinder über "Jungen in Mädchensachen" diskutieren
« Antwort #14 am: 30.10.2023 23:01 »
Nebenbei, gibt es auch Fotos von Deinen Outfits? Insbesondere würde mich interessieren, wie die Overkneestiefel mit Blockabsatz so wirken. Und wo gibt es diese in Größe 45?

Vielleicht sollte ich wirklich mal paar Fotos machen, um meine Outfits zu dokumentieren. Bei Damenschuhen in Übergrößen empfehle ich Zalando und ASOS. Die werden dort auch in Wide Fit, also breiterer Form angeboten.


 

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