Es gibt bei mir eine Kollegin, die mich ständig auf meine Kleidung anspricht und das mit Problemen assoziiert. Bereits nach wenigen Tagen hatte sie mich gefragt, ob mich Eltern in der Kita schon angesprochen hätten auf meine Röcke. Als ich dies verneinte, war sie überrascht. Daraufhin sagte sie: "Du hast doch bestimmt öfter Probleme und wirst diskriminiert!" Auch das verneinte ich, denn bisher hat mich noch niemand blöd angemacht. Ich erklärte ihr, dass meistens kein Kommentar kommt und wenn mal einer kommt, dann sind das Komplimente, was nicht selten vorkommt. Das schien sie irgendwie nicht glauben zu können.
Nächstes Mal kamen wir darauf zu sprechen, dass ich die Arbeit gewechselt habe, weil es dort unauflösbare Konflikte gab. Ich wollte über Details nicht reden, weil ich nicht so jemand bin, der Leute schlecht redet. Geht schließlich niemand was an. Ihre Assoziation: "Wurdest du wegen den Röcken gekündigt?" Mal abgesehen, dass man aufgrund dessen nicht gekündigt werden darf, wurde ich nicht gekündigt, sondern habe auf eigenen Wunsch die Einrichtung innerhalb desselben Arbeitgebers gewechselt. Auch darauf sagte ich ihr dann: "Damit hatte keiner Probleme. Das wurde akzeptiert und positiv aufgenommen. Es gab Streit im Team. Das hatte pädagogische Gründe und nichts mit meinem Kleidungsstil zu tun."
Vor einigen Tagen kamen wir darauf zu sprechen, dass wir eine gemeinsame Bekannte haben. Ich erzählte ihr, dass sie mal an mir Interesse hatte und wir uns trafen. Wir haben uns in der Kennenlernphase gestritten und sie streitet mittlerweile ab, dass wir uns getroffen haben. Meine Kollegin hat mich mit großen Augen angestarrt. Mehrere Stunden später kam sie nach Feierabend nochmal zu mir: "Ich kann immer noch nicht glauben, dass du nicht schwul bist. Da war ich mir 100% sicher." Ich antwortete ihr gelassen: "Nur weil ich öfter mal einen Rock anhabe?" Da fühlte sie sich wohl ertappt und brüllte wie aus der Pistole geschossen ein lautes "Nein!" heraus. Sie hielt einige Sekunden inne, wirkte irgendwie beschämt und fügte hinzu: "Ja, doch... und wegen dem Nagellack." Ich sagte ihr, dass Mode und Sexualität zwei unterschiedliche Dinge sind und dass man sie vor einigen Jahrzehnten für lesbisch gehalten hätte, weil sie eine Hose trägt. Dann sagte sie zu mir, dass unsere Bekannte ja ein ziemlich oberflächlichlicher Mensch sei und sie sich nicht vorstellen kann, dass sie einen Mann im Rock daten würde. Ich erklärte ihr, dass das schon etwas länger her sei und ich damals noch keine Röcke oder Nagellack trug. Sie war verblüfft: "Ich dachte, du machst das schon immer."
Das Thema schien sie über Nacht beschäftigt zu haben. Direkt als ich sie den nächsten Morgen sah, sagte sie, sie hätte sich Gedanken gemacht. Unsere Bekannte würde die Treffen bestimmt abstreiten, weil es ihr peinlich sei wegen meiner Röcke und dem Nagellack. Das sei nichts gegen mich, aber sie wollte wohl mit so einem Mann nicht in Verbindung gebracht werden. Ich sagte ihr, dass sie das damals schon abgestritten hatte, bevor ich Röcke öffentlich trug und sie das vielleicht auch gar nicht von mir weiß, weil wir keinen Kontakt haben. Sie wirkte irgendwie enttäuscht, weil ihr Erklärungsmodell nicht zutraf: "Komisch. Ich glaube dir! Aber warum streitet man das ab?"
Am selben Tag kamen wir darauf zu sprechen, dass ich auf Wohnungssuche bin und in eine andere Großstadt ziehen möchte. Sie riet mir von einigen Stadtteilen ab, weil die Migranten mich dort anfeinden und zusammen schlagen würden. Sie war allerdings noch nie dort gewesen, um das beurteilen zu können.
Ich weiß, dass diese Person ihre Aussagen nicht aus Bösartigkeit, sondern aus Unwissenheit macht. Man muss auch dazu sagen, dass sie eine christliche Schwarzafrikanerin ist und das alles aufgrund ihrer Sozialisation noch mal befremdlicher wirken kann. Irgendwie schwingt da schon mit, dass sie das sehr seltsam findet. Ich finde es auch sehr interessant, dass alle Probleme, die ich habe und die jeder andere Mensch auch schon mal erlebt hat, mit meinem Erscheinungsbild verknüpft werden. Zudem wirkt sie oft verwundert, weil es zwei Kolleginnen und einen Kollegen gibt, die mich auch auf meine Outfits ansprechen und mich mit Komplimenten überhäufen. Eventuell ist da auch etwas Neid und Missgunst dabei. Ich hatte schon mal eine Kollegin, die meinte, sie fühle sich in meiner Gegenwart "underdressed" und klein, weil ich immer im Mittelpunkt stehe. Hat jemand schon mal ähnliche Erfahrungen gemacht?